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Informationen zum Dokument  BGer 9C_241/2015  Materielle Begründung
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BGer 9C_241/2015 vom 26.05.2015
 
9C_241/2015 {T 0/2}
 
 
Urteil vom 26. Mai 2015
 
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
 
Bundesrichter Parrino,
 
Bundesrichterin Moser-Szeless,
 
Gerichtsschreiber Schmutz.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsdienst Integration Handicap,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Aargau,
 
Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung (Invalidenrente),
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau
 
vom 25. Februar 2015.
 
 
Sachverhalt:
 
A. Wegen eines Rückenleidens wurde der 1968 geborenen A.________ von der IV-Stelle des Kantons Aargau vom 1. August 1997 bis zum 31. Mai 2000 eine halbe und ab dem 1. Juni 2000 eine ganze Invalidenrente zugesprochen (Verfügung vom 4. Mai 2001). Revisionsverfahren in den Jahren 2002, 2005 und 2011 brachten keine Änderung. Im Rahmen des Revisionsverfahrens 2013 gab die IV-Stelle ein polydisziplinäres (internistisch/rheumatologisch/ psychiatrisches) Gutachten der MEDAS (vom 19. November 2013) in Auftrag. Nach Rücksprache mit dem Regionalen Ärztlichen Dienst (RAD) hob sie mit Vorbescheid vom 21. Januar 2014 und Verfügung vom 3. April 2014 die Verfügung vom 4. Mai 2001 wiedererwägungsweise auf und stellte die Rentenleistungen ex nunc et pro futuro ein. Zur Begründung führte sie an, die damalige Verfügung sei unrichtig gewesen, weil versäumt worden sei, die Zumutbarkeit einer Beschäftigung in einer adaptierten Tätigkeit abzuklären.
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B. Die von A.________ erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 25. Februar 2015 ab.
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C. A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen. Sie beantragt, der angefochtene Entscheid und die Verfügung seien aufzuheben. Es sei ihr weiterhin eine ganze Invalidenrente auszurichten. Eventualiter sei die Sache an die IV-Stelle zurückzuweisen, damit sie Umschulungsmassnahmen bzw. mindestens Wiedereingliederungsmassnahmen (unter Weiterausrichtung der Invalidenrente) gewähre.
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Erwägungen:
 
1. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Seinem Urteil legt es den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz, auf Rüge hin oder von Amtes wegen, berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht, und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 105 Abs. 2 BGG).
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2. Streitig ist der Anspruch auf eine Invalidenrente. Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen und die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze im Bezug auf die Zusprechung, die Weiterausrichtung und die Aufhebung einer solchen richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen.
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2.1. Die Vorinstanz erwog, in der Verfügung vom 4. Mai 2001 habe man beim Invalideneinkommen das nach Eintritt des Gesundheitsschadens in einem insgesamt 30%igen Pensum erzielte Einkommen berücksichtigt. Aus damaliger ärztlicher Sicht habe die Versicherte aber in einer angepassten leichten, nicht den Rücken belastenden Tätigkeit ihre Arbeitsfähigkeit bei Weitem nicht ausgeschöpft, weshalb das Invalideneinkommen aufgrund der Statistik hätte ermittelt werden sollen. Die Beschwerdegegnerin sei von einem falschen Invaliditätsbegriff ausgegangen, wenn sie den effektiven Verdienst aus der 30%- (später noch 15%igen) Arbeitstätigkeit herangezogen habe. Deshalb sei die ursprüngliche Verfügung zu Recht in Wiedererwägung gezogen worden. Heute sei die Beschwerdeführerin in einer leichten, nicht den Rücken belastenden Tätigkeit im Verkauf oder Bürobereich zu 100 % arbeitsfähig. Dabei seien lediglich Zwangshaltungen im Sitzen oder Stehen zu vermeiden und keine Gewichte über 15 Kilo zu heben. Darum erübrige sich die Prüfung von Umschulungsmassnahmen.
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2.2. Die Beschwerdeführerin rügt, aus dem Gutachten gehe hervor, dass sich gegenüber der Einschätzung der Klinik C.________ vom 12. Januar 1998 keine wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes sowie der Arbeitsfähigkeit ergeben habe, auch wenn man nun zum Schluss komme, heute könne die Zusprache der ganzen Invalidenrente aus rein rheumatologischer Sicht nicht nachvollzogen werden. Objektiv bestehe jedoch nach wie vor der gleiche gesundheitliche Zustand. Eine Herabsetzung oder Aufhebung der Invalidenrente gestützt auf Art. 17 ATSG falle somit ausser Betracht. Die wiedererwägungsweise Aufhebung einer Verfügung gemäss Art. 53 Abs. 2 ATSG setze nach der Rechtsprechung voraus, dass kein vernünftiger Zweifel an der Unrichtigkeit der ursprünglichen Verfügung möglich sei. Erscheine wie hier die Beurteilung einzelner ermessensgeprägter Schritte der Anspruchsprüfung vor dem Hintergrund der Sach- und Rechtslage sowie der Rechtspraxis im Zeitpunkt der rechtskräftigen Leistungszusprechung als vertretbar, scheide die Annahme einer zweifellosen Unrichtigkeit aus.
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3. Die Beschwerdeführerin vermag nichts vorzubringen, was die vorinstanzliche Auffassung, im Zeitpunkt der Verfügung vom 4. Mai 2001 sei der Invaliditätsgrad (rechtlich) klar falsch ermittelt worden, als bundesrechtswidrig erscheinen lässt. Die Vorinstanz hat den Wiedererwägungsentscheid daher zu Recht geschützt. Es kann auf ihre Erwägungen verwiesen werden.
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4. Ihren Eventualantrag auf Rückweisung der Sache zur Durchführung von Umschulungs- oder mindestens Wiedereingliederungsmassnahmen begründet die Beschwerdeführerin damit, der Rentenbezug habe im Zeitpunkt der Einstellung 17 Jahre betragen. Die Berücksichtigung der beiden Abgrenzungskriterien Alter 55 und Rentenbezug 15 Jahre bedeutet indes nicht, dass ein Besitzstandsanspruch geltend gemacht werden kann. Es wird lediglich zugestanden, dass - von Ausnahmen abgesehen - aufgrund des fortgeschrittenen Alters oder einer langen Rentendauer die Selbsteingliederung nicht mehr zumutbar ist (Urteil 9C_228/2010 vom 26. April 2011 E. 3.5). Eine Ausnahme ist hier ohne Zweifel gegeben. Der 47-Jährigen ist die selbstständige Wiedereingliederung in den angestammten Tätigkeitsbereich im Verkauf oder Bürobereich zumutbar. Dass dem so ist, hat sie nicht zuletzt auch mit dem Aufbau ihres Bewegungsstudios unter Beweis gestellt. Dazu kommt, dass der Beschwerdeführerin stets eine Restarbeitsfähigkeit angerechnet worden ist, mithin sie - rechtsprechungsgemäss - aus einer nicht invaliditätsbedingten arbeitsmarktlichen Desintegration keine Leistungspflicht ableiten kann.
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5. Nachdem die Beschwerde offensichtlich unbegründet ist, wird sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG, ohne Schriftenwechsel und in summarischer Begründung, beurteilt.
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6. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 26. Mai 2015
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Glanzmann
 
Der Gerichtsschreiber: Schmutz
 
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