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Informationen zum Dokument  BGer 2C_377/2015  Materielle Begründung
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BGer 2C_377/2015 vom 13.05.2015
 
{T 0/2}
 
2C_377/2015
 
 
Urteil vom 13. Mai 2015
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Zünd, Präsident,
 
Bundesrichterin Aubry Girardin,
 
Bundesrichter Stadelmann,
 
Gerichtsschreiber Hugi Yar.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Eric Stern,
 
gegen
 
Migrationsamt des Kantons Zürich,
 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich.
 
Gegenstand
 
Widerruf der Niederlassungsbewilligung,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungs-
 
gerichts des Kantons Zürich, 2. Abteilung,
 
vom 11. März 2015.
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. A.________ (geb. 1965) kam 1993 mit seiner aus Bosnien stammenden Lebenspartnerin B.________ (geb. 1970) in die Schweiz, wo sie erfolglos um Asyl nachsuchten, jedoch bis zum 23. November  1998 vorläufig aufgenommen wurden. In der Folge verblieb A.________ illegal in der Schweiz und heiratete am 4. Juli 2000 eine 1951 geborene und verbeiständete Schweizer Bürgerin, worauf ihm der Verbleib bei dieser bewilligt wurde. Aus der während der Ehe fortbestehenden Beziehung mit seiner Lebenspartnerin sind vier Kinder hervorgegangen (geb. 1993, 1995, 1998 und 2008). Am 17. August 2014 verstarb seine Schweizer Gattin.
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1.2. A.________ wurde am 9. September 2008 verhaftet und erstinstanzlich zu einer elfjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Das Obergericht des Kantons Zürich bestätigte am 23. November 2012 den Schuldspruch bezüglich der qualifizierten Freiheitsberaubung; die anderen Schuldsprüche (mehrfache vorsätzliche qualifizierte einfache Körperverletzung, Nötigung usw.) erwuchsen unangefochten in Rechtskraft; das Obergericht reduzierte die Freiheitsstrafe jedoch auf sieben Jahre (bestätigt mit Urteil 6B_139/2013 vom 20. Juni 2013). A.________ hatte seiner bosnischen Partnerin und Mutter seiner Kinder, nach deren Rückkehr aus dem Frauenhaus ab Mitte 2005 während rund drei Jahren untersagt, die Familienwohnung zu verlassen und sein Verbot mit regelmässigen Schlägen und Drohungen sowie dem Einsatz von Überwachungskameras durchgesetzt. Am 5. Januar 2015 ist A.________ vorzeitig aus dem Strafvollzug entlassen worden.
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1.3. Am 8. Juli 2010 erklärte das Bundesamt für Migration die erleichterte Einbürgerung von A.________ für nichtig, nahm die drei jüngsten Kinder jedoch hiervon aus (bestätigt mit Urteil 1C_254/2013 vom 9. August 2013). Das Migrationsamt des Kantons Zürich widerrief am 10. Juli 2014 die Niederlassungsbewilligung von A.________, weigerte sich, ihm eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen, und hielt ihn an, das Land auf das Ende des Strafvollzugs hin zu verlassen. Die hiergegen gerichteten kantonalen Rechtsmittel blieben ohne Erfolg.
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1.4. A.________ beantragt mit Eingabe vom 4. Mai 2015 vor Bundesgericht, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 11. März 2015 aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Im Übrigen sei seiner Beschwerde aufschiebende Wirkung beizulegen. Er macht geltend, die Vorinstanz habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem sie lediglich auf den Zeitpunkt seiner Inhaftierung abgestellt und es in antizipierter Beweiswürdigung abgelehnt habe, seine Familienangehörigen anzuhören, bei denen er seit seiner Haftentlassung lebe.
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Erwägung 2
 
2.1. Das Bundesgericht prüft unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht grundsätzlich nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, wie die Vorinstanz ihn festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann diesen - soweit entscheidrelevant - nur berichtigen oder ergänzen, wenn er offensichtlich unrichtig oder in Verletzung wesentlicher Verfahrensrechte ermittelt worden ist (Art. 105 Abs. 2 BGG).
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2.2. Die betroffene Person muss rechtsgenügend dartun, dass und inwiefern der Sachverhalt bzw. die beanstandete Beweiswürdigung klar und eindeutig mangelhaft - mit anderen Worten willkürlich - erscheint (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.3; 133 III 350 E. 1.3). Der Beschwerdeführer bezeichnet die Sachverhaltsfeststellung und die antizipierte Beweiswürdigung als unhaltbar bzw. willkürlich, da nicht zu seinen Ungunsten eine Rückfallgefahr in erheblichem Masse bejaht werden könne, ohne die Direktbetroffenen überhaupt anzuhören. Entgegen seiner Begründungspflicht legt er indessen nicht dar, inwiefern die Annahmen der Vorinstanz sich als offensichtlich unhaltbar erweisen, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen oder einen unumstrittenen Rechtssatz krass verletzen bzw. in stossender Weise gegen den Gerechtigkeitsgedanken verstossen (BGE 134 I 140 E. 5.4 S. 148 mit Hinweisen).
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Erwägung 2.3
 
2.3.1. Dies ist auch nicht ersichtlich: Der angefochtene Entscheid gibt die bundesgerichtliche Praxis zutreffend wieder. Der Beschwerdeführer hat während Jahren eine Parallelbeziehung gelebt und die Behörden getäuscht. Er ist gegen seine Familienmitglieder massiv straffällig geworden, selbst wenn diese ihn in der Folge im Gefängnis besucht haben und er seit seiner Haftentlassung im Februar 2015 offenbar bei ihnen lebt. Die von ihm im vorliegenden Verfahren zu seinen Gunsten eingereichten Stellungnahmen datieren vom 19. März 2015, womit es sich um unzulässige Noven handelt (Art. 99 BGG), welche nicht berücksichtigt werden können; es wäre am Beschwerdeführer gewesen, im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten (Art. 90 AuG) im kantonalen Verfahren den behaupteten grundlegenden Persönlichkeitswandel und ein tragbares Zukunftsprojekt so glaubwürdig darzutun, dass im Rahmen der Interessenabwägung insgesamt von einer namhaften Reduktion hinsichtlich der Gefährdung der von ihm beeinträchtigten wichtigen Rechtsgüter auf ein ausländerrechtlich noch hinnehmbares Mass geschlossen werden könnte.
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2.3.2. Im Übrigen hat die Vorinstanz - entgegen seiner Kritik - bei ihrer Interessenabwägung nicht allein auf den Zeitpunkt seiner Inhaftierung abgestellt. Sie hat vielmehr zur Kenntnis genommen, dass er von seiner Familie im Strafvollzug regelmässig besucht worden ist und er beabsichtigte, nach der Entlassung wieder mit ihnen zusammen zu leben; dies änderte indessen, wie sie zu Recht ausführt, nichts daran, dass das öffentliche Interesse an seiner Entfernung aus der Schweiz sein privates überwiegt: Der Beschwerdeführer hat sich noch am 17. August 2014 für seinen weiteren Aufenthalt auf die Beziehung zu seiner Schweizer Gattin berufen. In der Verfügung vom 5. Januar 2015 des Amtes für Justizvollzug wurde davon ausgegangen, dass die Familie ihn in sein Heimatland begleiten würde, was er in der Sache ebenso wenig infrage stellt, wie den Umstand dass er während der Zeit, in der er sich nicht im Strafvollzug befand, in einem archaisch-patriarchalischen Familienverständnis verankert blieb und sich kaum in die hiesige Gesellschaft mit ihren Werten einzugliedern vermochte. Hieran ändern die rund drei Monate seit seiner Entlassung aus der Ausschaffungshaft nichts. Die antizipierte Beweiswürdigung der Vorinstanz verletzt kein Bundes (verfassungs) recht.
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Erwägung 3
 
3.1. Die vorliegende Beschwerde ist, soweit darauf überhaupt eingetreten werden kann, offensichtlich unbegründet und kann im Verfahren nach Art. 109 BGG erledigt werden; es wird ergänzend auf die Ausführungen der Vorinstanz verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG). Mit dem vorliegenden Sachurteil wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.
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3.2. Der unterliegende Beschwerdeführer hat die Kosten des Verfahrens zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es sind keine Entschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).
10
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. 
 
2. 
 
3. 
 
Lausanne, 13. Mai 2015
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Zünd
 
Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar
 
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