VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 8C_884/2014  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 8C_884/2014 vom 12.05.2015
 
{T 0/2}
 
8C_884/2014
 
 
Urteil vom 12. Mai 2015
 
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
 
Bundesrichter Ursprung, Bundesrichterin Heine,
 
Gerichtsschreiberin Polla.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Philip Stolkin,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Unfallversicherung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 23. Oktober 2014.
 
 
Sachverhalt:
 
A. A.________ war als Sanitärinstallateur bei der B.________ GmbH angestellt gewesen und dadurch bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch gegen Unfallfolgen versichert, als er am 15. Juni 2005 einen Stromunfall erlitt. Am 7. Oktober 2005 verletzte er sich an der linken Schulter bei einem Stolpersturz. Zu einer Verrenkung der Halswirbelsäule (HWS) kam es nach einem Ausrutscher auf einer Leiter am 29. September 2006) und am 24. Oktober 2008 machte er nach einer Auffahrkollision Rückenbeschwerden geltend. Teilweise erhielt er hierfür Leistungen der SUVA. Überdies erlitt er am 11. Januar 2013 beim Ausrutschen auf einer Hebebühnentreppe eine rechtsseitige Kniekontusion. Im Verlauf der dafür von der SUVA übernommenen Leistungen in Form von Taggeld und Heilbehandlung klagte A.________ über Hand-, Rücken-, Halswirbel- und Schulterbeschwerden. Schliesslich meldete er am 5. März 2013 unter Angabe einer Exposition mit Rinol (Deckbelag auf Polyesterbasis) auf den Baustellen eine Berufskrankheit in Form einer Hautkrankheit, wobei er auch auf die Wirbelsäulen- und Gelenksbeschwerden hinwies. Mangels Eingang einer Vollmacht in dieser Sache des mit E-mail vom 13. März 2013 als Vertreter angezeigten Rechtsanwalts, forderte die SUVA unter Verweis auf Art. 43 ATSG A.________ mit Schreiben vom 29. April 2013 persönlich auf, sämtliche medizinischen Unterlagen der behandelnden Ärzte bezüglich der gemeldeten Berufskrankheit einzureichen, sonst könne ihre Leistungspflicht nicht beurteilt werden, was einen ablehnenden Entscheid zur Folge hätte. Mit Verfügung vom 13. Juni 2013 trat sie auf das Leistungsbegehren nicht ein, da sie von ihm keine weiteren Angaben erhalten hatte. Nachdem A.________ am 5. Juli 2013 hiergegen Einsprache erhoben hatte, welche der Rechtsvertreter am 9. September 2013 unter Hinweis auf die für die weiteren laufenden Unfallversicherungsverfahren im April 2013 eingereichte Vollmacht summarisch begründete, verfügte die SUVA erneut am 5. November 2013, dass sie auf die Anmeldung der Berufskrankheit mangels Unterlagen hierzu nicht eintrete. Die dagegen erhobene Einsprache vom 6. Dezember 2013 wies die SUVA mit Einspracheentscheid vom 15. Mai 2014 ab; gleichzeitig trat sie auf die Einsprache vom 9. September 2013 nicht ein.
1
B. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zug wies die dagegen geführte Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat (Entscheid vom 23. Oktober 2014.
2
C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, unter Aufhebung des angefochtenen Gerichtsentscheids sei die SUVA anzuweisen, auf die Angelegenheit einzutreten. Prozessual wird der Antrag auf Durchführung eines zweiten Schriftenwechsels gestellt, sowie um Vereinigung dieses Verfahrens mit dem Verfahren 8C_683/2014 und um unentgeltliche Rechtspflege ersucht.
3
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Das Begehren um Durchführung eines zweiten Schriftenwechsels ist gegenstandslos, da die Streitsache ohne Schriftenwechsel entschieden werden kann (Art. 102 Abs. 1 und 3 BGG; vgl. BGE 133 I 98).
4
1.2. Die Voraussetzungen für eine Verfahrensvereinigung (BGE 128 V 192 E. 1 S. 194 mit Hinweisen, vgl. auch BGE 128 V 124 E. 1 S. 126) sind nicht erfüllt, betreffen die Rechtsmittel doch nicht den gleichen vorinstanzlichen Entscheid, und es stellen sich in beiden Prozessen unterschiedliche Rechtsfragen (Frage der Unfallkausalität und Frage nach der Rechtmässigkeit eines Nichteintretensentscheids), weshalb kein Anlass besteht, dem Antrag des Beschwerdeführers auf Vereinigung des vorliegenden Prozesses mit dem - vor Bundesgericht sistierten - Verfahren 8C_683/2014 stattzugeben. Soweit der Beschwerdeführer die Vereinigung der Verfahren damit begründet, dass die geltend gemachten Leiden an der Wirbelsäule und Hüften ebenfalls als Berufskrankheit zu qualifizieren seien, ist dieser Einwand im Rahmen des gestützt auf das Arbeitsmedizinische Gutachten des Prof. Dr. med. habil. C.________, Facharzt für Arbeitsmedizin, Umweltmedizin, vom Januar 2006, vor kantonalem Gericht angestrengten Revisionsverfahrens zu behandeln, worauf das kantonale Gericht bereits hinwies. Dies betrifft, wie soeben dargelegt, die hier zu beurteilende Rechtsfrage nach der Rechtmässigkeit des Nichteintretens auf das Leistungsbegehren bezüglich der Rinol-Exposition nicht.
5
 
Erwägung 2
 
2.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 132 II 257 E. 2.5 S. 262; 130 III 136 E. 1.4 S. 140).
6
2.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).
7
3. Die Vorinstanz hat die Bestimmungen über die Pflicht der Versicherungsträger zur Abklärung des Sachverhalts nach Massgabe des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 43 Abs. 1 ATSG) und die Mitwirkungspflicht der versicherten Personen (Art. 28 Abs. 1 ATSG) sowie ihre Auskunfts- und Ermächtigungspflicht (Art. 55 Abs. 1 UVV und Art. 28 Abs. 2 und 3 ATSG) zutreffend dargelegt. Gleiches gilt in Bezug auf die Ausführungen über die Befugnis der Versicherer, bei unentschuldbarer Verletzung der Mitwirkungspflichten aufgrund der Akten zu verfügen oder die Erhebungen einzustellen und Nichteintreten zu beschliessen sowie über das dabei zu beachtende Mahn- und Bedenkzeitverfahren (Art. 43 Abs. 3 Satz 2 ATSG). Darauf wird verwiesen.
8
4. Es steht fest, dass die Beschwerdegegnerin den Beschwerdeführer bereits am 13. März 2013 aufgefordert hatte, medizinische Berichte zur Plausibilisierung seiner geltend gemachten Berufskrankheit einzureichen. Am 29. April 2013 hat sie ihm mit Verweis auf die Folgen bei Nichteinreichung der notwendigen Dokumente eine Frist von über einem Monat zum Nachholen des Versäumten eingeräumt, um schliesslich drei Monate nach seiner Meldung einer Berufskrankheit die Nichteintretensverfügung zu erlassen. Die Vorinstanz gelangte zudem zum Schluss, selbst im Rahmen des zweiten Einspracheverfahrens, womit spätestens der von der SUVA begangene Fehler, eine nicht vorliegende Anwaltsvollmacht zu monieren und den Versicherten direkt anzuschreiben, geheilt gewesen sei, seien keine für die Beurteilung der geltend gemachten Berufskrankheit notwendigen medizinischen Akten eingereicht worden. Die anfängliche Missachtung des Mandatsverhältnisses ändere am korrekt durchgeführten Mahn- und Bedenkzeitverfahren nichts.
9
4.1. Wie Vorinstanz und SUVA bereits ausführten, war und ist es eine Obliegenheit des Beschwerdeführers, Unterlagen beizubringen, die seine Behauptung einer Berufskrankheit durch den Kontakt auf Baustellen mit Rinol untermauern. Das kantonale Gericht hat - entgegen dem beschwerdeführerischen Einwand - einlässlich und zutreffend dargelegt, dass der Vorwurf der Verweigerung von anbegehrten Fristerstreckungen zur Einreichung der geforderten Unterlagen und einer damit verbundenen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV; Art. 6 Ziff. 1 EMRK) ebenso haltlos ist wie die Rüge, die Beschwerdegegnerin sei überspitzt formalistisch vorgegangen. Mit dem kantonalen Gericht ist festzuhalten, dass der Versicherte im ganzen unfallversicherungsrechtlichen Verfahren bis hin zum vorinstanzlichen Prozess keinerlei Akten einreichen konnte, die eine irgendwie geartete Vergiftung belegen oder dem Unfallversicherer genügend Hinweise für ein entsprechendes Leiden mit Krankheitswert lieferten. Auf die diesbezüglichen Erwägungen der Vorinstanz wird verwiesen. Sofern er dies mit dem letztinstanzlich neu eingereichten Bericht des Medizinischen Labors D.________ vom 12. März 2014 über eine durchgeführte Urin- und Blutuntersuchung nachholen will, bleibt dieser als unzulässiges Novum vor Bundesgericht unbeachtlich (Art. 99 Abs. 1 BGG). Das Gleiche gilt für einen ärztlichen Bericht des Dr. med. E.________, Facharzt für Diagnostische Radiologie, vom 10. Februar 2014 und für ein Schreiben der Deutschen Rentenversicherung, F.________, vom 14. August 2014 über ein in Fotokopie überlassenes Gutachten vom 16. Juli 2014.
10
In Anbetracht der geschilderten Sachlage ist die Vorgehensweise der Beschwerdegegnerin korrekt und die diese bestätigende Beurteilung durch das kantonale Gericht rechtens, woran sämtliche Vorbringen in der Beschwerde nichts zu ändern vermögen. Dass die Verfahren vorinstanzlich nicht vereinigt wurden, läuft schliesslich nach dem Gesagten auch nicht dem Grundsatz eines raschen und einfachen Verfahrens nach Art. 61 lit. a ATSG zuwider.
11
5. Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet und wird im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG erledigt. Das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung im bundesgerichtlichen Verfahren ist wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Dem Beschwerdeführer sind demnach die Gerichtskosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
12
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
 
3. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 12. Mai 2015
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Leuzinger
 
Die Gerichtsschreiberin: Polla
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).