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Informationen zum Dokument  BGer 1C_584/2014  Materielle Begründung
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BGer 1C_584/2014 vom 29.04.2015
 
{T 0/2}
 
1C_584/2014
 
1C_585/2014
 
1C_586/2014
 
 
Urteil vom 29. April 2015
 
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
 
Bundesrichter Karlen, Eusebio,
 
Gerichtsschreiber Dold.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
1C_584/2014
 
Kanton Schaffhausen, 8200 Schaffhausen,
 
Beschwerdeführer,
 
handelnd durch den Regierungsrat des Kantons Schaffhausen, Beckenstube 7, 8200 Schaffhausen,
 
1C_585/2014
 
Einwohnergemeinde Schaffhausen,
 
Stadthaus, 8200 Schaffhausen,
 
Beschwerdeführerin,
 
vertreten durch den Stadtrat Schaffhausen, Stadthaus, Postfach 1000, 8200 Schaffhausen,
 
1C_586/2014
 
A.________ AG,
 
Beschwerdeführerin,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gion Hendry,
 
gegen
 
1. Schweizer Heimatschutz (SHS),
 
handelnd durch Heimatschutz Schaffhausen, Stadthausgasse 21, 8200 Schaffhausen,
 
2. B.B.________ und C.B.________,
 
Beschwerdegegner, beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Beat Keller,
 
1C_584/2014
 
A.________ AG,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gion Hendry,
 
Stadtrat Schaffhausen,
 
Stadthaus, Postfach 1000, 8200 Schaffhausen,
 
Planungs- und Naturschutzamt / Bauinspektorat des Kantons Schaffhausen,
 
Beckenstube 11, 8200 Schaffhausen
 
1C_585/2014
 
A.________ AG,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gion Hendry,
 
Planungs- und Naturschutzamt / Bauinspektorat des Kantons Schaffhausen,
 
Beckenstube 11, 8200 Schaffhausen,
 
Regierungsrat des Kantons Schaffhausen, Beckenstube 7, 8200 Schaffhausen
 
1C_586/2014
 
Stadtrat Schaffhausen,
 
Stadthaus, Postfach 1000, 8200 Schaffhausen,
 
Planungs- und Naturschutzamt / Bauinspektorat des Kantons Schaffhausen,
 
Beckenstube 11, 8200 Schaffhausen,
 
Regierungsrat des Kantons Schaffhausen, Beckenstube 7, 8200 Schaffhausen.
 
Gegenstand
 
Besonderes Gutachten nach Art. 17a NHG,
 
Beschwerden gegen die Verfügung vom 31. Oktober 2014 des Obergerichts des Kantons Schaffhausen, Präsidentin.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
 
B.
 
B.a. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 2. Dezember 2014 beantragt der Kanton Schaffhausen, Dispositiv-Ziffern 1 und 2 der Verfügung des Obergerichts seien aufzuheben (Verfahren 1C_584/2014).
1
B.b. Mit gleichlautender Stellungnahme für alle drei Verfahren stellen die Beschwerdegegner den förmlichen Antrag, die Beschwerden seien abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Aus ihren Ausführungen geht hingegen hervor, dass sie primär der Auffassung sind, auf die Beschwerden sei gar nicht einzutreten. Die A.________ AG verweist in ihrer Vernehmlassung in den Verfahren 1C_584/2014 und 1C_585/2014 auf ihre eigene Beschwerde und verzichtet auf weitergehende Ausführungen. Das Obergericht hat in allen drei Verfahren separat Stellung genommen, ohne einen Antrag zu stellen. Die Einwohnergemeinde und der Kanton unterstützen die Anträge der jeweiligen beiden anderen Beschwerdeführer. Das ebenfalls zur Stellungnahme eingeladene kantonale Bauinspektorat hat sich nicht vernehmen lassen. Im Rahmen des zweiten Schriftenwechsels hat der Kanton eine zusätzliche Eingabe eingereicht. In der Folge haben sich die Beschwerdegegner, die A.________ AG und der Kanton ein weiteres Mal geäussert.
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Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Die vorliegenden Beschwerden richten sich gegen denselben Entscheid und hängen inhaltlich eng zusammen. Die Verfahren 1C_584/2014, 1C_585/2014 und 1C_586/2014 sind deshalb zu vereinigen.
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1.2. Der angefochtene, kantonal letztinstanzliche Entscheid betrifft die Einholung eines Gutachtens in einem Baubewilligungsverfahren und damit eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit. Dagegen steht grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht offen. Zu prüfen ist indessen, ob es sich bei der Verfügung des Obergerichts um einen anfechtbaren Entscheid gemäss Art. 90 ff. BGG handelt.
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1.3. Die Verfügung des Obergerichts schliesst das Baubewilligungsverfahren nicht ab, auch nicht teilweise (Art. 90 f. BGG). Es liegt ein Zwischenentscheid vor.
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1.4. Die Beschwerdeführer gehen davon aus, es handle sich um einen Zwischenentscheid über die Zuständigkeit im Sinne von Art. 92 BGG. Das Obergericht habe sich zur Einholung des Gutachtens als zuständig angesehen, obwohl Art. 17a NHG die Zustimmung des Kantons, mithin des Regierungsrats, erfordere. Weiter machen sie geltend, über eine Zuständigkeitsfrage dürfe nicht mittels Präsidialverfügung entschieden werden.
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1.5. Nach dem Rückweisungsentscheid des Bundesgerichts ist das Obergericht mit der Sache befasst, was die Beschwerdeführer nicht in Frage stellen. Bereits dies weist darauf hin, dass es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht um einen Zwischenentscheid über die Zuständigkeit handelt, den die Beschwerdeführer zwingend im jetzigen Zeitpunkt anfechten müssten (vgl. Art. 92 Abs. 2 BGG, wonach diese Entscheide später nicht mehr angefochten werden können). Zwischenentscheide über die Zuständigkeit sprechen sich darüber aus, ob die Voraussetzung für die Weiterführung des Verfahrens in der betreffenden Instanz gegeben ist, ob letztere mithin kompetent ist, die gestellten Rechtsbegehren zu beurteilen ( KARL SPÜHLER/HEINZ AEMISEGGER, Bundesgerichtsgesetz: Praxiskommentar, 2. Aufl. 2013, N. 7 zu Art. 92 BGG; BERNARD CORBOZ, Commentaire de la LTF, 2. Aufl. 2014, N. 9 zu Art. 92 BGG; YVES DONZALLAZ, Loi sur le Tribunal fédéral, 2008, Rz. 3286 f.). Freilich ergibt sich aus der Verfügung, dass sich das Obergericht bzw. seine Präsidentin als zuständig ansah, ein Gutachten ohne die von den Beschwerdeführern als unabdingbar erachtete Zustimmung des Regierungsrats einzuholen. Dies macht die Verfügung indessen noch nicht zu einem Zwischenentscheid über die Zuständigkeit. Denn selbst wenn das Obergericht die Auffassung der Beschwerdeführer geteilt hätte und um die Zustimmung des Regierungsrats ersucht hätte, wäre es weiterhin mit der Sache befasst geblieben. Dieser Umstand, den die Beschwerdeführer wie erwähnt nicht kritisieren, ist entscheidend (vgl. zum Ganzen auch die Urteile 2C_266/2011 vom 28. November 2011 E. 1.2; 4A_146/2010 vom 2. Juni 2010 E. 1, in: sic! 6/2011 S. 390; BGE 135 III 566 E. 1.1 S. 568 f.; je mit Hinweisen).
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1.6. Daraus folgt, dass die angefochtene Verfügung einen "anderen" selbständig eröffneten Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG darstellt. Nach Abs. 1 dieser Bestimmung ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der angefochtene Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (lit. a), oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b).
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1.7. Die private Beschwerdeführerin sieht den nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Umstand, dass das Obergericht ein für sie positiv ausgefallenes Gutachten der KNHK übergehe. Der Kanton und die Einwohnergemeinde machen geltend, der nicht wieder gutzumachende Nachteil bestehe in der präjudiziellen Wirkung des Entscheids. Die Abqualifizierung der KNHK habe zur Folge, dass deren Aufgabenbereich eingeschränkt werde. In künftigen Baubewilligungsverfahren bestünde nun stets die Ungewissheit, ob ein Gutachten der KNHK vor Obergericht nicht einfach durch ein solches der ENHK ersetzt werden könnte. Die Folge davon sei, dass sich der Regierungsrat künftig im Interesse der Rechtssicherheit gezwungen sehe, gleich von Anfang an die ENHK beizuziehen und die KNHK nicht mehr zu berücksichtigen. Art. 17a NHG, wonach ein Beizug der Kommission nur freiwillig und auf Wunsch eines Kantons erfolge, würde damit obsolet.
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1.8. Beweismassnahmen haben in aller Regel keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil zur Folge (Urteile 8C_393/2014 vom 24. September 2014 E. 4.3.1; 1B_121/2007 25. Juni 2007 E. 3.1; je mit Hinweisen). Das gilt insbesondere auch, wenn Beweise erhoben werden, welche sich später als unverwertbar erweisen könnten (Urteil 1B_347/2014 vom 13. Januar 2015 E. 1.2.2 f.). Die präjudizielle Wirkung, die jeder Entscheid in sich trägt, begründet für sich allein ebenfalls keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil. Der Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG muss vielmehr konkreter Natur sein; die Begründung einer für den Beschwerdeführer unerwünschten Rechtsprechung ist nicht ausreichend. Dies ist vorliegend nicht anders. Aus dem Entscheid des Obergerichts, zur Ergänzung des Gutachtens der KNHK ein solches der ENHK einzuholen, entsteht den Beschwerdeführern kein nicht wieder gutzumachender Nachteil (vgl. Urteil 8C_393/2014 vom 24. September 2014 E. 4.3 mit Hinweisen). Ihre Rüge, das Obergericht habe Art. 17a NHG missachtet, werden sie unbeschadet auch mit einer Beschwerde gegen den Endentscheid vorbringen können - die Erfüllung der weiteren Sachurteilsvoraussetzungen vorbehalten. Im Übrigen ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Regierungsrat sich aufgrund des angefochtenen Entscheids in Zukunft gezwungen sehen sollte, gleich von Anfang an die ENHK beizuziehen und die KNHK nicht mehr zu berücksichtigen. Das Obergericht hat eingehend begründet, weshalb es das Gutachten der KNHK als unzureichend ansieht und weshalb es eine Ergänzung bzw. Verbesserung durch dieselbe Kommission als ausgeschlossen erachtet. Die betreffenden Erwägungen beschränken sich auf den konkreten Fall und führen nicht dazu, dass die KNHK generell durch die ENHK ersetzt würde. Schliesslich werden weder der Regierungsrat noch der Stadtrat gezwungen, eine rechtswidrige Verfügung zu erlassen (vgl. BGE 140 V 507 E. 3.2.2 mit Hinweis).
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1.9. Daraus ergibt sich, dass die Beschwerden die Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG nicht erfüllen und unzulässig sind.
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Erwägung 2
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Verfahren 1C_584/2014, 1C_585/2014 und 1C_586/2014 werden vereinigt.
 
2. Auf die Beschwerden wird nicht eingetreten.
 
3. Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der A.________ AG auferlegt.
 
4. Die A.________ AG hat die Beschwerdegegner mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.
 
5. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Planungs- und Naturschutzamt / Bauinspektorat des Kantons Schaffhausen und dem Obergericht des Kantons Schaffhausen, Präsidentin, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 29. April 2015
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Fonjallaz
 
Der Gerichtsschreiber: Dold
 
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