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Informationen zum Dokument  BGer 1C_492/2014  Materielle Begründung
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BGer 1C_492/2014 vom 17.04.2015
 
{T 0/2}
 
1C_492/2014
 
-
 
 
Urteil vom 17. April 2015
 
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
 
Bundesrichter Merkli, Karlen, Eusebio, Chaix,
 
Gerichtsschreiber Misic.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
Beschwerdeführer, vertreten durch
 
Rechtsanwalt Robert P. Gehring, -
 
gegen
 
Strassenverkehrsamt des Kantons Thurgau,
 
Rekurskommission für Strassenverkehrssachen des Kantons Thurgau.
 
-
 
Gegenstand
 
Entzug des Führerausweises,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 27. August 2014.---
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
 
B.
 
 
C.
 
 
D.
 
 
E.
 
 
F.
 
 
G.
 
 
H.
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
 
Erwägung 2
 
 
Erwägung 3
 
3.1. Rechtsprechung und Lehre unterscheiden zwischen Sicherungsentzug (retrait de sécurité, revoca a scopo di sicurezza) und Warnungsentzug (retrait d'admonestation, revoca a scopo di ammonimento). Das Gesetz verwendet dagegen nur die Begriffe "Führerausweisentzug" (vgl. z.B. die Marginalien zu Art. 16a-16d SVG), "Ausweisentzug" (Art. 16b Abs. 2 lit. e und Art. 16c Abs. 1 lit. f, Abs. 2 lit. d und Abs. 3 SVG) oder bloss "Entzug" (vgl. z.B. die Marginalie zu Art. 16 SVG und Art. 16d Abs. 2 SVG).
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3.1.1. Führerausweise sind zu entziehen, wenn festgestellt wird, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung nicht oder nicht mehr bestehen (Art. 16 Abs. 1 SVG). Der Führerausweis wird einer Person im Rahmen eines Sicherungsentzuges auf unbestimmte Zeit entzogen, wenn die Fahreignung nicht (mehr) gegeben ist, z.B. weil sie aufgrund ihres bisherigen Verhaltens nicht Gewähr bietet, dass sie künftig beim Führen eines Motorfahrzeuges die Vorschriften beachten und auf die Mitmenschen Rücksicht nehmen wird (Art. 16d Abs. 1 lit. c SVG). Durch diese Massnahmen soll die zu befürchtende Gefährdung der Verkehrssicherheit durch einen ungeeigneten Fahrzeugführer zukünftig verhindert werden (BGE 133 II 331 E. 9.1 S. 351). Beim Sicherungsentzug ist es nicht von Bedeutung, ob die Person eine Verkehrsregel verletzt hat oder ob ein Verschulden vorliegt (BGE 140 II 334 E. 6 S. 339 mit Hinweis). Der Sicherungsentzug stellt einen schweren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte und die Privatsphäre des Betroffenen dar (BGE 139 II 95 E. 3.4.1 S. 103 mit Hinweisen), weil dessen grundsätzliche Fahreignung zur Diskussion steht. Fehlt diese, wird der Führerausweis auf unbestimmte Zeit entzogen (Art. 16d Abs. 1 SVG; BGE 133 II 331 E. 9.1 S. 351) und erst wieder bedingt und unter Auflagen wiedererteilt, wenn eine allfällige gesetzliche oder verfügte Sperrfrist abgelaufen ist und die betroffene Person die Behebung des Mangels nachweist, der die Fahreignung ausgeschlossen hat (Art. 17 Abs. 3 SVG). Insofern stellt der Sicherungsentzug im Vergleich zum Warnungsentzug (dazu sogleich E. 3.1.2) für Betroffene regelmässig die einschneidendere Massnahme dar.
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3.1.2. Der Warnungsentzug wird bei Widerhandlungen gegen die Strassenverkehrsvorschriften ausgesprochen, bei denen das Verfahren nach dem Ordnungsbussengesetz vom 24. Juni 1970 (SR 741.03) ausgeschlossen ist (Art. 16 Abs. 2 SVG). Sie dient der Besserung des Fahrers und der Bekämpfung von Rückfällen (Spezialprävention). Der Ausweisinhaber verfügt über die nötige Fahreignung (andernfalls wäre ein Sicherungsentzug anzuordnen; vgl. BGE 131 II 248 E. 4.2 S. 250) und hat die Verkehrsverletzung fahrlässig oder vorsätzlich verschuldet (vgl. Art. 16 Abs. 3 SVG). Der Warnungsentzug erweist sich als eine um der Verkehrssicherheit willen angeordnete Verwaltungsmassnahme mit primär präventivem und erzieherischem Charakter, die teilweise aber auch strafähnliche Züge aufweist (BGE 133 II 331 E. 4.2 S. 336 mit Hinweisen; vgl. auch Hans Giger, SVG, Kommentar, 8. Aufl., 2014, N. 15 zu Art. 16 SVG; Bernhard Rütsche, in: Niggli/Probst/-Waldmann [Hrsg.], Strassenverkehrsgesetz, Basler Kommentar, 2014, N. 32 vor Art. 16-17a SVG; Philippe Weissenberger, Kommentar Strassenverkehrsgesetz und Ordnungsbussengesetz, 2. Aufl., 2015, N. 5 ff. zu den Vorbemerkungen zu Art. 16 ff. SVG).
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3.2. Eines der Hauptargumente des Beschwerdeführers beruht auf der Annahme, Art. 16c SVG gelte nur für Warnungsentzüge und Art. 16d SVG nur für Sicherungsentzüge. Eine solche Dichotomie gibt es in dieser strikten Form jedoch nicht. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers hat Art. 16c SVG nicht nur warnenden (Abs. 2 lit. b und c), sondern auch sichernden Charakter (Weissenberger, a.a.O., N. 2 zu Art. 16c SVG; Cédric Mizel, Retrait administratif du permis de conduire: le nouveau concept de récidive et la pratique des "cascades", ZStrR 2008, S. 324; mit weiteren Nachweisen in Fn. 28). So handelt es sich beim Führerausweisentzug auf unbestimmte Zeit bei wiederholtem Rückfall nach Art. 16c Abs. 2 lit. d SVG um einen Sicherungsentzug, da dieser auf einer unwiderlegbaren gesetzlichen Vermutung der fehlenden Fahreignung nach Art. 16d Abs. 1 lit. c SVG beruht (BGE 139 II 95 E. 3.4.1 und 3.4.2 S. 103 f.). Gleiches gilt erst recht für den Führerausweisentzug für immer (Art. 16c Abs. 2 lit. e SVG). Insofern erweist sich die Behauptung, wonach Warnungs- und Sicherungsentzug in gänzlich getrennten und in sich abgeschlossenen Gesetzesbestimmungen geregelt seien, als unzutreffend.
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3.3. Die Rückfallregel nach Art. 16c Abs. 2 lit. c SVG sieht eine Mindestentzugsdauer von zwölf Monaten vor, wenn der Ausweis in den vorangegangenen fünf Jahren einmal wegen einer schweren Widerhandlung "entzogen war". Nach Auffassung des Beschwerdeführers ist diese Bestimmungen nur anwendbar, wenn der vorangegangene Ausweisentzug im Verfahren des Warnungsentzugs erfolgt ist.
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3.3.1. Ausgangspunkt jeder Auslegung bildet der Wortlaut der massgeblichen Bestimmung. Ist der Text nicht ganz klar und sind verschiedene Interpretationen möglich, so muss nach seiner wahren Tragweite gesucht werden unter Berücksichtigung aller Auslegungselemente (sog. Methodenpluralismus, wobei die einzelnen Auslegungselemente keiner hierarchischen Prioritätsordnung unterstehen vgl. BGE 140 IV 28 E. 4.3.1 S. 34; 128 I 34 E. 3b S. 41 f.). Dabei kommt es namentlich auf den Zweck der Regelung, die dem Text zugrunde liegenden Wertungen sowie auf den Sinnzusammenhang an, in dem die Norm steht. Die Entstehungsgeschichte ist zwar nicht unmittelbar entscheidend, dient aber als Hilfsmittel, um den Sinn der Norm zu erkennen (BGE 138 IV 232 E. 3 S. 234 f.; 136 I 297 E. 4.1 S. 299 f.; je mit Hinweisen).
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3.3.2. Art. 16c Abs. 2 lit. c SVG setzt lediglich eine vollzogene Massnahme voraus ("entzogen war"; vgl. Urteil 1C_180/2010 vom 22. September 2010 E. 2.2). Das Gesetz verwendet die Begriffe in allen Amtssprachen einheitlich ("entzogen", "retiré", "revocata") und erlaubt keine Rückschlüsse, die sich allenfalls aus der Mehrsprachigkeit ergeben könnten. Dem offen formulierten Wortlaut lässt sich auch nicht entnehmen, ob die Verfahrensart des vorgängigen Ausweisentzugs (Warnungs- oder Sicherungsentzug) von Bedeutung ist.
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3.3.3. Mit dem Ziel der Erhöhung der Verkehrssicherheit auf Schweizer Strassen sind die Administrativmassnahmen im Strassenverkehr im Rahmen der Teilrevision des Strassenverkehrsgesetzes gemäss Bundesgesetz vom 14. Dezember 2001, in Kraft seit 1. Januar 2005, sowohl gegenüber Ersttätern als auch (insbesondere) gegenüber rückfälligen Tätern teilweise massiv verschärft worden (Botschaft vom 31. März 1999 zur Änderung des Strassenverkehrsgesetzes, BBl 1999 4473 ff.; vgl. BGE 135 II 334 E. 2.2 S. 336). Der Gesetzgeber wollte die Administrativmassnahmen im Strassenverkehr bei Rückfällen deutlich verschärfen. Personen, die wiederholt elementare Verkehrsregeln verletzen und damit das Leben anderer Verkehrsteilnehmer aufs Spiel setzen, sollen für lange Zeit (oder sogar für immer) aus dem Verkehr gezogen werden (BBl 1999 4474).
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3.3.4. In systematischer Hinsicht hängt das Kaskadensystem der Mindestentzugsdauern gemäss Art. 16a-16c SVG einzig von der Voraussetzung ab, dass der Ausweis "entzogen war". Dies gilt insbesondere für Art. 16c Abs. 2 SVG und zwar unabhängig davon, ob es sich um warnende (lit. b-c) oder sichernde (lit. d-e) Massnahmen handelt (vgl. auch Art. 16b Abs. 2 SVG, der dieselbe Normstruktur aufweist).
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3.3.5. Auch die teleologische Auslegung führt zum Schluss, dass es für die Anwendung des Art. 16c Abs. 2 lit. c SVG keine Rolle spielt, ob der vorgängige Ausweisentzug im Verfahren des Warnungs- oder Sicherungsentzugs erfolgt ist. Wenn die Norm auf Warnungsentzüge anwendbar ist, was der Beschwerdeführer nicht bestreitet, muss sie erst recht für den (in die persönlichen Verhältnisse des Betroffenen regelmässig tiefer eingreifenden) Sicherungsentzug gelten (vgl. E. 3.1.1 hiervor). Es wäre mit der ratio legis, die eine Verschärfung der Administrativmassnahmen im Strassenverkehr bei Rückfällen vorsieht, auch schwer vereinbar, wenn der Betroffene im Nachhinein durch die Aufhebung des vorsorglichen Sicherungsentzugs besser gestellt würde und der erst später ausgesprochene Warnungsentzug ihm eine günstigere Ausgangssituation beim zweiten Warnungsentzugsverfahren verschaffen würde. Der für die Dauer des Sicherungsentzugs verfügte vorsorgliche Entzug des Führerausweises kann deshalb nicht als "nicht geschehen" betrachtet werden. Der vorsorgliche Sicherungsentzug soll gewährleisten, dass mutmasslich nicht (mehr) fahrgeeignete Personen bis zur rechtskräftigen Abklärung der Fahreignung nicht am motorisierten Strassenverkehr teilnehmen. Dieser gesetzliche Zweck würde vollständig unterlaufen, wenn der vom vorsorglichen Führerausweisentzug Betroffene diese vorläufige Sicherungsmassnahme folgenlos missachten könnte, weil er auf einen günstigen Ausgang des hängigen Hauptverfahrens hofft (so bereits Urteil 1C_526/2012 vom 24. Mai 2013 E. 4).
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3.3.6. Im Ergebnis gelangt das Kaskadensystem der Mindestentzugsdauern nach einer schweren Widerhandlung (Art. 16c Abs. 2 SVG) unabhängig von der Art des vorangegangenen Führerausweisentzugs zur Anwendung. Es kommt mit anderen Worten nicht darauf an, ob es sich beim vorgängigen Entzug um einen (vorsorgliche-n) Sicherungs- oder Warnungsentzug gehandelt hat.
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Erwägung 3.4
 
3.4.1. Nach Art. 16c Abs. 2 lit. c SVG muss in den vorausgegangenen fünf Jahren der Ausweis "wegen einer schweren Widerhandlung" entzogen worden sein (der Tatbestand der mittelschweren Widerhandlung ist hier ohne Belang). Der Beschwerdeführer bringt vor, bis zur Fahrt vom 16. Mai 2013 habe keine schwere Widerhandlung vorgelegen.
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3.4.2. Der Beschwerdeführer musste sich nach dem Vorfall vom 22. April 2012 bewusst gewesen sein, dass diese Verfehlung als schwere Widerhandlung qualifiziert werden und daher zwingend einen Führerausweisentzug zur Folge haben würde.
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3.5. In seiner Eventualbegründung macht der Beschwerdeführer geltend, der Tatbestand des Fahrens eines Motorfahrzeugs trotz Ausweisentzugs (Art. 16c Abs. 1 lit. f SVG) sei nicht erfüllt, weshalb der Entzug des Führerausweises gänzlich ausser Betracht falle. Im Zeitpunkt des Vorfalls vom 16. Mai 2013 habe nämlich gar kein Führerausweisentzug mehr bestanden, da der von der Rekurskommission nachträglich angeordnete Warnungsentzug vom 22. April bis zum 21. August 2012 gedauert habe.
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Erwägung 4
 
4.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, der vorsorgliche Sicherungsentzug habe insgesamt 13 Monate und 20 Tage gedauert (von der Anlasstat des 22. April 2012 bis zur Rückgabe des Führerausweises am 11. Juni 2013). Damit seien die Taten vom 22. April 2012 und vom 16. Mai 2013 wohl ausreichend sanktioniert worden. Sollte zur Entzugsdauer von vier Monaten (für die Fahrt vom 22. April 2012) noch die Mindestentzugsdauer von zwölf Monaten hinzukommen (für die Fahrt vom 16. Mai 2013), verbliebe eine restliche Entzugsdauer von zwei Monaten und zehn Tagen (16 Monate abzüglich der 13 Monate und 20 Tage). Dies wäre für den Beschwerdeführer trotz aller Unannehmlichkeiten noch erträglicher als ein neuerlicher Führerausweisentzug für die Dauer von zwölf Monaten.
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Erwägung 4.2
 
4.2.1. Auch wenn es vom Beschwerdeführer anders empfunden wird, stellt der vorsorgliche Sicherungsentzug aus juristischer Sicht keine Sanktion dar (E. 3.1.1 hiervor; Urteil 1C_520/2013 vom 17. September 2013 E. 3.2). Diese Verwaltungsmassnahme bezweckt einzig den Schutz der Verkehrssicherheit durch provisorische Fernhaltung von möglicherweise ungeeigneten Lenkern (Urteil 1C_219/2011 vom 30. September 2011 E. 2.1). Der vorsorgliche Ausweisentzug soll den Behörden Zeit geben, um die Entscheidgrundlagen für die Beurteilung der vermuteten Eignungsmängel sowie für den Entscheid über einen definitiven Sicherungsentzug zu beschaffen. Aufgrund des möglicherweise drohenden Eingriffs in die Grundrechte der betroffenen Person ist eine sorgfältige und teilweise zeitintensive Sachverhaltsabklärung vorzunehmen (BGE 133 II 384 E. 3.1 S. 387 f.; vgl. auch Art. 28a VZV, wonach Fahreignungsgutachten nur von Ärzten oder Psychologen mit Fachtitel erstellt werden können). Nur wenn sich die Anhaltspunkte oder der Anfangsverdacht für einen Fahreignungsmangel nicht bestätigen, kommt es anschliessend zum Erlass eines Warnungsentzugs aufgrund einer konkreten Verkehrsregelverletzung. Dabei kann es vorkommen, dass der effektive Führerausweisentzug im Verfahren des vorsorglichen Sicherungsentzugs länger dauert als die für die tatsächlich begangene Verkehrsregelverletzung vorgesehene Warnungsentzugsdauer.
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4.2.2. Die längere Dauer des vorsorglichen Sicherungsentzugsverfahrens lässt kein "Guthaben an Entzugsmonaten" entstehen, das mit späteren (mit der Anlasstat sachlich nicht konnexen) Warnungsentzügen verrechnet werden könnte. Abgesehen davon, dass es für die "Zeitgutschriftenthese" des Beschwerdeführers im Strassenverkehrsrecht keine gesetzliche Grundlage gibt (eine analoge Anwendung von Art. 51 StGB wird von ihm nicht verlangt und liegt auch nicht nahe), könnte sich die betroffene Person eine günstigere Ausgangssituation beim zweiten Warnungsentzugsverfahren verschaffen, was mit der ratio legis nicht vereinbar wäre (vgl. E. 3.3.5 hiervor) und falsche Anreize schaffen würde (indem z.B. eine Person, die noch über eine "verrechenbare Zeitgutschrift" aus einem vorsorglichen Sicherungsentzug verfügt, diese straflos für neue SVG-Delikte benutzen könnte).
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4.2.3. Dass der rechtmässig verfügte vorsorgliche Sicherungsentzug länger dauerte als der anschliessend verfügte rückwirkende Warnungsentzug, ist demnach rechtlich nicht zu beanstanden und führt zu keinen Zeitkompensationsansprüchen für neue Warnungsentzüge. Daraus folgt, dass der von der Rekurskommission ausgesprochene und rechtskräftige Warnungsentzug für vier Monate wegen der groben Verkehrsregelverletzung vom 22. April 2012 am selbigen Tag begonnen und am 22. August 2012 geendet hat; er ist somit verbüsst. Dagegen fällt eine Anrechnung der gestützt auf Art. 30 VZV darüber hinaus verbliebenen Entzugsdauer von 9 Monaten und 20 Tagen (tatsächliche Entzugsdauer von 13 Monaten und 20 Tagen abzüglich 4 Monate Warnungsentzug für die Verkehrsregelverletzung vom 22. April 2012) auf den hier angefochtenen Warnungsentzug von 12 Monaten für den Vorfall vom 16. Mai 2013 ausser Betracht.
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Erwägung 5
 
5.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe bloss ein einziges Mal ein Motorfahrzeug ohne Führerausweis gelenkt. Dieser sei ihm vorsorglich entzogen worden aus Gründen, die sich später als unbegründet erwiesen hätten. Als Betreiber eines Gipsergeschäfts sei er auf den Führerausweis zwingend angewiesen.
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5.2. Es ist erstellt, dass dem Beschwerdeführer in den vorangegangenen fünf Jahren bereits einmal wegen einer schweren Widerhandlung der Führerschein entzogen worden ist und dass er - trotz des ausdrücklichen Hinweises auf straf- und administrativrechtliche Konsequenzen in der Entzugsverfügung vom 25. April 2012 - erneut eine schwere Widerhandlung begangen hat. Dafür ist ihm der Führerausweis für mindestens zwölf Monate zu entziehen (Art. 16c Abs. 2 lit. c SVG). Der vom Beschwerdeführer behauptete gute automobilistische Leumund ist in Frage zu stellen, nachdem er nunmehr schon zum zweiten Mal einer schwere Widerhandlung gegen das Strassenverkehrsgesetz überführt worden ist. Es mag zutreffen, dass der Führerausweis für ihn aus beruflichen Gründen wichtig ist, zumal sein Vater wegen einer im Ausland zu verbüssenden Gefängnisstrafe als Chauffeur offenbar nicht mehr zur Verfügung steht. Dies rechtfertigt aber ein Abweichen vom Gesetz nicht, besteht doch die eigentliche Berufstätigkeit des Beschwerdeführers nicht im Führen eines Personenwagens; dieser wird lediglich zur Erbringung von Dienstleistungen benötigt. Dass er sich durch den Führerausweisent-zug gezwungen sieht, seinen Betrieb aufzugeben, wird nicht belegt und ist auch nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer konnte sich bis anhin zurecht finden und organisieren.
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Erwägung 6
 
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21
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Strassenverkehrsamt des Kantons Thurgau, der Rekurskommission für Strassenverkehrssachen des Kantons Thurgau, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Strassen (ASTA), Sekretariat Administrativmassnahmen, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 17. April 2015
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Fonjallaz
 
Der Gerichtsschreiber: Misic
 
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