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Informationen zum Dokument  BGer 4F_16/2014  Materielle Begründung
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BGer 4F_16/2014 vom 27.02.2015
 
{T 1/2}
 
4F_16/2014
 
 
Urteil vom 27. Februar 2015
 
 
I. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
 
Bundesrichterin Klett, Bundesrichter Kolly,
 
Bundesrichterinnen Hohl, Niquille,
 
Gerichtsschreiber Kölz.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
Masse en faillite ancillaire de Sabena SA,
 
vertreten durch Fürsprecher Aurelio A. Ferrari und Rechtsanwalt Stefan Rutgers,
 
Gesuchstellerin,
 
gegen
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
1. Nachlassmasse der SAirLines AG in Nachlassliquidation,
 
2. Nachlassmasse der SAirGroup AG in Nachlassliquidation,
 
beide vertreten durch Rechtsanwältin Karin Graf
 
und Rechtsanwalt Stefan Fink,
 
Gesuchsgegnerinnen.
 
Gegenstand
 
Anerkennung und Vollstreckbarerklärung,
 
Revisionsgesuch gegen das
 
Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts 4A_740/2012 vom 8. Mai 2014.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
Am 24. März 2011 beantragte die Masse en faillite ancillaire de Sabena SA (Gesuchstellerin) als schweizerische IPRG-Konkursmasse der konkursiten belgischen Luftfahrtgesellschaft Sabena SA beim Einzelrichter des Bezirksgerichts Zürich, das Urteil der Cour d'appel de Bruxelles (R.G.: 2004/AR/1114 und 2004/AR/1190) vom 27. Januar 2011 (nachfolgend: belgisches Urteil) sei anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären. Mit Urteil vom 25. März 2011 gab der Einzelrichter dem Begehren mit Bezug auf Dispositivziffer 7 lit. c des belgischen Urteils statt und erklärte diese für vollstreckbar. Im Übrigen trat er nicht auf das Begehren ein. Das Obergericht des Kantons Zürich bestätigte als kantonale Beschwerdeinstanz in seinem Urteil vom 7. November 2012 die Vollstreckbarerklärung von Dispositivziffer 7 lit. c des belgischen Urteils. Zudem anerkannte es das belgische Urteil hinsichtlich der Dispositivziffern 7 lit. a und b.
1
 
B.
 
Die Gesuchstellerin verlangt die Revision des bundesgerichtlichen Urteils 4A_740/2012 vom 8. Mai 2014. Sie begehrt, in Aufhebung und Abänderung dieses Urteils sei die Beschwerde der Gesuchsgegnerinnen abzuweisen und das Urteil des Obergerichts vom 7. November 2012 zu bestätigen. Das belgische Urteil sei hinsichtlich der Dispositivziffern 7 lit. a und 7 lit. b anzuerkennen und hinsichtlich von Dispositivziffer 7 lit. c für vollstreckbar zu erklären.
2
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
Das bundesgerichtliche Urteil 4A_740/2012 vom 8. Mai 2014 wurde der Gesuchstellerin am 23. Mai 2014 eröffnet. Das - auf Art. 121 lit. d BGG gestützte - Revisionsgesuch vom 23. Juni 2014 ist somit rechtzeitig gestellt worden (vgl. Art. 124 Abs. 1 lit. b BGG).
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Erwägung 2
 
2.1. Die Gesuchstellerin rügt, das Bundesgericht habe sich im Urteil 4A_740/2012 vom 8. Mai 2014 "infolge Versehens" mit den Verfahrensakten in Widerspruch gesetzt, wesentliche Aktenstellen übersehen und insbesondere einem Dokument, auf das es "sein Urteilsfundament einzig und allein abgestützt" habe, einen anderen als den wirklichen Inhalt beigemessen.
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2.2. Gemäss Art. 121 lit. d BGG kann die Revision eines Entscheids des Bundesgerichts verlangt werden, wenn das Gericht in den Akten liegende erhebliche Tatsachen aus Versehen nicht berücksichtigt hat.
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2.3. Der Revisionsgrund von Art. 121 lit. d BGG setzt naturgemäss voraus, dass das Bundesgericht die fraglichen Tatsachen in seinem Entscheid überhaupt hätte berücksichtigen 
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Erwägung 3
 
3.1. Die Gesuchstellerin bringt zur Begründung ihres Revisionsgesuchs vor, das Bundesgericht sei in seinem Urteil 4A_740/2012 vom 8. Mai 2014 von einer unzutreffenden Abfolge der Geschehnisse im belgischen Verfahren ausgegangen.
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"Die Beschwerdegegnerin trat im Februar 2003 dem von ihren belgischen Mehrheitsaktionären beim Handelsgericht von Brüssel anhängig gemachten Verfahren infolge Streitverkündung bei. Den vorliegend prozessgegenständlichen (Konkurs-) Schaden aus der Verletzung des Astoria Agreement machte sie nach unbestritten gebliebener und mit dem Urteil des Obergerichts vom 8. November 2012 übereinstimmender Darstellung der Beschwerdeführerinnen erstmals im Rahmen einer Klageergänzung vom 14. Februar 2003 geltend. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich die Beschwerdeführerinnen seit geraumer Zeit in einem Nachlassverfahren und somit in Generalexekution."
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3.2. Angesichts des im bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahren massgeblichen Prozessstoffs ist nicht erkennbar, inwiefern das Urteil 4A_740/2012 vom 8. Mai 2014 auf einem Versehen beruhen soll.
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3.2.1. Zunächst hält sich die beanstandete Erwägung durchaus im Rahmen des - von den Gesuchsgegnerinnen angefochtenen - Urteils des Obergerichts vom 7. November 2012. Gemäss diesem beteiligte sich die Gesuchstellerin "am belgischen Zivilverfahren zunächst, am 6. Juli 2001, im Rahmen einer Nebenintervention". "Im Februar 2003" - so das Obergericht weiter - sei sie dem Prozess "infolge Streitverkündung" beigetreten. Zwischen diese beiden Zeitpunkte falle die Bewilligung der Nachlassstundung betreffend die Gesuchsgegnerinnen.
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3.2.2. Bei der Erwägung, dass die Gesuchstellerin den (Konkurs-) Schaden aus der Verletzung des Astoria Agreement erstmals am 14. Februar 2003 geltend gemacht hatte, konnte sich das Bundesgericht weiter auf die Darstellung der Gesuchsgegnerinnen im Beschwerdeverfahren 4A_740/2012 stützen, wonach die Gesuchstellerin "[i]m Rahmen einer Klageergänzung vom 14. Februar 2003 [...] erstmals den in den Nachlassverfahren der SAirLines AG und der SAirGroup AG bereits mehr als ein Jahr vorher angemeldeten Konkursschaden im belgischen Verfahren gerichtlich geltend" gemacht hatte. Weshalb von dieser Parteibehauptung die in Dispositivziffern 7 lit. a-c des belgischen Urteils gutgeheissenen 
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3.2.3. Vor allem verwies das Bundesgericht in diesem Zusammenhang aber auf das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 8. November 2012, das über die 
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3.3. Ohnehin wird auch im Revisionsgesuch nicht schlüssig nachgewiesen, dass das Bundesgericht in der Erwägung 9.2 seines Urteils 4A_740/2012 vom 8. Mai 2014 tatsächlich von einer unzutreffenden zeitlichen Abfolge ausgegangen ist:
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3.3.1. Einerseits argumentiert die Gesuchstellerin an der beanstandeten Erwägung des Bundesgerichts vorbei, wenn sie ihr entgegenhält, in der Eingabe vom 14. Februar 2003 habe die Konkursverwaltung der konkursiten Sabena SA eigenständige, auf andere Rechtsgrundlagen gestützte Ansprüche erhoben, über die im belgischen Urteil (noch) gar nicht entschieden worden sei. Denn das Bundesgericht äusserte sich im Urteil 4A_740/2012 vom 8. Mai 2014 nicht etwa 
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3.3.2. Andererseits legt die Gesuchstellerin selber nicht nachvollziehbar dar, zu welchem sonstigen 
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3.3.3. Von der Argumentation der Gesuchstellerin bleibt bei dieser Sachlage bloss die - an die bundesgerichtliche Urteilsbegründung angepasste - Rechtsauffassung zurück, die angeblich seit dem Juli 2001 ununterbrochene Rechtshängigkeit eines Forderungsprozesses gegen die SAirLines AG und die SAirGroup AG in Belgien habe zur Folge, dass sämtliche in jenem Verfahren eingeklagten Ansprüche für den hier interessierenden Zweck als bereits zu Beginn des Verfahrens erhoben gelten müssen. Die Gesuchstellerin begründet diese Annahme damit, "[a]ufgrund der seit Juli 2001 eingetretenen tatbeständlichen Entwicklungen und Veränderungen der Verhältnisse (insbesondere des inzwischen über die Sabena eröffneten Konkurses) " habe "eine Prozessführung de lege artis" selbstverständlich verlangt, "dass die geltend gemachten Schadenersatzforderungen aus Vertragsverletzungen mit ergänzenden Vorbringen diesen Entwicklungen und Veränderungen angepasst" worden seien. Wenn das Bundesgericht diesen prozessualen Gesichtspunkt nicht für ausschlaggebend hielt, sondern darauf abstellte, wann der (Konkurs-) Schaden aus der Verletzung des Astoria Agreement im belgischen Gerichtsverfahren konkret geltend gemacht worden war, beruhte dies nicht auf einem Versehen.
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3.4. Die Gesuchstellerin vermag somit nicht darzutun, dass das Bundesgericht im Urteil 4A_740/2012 vom 8. Mai 2014 eine in den Akten liegende erhebliche Tatsache aus Versehen nicht berücksichtigt hat.
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Erwägung 4
 
Das Revisionsgesuch ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Verfahrensausgang wird die Gesuchstellerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Das Revisionsgesuch wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 15'000.-- werden der Gesuchstellerin auferlegt.
 
3. Die Gesuchstellerin hat die Gesuchsgegner für das Revisionsverfahren mit insgesamt Fr. 17'000.-- zu entschädigen.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 27. Februar 2015
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Kiss
 
Der Gerichtsschreiber: Kölz
 
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