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Informationen zum Dokument  BGer 2C_286/2014  Materielle Begründung
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BGer 2C_286/2014 vom 23.02.2015
 
{T 0/2}
 
2C_286/2014, 2C_287/2014
 
 
Urteil vom 23. Februar 2015
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Zünd, Präsident,
 
Bundesrichter Donzallaz, Stadelmann,
 
Gerichtsschreiberin Genner.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.A.________ und B.A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Steueramt des Kantons Solothurn. 
 
Gegenstand
 
Staatssteuer 2011,
 
Direkte Bundessteuer 2011;
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonalen Steuergerichts Solothurn vom 3. Februar 2014.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
 
B.
 
 
C.
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Das angefochtene Urteil wurde von einer kantonal letztinstanzlich zuständigen Gerichtsbehörde im Sinn von Art. 86 Abs. 2 erster Halbsatz BGG erlassen; es betrifft die direkten Steuern des Bundes und des Kantons und damit eine Angelegenheit des öffentlichen Rechts. Dagegen steht gemäss Art. 82 lit. a BGG in Verbindung mit Art. 146 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11) bzw. Art. 73 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG; SR 642.14) die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht offen; ein Ausschlussgrund nach Art. 83 BGG liegt nicht vor. Auf die Beschwerde ist einzutreten.
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1.2. Die streitige Veranlagung fällt unter die harmonisierte Steuergesetzgebung (vgl. Art. 9 Abs. 3 StHG). Stehen sowohl die direkte Bundessteuer als auch die Kantons- und Gemeindesteuern zur Diskussion, so hat das Steuergericht grundsätzlich zwei Entscheide zu fällen, wobei beide im gleichen Akt ergehen können (vgl. BGE 135 II 260 E. 1.3.1 S. 262). Die steuerpflichtige Person hat ihrerseits grundsätzlich zwei Beschwerden an das Bundesgericht einzureichen, welche jedoch wiederum beide in der gleichen Rechtsschrift enthalten sein können. Das Bundesgericht hat dementsprechend zwei Dossiers angelegt. Da beide Steuerarten auf demselben Sachverhalt beruhen und sich dieselben Rechtsfragen stellen, sind die beiden Verfahren zu vereinigen und die Beschwerden in einem einzigen Urteil zu erledigen (Art. 71 BGG in Verbindung mit Art. 24 BZP; BGE 131 V 59 E. 1 S. 60 f. mit Hinweis, vgl. auch Urteile 2C_440/2014 vom 10. Oktober 2014 E. 1.2; 2C_182/2014 vom 26. Juli 2014 E. 1).
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1.3. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 und Art. 96 BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die von der beschwerdeführenden Partei vorgebrachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden (BGE 139 II 404 E. S. 415). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten, insbesondere des Willkürverbots, gilt eine qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232; 138 I 274 E. 1.6 S. 280). Das Bundesgericht prüft die Anwendung des harmonisierten kantonalen Steuerrechts durch die kantonalen Instanzen gleich wie Bundesrecht mit freier Kognition. In den Bereichen, in denen das Steuerharmonisierungsgesetz den Kantonen einen gewissen Gestaltungsspielraum belässt oder keine Anwendung findet, beschränkt sich die Kognition des Bundesgerichts auf Willkür (BGE 134 II 207 E. 2 S. 210; 130 II 202 E. 3.1 S. 205 f.; Urteil 2C_95/2013 / 2C_96/2013 vom 21. August 2013 E. 1.6, in: StE 2013 B 22.2 Nr. 28).
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1.4. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinn von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 140 III 115 E. 2). Die beschwerdeführende Partei kann die Feststellung des Sachverhalts unter den gleichen Voraussetzungen beanstanden, wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Eine entsprechende Rüge ist substanziiert vorzubringen (vgl. E. 1.3 am Ende).
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1.5. Gemäss Art. 107 Abs. 1 BGG darf das Bundesgericht nicht über die Begehren der Parteien hinausgehen. Das heisst, es darf einer Partei nicht mehr zusprechen, als diese verlangt hat (reformatio in melius), und nicht weniger, als ihr die Vorinstanz zugesprochen hat (reformatio in peius).
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Erwägung 2
 
2.1. Die Beschwerdeführer sind aufgrund persönlicher Zugehörigkeit im Sinn von Art. 3 Abs. 1 DBG bzw. Art. 3 Abs. 1 StHG und § 8 Abs. 1 des Steuergesetzes des Kantons Solothurn vom 1. Dezember 1985 (StG/SO; BGS 614.11) steuerpflichtig. Gemäss Art. 6 Abs. 1 DBG bzw. § 11 Abs. 1 StG/SO ist die Steuerpflicht bei persönlicher Zugehörigkeit unbeschränkt; sie erstreckt sich aber nicht auf Geschäftsbetriebe, Betriebsstätten und Grundstücke im Ausland bzw. ausserhalb des Kantons. Nach Art. 6 Abs. 3 DBG erfolgt die Abgrenzung der Steuerpflicht für Geschäftsbetriebe, Betriebsstätten und Grundstücke im Verhältnis zum Ausland nach den Grundsätzen des Bundesrechts über das Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung. § 11 Abs. 3 StG/SO statuiert diese Regel zusätzlich in Bezug auf ausserkantonale geschäftliche Betriebe, Betriebsstätten und Grundstücke.
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2.2. Die streitigen Abzüge betreffen den Aufwand für eine in Frankreich gelegene Liegenschaft. Dieser Aufwand ist somit objektmässig auszuscheiden (Urteil 2C_1011/2012 / 2C_1012/2012 vom 5. Mai 2014 E. 4.2.1-4.2.3; vgl. auch Urteil 2A.77/1998 vom 20. August 1999 E. 2 und 3). Dem steht das Abkommen vom 9. September 1966 zwischen der Schweiz und Frankreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Vermeidung von Steuerbetrug und Steuerflucht (SR 0.672.934.91) nicht entgegen (Urteil 2C_1011/2012 / 2C_1012/2012 vom 5. Mai 2014 E. 4.2.5). Das Einkommen aus der ausländischen Liegenschaft (Eigenmietwert) ist in der Schweiz nicht steuerbar und die Aufwendungen sind dementsprechend nicht vom steuerbaren Einkommen abziehbar. Ein allfälliger Abzug ist jedoch gemäss Art. 7 Abs. 1 DBG bzw. § 12 Abs. 1 StG/SO für die in der Schweiz zu entrichtende Steuer satzbestimmend zu berücksichtigen (sog. Progressionsvorbehalt).
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2.3. Die Vorinstanzen haben die geltend gemachten Abzüge für die in Frankreich gelegene Liegenschaft nicht ausgeschieden. Im ganzen Verfahren - eingeschlossen das Vernehmlassungsverfahren vor dem Bundesgericht - wurde nicht zwischen steuerbarem und satzbestimmendem Einkommen unterschieden. Aufgrund der Erwägungen im angefochtenen Urteil ist dessen Dispositiv so zu verstehen, dass die Vorinstanz von einer (grundsätzlichen) Abzugsfähigkeit der Liegenschaftsunterhaltskosten sowohl beim steuerbaren Einkommen - was falsch ist - als auch beim satzbestimmenden Einkommen - was richtig ist - ausging. Wegen des Verbots der reformatio in peius (vgl. E. 1.5) kann das Bundesgericht die falsche Gesetzesanwendung nicht korrigieren. Zu prüfen ist daher nur, ob die geltend gemachten Aufwendungen zum Abzug berechtigen; diesfalls wäre das reduzierte Einkommen satzbestimmend zu berücksichtigen.
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I. Direkte Bundessteuer
 
 
Erwägung 3
 
3.1. Gemäss Art. 32 Abs. 2 DBG können bei Liegenschaften im Privatvermögen die Unterhaltskosten, die Kosten der Instandstellung von neu erworbenen Liegenschaften, die Versicherungsprämien und die Kosten der Verwaltung durch Dritte abgezogen werden. Das Eidgenössische Finanzdepartement bestimmt, wieweit Investitionen, die dem Energiesparen und dem Umweltschutz dienen, den Unterhaltskosten gleichgestellt werden können.
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3.2. Die Vorinstanz geht - für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich - davon aus, dass sich die Liegenschaft in Frankreich im Erwerbszeitpunkt in einem vernachlässigten, kaum bewohnbaren Zustand befunden hat. Nachdem das Haus während rund 30 Jahren nicht bewohnt gewesen war, ist diese Einschätzung mit Sicherheit nicht willkürlich. Sodann wurden zwischen Frühling und Herbst 2011 in fast allen Bereichen des Hauses und dessen Umgebung umfangreiche Arbeiten ausgeführt: Maurer-, Maler- und Gipserarbeiten, Sanitärarbeiten im ganzen Haus, elektrische Installationen, neuer Kochherd und Dampfabzug, Ersatz der elektrischen Heizkörper durch Radiatoren, Arbeiten am Holzofen und Kamin, Reparatur der Böden, Plättliarbeiten in Küche und Bad, Doppelverglasung der Türen und Fenster, neue Aussenleitungen, erstmaliger Einbau einer grundstückseigenen Kläranlage, Reparatur eines Teils des Dachs. Diese Arbeiten kosteten insgesamt über Fr. 130'00.--. Für die Planung und Koordination der Arbeiten wurde eine Architektin beigezogen, welche ein Honorar von Fr. 11'656.-- erhielt.
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3.3. Die Beschwerdeführer bestreiten, dass die Liegenschaft kaum bewohnbar gewesen sei. Es habe sich um eine sanfte Renovation gehandelt mit dem Ziel, einen Zustand zu beseitigen, der den Mindestanforderungen der heutigen Zeit nicht mehr entsprochen habe. Der Gebrauchswert der Liegenschaft sei nicht erhöht worden. So befinde sich darin kein Kühlschrank, kein Fernseher, kein Internet-Anschluss, keine Badewanne, kein Whirlpool, kein Closomat, kein Geschirrspül-automat und keine Waschmaschine; zudem seien die Böden über 50 Jahre alt.
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3.4. Die Beschwerdeführer verkennen, dass der Wert einer Liegenschaft durch die bewegliche Innenausstattung kaum verändert wird. Massgeblich sind (neben der Lage und der Grösse) der bauliche Zustand und die notwendigen Infrastrukturen wie Heizung, elektrische Installationen und sanitäre Anlagen. All dies wurde mit den erwähnten, sehr kostspieligen Arbeiten auf einen Schlag erheblich verbessert. Die Vorinstanz betont zu Recht, dass es sich nicht um eine partielle, sondern um eine umfassende Instandstellung gehandelt hat, bei der sämtliche der wesentlichen Bereiche einer Liegenschaft betroffen waren. Durch die Erneuerung der Heizungs-, Sanitär- und Elektroinstallationen sowie der Fenster, welche den Nutzungswert einer Liegenschaft massgeblich bestimmen würden, sei der Standard im Vergleich zum Standard beim Erwerb gehoben worden. Diese Feststellungen sind überzeugend. Ein weiteres Indiz für die Verbesserung des Standards bildet die Tatsache, dass die Renovation (selbst ohne die von der Vorinstanz zum Abzug zugelassenen Aufwendungen für Unterhalt und Energiesparmassnahmen) mehr gekostet hat als die Liegenschaft selbst. Es gelingt den Beschwerdeführern nicht aufzuzeigen, dass die Sachverhaltsdarstellung der Vorinstanz willkürlich wäre.
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3.5. Davon ausgehend ist die rechtliche Würdigung der Vorinstanz, wonach die Renovation in ihrer Gesamtheit eine wertvermehrende Investition darstellt, nicht zu beanstanden. Daran ändert nichts, dass keine Nutzungsänderung stattgefunden hat, wie die Beschwerdeführer geltend machen. Die Tatsache, dass die Rechtsprechung bei einer Nutzungsänderung der Liegenschaft oder einzelner Teile davon eine Wertvermehrung annimmt (vgl. Urteil 2C_153/2014 vom 4. September 2014 E. 2.4), bedeutet nicht, dass ohne Nutzungsänderung keine Wertvermehrung eintreten kann. Soweit daher die Beschwerdeführer gestützt auf Merkblätter der Steuerverwaltungen verschiedener Kantone eine entsprechende Handhabung des Begriffs der wertvermehrenden Investition anregen, ist dies unbehelflich, zumal derartige Merkblätter für die Rechtsmittelinstanzen ohnehin nicht bindend sind.
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3.6. Nach dem Gesagten hat die Vorinstanz die streitigen Aufwendungen zu Recht nicht zum Abzug vom satzbestimmenden Einkommen zugelassen.
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Erwägung 4
 
 
II. Staatssteuer
 
 
Erwägung 5
 
5.1. Die massgeblichen Bestimmungen betreffend Liegenschaftsunterhalt im Steuerharmonisierungsgesetz (Art. 9 Abs. 3 und 4 StHG) und im kantonalen Steuerrecht (§ 39 Abs. 3 und § 41 Abs. 4 lit. e StG/SO) stimmen mit der Regelung des DBG überein. Die streitigen Aufwendungen können somit auch bei der Staatssteuer nicht satzbestimmend berücksichtigt werden.
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5.2. Die Beschwerde betreffend die Staatssteuer 2011 ist abzuweisen.
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III. Kosten und Entschädigung
 
 
Erwägung 6
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Verfahren 2C_286/2014 und 2C_287/2014 werden vereinigt.
 
2. Die Beschwerde betreffend die direkte Bundessteuer 2011 wird abgewiesen.
 
3. Die Beschwerde betreffend die Staatssteuer 2011 wird abgewiesen.
 
4. Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftung auferlegt.
 
5. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Kantonalen Steuergericht Solothurn und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 23. Februar 2015
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Zünd
 
Die Gerichtsschreiberin: Genner
 
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