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Informationen zum Dokument  BGer 6B_117/2014  Materielle Begründung
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BGer 6B_117/2014 vom 05.02.2015
 
{T 0/2}
 
6B_117/2014
 
 
Urteil vom 5. Februar 2015
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Denys, Präsident,
 
Bundesrichter Oberholzer,
 
Bundesrichterin Jametti,
 
Gerichtsschreiber Faga.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft, Hauptabteilung OK/WK,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
X.________,
 
vertreten durch Advokatin Annalisa Landi,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Verfahrenseinstellung (Steuerbetrug, Bestechung etc.), Verfahrenskosten und Entschädigung,
 
Beschwerde gegen den Beschluss des
 
Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung
 
Strafrecht, vom 5. November 2013.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
 
B.
 
 
C.
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Die Legitimation zur Beschwerde in Strafsachen richtet sich nach Art. 81 BGG. Der Staatsanwaltschaft steht das Beschwerderecht in Strafsachen nach Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 BGG grundsätzlich ohne Einschränkung zu (BGE 134 IV 36 E. 1.4 S. 39 ff. mit Hinweisen).
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1.2. Der Kanton Basel-Landschaft kennt keine Oberstaatsanwaltschaft. Die Staatsanwaltschaft wird vom Ersten Staatsanwalt geleitet (§ 7 des Einführungsgesetzes des Kantons Basel-Landschaft vom 12. März 2009 zur Schweizerischen Strafprozessordnung [EG StPO; SGS 250]) und gliedert sich in (sechs) Hauptabteilungen, die von Leitenden Staatsanwälten geführt werden. Diese bilden zusammen mit dem Ersten Staatsanwalt die Geschäftsleitung (§ 8 EG StPO), welche die Information und Koordination innerhalb der Staatsanwaltschaft sicherstellt (§ 9 EG StPO). Mit der Geschäftsleitung verfügt der Kanton Basel-Landschaft über ein Leitungsorgan, das für die einheitliche Rechtsanwendung zu sorgen hat. Demzufolge sind nur die der Geschäftsleitung angehörenden Leitenden, nicht aber auch die übrigen Staatsanwälte zur Beschwerde in Strafsachen legitimiert (Urteil 6B_1141/2013 vom 8. Mai 2014 E. 1.2).
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Erwägung 2
 
2.1. Die Beschwerdeführerin warf X.________ (Beschwerdegegner) ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten im Sinne von Art. 426 Abs. 2 und Art. 430 Abs. 1 lit. a StPO vor, weshalb sie ihm in ihrer Einstellungsverfügung vom 6. August 2013 die Verfahrenskosten (inkl. Spruchgebühr) in der Höhe von Fr. 9'575.-- auferlegte und eine Entschädigung respektive Genugtuung gestützt auf die letztgenannte Bestimmung verweigerte. Zum einen habe der Beschwerdegegner mit den Provisionszahlungen an den Mitarbeiter der A.________ AG, Y.________, gegen die Bestimmung von Art. 4a UWG (Bestechung) verstossen. Zum andern habe er die Geldzahlungen in der Buchhaltung seiner Gesellschaft X.________-Immobilien in den Jahren 2003-2010 nicht ordnungsgemäss mittels Quittungen belegt, die Rechnungen an die A.________ AG nur mangelhaft (fehlende Lieferscheine und Fahrtenbücher) dokumentiert und damit gegen die Buchführungsbestimmungen gemäss Art. 957 ff. OR (in der bis 31. Dezember 2012 gültigen Fassung) verstossen.
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2.2. Die Beschwerdeführerin bringt vor, in der Einstellungsverfügung vom 6. August 2013 werde die Kostenauflage mit der Verletzung zivilrechtlicher Bestimmungen gemäss Art. 957 ff. OR (in der bis 31. Dezember 2012 gültigen Fassung) begründet. Ein direkter oder indirekter Vorwurf strafrechtlichen Verschuldens liege nicht vor. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sei es zulässig, dass sich der zivilrechtliche Vorwurf sachlich mit dem strafrechtlichen decke (Beschwerde S. 3 ff.).
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2.3. Gemäss Art. 426 Abs. 2 StPO können der beschuldigten Person bei Einstellung des Verfahrens die Verfahrenskosten ganz oder teilweise auferlegt werden, wenn sie rechtswidrig und schuldhaft die Einleitung des Verfahrens bewirkt oder dessen Durchführung erschwert hat. Unter den gleichen Voraussetzungen kann gemäss Art. 430 Abs. 1 lit. a StPO eine Entschädigung herabgesetzt oder verweigert werden.
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2.4. Mit den Erwägungen in der Einstellungsverfügung wird entgegen der Meinung der Vorinstanz nicht der Eindruck erweckt, der Beschwerdegegner könnte allenfalls im Sinne des Strafrechts schuldig sein. Die Beschwerdeführerin wirft dem Beschwerdegegner nicht vor, den objektiven und subjektiven Tatbestand der ordnungswidrigen Führung der Geschäftsbücher gemäss Art. 325 StGB erfüllt zu haben. Ebenso wenig hält sie fest, dass der Beschwerdegegner ohne die Verjährung zu bestrafen gewesen wäre. Dem Beschwerdegegner wurden die fraglichen Verfahrenskosten einzig deshalb auferlegt, weil er nach Ansicht der kantonalen Untersuchungsbehörde die Einleitung des Strafverfahrens durch ein 
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2.5. Die Vorinstanz wird die Kostentragungspflicht des Beschwerdegegners neu beurteilen müssen. Gleiches gilt für die Parteientschädigung von insgesamt Fr. 11'989.10, da der Kostenentscheid die Entschädigungsfrage präjudiziert und bei Auferlegung der Kosten grundsätzlich keine Entschädigung auszurichten ist (BGE 137 IV 352 E. 2.4.2 S. 357 mit Hinweisen). Die Vorinstanz wird prüfen müssen, ob der Beschwerdegegner durch das ihm in der Einstellungsverfügung vorgeworfene Verhalten zivilrechtliche Vorschriften (Art. 957 OR [in der bis 31. Dezember 2012 gültigen Fassung]) verletzte (was der Beschwerdegegner in seiner Vernehmlassung in Abrede stellt) und dadurch rechtswidrig und schuldhaft die Einleitung des Strafverfahrens bewirkte respektive dessen Durchführung erschwerte. Nicht Gegenstand der Neubeurteilung sind die Entschädigungs- und Genugtuungssummen von je Fr. 250.--, welche die Vorinstanz gestützt auf Art. 431 Abs. 1 StPO ausrichtet (Dispositiv-Ziffer I.5.) und die unangefochten blieben. In Abhängigkeit des Verfahrensausgangs werden die Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Beschwerdeverfahrens neu zu regeln sein.
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Erwägung 3
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Beschluss des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 5. November 2013 wird aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 5. Februar 2015
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Denys
 
Der Gerichtsschreiber: Faga
 
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