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Informationen zum Dokument  BGer 1C_293/2014  Materielle Begründung
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BGer 1C_293/2014 vom 20.01.2015
 
{T 0/2}
 
1C_293/2014
 
 
Urteil vom 20. Januar 2015
 
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
 
Bundesrichter Merkli, Chaix,
 
Gerichtsschreiber Stohner.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A. und B. C.________,
 
Beschwerdeführer,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Felix Huber,
 
gegen
 
D. und E. F.________,
 
Beschwerdegegner,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Holenstein,
 
Baubehörde Meilen,
 
Bahnhofstrasse 35, 8706 Meilen,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Christoph Schaub.
 
Gegenstand
 
Baubewilligung,
 
Beschwerde gegen das Urteil vom 17. April 2014 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer.
 
 
Sachverhalt:
 
A. Die Baubehörde Meilen erteilte A. und B. C.________ mit Beschluss vom 11. Juni 2013 die baurechtliche Bewilligung für einen Anbau beim Terrassenhaus Vers. Nr. 2'950 auf dem Grundstück Gbbl. Nr. 11'483 in Meilen.
1
D. und E. F.________, Stockwerkeigentümer der über der Wohneinheit der Bauherrschaft gelegenen Einheit, erhoben dagegen Rekurs ans Baurekursgericht des Kantons Zürich. Dieses wies den Rekurs mit Entscheid vom 17. Dezember 2013 ab.
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Diesen Entscheid fochten D. und E. F.________ mit Beschwerde vom 3. Februar 2014 beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich an. Mit Urteil vom 17. April 2014 hiess dieses die Beschwerde teilweise gut, hob den Entscheid des Baurekursgerichts vom 17. Dezember 2013 teilweise auf und ergänzte Dispositiv-Ziffer I des Beschlusses der Baubehörde Meilen vom 11. Juni 2013 mit folgender Auflage: "Die Südostfassade des projektierten Anbaus ist soweit zurückzuversetzen, dass der ordentliche Grundabstand von 7 m eingehalten wird. Die entsprechenden Pläne sind der Baubehörde vor Baubeginn zur Bewilligung einzureichen". Im Übrigen wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab.
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B. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht vom 5. Juni 2014 beantragen A. und B. C.________, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 17. April 2014 sei soweit aufzuheben, als damit der Entscheid des Baurekursgerichts vom 17. Dezember 2013 teilweise aufgehoben und der Beschluss der Baubehörde Meilen vom 11. Juni 2013 mit einer Nebenbestimmung ergänzt worden seien.
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Das Verwaltungsgericht beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Die Baubehörde Meilen stellt Antrag auf Gutheissung der Beschwerde. D. und E. F.________ beantragen die Beschwerdeabweisung. Die Beschwerdeführer verzichten auf eine weitere Stellungnahme.
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Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Dem angefochtenen Entscheid liegt ein Beschwerdeverfahren über eine baurechtliche Bewilligung zugrunde. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 82 lit. a BGG steht auf dem Gebiet des Raumplanungs- und Baurechts zur Verfügung. Angefochten ist ein Entscheid einer letzten kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG). Die Beschwerdeführer haben am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen, sind als Baugesuchsteller durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt und haben ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung (Art. 89 Abs. 1 BGG).
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1.2. Die Beschwerdeführer machen eine willkürliche Anwendung kommunalen Baurechts (Art. 9 BV) und eine Missachtung der Eigentumsgarantie (Art. 26 Abs. 1 BV) geltend. Eine Verletzung der Gemeindeautonomie (Art. 50 Abs. 1 BV) rügen sie hingegen nicht; die Gemeinde Meilen, welche in ihrer Stellungnahme an das Bundesgericht auf Art. 50 Abs. 1 BV Bezug nimmt, hat selbst keine Beschwerde erhoben.
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Die Verletzung von Grundrechten - einschliesslich der willkürlichen Anwendung von kantonalem oder kommunalem Recht - prüft das Bundesgericht nicht von Amtes wegen, sondern nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Die Beschwerdeschrift muss die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze inwiefern durch den angefochtenen Erlass oder Entscheid verletzt worden sind. Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Vorbringen. Diese qualifizierte Rügepflicht gilt auch in Bezug auf Art. 50 Abs. 1 BV (vgl. Urteile 1C_326/2008 vom 29. Oktober 2001 E. 1.3 und 1C_230/2007 vom 11. März 2007 E. 1.3).
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Erwägung 2
 
2.1. Im zu beurteilenden Fall ist die Auslegung von Art. 20 Satz 1 der Bau- und Zonenordnung der Gemeinde Meilen vom 25. März / 27. August 1997 (BZO/Meilen) umstritten. Nach dieser Bestimmung darf "der Grundabstand [...] in den Wohnzonen und in den Wohnzonen mit Gewerbeanteil für je 3 m nicht beanspruchte Gebäudehöhe um 1 m bis auf 3,5 m herabgesetzt werden".
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Strittig ist, ob bei der Beurteilung der Gebäudehöhe auf die Höhe des geplanten Anbaus oder auf jene des bestehenden Gebäudes abzustellen ist.
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2.2. Die Baubehörde Meilen führte in ihrem Beschluss vom 11. Juni 2013 aus, Art. 20 BZO/Meilen werde nicht nur auf ganze Gebäude, sondern auch auf Gebäudeteile wie niedrige Anbauten angewandt. Für die Nachbarschaft sei sichergestellt, dass alle Gebäudeteile, die den ordentlichen Grenzabstand unterschritten, deutlich niedriger seien, als sie bei Einhaltung des ordentlichen Grenzabstands sein dürften.
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In seinem Entscheid vom 17. Dezember 2013 erachtete das Baurekursgericht diese Auslegung von Art. 20 BZO/Meilen als vertretbar. Nach kantonalem Recht sei es zulässig, den grundsätzlich gemäss BZO/Meilen geltenden grossen Grundabstand von 7 m auf bis zu 3,5 m zu verkürzen, falls die maximale Gebäudehöhe im massgeblichen Bereich nicht ausgeschöpft werde.
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2.3. Die Vorinstanz hat erwogen, die grundsätzliche Zulässigkeit einer solchen Regelung in der kommunalen BZO stehe ausser Frage. Daraus könne jedoch nicht ohne Weiteres der Schluss gezogen werden, dass Art. 20 BZO/Meilen eine derartige Regelung beinhalte. Art. 20 BZO/Meilen besage nicht, dass für einzelne Gebäudeteile, die eine bestimmte (errechnete) Höhe nicht erreichten, ein geringerer Grenzabstand gelte. Dieser Sinn könne der Bestimmung auch nicht mittels Auslegung zuerkannt werden, da sowohl die Gebäudehöhe als auch der Grenzabstand nicht in Bezug auf einzelne Teile des fraglichen Gebäudes, sondern mit Blick auf das ganze Gebäude zu bestimmen seien. Der projektierte Anbau bilde mit dem bestehenden Gebäude zusammen
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Das bestehende Terrassenhaus schöpfe die zulässige Gebäudehöhe im massgeblichen, an den projektierten Anbau anstossenden Bereich unbestrittenermassen aus bzw. unterschreite sie nicht um 3 m. Die Herabsetzung des Grenzabstands sei daher unzulässig. Die Baubewilligung vom 11. Juni 2013 sei demzufolge mit einer Nebenbestimmung zu ergänzen, wonach die Südostfassade des projektierten Anbaus soweit zurückzuversetzen sei, dass der ordentliche Grenzabstand von 7 m gemäss Art. 18 BZO/Meilen eingehalten werde.
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2.4. Die Beschwerdeführer machen geltend, die Vorinstanz habe Art. 20 BZO/Meilen willkürlich ausgelegt. Nach dem Wortlaut der Bestimmung sei die Anwendung auf Gebäudeteile nicht ausgeschlossen. Die Auffassung der Vorinstanz, wonach für die Berechnung der Gebäudehöhe der "an den projektierten Anbau anstossende Bereich" massgeblich sei, sei nicht nachvollziehbar und widersprüchlich.
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2.5. Wird eine Verletzung des Willkürverbots geltend gemacht, muss anhand der angefochtenen Subsumtion im Einzelnen dargelegt werden, inwiefern der Entscheid an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet (BGE 135 III 127 E. 1.6 S. 130; 134 II 244 E. 2.1 und 2.2 S. 245 f.; je mit Hinweisen). Willkür liegt nach der bundesgerichtlichen Praxis nur vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (vgl. BGE 137 I 1 E. 2.4 S. 5).
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2.6. Die Beschwerdeführer setzen sich in ihrer Beschwerde nicht substanziiert mit den Erwägungen im angefochtenen Urteil auseinander. Dass der Wortlaut von Art. 20 BZO/Meilen die Anwendung auf Gebäudeteile nicht ausschliesst, genügt nicht, um die Auslegung der Vorinstanz als willkürlich zu qualifizieren. Wenn die Vorinstanz zum Schluss kommt, dass die Gebäudehöhe mit Blick auf das ganze Gebäude zu bestimmen sei und in dem hinter dem projektierten Anbau gelegenen Bereich um mindestens 3 m unterschritten sein müsse, damit der Grenzabstand herabgesetzt werden dürfe, so ist diese Auslegung von Art. 20 BZO/Meilen ohne Weiteres haltbar. Ebenso wenig ist ersichtlich, inwiefern die Argumentation der Vorinstanz widersprüchlich sein sollte, weil sie davon ausgeht, dass grundsätzlich sogar das ganze Gebäude eine Minderhöhe aufweisen müsse. Eine willkürliche Anwendung von Art. 20 BZO/Meilen durch die Vorinstanz ist demnach zu verneinen.
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Bei diesem Ergebnis verstösst der angefochtene Entscheid entgegen der Meinung der Beschwerdeführer auch nicht gegen die Eigentumsgarantie nach Art. 26 Abs. 1 BV (vgl. Urteil 1C_818/2013 vom 9. September 2014 E. 2.4).
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3. Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Verfahrensausgang haben die Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG) und den privaten Beschwerdegegnern eine angemessene Entschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1, 2 und 4 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt.
 
3. Die Beschwerdeführer haben den Beschwerdegegnern für das bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 2'500.-- zu bezahlen.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien, der Baubehörde Meilen und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 20. Januar 2015
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Fonjallaz
 
Der Gerichtsschreiber: Stohner
 
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