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Informationen zum Dokument  BGer 9C_903/2014  Materielle Begründung
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BGer 9C_903/2014 vom 15.01.2015
 
{T 0/2}
 
9C_903/2014
 
 
Urteil vom 15. Januar 2015
 
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
 
Bundesrichter Meyer, Parrino,
 
Gerichtsschreiber Traub.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Alex Beeler,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
IV-Stelle Zug,
 
Baarerstrasse 11, 6300 Zug,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung,
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug
 
vom 27. November 2014.
 
 
Sachverhalt:
 
Das Bundesgericht hob einen Abschreibungsentscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 21. August 2014 in den Kostenpunkten auf. Es erkannte, dass die Gerichtskosten für das kantonale Beschwerdeverfahren zu Lasten der IV-Stelle gehen. Zudem wies es die Sache an das kantonale Gericht zurück, damit dieses eine Parteientschädigung an A.________ festsetze (Urteil 9C_612/2014 vom 5. November 2014).
1
Mit Beschluss vom 27. November 2014 setzte das Verwaltungsgericht diesen Entscheid um. Es auferlegte die Gerichtskosten der IV-Stelle und sprach A.________ eine Parteientschädigung zu, welche es ermessensweise auf Fr. 1'500.- (inkl. MWSt. und Auslagen) festsetzte.
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A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, der angefochtene Beschluss sei aufzuheben; die Vorinstanz habe die Parteientschädigung unter Berücksichtigung der vom Rechtsvertreter eingereichten Kostennote vom 12. August 2014 neu festzulegen.
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Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Gemäss Art. 61 lit. g ATSG wird die Parteientschädigung nach der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses bemessen. In diesem bundesrechtlichen Rahmen bestimmt sich die Parteientschädigung nach kantonalem Recht, dessen Anwendung das Bundesgericht nur auf Willkür hin prüft. Die Bemessungsvorgaben des Art. 61 lit. g ATSG beziehen sich auf den objektiv erforderlichen Vertretungsaufwand. Eine Honorierung, welche nicht in einem vernünftigen Verhältnis zu den notwendigen Bemühungen der Rechtsvertretung steht, ist willkürlich (Art. 9 BV).
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1.2. Hat die Rechtsvertretung dem Gericht eine Kostennote eingereicht (vgl. Urteil 9C_338/2010 vom 26. August 2010 E. 5.1, SVR 2011 AHV Nr. 7 S. 23) und weicht das Gericht von der darin geltend gemachten Entschädigung ab, indem es einen unüblich tiefen Betrag zuspricht, so hat es dieses Vorgehen zu begründen (BGE 139 V 496 E. 5.1 S. 504; vgl. Urteil 9C_757/2014 vom 23. Dezember 2014 E. 2.2).
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Erwägung 2
 
2.1. Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin hat der Vorinstanz am 12. August 2014 eine Kostennote eingereicht. Danach ist ihm im Zusammenhang mit dem abgeschriebenen kantonalen Beschwerdeverfahren ein Zeitaufwand von etwa zwölf Stunden entstanden. Das kantonale Gericht spricht der Beschwerdeführerin ohne nähere Erläuterung "ermessensweise" Kostenersatz von Fr. 1'500.- zu, was (nach Abzug von Fr. 170.- Auslagen und Mehrwertsteuer) einem Stundenansatz von rund Fr. 110.- gleichkäme. Bei einer Streitsache mit, wie hier, nicht hohem Schwierigkeitsgrad gilt für Rechtsanwälte indessen üblicherweise ein Stundenansatz von Fr. 200.- (Urteil 9C_757/2014 E. 3.1 mit Hinweisen; § 9 Abs. 4 der zugerischen Verordnung über die Kosten im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht). Bei diesem Ansatz wiederum wäre ein Zeitaufwand von bloss gut sechseinhalb Stunden abgedeckt. Das kantonale Gericht führt nicht aus, inwiefern sich eine derartige Reduktion rechtfertigen könnte. Der angefochtene Kostenentscheid ist daher schon wegen Verletzung der Begründungspflicht aufzuheben. In der Sache ist der in der Kostennote ausgewiesene Zeitbedarf von knapp zwölf Stunden gerechtfertigt (Aktenstudium und Erarbeitung der Beschwerdeschrift vom 21. Mai 2014; Bemühungen, welche dazu führten, dass die IV-Stelle die strittige Verfügung zurücknahm). Der zugesprochene Parteikostenersatz deckt diesen Aufwand offensichtlich nicht hinreichend ab, zumal von einem vollumfänglichen Obsiegen auszugehen ist (vgl. bundesgerichtliches Urteil 9C_612/2014 vom 5. November 2014 E. 2.2). Die Beschwerdeführerin macht zu Recht Willkür geltend.
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2.2. Aus prozessökonomischen Gründen ist die Parteientschädigung für das vorinstanzliche Verfahren direkt neu festzusetzen (Art. 107 Abs. 2 BGG; vgl. Urteile 9C_757/2014 E. 3.3 und 2C_960/2013 vom 28. Oktober 2014 E. 4.9.2). Ausgehend vom geltend gemachten Aufwand von 11,73 Stunden zu Fr. 200.- beträgt die Parteientschädigung für das kantonale Beschwerdeverfahren Fr. 2'587.45 (einschliesslich Auslagen und Mehrwertsteuer).
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3. Angesichts des bisherigen Verlaufes des Verfahrens sowie der klaren Rechtslage hat die Vorinstanz die Pflicht zur Justizgewährleistung verletzt. Damit greift das Verursacherprinzip (Art. 66 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 3 sowie Art. 68 Abs. 4 BGG). Gerichtskosten und Parteientschädigung gehen somit nicht zu Lasten der Beschwerdegegnerin, sondern des Kantons Zug (vgl. Urteil 9C_251/2009 vom 15. Mai 2009 E. 2.1).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen. Ziff. 2 des Entscheids des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 27. November 2014 wird aufgehoben. Die IV-Stelle Zug hat der Beschwerdeführerin für das kantonale Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 2'587.45 zu bezahlen.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 600.- werden dem Kanton Zug auferlegt.
 
3. Der Kanton Zug hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 600.- zu entschädigen.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Sozialversicherungsrechtliche Kammer, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 15. Januar 2015
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Glanzmann
 
Der Gerichtsschreiber: Traub
 
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