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Informationen zum Dokument  BGer 2C_568/2014  Materielle Begründung
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BGer 2C_568/2014 vom 09.01.2015
 
{T 0/2}
 
2C_568/2014, 2C_569/2014
 
 
Urteil vom 9. Januar 2015
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Zünd, Präsident,
 
Bundesrichter Stadelmann, Kneubühler,
 
Gerichtsschreiber Wyssmann.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
1. A.C.________,
 
2. B.C.-D.________,
 
Beschwerdeführer,
 
beide vertreten durch Fürsprecher E._______,
 
gegen
 
Kantonales Steueramt Zürich.
 
Gegenstand
 
Staats- und Gemeindesteuern 2011 (2C_568/2014) und direkte Bundessteuer 2011 (2C_569/2014), Ermessens-veranlagungen,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungs-
 
gerichts des Kantons Zürich, 2. Abteilung,
 
Einzelrichterin, vom 16. April 2014.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
 
B.
 
 
C.
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wurde unter Einhaltung der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG) eingereicht und richtet sich gegen einen Endentscheid (Art. 90 BGG) einer letzten, oberen kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG) in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a BGG i.V.m. Art. 73 ff. des Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG, SR 642.14] und Art. 146 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer [DBG, SR 642.11]). Die Beschwerdeführer sind durch das angefochtene Urteil besonders berührt und haben ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.
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1.2. Mit der Beschwerde können Rechtsverletzungen nach Art. 95 und 96 BGG geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es prüft die Anwendung des harmonisierten kantonalen Steuerrechts durch die kantonalen Instanzen gleich wie Bundesrecht mit freier Kognition. In den Bereichen, in denen das Steuerharmonisierungsgesetz den Kantonen einen gewissen Gestaltungsspielraum belässt oder keine Anwendung findet, beschränkt sich die Kognition des Bundesgerichts auf Willkür (BGE 134 II 207 E. 2 S. 210; 130 II 202 E. 3.1 S. 205 f.; Urteil 2C_95/2013, 2C_96/2013 vom 21. August 2013 E. 1.6, in: StE 2013 B 22.2.28).
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1.3. Der von der Vorinstanz festgestellte Sachverhalt ist für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich, soweit er nicht offensichtlich unrichtig festgestellt worden ist oder die Feststellung auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG), was in der Beschwerde darzulegen ist (BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 254 f.; 137 I 58 E. 4.1.2 S. 62; 134 V 53 E. 4.3 S. 62). Die Beschwerdeführenden machen nicht geltend, die Vorinstanz habe den rechtserheblichen Sachverhalt offensichtlich unrichtig festgestellt.
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1.4. Die vorliegende Sache betrifft die direkte Bundessteuer sowie die Staats- und Gemeindesteuern. Die Vorinstanz hat die beiden Steuern in einem Urteil behandelt. Das Bundesgericht eröffnet grundsätzlich zwei Verfahren, wenn sowohl die kantonalen Steuern wie auch die direkte Bundessteuer streitig sind, es behält sich aber vor, die beiden Verfahren zu vereinigen. Das rechtfertigt sich auch hier (vgl. Art. 71 BGG i.V.m. Art. 24 BZP; BGE 131 V 461 E. 1.2 S. 465, 59 E. 1 S. 60 f.; Urteil 2C_309/2013 / 2C_310/2013 vom 18. September 2013 E. 1.2, in: StE 2013 B 72.14.2 Nr. 42).
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Erwägung 2
 
2.1. Die Vorinstanz hat erwogen, die Beschwerdeführer hätten ihre Verfahrenspflichten formell nachgeholt, indem sie im Verfahren vor dem Steuerrekursgericht eine vollständige Steuererklärung inklusive Hilfsblatt A eingereicht hätten. Die behördliche Untersuchungspflicht lebe allerdings erst dann wieder auf, wenn die vorgelegten Unterlagen tatsächlich geeignet seien, die Ungewissheit über die Steuerfaktoren zu beseitigen. Dies sei vorliegend trotz dem Einholen weiterer Unterlagen durch das Rekursgericht nicht der Fall gewesen. Es habe keine Klarheit hinsichtlich der tatsächlichen Vermögensverhältnisse der Beschwerdeführer bestanden. Da diese bereits im Jahr zuvor keine Steuererklärung eingereicht hätten, sei es auch nicht möglich gewesen, die Vermögensverhältnisse zuverlässig aus früheren Steuerunterlagen zu ermitteln. Aus diesem Grund und weil auch andere Belege nicht eingereicht worden seien, resultiere bei den Beschwerdeführern eine nicht erklärbare Finanzierungslücke im Verhältnis zwischen Lebenshaltungskosten und deklariertem Einkommen. Damit hätten diese den Beweis der Unrichtigkeit der Ermessenstaxation nicht erbracht und die Untersuchung habe nicht wieder aufgenommen werden müssen. Bei diesem Ergebnis könne das Verwaltungsgericht die Ermessenstaxation bloss auf Willkür hin überprüfen. Die Einschätzung durch das Steueramt erscheine indes als realistisch, zumal die getroffenen Annahmen bloss geringfügig höher lägen als diejenigen des Vorjahres. Damit sei die Beschwerde abzuweisen.
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2.2. Die Beschwerdeführer behaupten nicht, dass die Voraussetzungen für eine Ermessenstaxation durch das kantonale Steueramt nicht gegeben gewesen seien. Mit ihrer Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten machen sie auch nicht mehr geltend, bereits im Einspracheverfahren den Nachweis der offensichtlichen Unrichtigkeit der Ermessensveranlagung erbracht zu haben. Sie sind aber der Auffassung, dies vor dem Steuerrekursgericht nachgeholt zu haben, weshalb die behördliche Untersuchungspflicht wieder aufgelebt sei. Das Verwaltungsgericht erachte den Unrichtigkeitsnachweis als gescheitert, weil die Entwicklung ihres Vermögens ungeklärt geblieben sei. Dieser Aspekt sei jedoch ebenso wenig Teil der Ermessensveranlagung gewesen wie ihre Lebenshaltungskosten. Wenn man - entgegen ihrer Auffassung - die Vermögensentwicklung im Rahmen des Unrichtigkeitsnachweises als massgeblichen Aspekt betrachten wollte, so sind die Beschwerdeführer ausserdem der Ansicht, dass sie hierzu ausführliche Erläuterungen abgegeben hätten.
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Erwägung 3
 
3.1. Hat der Steuerpflichtige trotz Mahnung seine Verfahrenspflichten nicht erfüllt oder können die Steuerfaktoren mangels zuverlässiger Unterlagen nicht einwandfrei ermittelt werden, so nimmt die Veranlagungsbehörde die Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen vor (Art. 130 Abs. 2 Satz 1 DBG, Art. 46 Abs. 3 StHG). Die Steuerpflichtigen können eine Ermessensveranlagung nur wegen offensichtlicher Unrichtigkeit anfechten. Die Einsprache ist zu begründen und muss allfällige Beweismittel nennen (Art. 132 Abs. 3 DBG, Art. 48 Abs. 2 StHG). Die Erfordernisse der Begründung und der Nennung der Beweismittel stellen bei Einsprachen, die gegen eine Ermessenseinschätzung erhoben werden, Prozessvoraussetzungen dar (BGE 131 II 548 E. 2.3 S. 551; 123 II 552 E. 4c S. 557 f.; Urteil 2C_1205/2012, 2C_1206/2012 vom 25. April 2013 E. 3.1).
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3.2. Das Rekursgericht hat die Auffassung vertreten, die amtliche Untersuchungspflicht sei wieder aufgelebt, nachdem die Beschwerdeführenden eine vollständige Steuererklärung und das Hilfsblatt A eingereicht hätten. Allerdings erachtete dieses Gericht die Ermessenstaxation dennoch als berechtigt, weil der Nachweis der Unrichtigkeit der Einschätzung nicht erbracht sei. Mit den deklarierten Einkünften könnten die Lebenshaltungskosten einer vierköpfigen Familie kaum bestritten werden, so dass sich die Vermutung aufdränge, dieses Manko sei mit andern Finanzmitteln gedeckt worden. Da die Beschwerdeführenden aber im Jahr 2010 keine Steuererklärung eingereicht und auch auf gerichtliche Aufforderung hin keine Angaben zur Vermögenssituation beigebracht hätten, sei der massgebliche Sachverhalt ungeklärt geblieben.
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3.3. Zunächst ist festzuhalten, dass einzig das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 16. April 2014 Anfechtungsobjekt des bundesgerichtlichen Verfahren bildet; der Entscheid des Rekursgerichts ist durch das Urteil des Verwaltungsgerichts ersetzt worden (Devolutiveffekt). Ausserdem war das Verwaltungsgericht ohne weiteres zur (teilweisen) Motivsubstitution befugt (vgl. BGE 140 V 85 E. 4.2 S. 87). Es ist somit ohne Belang, wenn die untere Instanz die Voraussetzungen für ein Wiederaufleben der amtlichen Untersuchungspflicht anders umschrieben hat als das Verwaltungsgericht im hier angefochtenen und allein interessierenden Urteil, zumal im Ergebnis beide Gerichte übereinstimmend zum Schluss gelangt sind, die Beschwerdeführenden hätten ihrer erhöhten Mitwirkungspflicht bei der Bestreitung der Ermessensveranlagung nicht genügt, und ihr Rechtsmittel als unbegründet erachteten.
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3.4. Die Beschwerdeführenden sind der Auffassung, die Vermögensentwicklung und die damit zusammenhängenden Fragen rund um ihre Lebenshaltungskosten könnten nicht "Gegenstand des Unrichtigkeitsnachweises" sein, da ihnen das Steueramt diesbezüglich keine Verletzung von Verfahrenspflichten vorgeworfen habe. Dieser Einwand geht fehl. Es trifft zwar zu, dass es bei den behördlichen Abklärungen in erster Linie darum ging, die Höhe des Einkommens des Beschwerdeführers, der als Netzwerktechniker selbständig erwerbstätig ist, zu ermitteln. Nachdem aber der Unrichtigkeitsbeweis nach dem Gesagten nicht geleistet worden war und es nach dem Prüfungsprogramm der Vorinstanz nur noch darum ging, ob die Ermessenstaxation im Ergebnis vor dem Willkürverbot standhalte, waren auch die Vermögensverhältnisse mit einzubeziehen. Denn die Beschwerdeführer hatten in ihrer Steuererklärung derart geringe Einkünfte ausgewiesen, dass Zweifel daran bestanden, ob sie ihren Lebensunterhalt tatsächlich alleine mit diesen Mitteln bestreiten konnten, so dass sich die Frage nach den tatsächlichen Aufwendungen zur Bestreitung des Lebensunterhalts aufdrängte. Es geht mit anderen Worten um die Frage nach den Quellen, aus denen die Differenz zwischen den ausgewiesenen Einkünften aus Arbeit und den mutmasslichen Lebenshaltungskosten gedeckt wurde. Da hierfür neben nicht deklariertem Einkommen auch Vermögensverzehr in Betracht fiel, war die Frage der Entwicklung des Vermögens der Beschwerdeführer ohne weiteres auch Verfahrensgegenstand.
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3.5. Wenn somit die Vorinstanz den Unrichtigkeitsbeweis nicht als erbracht erachtete und auch die Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen im Ergebnis nicht als willkürlich taxierte, hat sie Bundesrecht nicht verletzt. Die Beschwerde ist unbegründet und muss abgewiesen werden.
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Erwägung 4
 
 
Erwägung 5
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Verfahren 2C_568/2014 und 2C_569/2014 werden vereinigt.
 
2. Die Beschwerde betreffend die direkte Bundessteuer (2C_569/2014) wird abgewiesen.
 
3. Die Beschwerde betreffend die Staatssteuer (2C_568/2014) wird abgewiesen.
 
4. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden den Beschwerdeführenden unter solidarischer Haftung auferlegt.
 
5. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, Einzelrichterin, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 9. Januar 2015
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Zünd
 
Der Gerichtsschreiber: Wyssmann
 
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