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Informationen zum Dokument  BGer 1C_566/2014  Materielle Begründung
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BGer 1C_566/2014 vom 23.12.2014
 
{T 0/2}
 
1C_566/2014
 
 
Urteil vom 23. Dezember 2014
 
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
 
Bundesrichter Aemisegger, Merkli,
 
Gerichtsschreiber Dold.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Andreas Schilter,
 
gegen
 
Bundesamt für Justiz, Fachbereich Auslieferung, Bundesrain 20, 3003 Bern.
 
Gegenstand
 
Auslieferung an Deutschland,
 
Beschwerde gegen den Entscheid vom 12. November 2014 des Bundesstrafgerichts, Beschwerdekammer.
 
 
Sachverhalt:
 
A. Das Amtsgericht Böblingen in Deutschland verurteilte A.________ am 23. Juli 2007 wegen mehrfachem Verstoss gegen das Tierschutzgesetz. Mit Urteil vom 2. August 2007 verurteilte ihn das Amtsgericht München wegen mehrfacher Tierquälerei und unerlaubtem Waffenbesitz. Am 2. Dezember 2011 fällte das Amtsgericht München gestützt auf diese beiden Urteile eine Gesamtfreiheitsstrafe von 14 Monaten aus.
1
B. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht vom 24. November 2014 beantragt A.________, der Entscheid des Bundesstrafgerichts und der Auslieferungsentscheid des BJ seien aufzuheben. Eventualiter sei die Angelegenheit an das BJ zur Sachverhaltsfeststellung und zur Einholung eines Gutachtens bzw. eines Entscheids des Internationalen Gerichtshofs (IGH) der Vereinten Nationen zurückzuweisen.
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Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unter den in Art. 84 BGG genannten Voraussetzungen zulässig. Im vorliegenden Fall geht es um eine Auslieferung und damit um ein Sachgebiet, bei dem die Beschwerde nach Art. 84 Abs. 1 BGG insoweit möglich ist. Weiter ist erforderlich, dass es sich um einen besonders bedeutenden Fall handelt.
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1.2. Aus den folgenden Gründen handelt es sich vorliegend nicht um einen besonders bedeutenden Fall.
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1.2.1. Der angefochtene Entscheid ist hinreichend begründet. Insbesondere hat das Bundesstrafgericht dargelegt, weshalb nicht vorgängig der IGH mit der Sache zu befassen sei. Zudem wurde dem Beschwerdeführer Einsicht in die entscheidwesentlichen Akten gewährt, was er nicht bestreitet (vgl. Urteile 2A.511/2005 vom 16. Februar 2009 E. 4.1; 1A.257/2005 vom 24. Januar 2006 E. 2.3; 1A.216/2001 vom 21. März 2002 E. 2.2; je mit Hinweisen). Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist nicht erkennbar.
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1.2.2. Der Beschwerdeführer macht geltend, Mitglied der permanenten Delegation von Sierra Leone bei der UNESCO zu sein und deshalb Immunität zu geniessen. Er beruft sich auf Art. 105 Abs. 2 der Charta der Vereinten Nationen vom 26. Juni 1945 (SR 0.120; im Folgenden: UNO-Charta) und Art. V Abschnitt 13 lit. a des Übereinkommens über die Vorrechte und Immunitäten der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen vom 21. November 1947 (SR 0.192.110.03; im Folgenden: Immunitätenübereinkommen für Sonderorganisationen).
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1.2.3. Nach Abschnitt 32 des Immunitätenübereinkommens für Sonderorganisationen wird jede Streitigkeit über die Auslegung oder Anwendung dieses Übereinkommens dem IGH vorgelegt, sofern nicht die Parteien im Einzelfall ein anderes Beilegungsverfahren vereinbaren. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist nicht erforderlich, dass die Frage der Immunität vorgängig dem IGH vorgelegt wird. Zum einen besteht zwischen Sierra Leone und der Schweiz keine Streitigkeit im Sinne der zitierten Bestimmung (vgl. IGH, Timor oriental [Portugal c. Australie], Urteil vom 30. Juni 1995, C.I.J. Recueil 1995, S. 100). Zum anderen sieht diese die friedliche Streitbeilegung betreffende Vertragsklausel nicht vor, dass vor der Anrufung des IGH kein innerstaatlicher Entscheid ergehen darf.
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1.2.4. Der Beschwerdeführer macht schliesslich eine Verletzung von Art. 3 des Zweiten Zusatzprotokolls zum Europäischen Auslieferungsübereinkommen vom 17. März 1978 (SR 0.353.12) und von Art. 6 EMRK geltend. Zur Begründung bringt er vor, er und sein Wahlverteidiger seien an der Hauptverhandlung nicht anwesend gewesen und es seien Beweisvorschriften und weitere Verfahrensbestimmungen verletzt worden. Ein absoluter Anspruch auf persönliche Teilnahme besteht indessen nicht, weshalb aus dem blossen Vorbringen, an der Hauptverhandlung nicht anwesend gewesen zu sein, noch nicht auf eine Verletzung der genannten Bestimmungen geschlossen werden kann (BGE 127 I 213 E. 3a S. 215 f. mit Hinweisen). In Bezug auf die weiteren vom Beschwerdeführer vorgebrachten Verfahrensverletzungen wird in der Beschwerdeschrift nicht hinreichend substanziiert vorgebracht, worin diese bestehen (Art. 42 Abs. 2 BGG).
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1.2.5. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen sich nicht. Auch sonst ist der Fall nicht von aussergewöhnlicher Tragweite. Für das Bundesgericht besteht daher kein Anlass, die Sache an die Hand zu nehmen.
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2. Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bundesamt für Justiz, Fachbereich Auslieferung, und dem Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 23. Dezember 2014
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Fonjallaz
 
Der Gerichtsschreiber: Dold
 
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