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Informationen zum Dokument  BGer 9C_452/2014  Materielle Begründung
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BGer 9C_452/2014 vom 29.10.2014
 
{T 0/2}
 
9C_452/2014
 
 
Urteil vom 29. Oktober 2014
 
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Kernen, Präsident,
 
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Glanzmann,
 
Gerichtsschreiber Schmutz.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
Sansan Versicherungen AG,
 
Recht, 8081 Zürich,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Aargau,
 
Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau,
 
Beschwerdegegnerin,
 
A.________,
 
handelnd durch seine Eltern.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung (medizinische Massnahme),
 
Beschwerde gegen den Entscheid
 
des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau
 
vom 22. April 2014.
 
 
Sachverhalt:
 
A. A.________, geboren 1998, leidet unter einem schweren Asperger-Syndrom bei Muskeldystrophie Typ Duchenne (Dystrophia musculorum progressiva u.a. congenitale Myopathien; Geburtsgebrechen Ziff. 184 der Verordnung über die Geburtsgebrechen [GgV; SR 831.232.21]). Am 28. November 2011 meldeten ihn seine Eltern bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Aargau klärte die medizinische Situation ab und sprach A.________ medizinische Massnahmen und Hilfsmittel zu. Das von der Krankenkasse des Versicherten (Sansan Versicherungen AG) gestellte Kostenübernahmegesuch für Kinder-Spitex (Pflegeleistungen für die psychiatrische Behandlungspflege und die Grundpflege) wies die IV-Stelle mit Vorbescheid vom 25. April 2013 und mit Verfügung vom 7. Juni 2013 ab.
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B. Die von der Sansan Versicherungen AG gegen die Ablehnung der Kostenübernahme für die Leistungen der psychologischen Betreuung eingereichte Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 22. April 2014 ab.
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C. Die Sansan Versicherungen AG führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie beantragt die Aufhebung des kantonalen Entscheides. Die IV-Stelle sei zu verpflichten, "die Kosten für die durch die Kinder-Spitex erbrachte psychologische Betreuung" zu übernehmen; eventualiter sei die Sache zu weiteren Abklärungen und zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Erwägungen:
 
1. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140).
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Erwägung 2
 
2.1. Die Abgrenzung der Leistungsbereiche der Kranken- und der Invalidenversicherung regelt das Gesetz im Grundsatz wie folgt: Gemäss Art. 12 Abs. 1 IVG haben Versicherte bis zum vollendeten 20. Altersjahr Anspruch auf medizinische Massnahmen, die 
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2.2. Speziell für Geburtsgebrechen ist das Folgende geregelt: Nach Art. 13 Abs. 1 IVG haben Versicherte bis zum vollendeten 20. Altersjahr 
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3. Streitig ist, ob die psychopädiatrische Pflege zulasten der Invalidenversicherung geht.
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3.1. Die Vorinstanz erwog, Dr. med. B.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, habe im Bedarfsformular für Spitex-Leistungen unter anderem eine "psychopädiatrische Behandlungspflege" angeordnet. Dazu habe er angegeben, nebst Unterstützung bei allen Lebensverrichtungen sei eine psychopädiatrische Pflege wie das Einüben von Bewältigungsstrategien, die Anleitung im Umgang mit Angst, Selbstwertförderung, Verringerung von sozialer Isolation etc. indiziert. Dem Bericht der Kinder-Spitex könne indes nur entnommen werden, dass Gespräche zwischen der betreuenden Pflegefachperson und dem Patienten stattgefunden hätten. Inwiefern diese Gespräche einer von Dr. med. B.________ angeordneten psychopädiatrischen Pflege hätte entsprechen sollen, sei nicht nachvollziehbar. Die als indiziert erachtete psychopädiatrische Behandlung stelle eine psychiatrische Behandlung dar, welche durch fachlich qualifizierte Personen durchgeführt werden müsse. Nur schon aus diesem Grund sei eine Übernahme der anfallenden Kosten zu verneinen. Mit Mitteilung vom 5. April 2011 sei die befristete Kostenübernahme für eine ambulante Psychotherapie zugesprochen worden. Weshalb zusätzlich noch eine Behandlung zu Hause stattfinden solle, werde nicht begründet.
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3.2. Ob die in der Beschwerde hiegegen vorgetragenen Einwände begründet sind, kann offenbleiben. Entscheidend und im Rahmen der Rechtsanwendung von Amtes wegen zu berücksichtigen (E. 1) ist allein, dass eine Pflegefachperson im IV-Bereich kein anerkannter Leistungserbringer für eine psychologisch-psychiatrische Therapie im Sinne einer psychopädiatrischen Behandlung ist. Somit besteht im Ergebnis kein Anspruch auf Leistungen der Invalidenversicherung für die streitige psychopädiatrische Pflege. Es erübrigt sich, auf Zweck und Inhalt des BSV-Rundschreibens Nr. 308 näher einzugehen. Der vorinstanzliche Entscheid hält vor Bundesgericht stand.
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4. Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten werden der unterliegenden Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 65 Abs. 4 lit. a in Verbindung mit Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien, A.________, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 29. Oktober 2014
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Kernen
 
Der Gerichtsschreiber: Schmutz
 
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