VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 4A_402/2014  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 4A_402/2014 vom 27.10.2014
 
{T 0/2}
 
4A_402/2014
 
 
Urteil vom 27. Oktober 2014
 
 
I. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
 
Bundesrichterinnen Hohl, Kiss,
 
Gerichtsschreiber Kölz.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Peter Kaufmann,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Obergericht des Kantons Bern, Zivilabteilung, 2. Zivilkammer,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Unentgeltliche Rechtspflege,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts
 
des Kantons Bern, Zivilabteilung, 2. Zivilkammer,
 
vom 26. Mai 2014.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
A.________ (Klägerin, Beschwerdeführerin) war am 4. April 1997 als Beifahrerin eines Personenwagens von einem Auffahrunfall betroffen. Sie macht geltend, noch heute unter unfallbedingten Beschwerden zu leiden. Dabei geht sie von einer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit von 25 % aus, die ein interdisziplinäres Gutachten der MEDAS Interlaken GmbH mit Gesamtgutachten vom 30. August 2011 festgestellt habe.
1
 
B.
 
Mit Klage an das Regionalgericht Bern-Mittelland vom 5. August 2013 machte sie gegen die Haftpflichtversicherung des am Unfall beteiligten Personenwagenlenkers einen Schaden von Fr. 1'288'596.-- und eine Genugtuung von Fr. 45'000.-- geltend. Gleichzeitig stellte sie ein Gesuch um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege, unter Beiordnung des für sie tätigen Rechtsanwaltes. Mit Entscheid vom 15. Januar 2014 wies der Gerichtspräsident dieses Gesuch zufolge Aussichtslosigkeit ab.
2
 
C.
 
Die Klägerin beantragt mit Beschwerde in Zivilsachen, der Entscheid des Obergerichts vom 26. Mai 2014 sei aufzuheben, und es sei ihr die unentgeltliche Rechtspflege mit dem Unterzeichnenden als unentgeltlicher Rechtsbeistand für das bevorstehende Zivilverfahren vor dem Regionalgericht Bern-Mittelland zu gewähren. Sie ersucht auch für das bundesgerichtliche Verfahren um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
3
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
Angefochten ist ein Zwischenentscheid, mit dem die unentgeltliche Rechtspflege verweigert bzw. die Beschwerde gegen die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege abgewiesen wurde. Ein solcher Zwischenentscheid kann einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG bewirken (vgl. BGE 129 I 129 E. 1.1 S. 131; 126 I 207 E. 2a S. 210 mit Hinweisen), so dass die Beschwerde an das Bundesgericht offen steht. Der Rechtsweg folgt dabei jenem der Hauptsache (BGE 137 III 380 E. 1.1; 133 III 645 E. 2.2). In dieser geht es um eine Zivilsache, die den für Beschwerden in Zivilsachen erforderlichen Streitwert von Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) übersteigt. Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist - unter Vorbehalt rechtsgenüglich begründeter Rügen (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG) - auf die Beschwerde einzutreten.
4
 
Erwägung 2
 
Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 117 ZPO. Die Vorinstanz habe ihr Rechtsbegehren zu Unrecht als aussichtslos beurteilt.
5
 
Erwägung 3
 
Im Hauptverfahren ist streitig, ob zwischen der gesundheitlichen Beeinträchtigung der Beschwerdeführerin und dem Unfall vom 4. April 1997 ein natürlicher Kausalzusammenhang besteht oder nicht.
6
3.1. Ein natürlicher Kausalzusammenhang ist gegeben, wenn das schadenstiftende Verhalten eine notwendige Bedingung (conditio sine qua non) für den eingetretenen Schaden ist (BGE 132 III 715 E. 2.2; 128 III 180 E. 2d S. 184 mit Hinweisen), d.h. das fragliche Verhalten nicht weggedacht werden kann, ohne dass auch der eingetretene Erfolg entfiele bzw. nicht als in gleicher Weise bzw. zur gleichen Zeit als eingetreten gedacht werden könnte (BGE 129 V 177 E. 3.1 S. 181 mit Hinweisen). Dabei muss das fragliche Verhalten nicht die einzige oder unmittelbare Ursache bilden; es genügt, wenn es eine Teilursache bildet. Indessen muss dies mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zutreffen. Nach ständiger Rechtsprechung gilt für den natürlichen Kausalzusammenhang das Beweismass der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 133 III 462 E. 4.4.2 mit Hinweisen).
7
3.2. Die Vorinstanz hielt dementsprechend fest, dass die Beschwerdeführerin im Hauptverfahren mit dem Beweismass der überwiegenden Wahrscheinlichkeit beweisen müsse, dass zwischen dem Unfall und ihren gesundheitlichen Beeinträchtigungen eine natürliche (Teil-) Kausalität bestehe. Die Beschwerdeführerin habe demnach für die Erteilung der unentgeltlichen Rechtspflege glaubhaft zu machen, dass ihr dieser Beweis gelingen werde.
8
3.3. Die Vorinstanz stützte sich zur Beantwortung jener Frage vorab auf das polydisziplinäre Gutachten der MEDAS Interlaken vom 30. August 2011, das gemäss der Klage der Beschwerdeführerin die massgebende medizinische Grundlage bildet. Sie erwog, in diesem Gutachten werde die Frage, ob die Kausalität zwischen Unfall und Befund überwiegend wahrscheinlich, möglich oder eher unwahrscheinlich sei, mit "möglich" beantwortet (S. 48 Ziff. 2).
9
 
Erwägung 4
 
Ausgehend vom Schluss, dass das Gutachten der MEDAS Interlaken vom 30. August 2011 demnach kein taugliches Beweismittel darstelle, um im Hauptverfahren beweisen zu können, dass der Unfall vom 4. April 1997 mit überwiegender Wahrscheinlichkeit mindestens eine Teilursache für die heutigen Beeinträchtigungen der Beschwerdeführerin bilde, fügte die Vorinstanz an, auch aus den übrigen in den Akten liegenden medizinischen Gutachten könne die Beschwerdeführerin kaum etwas zu ihren Gunsten ableiten. In diesem Zusammenhang verwies sie auf die Entscheidbegründung der Erstinstanz, in welcher die massgeblichen medizinischen Dokumente wiedergegeben seien.
10
 
Erwägung 5
 
Schliesslich ist auf die Ausführungen unter Ziffer 11 der Beschwerde, die ohnehin keine rechtsgenügliche Rüge enthalten, nicht einzugehen. Die dort angesprochene Frage, ob im Falle eines offensichtlichen Überklagens nur eine teilweise Gutheissung eines Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege zulässig wäre, liess das Obergericht explizit offen. Denn im vorliegenden Fall stellte sich diese Frage nicht, da die Klage aussichtslos und damit das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen war.
11
 
Erwägung 6
 
Demnach ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Beschwerdeführerin hat auch für das bundesgerichtliche Verfahren um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ersucht. Das Bundesgericht befreit eine bedürftige Partei, deren Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung. Nötigenfalls bestellt es ihr einen Anwalt (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Beschwerde aussichtslos ist. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Verfahren vor Bundesgericht ist daher abzuweisen. Die Gerichtskosten sind damit von der unterliegenden Beschwerdeführerin zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
12
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Das Gesuch der Beschwerdeführerin um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird abgewiesen.
 
3. Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
4. Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin und dem Obergericht des Kantons Bern, Zivilabteilung, 2. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 27. Oktober 2014
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Klett
 
Der Gerichtsschreiber: Kölz
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).