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Informationen zum Dokument  BGer 4A_273/2014  Materielle Begründung
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BGer 4A_273/2014 vom 15.10.2014
 
{T 0/2}
 
4A_273/2014
 
 
Urteil vom 15. Oktober 2014
 
 
I. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
 
Bundesrichterinnen Kiss, Niquille,
 
Gerichtsschreiber Kölz.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
B.________,
 
vertreten durch Rechtsanwältin Denise Wüst,
 
Beschwerdegegner,
 
Obergericht Appenzell Ausserrhoden, Einzelrichter.
 
Gegenstand
 
Unentgeltliche Rechtspflege,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des
 
Obergerichts Appenzell Ausserrhoden,
 
Einzelrichter, vom 28. März 2014.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
Am 27. November 2012 erteilte der Einzelrichter des Kreisgerichts Rheintal B.________ (Beschwerdegegner) in der von diesem gegen A.________ (Beschwerdeführer) angehobenen Betreibung für Fr. 15'383.60 nebst Verzugszins und Betreibungskosten provisorische Rechtsöffnung.
1
 
B.
 
A.________ beantragt dem Bundesgericht mit Beschwerde in Zivilsachen und subsidiärer Verfassungsbeschwerde, den Entscheid des Einzelrichters des Obergerichts dahingehend abzuändern, dass dem Antrag um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Berufungsverfahren stattgegeben werde. Eventualiter sei der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an den Einzelrichter am Kantonsgericht zurückzuweisen.
2
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 139 III 133 E. 1; 137 III 417 E. 1 ; 135 III 212 E. 1).
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1.2. Angefochten ist ein Entscheid einer letzten kantonalen Instanz im Sinne von Art. 75 Abs. 1 und 2 BGG, mit dem die unentgeltliche Rechtspflege für das kantonale Verfahren verweigert wurde. Ein solcher Zwischenentscheid kann gemäss der Praxis einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG bewirken (vgl. BGE 129 I 129 E. 1.1; 126 I 207 E. 2a S. 210).
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1.3. Unter diesen Umständen ist die Beschwerde in Zivilsachen dennoch zulässig, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG). Ob dies vorliegend der Fall ist, wie der Beschwerdeführer geltend macht, braucht indessen nicht abschliessend beurteilt zu werden, da die streitentscheidende Verfassungsrüge ansonsten im Rahmen der ebenfalls erhobenen subsidiären Verfassungsbeschwerde geprüft werden könnte (vgl. Art. 116 BGG).
5
 
Erwägung 2
 
2.1. Der - nicht anwaltlich vertretene - Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe seinen verfassungs- bzw. konventionsrechtlichen Anspruch auf ein faires Verfahren (Art. 6 EMRK) und auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) sowie die Rechtsweggarantie gemäss Art. 29a BV verletzt. Er macht sodann sinngemäss geltend, die Vorinstanz habe zu Unrecht auf Aussichtslosigkeit der Berufung geschlossen und damit gegen Art. 29 Abs. 3 BV verstossen.
6
2.2. Nach Art. 29 Abs. 3 Satz 3 BV (sowie Art. 117 ZPO) hat jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Mit dem Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege soll eine bedürftige Partei in den Stand versetzt werden, zur Durchsetzung ihrer Rechte einen Prozess zu führen. Der Zugang zum Gericht soll ihr ungeachtet ihrer Bedürftigkeit möglich sein (BGE 140 III 12 E. 3.3.1). Als aussichtslos sind Begehren anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können. Dagegen gilt ein Begehren nicht als aussichtslos, wenn sich Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder jene nur wenig geringer sind als diese. Massgebend ist, ob eine Partei, die über die nötigen Mittel verfügt, sich bei vernünftiger Überlegung zu einem Prozess entschliessen würde. Eine Partei soll einen Prozess, den sie auf eigene Rechnung und Gefahr nicht führen würde, nicht deshalb anstrengen können, weil er sie nichts kostet. Ob im Einzelfall genügende Erfolgsaussichten bestehen, beurteilt sich aufgrund einer vorläufigen und summarischen Prüfung der Prozessaussichten (BGE 139 III 475 E. 2.2; 138 III 217 E. 2.2.4; 133 III 614 E. 5).
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2.3. Im kantonalen Verfahren ist die Frage zu beurteilen, ob der Beschwerdeführer als Mieter und der Beschwerdegegner als Vermieter das Mietverhältnis, auf das der Beschwerdegegner die streitgegenständliche Forderung stützt, einvernehmlich aufgelöst haben. Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe sich mit dem Beschwerdegegner bei einem persönlichen Gespräch am 11. April 2012 auf die Auflösung des Mietvertrages per Ende April 2012 geeinigt. Der Beschwerdegegner bestreitet diese Darstellung.
8
2.4. Diese Beurteilung der Erfolgsaussichten der Berufung lässt sich von Verfassung wegen nicht halten:
9
 
Erwägung 3
 
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde gutzuheissen. Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
10
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der angefochtene Entscheid wird aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
 
2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht Appenzell Ausserrhoden, Einzelrichter, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 15. Oktober 2014
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Klett
 
Der Gerichtsschreiber: Kölz
 
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