VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 2C_1162/2013  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 2C_1162/2013 vom 28.08.2014
 
{T 0/2}
 
2C_1162/2013
 
 
Urteil vom 28. August 2014
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Zünd, Präsident,
 
Bundesrichterin Aubry Girardin,
 
Bundesrichter Kneubühler,
 
Gerichtsschreiberin Mayhall.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Stefan Rolli,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Amt für Migration und Personenstand des Kantons Bern, Eigerstrasse 73, 3011 Bern,
 
Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern, Kramgasse 20, 3011 Bern.
 
Gegenstand
 
Widerruf der Niederlassungsbewilligung und Wegweisung,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 5. November 2013.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
 
B.
 
 
C.
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den kantonal letztinstanzlichen Endentscheid betreffend den Widerruf einer Niederlassungsbewilligung ist zulässig (Art. 82 lit. a, Art. 83 lit. c Ziff. 2 [e contrario], Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 90 BGG; BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4; Urteil 2C_828/2011 vom 12. Oktober 2012 E. 1, nicht publ. in BGE 139 I 16). Der Beschwerdeführer ist durch den vorinstanzlichen Entscheid ausserdem besonders berührt (Art. 89 Abs. 1 BGG) und damit zur Anfechtung beim Bundesgericht befugt. Auf die form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist einzutreten (Art. 42 und Art. 100 Abs. 1 BGG).
1
1.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 und 96 BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280 mit Hinweis). Die Verletzung von Grundrechten sowie von kantonalem und interkantonalem Recht untersucht es in jedem Fall nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232; 134 II 244 E. 2.2 S. 246; 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254).
2
1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 BGG). Offensichtlich unrichtig festgestellt ist ein Sachverhalt, wenn er willkürliche Feststellungen beinhaltet (BGE 137 I 58 E. 4.1.2 S. 62). Die dem Bundesgericht durch Art. 105 Abs. 2 BGG eingeräumte Befugnis, die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz zu berichtigen oder zu ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung von Art. 95 BGG beruht, entbindet den Beschwerdeführer nicht von seiner Rüge- und Substantiierungspflicht (BGE 133 IV 286 E. 6.2 S. 288). Die betroffene Person muss rechtsgenügend dartun, dass und inwiefern der festgestellte Sachverhalt in diesem Sinne mangelhaft erscheint und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG); rein appellatorische Kritik an der Sachverhaltsermittlung und an der Beweiswürdigung genügt den Begründungs- bzw. Rügeanforderungen nicht (vgl. BGE 139 II 404 E. 10.1 S. 445 mit Hinweisen).
3
 
Erwägung 2
 
2.1. Art. 8 EMRK begründet praxisgemäss keinen Anspruch auf Einreise und Aufenthalt oder auf einen besonderen Aufenthaltstitel. Diese Bestimmung hindert die Konventionsstaaten nicht daran, die Anwesenheit auf ihrem Staatsgebiet zu regeln und den Aufenthalt ausländischer Personen unter Beachtung überwiegender Interessen des Familien- und Privatlebens gegebenenfalls auch wieder zu beenden (BGE 140 I 145 E. 3.1 S. 147; 139 I 330 E. 2.1 S. 335 f.). Das Konventionsrecht begründet insbesondere keinen Anspruch darauf, das Familienleben in einem bestimmten Staat verwirklichen zu können (Urteil des EGMR M.P.E.V. gegen Schweiz vom 8. Juli 2014 § 51).Das entsprechende, in Art. 8 EMRK bzw. in Art. 13 BV geschützte Recht ist berührt, wenn eine staatliche Entfernungs- oder Festhaltemassnahme eine nahe, echte und tatsächlich gelebte familiäre Beziehung einer in der Schweiz gefestigt anwesenheitsberechtigten Person beeinträchtigt, ohne dass es dieser von vornherein ohne Schwierigkeiten möglich bzw. zumutbar wäre, das entsprechende Familienleben andernorts zu pflegen (BGE 140 I 145 E. 3.1 S. 147; 139 I 330 E. 2.1 S. 336; 137 I 247 E. 4.1.2 S. 249 f.; 135 I 153 E. 2.1 S. 155). Der Schutzbereich des Grundrechts ist hingegen nicht tangiert, wenn die Ausreise einem Ausländer, dessen fremdenpolizeiliche Bewilligung widerrufen worden ist, und seinen Angehörigen ohne Schwierigkeiten möglich ist (BGE 140 I 145 E. 3.1 S. 147; 135 I 153 E. 2.1 S. 155; 116 Ib 353 E. 3 S. 357 ff.).
4
2.2. Der Eingriff in das geschützte Rechtsgut ist gerechtfertigt, wenn er sich in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, für das wirtschaftliche Wohl des Landes und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesellschaft und Moral sowie der Rechte und Freiheiten anderer als notwendig erweist (Art. 8 Ziff. 2 EMRK). Dies beurteilt sich anhand der Kriterien der Natur und der Schwere der begangenen Delikte, der seit der Tatbegehung verstrichenen Zeit, des seitherigen Verhaltens, der Dauer des Aufenthalts der ausländischen Person in der Schweiz, der Intensität ihrer sozialen, kulturellen und familiären Bindungen und ihrer familiären Situation. Besondere Berücksichtigung finden namentlich die Interessen und das Wohl ihrer Kinder. In Betracht gezogen wird, ob den Familienangehörigen der ausländischen Person eine Ausreise in dessen Heimatstaat zumutbar ist und mit welchen Schwierigkeiten sie sich konfrontiert sehen (BGE 139 I 145 E. 2.4 S. 149; Urteile des EGMR 
5
2.3. Die konventionsrechtlich geforderte Interessenabwägung nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK entspricht inhaltlich der innerstaatlichen Verhältnismässigkeitsprüfung für jegliche staatliche Massnahmen (Art. 5 Abs. 2 BV) und für die Einschränkung von verfassungsmässigen Rechten (Art. 36 Abs. 3 BV; BGE 139 II 121 E. 6.5.1 S. 132; Urteil 2C_718/2013 vom 27. Februar 2014 E. 3.1, mit weiteren Hinweisen). Abzustellen ist auch hier auf die Schwere des Delikts, das Verschulden des Betroffenen, den seit der Tat vergangenen Zeitraum, das Verhalten des Ausländers während diesem, den Grad seiner Integration bzw. die Dauer der bisherigen Anwesenheit sowie die ihm und seiner Familie drohenden Nachteile.
6
2.4. Die Vorinstanz ist zum Ergebnis gelangt, dass der Widerruf der Niederlassungsbewilligung verhältnismässig sei. Der Beschwerdeführer sei in den Jahren 2003/04 und 2009/10 je wiederholt straffällig und im Jahr 2011 zu einer Freiheitsstrafe von 22 Monaten verurteilt worden, was auf ein mittelschweres Verschulden schliessen lasse. Ins Gewicht falle angesichts der sehr langen Aufenthaltsdauer, dass der Beschwerdeführer nicht im Jugend-, sondern im Erwachsenenalter delinquiert habe, sein Verhalten insgesamt auf eine Geringschätzung gegenüber der schweizerischen Rechtsordnung schliessen lasse und eine ausländerrechtlich nicht hinzunehmende Rückfallgefahr nicht ausgeschlossen werden könne. Sein Wohlverhalten in den vergangenen drei Jahren sei zwar anzuerkennen, auf Grund der laufenden strafrechtlichen Bewährungsfrist jedoch auch zu relativieren. Trotz seiner langen Anwesenheit habe er sich auch in beruflich-wirtschaftlicher Hinsicht nicht integrieren können. Abgesehen von den Beziehungen zum Kreis seiner kosovarisch-stämmigen Angehörigen sei er nicht besonders in der hiesigen Gesellschaft verankert. Eine Rückkehr in seinen Heimatstaat sei dem Beschwerdeführer trotz gewisser Härten zuzumuten, zumal er mit der Unterstützung durch Verwandte vor Ort und in der Schweiz rechnen könne. Seiner kosovarischen Ehefrau und den gemeinsamen, sich noch im anpassungsfähigen Alter befindenden Kindern sei es ebenfalls zumutbar, ihm in seinen Heimatstaat zu folgen. Eine gesamthafte Würdigung der Umstände ergebe, dass das öffentliche Interesse an einer Wegweisung das private Interesse an einem Verbleib des Beschwerdeführers in der Schweiz überwiege.
7
2.5. Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer und seine Ehefrau mit ihren Kindern eine nahe und echte Familienbeziehung pflegen und ihnen die Ausreise in den Kosovo nicht von vornherein ohne Weiteres als zumutbar erscheint. Der Schutzbereich von Art. 8 EMRK ist damit eröffnet und eine umfassende Interessenabwägung ist durchzuführen (BGE 140 I 145 E. 3.1 S. 147; 135 I 153 E. 2.1 S. 155; 116 Ib 353 E. 3 S. 357 ff.).
8
 
Erwägung 3
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen.
 
2. Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 28. August 2014
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Zünd
 
Die Gerichtsschreiberin: Mayhall
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).