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Informationen zum Dokument  BGer 2C_575/2014  Materielle Begründung
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BGer 2C_575/2014 vom 28.07.2014
 
{T 0/2}
 
2C_575/2014
 
 
Urteil vom 28. Juli 2014
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Zünd, Präsident,
 
Bundesrichterin Aubry Girardin,
 
Bundesrichter Kneubühler,
 
Gerichtsschreiberin Mayhall.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Prof. Dr. Tomas Poledna,
 
gegen
 
Eidgenössische Finanzmarktaufsicht, Laupenstrasse 27, 3003 Bern,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Anpassung des Reglements an die Vorgaben der Geldwäschereiverordnung-FINMA,
 
Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung II, vom 13. Mai 2014.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
 
B.
 
 
C.
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Der Beschwerdeführer hat frist- (Art. 100 Abs. 1 BGG) und formgerecht (Art. 42 BGG) eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht. Sie richtet sich gegen eine die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ablehnende Zwischenverfügung des Bundesverwaltungsgerichts in einer finanzmarktrechtlichen Angelegenheit (Art. 82 lit. a BGG; Art. 86 Abs. 1 lit. a BGG; Art. 83 BGG e contrario; BGE 134 II 192 E. 1.3 S. 195).
1
 
Erwägung 1.2
 
1.2.1. Selbstständig eröffnete Massnahmeentscheide, die vor oder während eines Hauptverfahrens erlassen und nur für die Dauer des Hauptverfahrens Bestand haben, sind Zwischenentscheide im Sinn von Art. 93 BGG (BGE 134 I 83 E. 3.1 S. 86 f.; 134 III 192 E. 1.3 S. 195 f.). Sie sind unter der Voraussetzung anfechtbar, dass sie beim Beschwerdeführer einen Nachteil bewirken, der auch durch einen günstigen Entscheid in der Zukunft nicht mehr behoben werden kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG; die Tatbestandsvariante von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG fällt ausser Betracht, da bei der Gutheissung der vorliegenden Beschwerde offensichtlich kein Endentscheid herbeigeführt würde). Der geltend gemachte Nachteil hat irreparabel und selbst durch einen günstigen Entscheid in der Sache unumkehrbar zu sein (Urteil 5D_211/2011 vom 30. März 2012 E. 1.1, nicht publ. in: BGE 138 III 378; 137 III 522 E. 1.3 S. 525).
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1.2.2. Gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ist die Beschwerde gegen Vor- und Zwischenentscheide nur zulässig, wenn diese einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirken können. Im vorliegenden Fall kann offen gelassen werden, ob dieser Nachteil rechtlicher Art sein muss (so BGE 137 III 324 E. 1.1 S. 328; 137 V 314 E. 2.2.1 S. 317) oder ob auch rein tatsächliche Nachteile genügen (so BGE 135 II 30 E. 1.3.4 S. 36; Urteil 1C_175/2013 vom 11. September 2013 E. 1.3, nicht publiziert in BGE 139 II 499) : Der Beschwerdeführer behauptet, die Verpflichtung zur Anpassung seines Reglements und zu dessen Vorlage zur Genehmigung bis zum 15. August 2014 verletze seine verfassungsrechtlich garantierte Organisationsautonomie, und diese würde - sollte die Rüge zutreffen - einen Nachteil rechtlicher Natur darstellen.
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1.2.3. Der Streitgegenstand des bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahrens bestimmt sich nach den Beschwerdeanträgen und dem Dispositiv des angefochtenen Urteils, das den Rahmen des Streitgegenstands begrenzt (BGE 136 II 457 E. 4.2 S. 463; Urteil 2C_961/2013 vom 29. April 2014 E. 3.3). Vor Bundesgericht ficht der Beschwerdeführer die durch die Vorinstanz nicht erteilte aufschiebende Wirkung seiner Beschwerde nur in einem Punkt an: Er wendet sich gegen die Anordnung der Beschwerdegegnerin, wonach er während des laufenden Beschwerdeverfahrens das Reglement anzupassen und der FINMA zur Genehmigung zu unterbreiten und dieser ebenfalls bereits ein Konzept zur Sicherstellung von dessen Umsetzung vorzulegen hat (Ziff. 7 und 6 Verfügung FINMA vom 21. März 2014 [nachfolgend Verfügung FINMA]). Zur Begründung der Eintretensvoraussetzung des nicht wiedergutzumachenden Nachteils im Sinn von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG macht der Beschwerdeführer geltend, diese Anordnung schränke seinen durch die Vereinigungsfreiheit (Art. 23 BV) geschützten und durch Art. 24 ff. GwG belassenen Autonomiebereich ein.
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Der als Verein (Art. 60 ZGB) konstituierte Beschwerdeführer kann sich als juristische Person auf die Vereinigungsfreiheit berufen (BGE 92 I 24 E. 1 S. 29; Urteil 5P.382/1997 vom 9. Dezember 1997 E. 2; MÜLLER/SCHEFER, Grundrechte in der Schweiz, 4. Aufl. 2008, S. 603; HÄFELIN/HALLER/KELLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 8. Aufl. 2012, S. 174) und als privatrechtlich organisierter öffentlicher Aufgabenträger geltend machen, ein staatlicher Hoheitsakt beschränke seine durch das Verfassungsrecht eingeräumte Autonomie. Ob ihm in seinem öffentlichen Aufgabenbereich eine solche tatsächlich zukommt, ist für das Eintreten auf die vor Bundesgericht erhobene Beschwerde nicht ausschlaggebend, sondern wird das Bundesverwaltungsgericht in einem materiellen Entscheid in der Sache selbst prüfen. Die unmittelbar zu vollziehende Anordnung der Reglementsanpassung durch die Beschwerdegegnerin und die Verpflichtung zur Ausarbeitung und Vorlage eines Umsetzungskonzepts sind geeignet, dem Beschwerdeführer einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil rechtlicher Natur zu verursachen. Insbesondere kann die während des hängigen vorinstanzlichen Beschwerdeverfahrens verunmöglichte Ausübung seiner Autonomierechte selbst mit einem für den Beschwerdeführer günstigen Entscheid in der Sache nicht mehr behoben werden.
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1.2.4. Als Adressat der angefochtenen Zwischenverfügung vom 13. Mai 2014, mit welcher die Vorinstanz den prozessualen Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Beschwerde gegen eine nach seiner Auffassung in seinen Autonomiebereich eingreifende Verfügung abgelehnt hat, ist der Beschwerdeführer als öffentlicher Aufgabenträger in schutzwürdigen eigenen Interessen betroffen (Art. 89 Abs. 1 BGG; BGE 130 V 196 E. 3 S. 203; WALDMANN, in: Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 41 zu Art. 89 BGG). Nach vorinstanzlicher Sachverhaltsfeststellung hat der Beschwerdeführer sein Reglement im Umfang der von der Beschwerdegegnerin angeordneten Übergangsregelung bereits angepasst (Reglement vom 21. März 2014). Das aktuelle Interesse des Beschwerdeführers dürfte indessen fortbestehen, da die im Sinne einer Übergangsregelung angeordnete Übernahme bestimmter Regelungen gemäss GwV-FINMA wohl als Mindeststandard angesehen wird und die FINMA davon auszugehen scheint, der Beschwerdeführer könne sein Reglement darüber hinaus noch weiter abändern (vgl. Art. 1 Abs. 2 und 3 GwV-FINMA). Ausserdem besteht die Pflicht zur Erarbeitung und Vorlage eines Umsetzungskonzepts fort. Auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen die Zwischenverfügung der Vorinstanz vom 13. Mai 2014 ist, vorbehältlich genügend begründeter Rügen, einzutreten.
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1.3. Mit einer Beschwerde gegen einen Massnahmeentscheid kann nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 98 BGG). Die Verletzung von Grundrechten prüft das Bundesgericht nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist; es gilt eine qualifizierte Rügepflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 134 II 349 E. 3 S. 351 f.; Urteil 2C_598/2012 vom 21. November 2012 E. 1.3). Der Beschwerdeführer rügt, die nicht erteilte aufschiebende Wirkung seiner Beschwerde gegen eine in seinen Autonomiebereich eingreifende, umgehend zu vollziehende Massnahme sei willkürlich (Art. 9 BV), verletze die Rechtsweggarantie (Art. 29a BV) und verstosse gegen die Vereinigungsfreiheit (Art. 23 BV). Diese Rügen sind zulässig.
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Erwägung 2
 
2.1. Gemäss Art. 55 Abs. 1 VwVG hat die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht aufschiebende Wirkung. Hat die Verfügung keine Geldleistung zum Gegenstand, so kann der Beschwerde ihre aufschiebende Wirkung entzogen werden (Art. 55 Abs. 2 VwVG).
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2.2. Die Anordnung der Beschwerdegegnerin an den Beschwerdeführer, sein Reglement an die Vorgaben der GwV-FINMA anzupassen, wurde dadurch, dass einer dagegen gerichteten Beschwerde die aufschiebende Wirkung entzogen worden ist, als vorzeitig vollstreckbar erklärt. Sie kommt damit einer vorsorglichen Regelungsmassnahme gleich ( SEILER, a.a.O., N. 31 zu Art. 56 VwVG; HÄNER, Vorsorgliche Massnahmen im Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess; in: ZSR 1997 II S. 309; für das Zivilprozessrecht SPRECHER, in: Basler Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 2013, N. 4 zu Art. 262 ZPO) und schafft für die Dauer des vorinstanzlichen Beschwerdeverfahrens einen gerichtlich noch nicht überprüften und damit möglicherweise rechtswidrigen Zustand ( SEILER, a.a.O., N. 31 zu Art. 56 VwVG), wofür gewichtige öffentliche Interessen vorliegen müssen.
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2.3. Für die Abweisung des Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung durch die Vorinstanz ist mit Bezug auf Ziff. 6 der Verfügung der FINMA indes kein sachlicher Grund ersichtlich. Den von der Beschwerdegegnerin befürchteten Rechts- und Reputationsrisiken sowie dem Risiko einer Schädigung des Ansehens und der Funktionsfähigkeit des Schweizerischen Finanzplatzes wird durch die von der FINMA angeordneten Übergangsregelung (Ziff. 4 der Verfügung der FINMA) nach eigener Auffassung der Beschwerdegegnerin ausreichend Rechnung getragen (Art. 1 Abs. 3 GwV-FINMA). Gemäss vorinstanzlicher Sachverhaltsfeststellung hat der Beschwerdeführer die Anordnung in Ziff. 5 der Verfügung FINMA bereits vollzogen und sein Reglement am 21. März 2014 im Umfang der angeordneten Übergangsregelung (gemäss Ziff. 4 Verfügung FINMA) angepasst.
10
 
Erwägung 3
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. 
 
2. 
 
3. 
 
4. 
 
Lausanne, 28. Juli 2014
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Zünd
 
Die Gerichtsschreiberin: Mayhall
 
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