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Informationen zum Dokument  BGer 1C_92/2014  Materielle Begründung
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BGer 1C_92/2014 vom 17.06.2014
 
{T 0/2}
 
1C_92/2014
 
 
Urteil vom 17. Juni 2014
 
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
 
Bundesrichter Karlen, Eusebio,
 
Gerichtsschreiber Stohner.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Rainer Rothe,
 
gegen
 
Amt für Umwelt des Kantons Thurgau, Bahnhofstrasse 55, 8510 Frauenfeld,
 
Departement für Bau und Umwelt des Kantons Thurgau, Promenade, Postfach, 8510 Frauenfeld.
 
Gegenstand
 
Beanstandung baulicher Gewässerschutz,
 
Beschwerde gegen den Entscheid vom 22. Januar 2014 des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau.
 
 
Sachverhalt:
 
A. Das Amt für Umwelt des Kantons Thurgau stellte mit Entscheid vom 22. Juli 2013 betreffend "Beanstandung baulicher Gewässerschutz" fest, A.________ halte die Vorschriften des Gewässerschutzgesetzes sowie der zugehörigen Ausführungsbestimmungen mindestens seit dem 21. Oktober 2009 nicht ein. Es ordnete diverse Massnahmen und Sofortmassnahmen an und drohte die Ersatzvornahme an; einem allfälligen Rekurs entzog es teilweise die aufschiebende Wirkung.
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B. Mit Eingabe vom 24. Februar 2014 führt A.________ gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und subsidiäre Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht. Er beantragt in der Hauptsache die Aufhebung der kantonalen Entscheide.
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Erwägungen:
 
1. Beim angefochtenen Entscheid des Verwaltungsgerichts handelt es sich um einen kantonal letztinstanzlichen Entscheid in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG). Es liegt keine Ausnahme im Sinn von Art. 83 BGG vor. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist zulässig, womit für die subsidiäre Verfassungsbeschwerde kein Raum bleibt. Der Beschwerdeführer hat am kantonalen Verfahren teilgenommen. Er ist durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung (Art. 89 Abs. 1 BGG).
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2. Der Beschwerdeführer macht geltend, das Departement für Bau und Umwelt sei zu Unrecht nicht auf seinen Rekurs (vgl. E. 2.1) und auf sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege (vgl. E. 2.2) eingetreten. Die Vorinstanz habe diesen Nichteintretensentscheid in Verletzung von Bundesrecht geschützt.
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2.1. Der Beschwerdeführer brachte in seinem Rekurs vom 12. August 2013 vor, es werde "wieder einmal Amtsmissbrauch, eventuell auch willkürliche Amtsführung betrieben", weil er am Morgen bis 7.00 Uhr im Gefängnis Frauenfeld zurückgehalten und erst nach etlichen Telefongesprächen gehen gelassen worden sei. Mit dem Inhalt des Entscheids des Amts für Umwelt vom 22. Juli 2013 betreffend "Beanstandung baulicher Gewässerschutz" setzte sich der Beschwerdeführer hingegen mit keinem Wort auseinander. Es war deshalb folgerichtig, dass das Departement den Beschwerdeführer vorab zur Rekursbegründung aufforderte und alsdann mangels Reaktion des Beschwerdeführers innert der angesetzten, angemessenen Nachfrist nicht auf den Rekurs eintrat (vgl. § 45 Abs. 1 und § 46 Abs. 1 des Gesetzes des Kantons Thurgau über die Verwaltungsrechtspflege vom 23. Februar 1981 [VRG/TG; RB 170.1]). Das Vorgehen des Departements war somit gesetzeskonform und weder überspitzt formalistisch noch willkürlich. Entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers ist auch nicht ersichtlich, inwiefern die kantonalen Behörden gegen Treu und Glauben oder gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens verstossen haben sollten.
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2.2. Der vom Beschwerdeführer angeführte Untersuchungsgrundsatz wird durch die Mitwirkungspflicht der Parteien relativiert. Diese Pflicht trifft die Verfahrensbeteiligten insbesondere dort, wo sie ein Verfahren im eigenen Interesse eingeleitet haben, oder wo es um Tatsachen geht, die eine Partei besser kennt als die Behörden und welche diese ohne deren Mitwirkung gar nicht oder nicht mit vernünftigem Aufwand erheben können. Bei der Prüfung der Mittellosigkeit im Rahmen eines Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege kommt dem Gesuchsteller eine umfassende Mitwirkungspflicht zu, da die Behörde vollständige Kenntnis der gesamten finanziellen Situation des Gesuchstellers haben muss und hierfür auf dessen Mitwirkung angewiesen ist. Dieser hat seine wirtschaftliche Situation offenzulegen und seine Mittellosigkeit substanziiert darzutun. Verweigert er die zur Beurteilung seiner aktuellen Gesamtsituation erforderlichen Angaben, so kann die Behörde die Bedürftigkeit ohne Verletzung des verfassungsmässigen Anspruchs (Art. 29 Abs. 3 BV) verneinen (BGE 120 Ia 179 E. 3a S. 181 f.; Urteil 9C_84/2011 vom 24. Mai 2011 E. 2.2).
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2.3. Schliesslich ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege infolge Aussichtslosigkeit der Beschwerde abgewiesen hat, verletzte der Beschwerdeführer doch, wie dargelegt, seine Mitwirkungspflicht im Rekursverfahren in offensichtlicher und erheblicher Weise.
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3. Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos. Da die Beschwerde aussichtslos war, kann die unentgeltliche Rechtspflege auch im bundesgerichtlichen Verfahren nicht bewilligt werden (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Der Beschwerdeführer wird damit kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.
 
2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
 
3. Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4. Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Amt für Umwelt des Kantons Thurgau, dem Departement für Bau und Umwelt des Kantons Thurgau und dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 17. Juni 2014
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Fonjallaz
 
Der Gerichtsschreiber: Stohner
 
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