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Informationen zum Dokument  BGer 2C_865/2013  Materielle Begründung
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BGer 2C_865/2013 vom 16.06.2014
 
{T 0/2}
 
2C_865/2013
 
 
Urteil vom 16. Juni 2014
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Zünd, Präsident,
 
Bundesrichter Donzallaz, Stadelmann,
 
Gerichtsschreiber Egli.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Amt für Migration und Integration des Kantons Aargau.
 
Gegenstand
 
Widerruf der Niederlassungsbewilligung und Wegweisung,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 2. Kammer, vom 16. August 2013.
 
 
Sachverhalt:
 
A. Der serbische Staatsangehörige A.________ wurde 1978 in Aarau geboren. Bis im Jahr 1984 lebte er teilweise mit seiner Mutter in Bosnien oder mit seinem Grossvater in Serbien und teilweise bei seinen Grosseltern in der Schweiz. Die Schulzeit verbrachte A.________ ab dem Jahr 1984 in Bosnien. Am 24. Dezember 1991 reiste er wieder in der Schweiz ein. Das Gesuch um Familiennachzug seiner in der Schweiz wohnhaften Mutter wurde am 3. Februar 1993 bewilligt; A.________ erhielt die Niederlassungsbewilligung.
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B. Nach Gewährung des rechtlichen Gehörs widerrief das Amt für Migration und Integration des Kantons Aargau am 5. April 2011 die Niederlassungsbewilligung von A.________ und wies ihn aus der Schweiz weg. Auf Einsprache hin bestätigte das genannte Amt den Entscheid am 10. Oktober 2011. Die anschliessende Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau am 16. August 2013 ab.
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C. Vor Bundesgericht beantragt A.________ sinngemäss, den angefochtenen Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 16. August 2013 aufzuheben und vom Widerruf der Niederlassungsbewilligung abzusehen.
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Das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau und das Amt für Migration und Integration des Kantons Aargau beantragen die Abweisung der Beschwerde. Die Vernehmlassung des Bundesamtes für Migration (BFM) erfolgte verspätet und bleibt daher unberücksichtigt.
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Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den kantonal letztinstanzlichen Endentscheid betreffend den Widerruf der Niederlassungsbewilligung ist zulässig, weil grundsätzlich ein Anspruch auf das Fortbestehen dieser Bewilligung besteht (vgl. Art. 83 lit. c Ziff. 2 [e contrario], Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG; BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4). Als Adressat des angefochtenen Urteils ist der Beschwerdeführer zur Ergreifung des Rechtsmittels befugt (Art. 89 Abs. 1 BGG). Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten.
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1.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 und 96 BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), nur die geltend gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280 mit Hinweis). Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten, darin eingeschlossen solcher, die sich aus Völkerrecht ergeben, gilt eine qualifizierte Rügepflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232; 138 V 74 E. 2 S. 76 f.; 138 I 367 E. 5.2 S. 373, 274 E. 1.6 S. 280 f.).
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1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 139 II 404 E. 10.1 S. 445; 138 I 274 E. 1.6 S. 280 f.). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen vor Bundesgericht nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 139 II 373 E. 1.6 S. 378; 136 III 123 E. 4.4.3 S. 128 f.). Nachträglich eingetretene Tatsachen und entsprechende Beweismittel ("echte Noven") bleiben im bundesgerichtlichen Verfahren in jedem Fall unberücksichtigt (BGE 138 II 393 E. 3.5 S. 397; 135 I 221 E. 5.2.4 S. 229; 133 IV 342 E. 2.1 S. 343 f.).
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Erwägung 2
 
2.1. Die Niederlassungsbewilligung kann gemäss Art. 63 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 62 lit. b AuG (SR 142.20) widerrufen werden, wenn der Ausländer zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe, d.h. zu einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr, verurteilt worden ist, wobei mehrere unterjährige Strafen bei der Berechnung nicht kumuliert werden dürfen (BGE 137 II 297 E. 2 S. 29 ff.; 135 II 377 E. 4.2 S. 381). Dieser Widerrufsgrund gilt auch, wenn sich der Ausländer seit mehr als 15 Jahren ununterbrochen und ordnungsgemäss im Land aufhält (Art. 63 Abs. 2 AuG; BGE 139 I 31 E. 2.1 S. 33).
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2.2. Wenn ein Ausländer durch sein Verhalten einen Widerrufsgrund gesetzt hat, bleibt zu prüfen, ob der Widerruf verhältnismässig ist, das heisst, ob die öffentlichen Interessen am Widerruf der Bewilligung die privaten Interessen am Verbleib in der Schweiz überwiegen (vgl. Art. 96 AuG). Dabei sind praxisgemäss namentlich die Schwere des Delikts und des Verschuldens der betroffenen Person, der seit der Tat vergangene Zeitraum, das Verhalten des Ausländers während dieser Periode, der Grad der Integration bzw. die Dauer der bisherigen Anwesenheit sowie die ihm und seiner Familie drohenden Nachteile zu berücksichtigen (Art. 96 AuG; BGE 139 I 31 E. 2.3.1 S. 33 f., 16 E. 2.2.1 S. 19 f.; 135 II 377 E. 4.3 S. 381 f.).
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2.3. Die für die Beurteilung der Verhältnismässigkeit des Widerrufs relevanten Kriterien werden im vorinstanzlichen Urteil zutreffend dargelegt und gewürdigt. Die vom Beschwerdeführer gerügten "selbstgefälligen Umdeutungen" lassen sich nicht erkennen.
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2.4. Dem erheblichen öffentlichen Interesse an der Entfernungsmassnahme sind die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in der Schweiz gegenüberzustellen.
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2.5. Eine Verletzung von Art. 8 EMRK wird nicht gerügt, weshalb darauf nicht einzugehen ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).
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3. Der Widerruf der Niederlassungsbewilligung erweist sich nach dem Gesagten als verhältnismässig (Art. 96 AuG), weswegen die Beschwerde abzuweisen ist. Die Umstände rechtfertigen es, auf die Erhebung von Kosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 zweiter Satz BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist damit gegenstandslos.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2. Es werden keine Kosten erhoben.
 
3. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird als gegenstandslos abgeschrieben.
 
4. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 16. Juni 2014
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Zünd
 
Der Gerichtsschreiber: Egli
 
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