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Informationen zum Dokument  BGer 2C_795/2013  Materielle Begründung
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BGer 2C_795/2013 vom 16.06.2014
 
{T 0/2}
 
2C_795/2013
 
 
Urteil vom 16. Juni 2014
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Zünd, Präsident,
 
Bundesrichterin Aubry Girardin,
 
Bundesrichter Kneubühler,
 
Gerichtsschreiberin Mayhall.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
1. A.A.________,
 
2. B.A.________,
 
3. C.A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
alle drei vertreten durch Rechtsanwalt David Husmann,
 
gegen
 
Oberstufenschulpflege Regensdorf,
 
vertreten durch Rechtsanwältin Ofebia Wettstein,
 
Bezirksgericht Dielsdorf, I. Abteilung.
 
Gegenstand
 
Genugtuungs- und Schadenersatzforderung (Staatshaftung),
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 28. Juni 2013.
 
 
Sachverhalt:
 
A. D.A.________ sel. war die Tochter von A.A.________ und B.A.________ sowie die Schwester von C.A.________. Auf der Abschlussreise der neunten Klasse der Oberstufenschule Regensdorf im Juli 2007 verunglückte sie bei einer River Rafting Fahrt tödlich.
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B. Innert Jahresfrist nach Abweisung des Haftungsbegehrens durch die Oberstufenpflege Regensdorf erhoben A.A.________, B.A.________ und C.A.________ mit Eingabe vom 30. November 2010 Klage an das Bezirksgericht Dielsdorf und beantragten, die Oberstufenpflege Regensdorf sei kostenfällig zu verpflichten, an A.A.________ einen Betrag von einstweilen Fr. 68'100.--, an B.A.________ einen Betrag von einstweilen Fr. 60'000.-- und an C.A.________ Fr. 30'000.-- zuzüglich 5 % Zins an Genugtuung ab Unfalltag bis zum Urteilstag zu leisten. Für die vorprozessual entstandenen Anwaltskosten seien die Kläger mit Fr. 20'000.-- zu entschädigen.
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C. A.A.________, B.A.________ und C.A.________ fechten das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich mit Beschwerde in Zivilsachen vom 9. September 2013 beim Bundesgericht an und beantragen, es sei das angefochtene Urteil kostenfällig aufzuheben. Die Oberstufenschulpflege Regensdorf sei zu verpflichten, A.A.________ einen Betrag nach richterlichem Ermessen (Streitwert einstweilen Fr. 68'100.--), an B.A.________ einen Betrag nach richterlichem Ermessen (Streitwert einstweilen Fr. 60'000.--) und an C.A.________ einen Betrag nach richterlichem Ermessen (Streitwert einstweilen Fr. 30'000.--) zuzüglich Zins ab Unfalltag zuzusprechen. A.A.________ und B.A.________ sei die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren und es sei der unterzeichnete Anwalt als unentgeltlicher Rechtsvertreter zu bestellen.
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Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Die Beschwerdeführenden haben frist- und formgerecht (im Sinne von Art. 100 Abs. 1 und Art. 42 BGG) eine Beschwerde (in Zivilsachen) eingereicht. Sie richtet sich gegen einen Endentscheid einer letzten oberen kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2; Art. 90 BGG) auf dem Gebiet der Staatshaftung.
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1.2. Vorbehältlich der medizinischen Haftung (Art. 72 Abs. 2 lit. b BGG; Art. 31 lit. d des Reglements für das Bundesgericht vom 20. November 2006; SR 173.110.131) unterliegen Entscheide auf dem Gebiet der Staatshaftung der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht (Art. 82 lit. a BGG), sofern das Streitwerterfordernis von Fr. 30'000.-- (Art. 85 Abs. 1 lit. a BGG) erfüllt ist (BGE 135 III 329 E. 1.1 S. 331). Das als Beschwerde in Zivilsachen eingereichte Rechtsmittel betrifft die Haftung eines Gemeinwesens auf dem Gebiet der öffentlichen Schule und erfüllt das Streitwerterfordernis. Da die Prozessvoraussetzungen erfüllt sind, kann es als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten entgegengenommen werden; die unzutreffende Bezeichnung schadet nicht (BGE 131 I 291 E. 1.3 S. 296).
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1.3. Zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat, durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (Art. 89 Abs. 1 BGG). Dies trifft für die Beschwerdeführenden zu. Auf die form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde gegen das angefochtene Urteil der Vorinstanz vom 28. Juni 2013, mit welchem diese ihre Klage auf Leistung von Genugtuung abgewiesen hat, ist, vorbehältlich genügend begründeter Rügen, einzutreten.
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Erwägung 2
 
2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 und 96 BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280 f. mit Hinweis). Die Verletzung von Grundrechten sowie von kantonalem und interkantonalem Recht untersucht es in jedem Fall nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232; 134 II 244 E. 2.2 S. 246; 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254; Urteil 2C_124/2013 vom 25. November 2013 E. 1.6). Bundesrecht, das gestützt auf einen Verweis in einer kantonalen Rechtsgrundlage Anwendung findet, gilt als subsidiäres kantonales Recht (Urteil 2C_692/2012 vom 10. Februar 2013 E. 2.2).
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2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zu Grunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 BGG). Offensichtlich unrichtig festgestellt ist ein Sachverhalt, wenn er willkürliche Feststellungen beinhaltet (zum Begriff der Willkür vgl. BGE 137 I 58 E. 4.1.2 S. 62). Die betroffene Person muss rechtsgenügend dartun, dass und inwiefern der festgestellte Sachverhalt in diesem Sinne mangelhaft erscheint und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG). Rein appellatorische Kritik an der Sachverhaltsermittlung genügt den Begründungs- bzw. Rügeanforderungen nicht (vgl. BGE 139 II 404 E. 10.1 S. 445 mit Hinweisen).
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3. Gemäss Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG müssen Entscheide, die der Beschwerde an das Bundesgericht unterliegen, namentlich die massgebenden Gründe tatsächlicher und rechtlicher Art enthalten, insbesondere die Angabe der angewendeten Gesetzesbestimmungen (Urteil 1B_62/2014 vom 4. April 2014 E. 2.2.1; Urteil 4A_538/2013 vom 19. März 2014 E. 3.1 f.; Urteil 5D_10/2014 vom 25. März 2014 E. 2.1). Es erscheint fraglich, ob der angefochtene Entscheid diesen Anforderungen genügt, geht doch aus der Urteilsbegründung insbesondere nicht hervor, aus welchen Gründen rechtlicher Art und in Anwendung welcher Norm des kantonalen Haftungsrechts eine Sorgfaltspflichtverletzung haftungsbegründend sein soll. Die Frage braucht indes nicht weiter vertieft zu werden, denn das angefochtene Urteil ist aus einem anderen Grund ohnehin aufzuheben.
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4. Mit Beschwerde an das Bundesgericht rügen die Beschwerdeführenden insbesondere, die Vorinstanz habe ihr Recht auf Beweis und damit ihren rechtlichen Gehöranspruch verletzt. Entgegen den vorinstanzlichen Erwägungen hätten die Beschwerdeführenden in ihrer Replik sowohl das Einholen einer Expertise wie auch eines Berichts zur Frage beantragt, ob sich die gesamte, für das River Rafting anlässlich des Abschlussausflugs vorgesehene Strecke für das Durchfahren mit Jugendlichen im Alter von 15 Jahren eigne. Das angefochtene Urteil sei in diesem Punkt aktenwidrig. Die Beschwerdeführenden hätten nicht nur rechtzeitig eine Expertise beantragt, sondern auch sachverständige Zeugen angerufen.
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4.1. Es trifft zu, dass die Beschwerdeführenden mit Replik vom 8. August 2011 an das Bezirksgericht Dielsdorf und damit frist- und formgerecht im Sinne der von der ersten Instanz angewandten Verfahrensordnung (§ 113 f. der Zivilprozessordnung des Kantons Zürich vom 13. Juni 1976; dazu FRANK/MESSMER/STRÄULI, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, 3. Aufl. 1997, N. 18 zu § 113 ZPO/ZH, N. 1a und 4 zu § 114 ZPO/ZH) die genannten Beweisanträge gestellt haben. Ob das Verfahren vor der ersten Instanz gestützt auf die übergangsrechtlichen Bestimmungen der ZPO (Art. 404 ff. ZPO) durch diese Verfahrensordnung und dasjenige vor der Vorinstanz durch die ZPO geregelt wird (vgl. dazu Urteil 4A_546/2013 vom 13. März 2014 E. 3.1.2), kann vorliegend deswegen offen bleiben, weil dieser Antrag im Sinne beider Verfahrensordnungen (§ 113 f. ZPO/ZH; Art. 229 Abs. 2 ZPO) und selbst bei einer Anwendbarkeit des Verwaltungsrechtspflegegesetzes des Kantons Zürich vom 24. Mai 1959 rechtzeitig erfolgt ist (zur Eventualmaxime vgl. BERTSCHI, in: Kommentar VRG, 3. Aufl. 2014, N. 33 Vorbemerkungen zu §§ 19-28a).
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4.2. Der verfassungsmässige Anspruch auf rechtliches Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 BV gewährleistet den Parteien unter anderem das persönlichkeitsbezogene Mitwirkungsrecht in allen Verfahren, Beweisanträge zu stellen, und verpflichtet die Behörden, rechtzeitig und formgültig angebotene Beweisbegehren entgegenzunehmen und zu berücksichtigen, soweit diese rechtserhebliche Tatsachen betreffen (BGE 138 V 125 E. 2.1 S. 127; 136 I 265 E. 3.2 S. 272). Dieser Anspruch ist insbesondere dann verletzt, wenn der kantonale Richter Behauptungen einer Partei, unbekümmert darum, dass sie von der Gegenpartei bestritten worden sind, als richtig hinnimmt oder über rechtserhebliche Tatsachen überhaupt nicht Beweis führen lässt (vgl. BGE 133 III 295 E. 7.1 S. 299). Das Recht auf Beweis ist aber auch verletzt, wenn Beweislosigkeit angenommen wird, obwohl die beweisbelastete Partei taugliche Beweismittel prozessual gehörig angeboten hatte, diese aber nicht abgenommen worden sind (BGE 123 III 35 E. 2b S. 40; Urteil 4A_48/2008 vom 10. Juni 2008 E. 3.2). Dagegen ist es zulässig, auf die Abnahme von Beweisen verzichten, wenn das Gericht auf Grund bereits abgenommener Beweise seine Überzeugung gebildet hat und ohne Willkür annehmen kann, seine Überzeugung werde durch weitere Beweiserhebungen nicht geändert (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 134 I 140 E. 5.3 S. 148).
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4.3. Die Vorinstanz ist zu Unrecht davon ausgegangen, die Beschwerdeführenden hätten keine Beweisanträge betreffend die natürlichen Begebenheiten der zu befahrenen Flussabschnitts gestellt. Sie hat diesen Aspekt offenbar auch nicht als bedeutungslos erachtet, sondern selbst auf Ungereimtheiten in der Beurteilung durch das Bundesamt für Sport (BASPO) hingewiesen. In der Folge ist die Vorinstanz davon ausgegangen, die Beschwerdeführenden treffe die Beweislast hinsichtlich der Haftungsvoraussetzungen, weshalb sie das Vorliegen einer Sorgfaltspflichtverletzung hätten beweisen müssen, was ihnen misslungen sei. Indem die Vorinstanz den Beweisantrag zu einer von ihr als rechtserheblich erachteten Tatsache nicht abgenommen hat und von Beweislosigkeit ausging, hat sie das verfassungsmässige Recht der Beschwerdeführenden auf Beweis (Art. 29 Abs. 2 BV) verletzt.
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5. Damit ist die Beschwerde gutzuheissen, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Die Kosten von Fr. 5'500.-- für das bundesgerichtliche Verfahren, das vermögenswerte Interessen der Beschwerdegegnerin betrifft, werden der Beschwerdegegnerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 und Abs. 4 BGG). Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführenden mit Fr. 8'000.-- für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 28. Juni 2013 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 5'500.-- werden der Gemeinde Regensdorf auferlegt.
 
3. Die Gemeinde Regensdorf hat den Beschwerdeführenden eine Parteientschädigung von Fr. 8'000.-- zu leisten.
 
4. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 16. Juni 2014
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Zünd
 
Die Gerichtsschreiberin: Mayhall
 
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