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Informationen zum Dokument  BGer 8C_6/2014  Materielle Begründung
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BGer 8C_6/2014 vom 12.06.2014
 
{T 0/2}
 
8C_6/2014
 
 
Urteil vom 12. Juni 2014
 
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
 
Bundesrichter Ursprung, Bundesrichter Maillard,
 
Gerichtsschreiberin Riedi Hunold.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Rolf Schmid,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Zürich,
 
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich
 
vom 31. Oktober 2013.
 
 
Sachverhalt:
 
A. A.________, geboren 1967, war am 30. Juni 2004 in einen Unfall verwickelt und meldete sich am 12. April 2005 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Der zuständige Unfallversicherer, die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (nachfolgend: SUVA), sprach ihr ab 1. Juni 2008 bei einem Invaliditätsgrad von 100 % eine Rente zu und verneinte den Anspruch auf eine Integritätsentschädigung (Verfügung vom 10. Juni 2008). Mit Verfügung vom 3. April 2009 lehnte die IV-Stelle des Kantons Zürich einen Anspruch auf eine Invalidenrente infolge Wiedererlangung der vollen Arbeitsfähigkeit ab 13. April 2005 ab. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich hiess die dagegen erhobene Beschwerde in dem Sinne gut, dass es die Sache unter Aufhebung der Verfügung vom 3. April 2009 mit Entscheid vom 23. Dezember 2010 an die IV-Stelle zur weiteren medizinischen Abklärung und neuem Entscheid zurückwies.
1
Nach Einholung eines polydisziplinären Gutachtens des Zentrums B.________ vom 13. September 2011 und dessen Ergänzung vom 9. Januar 2012 lehnte die IV-Stelle das Rentengesuch bei einem Invaliditätsgrad von 7 % erneut ab (Verfügung vom 5. Dezember 2012).
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B. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die dagegen erhobene Beschwerde am 31. Oktober 2013 ab.
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C. A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, es seien der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und ihr eine ganze Rente auszurichten; eventualiter sei die Sache an die IV-Stelle zurückzuweisen, damit diese ein neues polydisziplinäres Gutachten einhole und erneut über ihren Rentenanspruch verfüge.
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Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde hinreichend zu begründen, andernfalls wird darauf nicht eingetreten (Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden. Es kann die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).
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1.2. Nach Art. 105 BGG legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Abs. 1). Es kann diese Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Abs. 2). Die Voraussetzungen für eine Sachverhaltsrüge nach Art. 97 Abs. 1 BGG und für eine Berichtigung des Sachverhalts von Amtes wegen nach Art. 105 Abs. 2 BGG stimmen im Wesentlichen überein. Soweit es um die Frage geht, ob der Sachverhalt willkürlich oder unter verfassungswidriger Verletzung einer kantonalen Verfahrensregel ermittelt worden ist, sind strenge Anforderungen an die Begründungspflicht der Beschwerde gerechtfertigt. Entsprechende Beanstandungen sind vergleichbar mit den in Art. 106 Abs. 2 BGG genannten Rügen. Demzufolge genügt es nicht, einen von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz abweichenden Sachverhalt zu behaupten. Vielmehr ist in der Beschwerdeschrift nach den erwähnten gesetzlichen Erfordernissen darzulegen, inwiefern diese Feststellungen willkürlich bzw. unter Verletzung einer verfahrensrechtlichen Verfassungsvorschrift zustande gekommen sind. Andernfalls können Vorbringen mit Bezug auf einen Sachverhalt, der von den Feststellungen im angefochtenen Entscheid abweicht, nicht berücksichtigt werden. Vorbehalten bleiben offensichtliche Sachverhaltsmängel im Sinne von Art. 105 Abs. 2 BGG, die dem Richter geradezu in die Augen springen (BGE 133 IV 286 E. 6.2 S. 288; 133 II 249 E. 1.4.3 S. 255).
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2. Die Vorinstanz hat in ihrem Entscheid vom 23. Dezember 2010 resp. im vorliegend angefochtenen Entscheid vom 31. Oktober 2013 die Bestimmungen und Grundsätze über den Begriff der Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 IVG), namentlich bei psychischen Gesundheitsschäden (BGE 130 V 352 und 396 sowie BGE 136 V 279), und der Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG) zutreffend dargelegt. Dasselbe gilt für den Anspruch auf eine Invalidenrente (ab 1. Januar 2008 Art. 28 Abs. 2 IVG; bis 31. Dezember 2007 Art. 28 Abs. 1 IVG) und die Ermittlung des Invaliditätsgrades nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 16 ATSG) resp. bei Teilerwerbstätigen nach der gemischten Methode (ab 1. Januar 2008 Art. 28a Abs. 3 IVG; bis 31. Dezember 2007 Art. 28 Abs. 2ter IVG). Darauf wird verwiesen.
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Zu ergänzen bleibt, dass hinsichtlich des Beweiswertes eines ärztlichen Berichts entscheidend ist, ob dieser für die streitigen Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten (Anamnese) abgegeben worden ist, in der Beurteilung der medizinischen Zusammenhänge und in der Beurteilung der medizinischen Situation einleuchtet und ob die Schlussfolgerungen des Experten begründet sind (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352).
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3. Die Vorinstanz hat gestützt auf das polydisziplinäre Gutachten des Zentrums B.________ vom 13. September 2011 und dessen Ergänzung vom 9. Januar 2012 sowie des Berichts des Dr. med. C.________, Facharzt für Allgemeine Innere Medizin und Arbeitsmedizin, RAD, vom 28. Januar 2012 in für das Bundesgericht verbindlicher Weise (E. 1.2) festgestellt, dass infolge einer Verbesserung des Gesundheitszustandes spätestens zwei Monate nach dem Unfall vom 30. Juni 2004 keine rentenbegründende Einschränkung der Arbeitsfähigkeit mehr gegeben sei, und die Ablehnung einer Invalidenrente bestätigt.
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Die Versicherte macht geltend, auf das Gutachten des Zentrums B.________ vom 13. September 2011 könne nicht abgestellt werden, da es bezüglich der psychiatrischen Beurteilung nicht überzeugend sei, so dass es den Anforderungen der Rechtsprechung nicht genüge; die Vorinstanz habe demnach mit ihrem Abstellen auf dieses Gutachten den Untersuchungsgrundsatz von Art. 61 lit. c ATSG verletzt. Hingegen entspreche das Gutachten des behandelnden Dr. med. D.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 16. Januar 2013 den Erfordernissen der Rechtsprechung, so dass gestützt auf diese Beurteilung von einer vollen Arbeitsunfähigkeit auszugehen sei und der Versicherten eine ganze Invalidenrente zustehe.
10
Diesen Einwänden kann nicht gefolgt werden: Einerseits legt der psychiatrische Experte in seinem Teilgutachten in überzeugender Weise dar, weshalb nach seiner Einschätzung keine posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10: F 43.1) mehr gegeben sei (weder Flash back-Erinnerungen noch etabliertes Vermeidungsverhalten, da die Versicherte seit 2006 wieder selbst Auto fährt, noch wesentliche Intrusionen oder ständige Bilder, die sie tagsüber einholen) und nur mehr eine leichte depressive Episode (ICD-10: F 33.0) feststellbar sei (erhaltene Vigilanz, Kommunikationsfähigkeit, psychische Spannkraft und affektive Schwingungsfähigkeit); weiter bejaht er sämtliche Kriterien einer generalisierten Angststörung (ICD-10: F 41.1). Andererseits vermag der Bericht des behandelnden Dr. med. D.________ vom 16. Januar 2013 diese Einschätzung des psychiatrischen Experten nicht in Zweifel zu ziehen, da er - wie die Vorinstanz zu Recht festhält - auch nicht ansatzweise darlegt, gestützt auf welche Anhaltspunkte er zur Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung gelangt und sich mit der Beurteilung des psychiatrischen Experten des Zentrums B.________ nicht auseinandersetzt. Zudem ist zu beachten, dass sich der Behandlungs- und der Begutachtungsauftrag unterscheiden (SVR 2008 IV Nr. 15 S. 43 E. 2.2.1, I 514/06), und es kann nicht ausser Acht gelassen werden, dass behandelnde Ärzte im Zweifelsfall mitunter eher zu Gunsten ihrer Patienten aussagen (BGE 125 V 351 E. 3b/cc S. 353). Demgemäss liegt keine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes nach Art. 61 lit. c ATSG vor. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz gestützt auf die Einschätzung der zumutbaren Arbeitsfähigkeit gemäss Gutachten des Zentrums B.________ vom 13. September 2011 die Ablehnung des Anspruchs auf eine Invalidenrente bestätigte und festhielt, selbst bei Annahme einer bloss 70 %-igen Arbeitsfähigkeit resultiere ein rentenausschliessender Invaliditätsgrad (E. 4.3 des kantonalen Entscheids). Da die Versicherte im Übrigen keine weiteren Einwände gegen den kantonalen Entscheid vorbringt und auch keine Anhaltspunkte bestehen, wonach dieser offensichtlich unzutreffend wäre, hat es bei der Ablehnung des Anspruchs auf eine Invalidenrente sein Bewenden.
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4. Das Verfahren ist kostenpflichtig. Die unterliegende Versicherte hat die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 12. Juni 2014
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Leuzinger
 
Die Gerichtsschreiberin: Riedi Hunold
 
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