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Informationen zum Dokument  BGer 6B_1215/2013  Materielle Begründung
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BGer 6B_1215/2013 vom 12.05.2014
 
{T 0/2}
 
6B_1215/2013
 
 
Urteil vom 12. Mai 2014
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Mathys, Präsident,
 
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi,
 
Gerichtsschreiberin Pasquini.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Advokat Dr. Reto Krummenacher,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt, Binningerstrasse 21, 4001 Basel,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Unlauterer Wettbewerb,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt, Ausschuss, vom 18. Oktober 2013.
 
 
Sachverhalt:
 
A. Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt verurteilte A.________ am 18. Oktober 2013 zweitinstanzlich wegen unlauteren Wettbewerbs (Art. 3 lit. b, lit. d und lit. i i.V.m. Art. 23 Abs. 1 UWG) zu einer unbedingt vollziehbaren Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 100.--. Dem Entscheid liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
1
B. A.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt sei aufzuheben. Sie sei von Schuld und Strafe freizusprechen. Eventualiter sei sie zu einer bedingt vollziehbaren Geldstrafe zu verurteilen. Es seien die beschlagnahmten Vermögenswerte freizugeben.
2
 
Erwägungen:
 
1. Die Beschwerdeführerin rügt, ihr Antrag auf Einvernahme von C.________ sei zu Unrecht in antizipierter Beweiswürdigung abgewiesen worden (Beschwerde S. 9 f. Ziff. 2.4).
3
2. 
4
2.1. Die Beschwerdeführerin macht geltend, es liege kein Verstoss gegen Art. 3 lit. b i.V.m. Art. 23 Abs. 1 UWG vor. Ihre Schreiben seien nicht irreführend gestaltet und genügten den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesgerichts gemäss Urteil 6B_272/2008 vom 8. Oktober 2008. Aus ihnen ergebe sich klar, dass es sich um Offerten für den Eintrag in ein Register und nicht um Rechnungen handle. So stehe an prominenter Stelle in grossen und fetten Buchstaben "Eintragungsofferte Firmendatenspeicherung" (Besc hwerde S. 4-6 Ziff. 1 und 2.1).
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2.2. An der Sache vorbei geht das Argument der Beschwerdeführerin, ihre Schreiben wiesen keinen täuschenden Charakter auf, weil sich von etwa 40'000 Angeschriebenen nur fünf als Privatkläger am Verfahren beteiligten (Beschwerde S. 8 Ziff. 2.2 N. 20). Es genügt, wenn es für den unbefangenen Durchschnittsadressaten nicht ohne weiteres ersichtlich ist, dass es sich bei den Zuschriften nicht um eine Rechnung, sondern lediglich um eine Offerte handelt, wie es vorliegend der Fall ist. Es ist nicht erforderlich, dass jeder Adressat mit durchschnittlicher Erfahrung auf die Täuschung hereinfällt oder sich irreführen lässt, sondern es reicht, wenn nach den allgemeinen Erfahrungen des Lebens anzunehmen ist, dass sich eine nicht unerhebliche Anzahl von Adressaten täuschen lässt bzw. einem Irrtum verfällt (BGE 136 III 23 E. 9.1). Schliesslich ist entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nach Art. 3 Abs. 1 lit. d i.V.m. Art. 23 Abs. 1 UWG schon die Herbeiführung der Verwechslungsgefahr strafbar (vgl. Urteil 6B_298/2013 vom 16. Januar 2014 E. 1.4).
6
2.3. 
7
2.3.1. Die Beschwerdeführerin wendet ein, es liege kein unlauteres Verhalten im Sinne von Art. 3 lit. d UWG vor. Ihre Schreiben hätten mit einer Rechnung des Handelsregisteramtes nichts gemeinsam und wiesen keinen offiziösen Charakter auf. Der Absender B.________ Ltd. werde an vier Stellen (zweimal im Schreiben selber und zweimal auf dem Einzahlungsschein) genannt. Ein Mindestmass an Aufmerksamkeit könne erwartet werden. Es sei einem Adressaten ohne weiteres zumutbar, die Überschriften und den wenigen Text im Schreiben zu lesen, bevor er sich dazu entschliesse, Geld zu überweisen. Im Rahmen der Opfermitverantwortung dürfe und müsse erwartet werden, dass die angeschriebenen Geschäftsleute ein Minimum an Sorgfalt walten liessen (Beschwerde S. 6-8 Ziff. 2.2).
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2.3.2. Gemäss dem als wettbewerbsrechtlichen Kennzeichenschutz bezeichneten Tatbestand von Art. 3 lit. d UWG handelt unlauter, wer Massnahmen trifft, die geeignet sind, Verwechslungen mit den Waren, Werken, Leistungen oder dem Geschäftsbetrieb eines andern herbeizuführen. Darunter fallen sämtliche Verhaltensweisen, bei denen das Publikum durch die Schaffung von Verwechslungsgefahr irregeführt wird. Die Verwechselbarkeit kann darin bestehen, dass die Ware eines Konkurrenten wegen ihrer äusseren Ausstattung für das bereits auf dem Markt befindliche Erzeugnis eines anderen gehalten werden kann. Die Verwechslungsgefahr mit ähnlich gekennzeichneten Produkten ist anhand der tatsächlichen Warenpräsentation in gesamter Würdigung aller Umstände in Betracht zu ziehen, die für den durchschnittlich aufmerksamen Käufer die Individualisierung der gekennzeichneten Produkte mitprägen. Das Risiko von Verwechslungen ist umso grösser, je näher sich die Waren sind, für welche die in Frage stehenden Zeichen gebraucht werden. Werden zwei Zeichen für identische Warengattungen verwendet, ist bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ein besonders strenger Massstab anzulegen (BGE 135 III 446 E. 6.1 mit Hinweisen). Die Verwechslungsgefahr ist nach dem Gesamteindruck und der Aufmerksamkeit und Wahrnehmungsfähigkeit des durchschnittlichen Publikums zu beurteilen (Urteil 6B_298/2013 vom 16. Januar 2014 E. 1.2.1 mit Hinweisen).
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2.3.3. Nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz schrieb die Beschwerdeführerin Unternehmen an, die kurz zuvor mit dem Handelsregisteramt zu tun gehabt hatten und daher eine entsprechende Rechnung erwarteten. Bezüglich der täuschenden Ähnlichkeit dieser Zuschriften mit einer Rechnung kann auf E. 2.1 verwiesen werden. In ihren Schreiben schafft die Beschwerdeführerin mit dem Vermerk "Ihre Handelsregister-Neueintragung" bzw. "Mutation Ihrer Handelsregistereintragung", insbesondere zusammen mit der auf dem Formular angegebenen "Geschäftsnummer/Handelsregister-Nr." und dem Hinweis auf das zuständige Handelsregisteramt, auch noch ausdrücklich eine Verknüpfung. Zudem erweckt die angebliche Abteilung "Zentraldatei der Eidgenössischen Wirtschaft" einen offiziellen Charakter. Die Vorinstanz verletzt kein Bundesrecht, indem sie festhält, die Beschwerdeführerin habe eine Verwechslungsgefahr geschaffen (Urteil S. 7 f. E. 3.2.1). Daran vermögen die von der Beschwerdeführerin erhobenen Einwände nichts zu ändern, namentlich gehen ihre Ausführungen zur Rechtsprechung zur Arglist beim Betrug fehl.
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2.4. Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz werfe ihr vor, die von ihr angebotene Leistung sei ohne wirtschaftlichen Wert und schliesse gestützt darauf auf eine Verletzung von Art. 3 lit. i UWG. In ihren Zuschriften stehe fett hervorgehoben, dass das D.________-Register nur bestellte Eintragungen von Firmen enthalte, die im Handelsregister erfasst seien. Ferner erfolge der Hinweis, dass das Register dem Informationsbedürfnis der Kunden diene und zu empirischen Zwecken ausgewertet werde. Es liege keine Verschleierung ihrer eigenen Leistung vor (Beschwerde S. 8 f. Ziff. 2.3).
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3. Das Gesuch betreffend die beschlagnahmten Vermögenswerte und den Eventualantrag zum unbedingten Vollzug der Strafe begründet die Beschwerdeführerin nicht. Darauf ist nicht einzutreten.
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4. Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Ausschuss, und der Staatsanwaltschaft Höfe Einsiedeln schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 12. Mai 2014
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Mathys
 
Die Gerichtsschreiberin: Pasquini
 
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