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Informationen zum Dokument  BGer 2C_978/2013  Materielle Begründung
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BGer 2C_978/2013 vom 01.05.2014
 
{T 0/2}
 
2C_978/2013
 
 
Urteil vom 1. Mai 2014
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Seiler, präsidierendes Mitglied,
 
Bundesrichter Donzallaz, Stadelmann,
 
Gerichtsschreiber Winiger.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Felix Barmettler,
 
gegen
 
Steuerverwaltung des Kantons Basel-Landschaft.
 
Gegenstand
 
Schenkungssteuer,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, vom 10. Juli 2013.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
 
B.
 
 
C.
 
 
D.
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Die Beschwerde wurde unter Einhaltung der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG) von einer durch die Entscheidung besonders berührten Partei mit einem schutzwürdigen Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids (Art. 89 Abs. 1 BGG) eingereicht und richtet sich gegen den von einer letzten, oberen kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG) gefällten Endentscheid (Art. 90 BGG) in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a BGG). Auf die Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten.
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1.2. Unzulässig ist das Rechtsmittel, soweit es sich gegen die kantonal vorinstanzlichen Entscheide richtet, da diese durch das kantonsgerichtliche Urteil ersetzt worden sind und als mit angefochten gelten (sog. Devolutiveffekt; vgl. BGE 134 II 142 E. 1.4 S. 144; 129 II 438 E. 1 S. 441).
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1.3. Mit der Beschwerde können Rechtsverletzungen nach Art. 95 und 96 BGG geltend gemacht werden. Die Rügen wegen Verletzung von Art. 9, Art. 29 Abs. 2 und Art. 127 Abs. 2 (i.V.m. Art. 26) BV sind grundsätzlich zulässig (Art. 95 lit. a BGG). Die Verletzung von (einfachem) kantonalem Recht bildet dagegen keinen eigenständigen Rügegrund im Sinne von Art. 95 und 96 BGG. Die Erbschafts- und Schenkungssteuern, hier insbesondere die Ausnahmen von der Steuerpflicht bei der Schenkungssteuer für "Zuwendungen zur Abwehr von Konkurs oder Pfändung" gemäss § 9 Abs. 1 lit. d des Gesetzes [des Kantons Basel-Landschaft] vom 7. Januar 1980 (ESchStG/BL; SGS 334) stellen kantonales Recht dar und werden daher vom Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG; SR 642.14) nicht erfasst (vgl. Urteil 2C_242/2013 vom 25. Oktober 2013 E. 1.2, in: ASA 82 S. 370). Die Auslegung und Anwendung von § 9 Abs. 1 lit. d ESchStG/BL ist daher nur auf Verfassungs- und Völkerrechtskonformität hin zu prüfen.
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1.4. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es prüft unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Bezüglich der Verletzung von Grundrechten sowie von kantonalem Recht gilt eine qualifizierte Rügepflicht: Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 135 III 397 E. 1.4 S. 400; 134 V 138 E. 2.1; 134 II 244 E. 2.2 S. 246).
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Erwägung 2
 
2.1. Nach § 2 Abs. 1 ESchStG/BL unterliegt der Schenkungssteuer jede freiwillige und unentgeltliche Zuwendung von Geld, Sachen oder Rechten irgendwelcher Art sowie der schenkungsweise Erlass von Verbindlichkeiten. Gemäss § 3 Abs. 2 ESchStG/BL unterliegt der Erwerb beweglichen Vermögens der Schenkungssteuer, sofern der Schenker zur Zeit der Schenkung Wohnsitz oder Aufenthalt im Kanton Basel-Landschaft hatte. Gemäss § 8 Abs. 1 ESchStG/BL ist derjenige, der gemäss § 2 ESchStG/BL Vermögen erwirbt, steuerpflichtig. Schliesslich hält § 9 Abs. 1 lit. d ESchStG/BL fest, dass "Zuwendungen zur Abwehr von Konkurs oder Pfändung" von der Schenkungssteuer befreit sind.
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2.2. Die Vorinstanz hat im angefochtenen Entscheid (E. 4 und 5) festgehalten, dass aufgrund des kantonal autonom zu bestimmenden Schenkungsbegriffs die Zuwendung in der Höhe von Fr. 176'900.-- von E.________, deren Wohnsitz zum massgeblichen Zeitpunkt unbestrittenermassen im Kanton Basel-Landschaft lag, an den Beschwerdeführer eine Schenkung im Sinne von § 2 Abs. 1 ESchStG/BL darstelle; die Zuwendung habe dazu gedient, seine Schuld gegenüber seinen Geschwistern zu begleichen und damit die Liegenschaft in U.________/SZ zu übernehmen.
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Erwägung 3
 
3.1. Vorab ist die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) zu prüfen. Der verfassungsrechtliche Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst das Recht des Betroffenen, dass die Behörde seine Vorbringen tatsächlich hört, ernsthaft prüft und in ihrer Entscheidfindung angemessen berücksichtigt (BGE 136 I 184 E. 2.2.1 S. 188 mit Hinweis). Die Begründung muss so abgefasst sein, dass der Betroffene den Entscheid gegebenenfalls sachgerecht anfechten kann. Sie muss kurz die wesentlichen Überlegungen nennen, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sie ihren Entscheid stützt. Nicht erforderlich ist, dass sich die Begründung mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt (BGE 133 III 439 E. 3.3. S. 445 mit Hinweisen).
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3.2. Der Beschwerdeführer bringt vor, die Vorinstanz habe sich im angefochtenen Entscheid nicht mit der Überschuldungssituation des Beschwerdeführers unter dem Aspekt der Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 lit. d ESchStG/BL befasst. Da weder der Beschwerdeführer noch die beiden ohnehin nicht bedachten Geschwister die Nachlassliegenschaft ohne Dritthilfe hätten übernehmen können, wäre u.a. für die ausstehenden Sozialhilfegelder eine Pfändung der Liegenschaft unausweislich gewesen. Damit seien wesentliche tatsächliche Umstände ausser Acht gelassen worden. Bei genauem Hinsehen liegt darin jedoch keine Verletzung des rechtlichen Gehörs, sondern eine abweichende Würdigung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse (vgl. dazu E. 4 hiernach). Die Vorbringen des Beschwerdeführers zeigen, dass er durchaus in der Lage war, das Urteil der Vorinstanz sachgerecht anzufechten.
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Erwägung 4
 
4.1. Der Beschwerdeführer beruft sich auf den Steuerbefreiungsgrund von § 9 Abs. 1 lit. d ESchStG/BL, wonach "Zuwendungen zur Abwehr von Konkurs oder Pfändung" von der Schenkungssteuer befreit sind. Er macht geltend, ohne die Abfindungszahlung durch die Tante des Beschwerdeführers an seine Geschwister wäre es zur Pfändung und Liquidation der väterlichen Liegenschaft gekommen. Auch gegenwärtig würde die Erhebung der Schenkungssteuer zur Pfändung und Zwangsverwertung der betreffenden Liegenschaft führen, da er überschuldet sei. Im Ergebnis rügt der Beschwerdeführer eine willkürliche Rechtsanwendung bzw. eine Verletzung von Art. 9 BV.
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4.2. Nach der ständigen Praxis des Bundesgerichts liegt Willkür in der Rechtsanwendung nicht bereits dann vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint. Erforderlich ist vielmehr, dass der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist (BGE 138 I 49 E. 7.1 S. 51; 137 I 1 E. 2.4 S. 5; 136 I 316 E. 2.2.2 S. 318 f.; je mit Hinweisen).
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4.3. Die Vorinstanz hat ausführlich dargelegt, warum aus ihrer Sicht der Steuerbefreiungsgrund von § 9 Abs. 1 lit. d ESchStG/BL nicht gegeben ist (vgl. angefochtener Entscheid E. 6). Zum einen ergäben sich aus den Akten keine Hinweise, dass zum Zeitpunkt der Hinwendung bereits betreibungsrechtliche Schritte - gegen die unverteilte Erbschaft bzw. den Beschwerdeführer allein - eingeleitet worden seien. Ebenso wenig sei ersichtlich, dass eine entsprechende Gefahr bestanden habe, die durch die Zuwendung hätte abgewendet werden können (vgl. auch THOMAS RAMSEIER, Die basellandschaftliche Erbschafts- und Schenkungssteuer, 1989, S. 145). Diese Schlussfolgerungen sind unter dem (eingeschränkten) Gesichtswinkel der Willkür nicht zu beanstanden. Vielmehr ist hier der Vorinstanz zuzustimmen, wenn sie ausführt, der Umstand, dass keiner der Erben finanziell in der Lage gewesen sei, die sich im Nachlass befindende Liegenschaft unter Auszahlung der Miterben zu übernehmen, begründe weder das Risiko einer Pfändung noch eines Konkurses. In einem solchen Fall wäre zur Wahrung der den Erben zustehenden Anteile ein (freihändiger) Verkauf der Liegenschaft - mit entsprechender Aufteilung des Erlöses - ins Auge zu fassen gewesen. Das hier mit der Schenkung letztlich verfolgte Ziel, die Liegenschaft innerhalb der Familie halten zu können, lässt sich nicht unter den Ausnahmetatbestand von § 9 Abs. 1 lit. d ESchStG/BL subsumieren, weshalb die Vorinstanz nicht in Willkür verfallen ist, als es die Anwendung dieser Bestimmung verneint hat.
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4.4. Soweit der Beschwerdeführer sodann geltend macht, die Zahlung der hier geschuldeten Schenkungssteuer würde ihn zum jetzigen Zeitpunkt in finanzielle Nöte bringen, zielt er ebenfalls an der Sache vorbei. Gemäss § 9 Abs. 1 lit. d ESchStG/BL sind nur die Zuwendungen zur Abwehr von Konkurs oder Pfändung steuerbefreit. Davon zu unterscheiden ist der Fall, dass die Zahlung der Schenkungssteuer für den Beschenkten einen finanziellen Engpass bedeutet. Allenfalls wären diese Vorbringen unter dem Titel Härtefall als Erlassgrund (vgl. § 183 Abs. 1 StG/BL [i.V.m. § 24 ESchStG/BL]: "Ergibt sich bei der Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen in Einzelfällen eine sachlich ungerechtfertigte Belastung oder eine regelmässig konfiskatorische Besteuerung, die vom Gesetzgeber nicht voraussehbar oder so nicht beabsichtigt worden war, kann die kantonale Taxations- und Erlasskommission von der gesetzlichen Ordnung in angemessener Weise abweichen") zu thematisieren (vgl. RAMSEIER, a.a.O., S. 188), was indessen nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet.
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Erwägung 5
 
5.1. Der Beschwerdeführer rügt schliesslich eine Verletzung des Grundsatzes der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Art. 127 Abs. 2 i.V.m. Art. 26 BV); demnach hat der Steuerpflichtige entsprechend seiner Leistungsfähigkeit an die Steuerlasten beizutragen (BGE 137 I 145 E. 2.1 S. 147 mit Hinweisen).
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5.2. Die Vorinstanz hat zu Recht einen Verstoss gegen Art. 127 Abs. 2 BV verneint. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern sich hier die Steuerbelastung nicht nach den dem Beschwerdeführer zur Verfügung stehenden Wirtschaftsgütern bzw. seinen persönlichen Verhältnissen gerichtet haben soll. Wie bereits erwähnt, liegt hier eine freiwillige und unentgeltliche Zuwendung von Geld vor, die der Schenkungssteuer unterliegt. Ein Ausnahmetatbestand ist - wie dargelegt - ebenfalls nicht gegeben. Die Schenkungssteuer ist eine Steuer auf der Bereicherung, die der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Empfängers Rechnung trägt ( RAMSEIER, a.a.O., S. 11). Der blosse Hinweis auf seine prekäre Einkommenssituation vermag für den Beschwerdeführer keine Verletzung von Art. 127 Abs. 2 bzw. Art. 26 BV zu begründen. Dazu kommt, dass praxisgemäss die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Zuflusses massgebend sind und spätere Verschlechterungen der wirtschaftlichen Situation nur bedingt berücksichtigt werden können (vgl. Urteil 2C_776/2012 / 2C_777/2012 vom 19. Februar 2013 E. 4.3). Unter diesen Umständen zielt auch der Vorwurf der "konfiskatorischen Besteuerung" wie auch die nicht näher begründete Rüge des Verstosses gegen das Prinzip von Treu und Glauben (Art. 9 BV) an der Sache vorbei.
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Erwägung 6
 
6.1. Der im Wesentlichen unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür zu prüfende vorinstanzliche Entscheid erweist sich damit als haltbar. Die Beschwerde ist unbegründet und abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
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6.2. Bei diesem Ausgang sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens vor Bundesgericht aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 i.V.m. Art. 65 BGG).
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6.3. Das Gesuch des Beschwerdeführers um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren ist abzuweisen, da es sich - insbesondere angesichts der eingeschränkten Kognition des Bundesgerichts - als aussichtslos erweist (Art. 64 Abs. 1 BGG). Der aktenkundigen Bedürftigkeit ist bei der Festsetzung der Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).
17
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. 
 
2. 
 
2.1. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
 
2.2. Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. 
 
Lausanne, 1. Mai 2014
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Das präsidierende Mitglied: Seiler
 
Der Gerichtsschreiber: Winiger
 
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