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Informationen zum Dokument  BGer 6B_206/2014  Materielle Begründung
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BGer 6B_206/2014 vom 22.04.2014
 
{T 0/2}
 
6B_206/2014
 
 
Urteil vom 22. April 2014
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Mathys, Präsident,
 
Bundesrichter Denys, Oberholzer,
 
Gerichtsschreiber Held.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
vertreten durch Advokat Dr. Christian von Wartburg,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
1.  Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt,
 
2.  Erben des A.________,
 
vertreten durch Advokat Andreas H. Brodbeck,
 
Beschwerdegegnerinnen.
 
Gegenstand
 
Revision (mehrfache Veruntreuung),
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt, Ausschuss, vom 15. Januar 2014.
 
 
Erwägungen:
 
1. Das Appellationsgericht Basel-Stadt verurteilte X.________ am 11. November 2011 wegen mehrfacher Veruntreuung zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren und verpflichtete ihn, Schadenersatz in Höhe von Fr. 647'395.60 nebst Zinsen an A.________ zu bezahlen. Die dagegen erhobene Beschwerde in Strafsachen wies das Bundesgericht am 2. Oktober 2012 ab, soweit es darauf eintrat (Verfahren 6B_251/2012).
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2. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 410 StPO und Art. 385 StGB. Die Vorinstanz habe vom Beschluss des Nachlassgerichts Kandern (D) vom 30. September 2010, wonach A.________ bei der Errichtung seines Testamentes am 31. März 2010 als testierfähig erachtet wurde, keine Kenntnis genommen respektive gehabt. Wenn A.________ jedoch nachweislich wenige Monate nach der Hauptverhandlung vom 16.-21. Dezember 2012 (recte: 2009) testierfähig war, sei erstellt, dass er entgegen der Annahme der Vorinstanz im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung auch verhandlungsfähig gewesen sei. Es lägen gewichtige Anhaltspunkte vor, dass A.________ aus Angst vor kompromittierenden Aussagen der Hauptverhandlung ferngeblieben sei. Die direkte Konfrontation mit dem Beschwerdeführer hätte es erlaubt, die Glaubhaftigkeit der Darstellungen von A.________ zu erschüttern.
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3. Die Vorinstanz erwägt, der Beschluss des Nachlassgerichts Kandern sei beim Gericht bereits am 22. Februar 2009, mithin rund neun Monate vor der Berufungsverhandlung eingereicht worden. Es gäbe keine Anhaltspunkte, dass sie den Beschluss nicht zur Kenntnis genommen habe. Grundsätzlich würden alle eingereichten und zu den Akten erkannten Dokumente gelesen. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass sie den Beschluss im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer gestellten Anträge, Erkundigungen über den damaligen Gesundheitszustand von A.________ einzuholen, als unbeachtlich eingestuft habe, da dessen Verhandlungsunfähigkeit aufgrund eines ärztlichen Attestes erstellt gewesen sei. Der Beschluss hätte nicht dazu geführt, die attestierte Verhandlungsfähigkeit in Zweifel zu ziehen, denn Testierfähigkeit sei nicht mit Verhandlungsfähigkeit gleichzusetzen.
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4. Wer durch einen Entscheid beschwert ist, kann die Revision verlangen, wenn neue, vor dem Entscheid eingetretene Tatsachen oder neue Beweismittel vorliegen, die geeignet sind, einen Freispruch oder eine wesentlich mildere Bestrafung der verurteilten Person herbeizuführen (Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO). Revisionsrechtlich ist eine Tatsache neu, wenn sie bereits im Urteilszeitpunkt vorgelegen hat, dem Gericht jedoch nicht bekannt war (BGE 130 IV 72 E. 1). Neu sind Beweismittel, wenn sie dem Gericht nicht zur Kenntnis gelangt sind, nicht aber, wenn es deren Tragweite falsch gewürdigt hat. Selbst Tatsachen oder Beweismittel, die aus den Akten oder Verhandlungen hervorgehen, können neu sein, wenn sie dem Gericht unbekannt geblieben sind. Voraussetzung ist aber, dass das Gericht im Falle ihrer Kenntnis anders entschieden hätte und dass sein Entscheid auf der Unkenntnis und nicht auf Willkür beruht (BGE 122 IV 66 E. 2b). Ob eine Tatsache oder ein Beweismittel neu und geeignet ist, die tatsächlichen Grundlagen des Urteils zu erschüttern, dessen Revision verlangt wird, ist eine Tatfrage, die das Bundesgericht nur auf Willkür überprüft. Rechtsfrage ist hingegen, ob die voraussichtliche Veränderung der tatsächlichen Grundlagen rechtlich relevant ist, d.h. zu einem im Schuld- oder Strafpunkt für den Verurteilten günstigeren Urteil führen kann (BGE 130 IV 72 E. 1 mit Hinweisen).
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Erwägung 5
 
5.1. Der Beschwerdeführer setzt sich mit den vorinstanzlichen Erwägungen nicht auseinander. Er legt nicht dar, weshalb die Feststellung, beim Beschluss des Nachlassgerichts Kandern handle es sich um kein neues Beweismittel, da die Vorinstanz davon Kenntnis genommen habe, schlechterdings unhaltbar sein soll. Er beschränkt sich darauf, seine im kantonalen Revisionsverfahren vorgetragenen Argumente zu wiederholen. Auf eine rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (vgl. BGE 137 IV 1 E. 4.2.3 S. 5; 136 II 489 E. 2.8; je mit Hinweisen). Zudem ist die vom Beschwerdeführer vorgetragene blosse Vermutung, die Vorinstanz habe vom Beschluss keine Kenntnis gehabt, von vornherein ungeeignet, Willkür darzulegen (vgl. BGE 138 I 305 E. 4.3 mit Hinweis).
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5.2. Da sich der für die rechtliche Beurteilung relevante Sachverhalt nicht geändert hat, sind die hierauf fussenden Rügen eines allfällig im Schuld- oder Strafpunkt für den Beschwerdeführer günstigeren Urteils nicht zu behandeln.
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6. Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Ausgangsgemäss sind die Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist infolge Aussichtslosigkeit der Beschwerde abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Den angespannten finanziellen Verhältnissen des Beschwerdeführers ist mit reduzierten Gerichtskosten Rechnung zu tragen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
 
3. Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Ausschuss, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 22. April 2014
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Mathys
 
Der Gerichtsschreiber: Held
 
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