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Informationen zum Dokument  BGer 9C_909/2013  Materielle Begründung
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BGer 9C_909/2013 vom 16.04.2014
 
{T 0/2}
 
9C_909/2013
 
 
Urteil vom 16. April 2014
 
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Kernen, Präsident,
 
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Pfiffner,
 
Gerichtsschreiber Furrer.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
Vorsorgestiftung VSAO,
 
vertreten durch Fürsprecher Daniel Hoffet,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
U.________,
 
vertreten durch Procap für Menschen mit Handicap,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Berufliche Vorsorge (Invalidenrente),
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 5. November 2013.
 
 
Sachverhalt:
 
A. U.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, war ab 1. Juni 2003 bei den Psychiatrischen Diensten X.________ als Oberarzt mit einem Beschäftigungsgrad von 100 % angestellt und dadurch bei der Vorsorgestiftung VSAO (nachfolgend: Vorsorgestiftung) berufsvorsorgerechtlich versichert. Am 1. August 2005 erlitt er eine akute Typ-A-Aortendissektion mit Aneurysma und hochgradiger Aorteninsuffizienz. Nach zunächst vollständiger und ab Januar 2006 teilweiser Arbeitsunfähigkeit war er vom 1. August 2006 an wieder in einem 100 %-Pensum tätig, reduzierte dieses jedoch per 1. April 2007 auf 80 %. Am 1. November 2008 erlitt U.________ eine Ischämie im Gyrus praecentralis links. Am 16. Dezember 2008 nahm er die Arbeit stufenweise wieder auf und arbeitet seit dem 12. Februar 2011 zu 50 %.
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U.________ meldete sich am 13. Februar 2009 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach medizinischen und erwerblichen Abklärungen sprach ihm die IV-Stelle des Kantons Aargau mit Verfügung vom 3. August 2010 eine halbe Invalidenrente mit Wirkung ab 1. August 2009 zu (Invaliditätsgrad von 56 %). Der Anspruch auf eine halbe Invalidenrente wurde mit Mitteilung vom 17. Januar 2012 bestätigt (Invaliditätsgrad von 50 %). Die Vorsorgestiftung gewährte - nach Ablauf der Taggeldleistungen am 11. Februar 2011 - ab 12. Februar 2011 eine Teilinvalidenrente basierend auf einem Pensum im Gesundheitsfall von 80 % und einem Invaliditätsgrad von 37.5 % (Schreiben vom 17. Februar 2010 und 14. Februar 2011).
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B. Die von U.________ gegen die Vorsorgestiftung erhobene Klage hiess das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 5. November 2013 gut und verpflichtete die Vorsorgestiftung, dem Kläger ab 12. Februar 2011 gemäss den gesetzlichen und reglementarischen Bestimmungen eine Invalidenrente auf der Basis eines Jahreseinkommens bei einem Arbeitspensum von 100 % und einem Invaliditätsgrad von 50 % auszurichten, zuzüglich 5 % Verzugszins ab 12. Juni 2012 auf bereits fällig gewordenen Rentenleistungen.
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C. Die Vorsorgestiftung erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben und die Beschwerdeführerin sei zu verpflichten, dem Beschwerdegegner mit Wirkung ab 12. Februar 2011 eine Invalidenrente aus beruflicher Vorsorge von 40 % - berechnet auf dem versicherten Einkommen bei einem Erwerbsgrad von 80 % eines Vollpensums und einem Invaliditätsgrad von 50 % - auszurichten. Soweit weitergehend sei die Klage abzuweisen.
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Während das Bundesamt für Sozialversicherungen auf eine Stellungnahme verzichtet, trägt der Beschwerdegegner auf Abweisung der Beschwerde an.
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Erwägungen:
 
1. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG), die Feststellung des Sachverhalts nur, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
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Erwägung 2
 
2.1. Unbestritten ist der Anspruch auf eine Invalidenrente aus beruflicher Vorsorge sowie der Aufschub des Rentenanspruchs (Art. 26 Abs. 2 BVG; Ziff. 5.4 des Reglements der Vorsorgestiftung, in der ab 1. Januar 2011 gültigen Fassung) bis zur Erschöpfung des Taggeldanspruchs am 11. Februar 2011. Streitig ist die Höhe des versicherten (koordinierten) Lohnes und dabei, ob dieser auf der Grundlage eines Beschäftigungsgrades von 80 % oder 100 % zu berechnen ist.
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2.2. Gemäss Art. 24 Abs. 2 Satz 1 BVG wird die Invalidenrente nach dem gleichen Umwandlungssatz berechnet wie die Altersrente im 65. Altersjahr. Das der Berechnung zu Grunde liegende Altersguthaben besteht aus dem Altersguthaben, das der Versicherte bis zum Beginn des Anspruches auf die Invalidenrente erworben hat sowie der Summe der Altersgutschriften für die bis zum ordentlichen Rentenalter fehlenden Jahre, ohne Zinsen (Art. 24 Abs. 3 BVG). Diese Altersgutschriften werden auf dem koordinierten Lohn des Versicherten während seines letzten Versicherungsjahres in der Vorsorgeeinrichtung berechnet (Art. 24 Abs. 4 BVG). Bei Eintritt der Invalidität entspricht der koordinierte Lohn während des letzten Versicherungsjahres dem letzten koordinierten Jahreslohn, der für die Altersgutschriften festgelegt wurde (Art. 18 Abs. 1 BVV 2 i.V.m. Art. 34 Abs. 1 lit. a BVG). War der Versicherte während des Jahres vor dem Versicherungsfall wegen Krankheit, Unfall oder aus ähnlichen Gründen nicht voll erwerbsfähig, so wird der koordinierte Jahreslohn aufgrund des Lohnes bei voller Erwerbsfähigkeit berechnet (Art. 18 Abs. 3 BVV 2).
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3. Zunächst ist zu prüfen, ob - wie von der Vorinstanz angenommen (E. 3.6 des angefochtenen Entscheids) - die Beschwerdeführerin an die Feststellung der IV-Stelle gebunden ist, wonach der Beschwerdegegner im Gesundheitsfall in einem Vollpensum arbeiten würde bzw. die Reduktion des Pensums von 100 % auf 80 % per 1. April 2007 aus gesundheitlichen Gründen erfolgt sei.
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Nach den verbindlichen Feststellungen des kantonalen Gerichts hat die IV-Stelle die Beschwerdeführerin in das Vorbescheidverfahren einbezogen und ihr die Verfügung vom 3. August 2010 formgültig eröffnet. Diese ist unangefochten in Rechtskraft erwachsen. Die Vorinstanz zog daraus den Schluss, für die Beschwerdeführerin bestehe eine Bindung an die Feststellungen der IV-Stelle (BGE 132 V 1 E. 3 S. 3; 130 V 270 E. 3.1 S. 273 f.; je mit Hinweisen). Indes wurde die IV-Rente aufgrund einer verspäteten Anmeldung im Sinne von Art. 29 Abs. 1 IVG ausgerichtet (Mitteilung Beschluss der IV-Stelle vom 8. Juli 2010). Legte die IV-Stelle den Eintritt der Arbeitsunfähigkeit auf einen Zeitpunkt hin fest (hier: 1. April 2007), welcher ab dem Leistungsersuchen an gerechnet weiter als sechs Monate zurückliegt, besteht gemäss Rechtsprechung keine Bindungswirkung der Vorsorgeeinrichtung an die Feststellungen der IV-Organe (Urteil 9C_620/2012 vom 16. Oktober 2012 E. 2.4 mit Hinweisen, in: SVR 2013 BVG Nr. 17 S. 67). Damit hatte die Vorinstanz den Grund der Pensumsreduktion festzustellen (Urteil B 37/95 vom 22. März 1996 E. 4, in: SZS 1997 S. 471).
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Erwägung 4
 
4.1. Die Vorinstanz erwog, aufgrund der Aktenlage, namentlich der Bestätigung des behandelnden Dr. med. H.________, Facharzt für Allgemeine Innere Medizin FMH, vom 5. August 2011 sowie den Auszügen aus der Krankengeschichte, sei erstellt, dass der Beschwerdegegner in der massgebenden Zeit nicht voll erwerbsfähig (recte: arbeitsfähig) gewesen sei (E. 3.5.2 in fine des angefochtenen Entscheids).
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Die Beschwerdeführerin rügt eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung und macht geltend, ihr sei im Rahmen der Mutationsmeldung nicht mitgeteilt worden, dass die Reduktion des Beschäftigungsgrades aus gesundheitlichen Gründen erfolge, auch liege keine zeitaktuelle Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit vor. Diese Einwendungen sind nicht geeignet, die vorinstanzlichen Feststellungen zur Arbeits (un) fähigkeit als offensichtlich unrichtig oder sonstwie bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen. Insbesondere aus den Einträgen in der Krankengeschichte erhellt, dass der Beschwerdegegner - nach den operativen Behandlungen infolge der Aortendissektion - seine angestammte Tätigkeit als Oberarzt im Januar 2006 wieder aufnahm und schrittweise das Pensum steigerte, er aber den Belastungen eines Vollpensums letztlich nicht mehr gewachsen war. Insbesondere wurde im Rahmen der Konsultationen mehrfach eine Überlastung bzw. eine Zunahme von Beschwerden festgestellt und deshalb eine Reduktion des Pensums diskutiert, namentlich am 4. September 2006 ("häufige Erschöpfung, braucht noch mehr Schlaf am Wochenende [12-14 Std.]"; "mehrmals wöchentlich Aura"; "Ganz wichtig: Work-Life-Balance finden, Abgrenzen, evtl. Reduktion des Arbeitspensums"), am 31. Oktober 2006 ("Gehe weiterhin nicht gut, eingeschränkte Leistungsfähigkeit, wenig belastbar. Diskussion IV-Anmeldung: aktuell nicht sinnvoll, kommt am Arbeitsplatz gut zurecht, aber zu hohes Pensum. Sollte z.B. mit 80 % auf lange Sicht gut gehen") sowie am 29. Dezember 2006 ("Habe sich in Ferien erholt, vorher grosse Erschöpfung. Will mit XY über Pensumsreduktion reden"). Mit Blick auf die hievor wiedergegebenen Einträge in die Krankengeschichte sowie die Bestätigung des behandelnden Arztes vom 5. August 2011, das Vollpensum habe aus medizinischen Gründen nicht mehr aufrecht erhalten werden können, kann keine Rede davon sein, das kantonale Gericht sei in Willkür verfallen, indem es auf eine Reduktion des Beschäftigungsgrades wegen Krankheit schloss. Daran ändert nichts, dass der Arbeitgeber die Vorsorgestiftung nicht über den Grund der Reduktion informiert hat (Mutationsmeldung vom 25. Januar 2007).
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4.2. Nach dem Gesagten reduzierte der Beschwerdegegner das Arbeitspensum per 1. April 2007 aus gesundheitlichen Gründen. Mithin gelangt Art. 18 Abs. 3 BVV 2 zu Anwendung und der koordinierte Lohn ist aufgrund des Lohnes bei einem Vollpensum zu berechnen. Nicht bestritten ist schliesslich die Restarbeitsfähigkeit von 50 % ab 12. Februar 2011. Folglich hält der angefochtene Entscheid vor Bundesrecht stand.
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5. Die unterliegende Beschwerdeführerin hat die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG) und dem Beschwerdegegner eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3. Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'500.- zu entschädigen.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 16. April 2014
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Kernen
 
Der Gerichtsschreiber: Furrer
 
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