VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 5A_894/2013  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 5A_894/2013 vom 15.04.2014
 
{T 0/2}
 
5A_894/2013
 
 
Urteil vom 15. April 2014
 
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
 
Bundesrichter Marazzi, Herrmann,
 
Gerichtsschreiber Möckli.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Riet A. Ganzoni,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Y.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Philipp,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Löschung einer Verfügungsbeschränkung,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden, I. Zivilkammer, vom 22. Oktober 2013.
 
 
Sachverhalt:
 
A. Mit öffentlich beurkundetem Kaufvertrag vom xx.xx.2002 veräusserte A.________ seiner Tochter B.________ die Liegenschaft Parzelle Nr. xxx zum Preis von Fr. ....
1
B. Mit Gesuch um Erlass vorsorglicher bzw. superprovisorischer Massnahmen vom 10. Dezember 2012 verlangte X.________ beim Bezirksgericht F.________ die Anweisung des Grundbuchkreises G.________, auf der betreffenden Parzelle gemäss Art. 960 Abs. 1 Ziff. 3 i.V.m. Art. 460 Abs. 2 ZGB zu seinen Gunsten die Nacherbschaft einzutragen, sowie die Anordnung, bezüglich der betreffenden Parzelle ein Inventar gemäss Art. 490 Abs. 1 i.V.m. Art. 553 ZGB aufzunehmen.
2
C. Gegen dieses Urteil hat X.________ am 25. November 2013 eine Beschwerde in Zivilsachen, eventuell eine subsidiäre Verfassungsbeschwerde erhoben mit den Begehren um dessen Aufhebung und Gutheissung des Gesuches um Vormerkung der Nacherbschaft, eventualiter um Rückweisung der Angelegenheit zur Neubeurteilung. Mit Präsidialverfügung vom 19. Dezember 2013 wurde der Beschwerde antragsgemäss die aufschiebende Wirkung erteilt. Mit präsidialem Schreiben vom 30. Januar 2014 wurde mitgeteilt, dass das Verfahren infolge Versterbens von B.________ mit deren Alleinerben Y.________ weitergeführt wird. In der Sache selbst wurden keine Vernehmlassungen eingeholt.
3
 
Erwägungen:
 
1. Angefochten ist der kantonal letztinstanzliche Entscheid in einer Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 und Art. 75 Abs. 1 BGG). Gemäss der Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Entscheid übersteigt der Streitwert die Grenze von Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG); es bestehen keine Anhaltspunkte, wonach von etwas anderem auszugehen wäre. Die Beschwerde in Zivilsachen erweist sich mithin als zulässig, womit keine subsidiäre Verfassungsbeschwerde möglich ist (Art. 113 BGG).
4
2. Das Kantonsgericht erwog, dass die erbrechtliche Auseinandersetzung als solche deutschem Recht unterstehe (Art. 91 Abs. 1 IPRG i.V.m. § 25 Abs. 1 EGBGB, Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch). Davon zu unterscheiden sei die Sonderanknüpfung für letztwillige Verfügungen (Art. 95 Abs. 1 i.V.m. § 26 Abs. 1 EGBGB), welche dem Erbstatut vorgehe. Was die Formerfordernisse anbelange, verweise § 26 Abs. 1 Ziff. 4 EGBGB auf das Recht des Ortes, an dem sich unbewegliches Vermögen befinde, soweit es sich um dieses handle. Gemäss § 26 Abs. 2 EGBGB gälten die in Abs. 1 aufgestellten Vorschriften auch für den Widerruf bzw. die Aufhebung letztwilliger Verfügungen und gemäss § 26 Abs. 4 EGBGB seien von den genannten Vorschriften nicht nur Testamente, sondern auch andere Verfügungen von Todes wegen wie Erbverträge erfasst. Mithin unterstehe sowohl die Errichtung als auch die Aufhebung des Erbvertrages dem Formstatut des Lageortes, wenn dieser ein Grundstück zum Gegenstand habe, und es sei folglich das schweizerische Recht anwendbar. Gemäss Art. 513 Abs. 1 ZGB könne der Erbvertrag von den Vertragschliessenden jederzeit durch schriftliche Übereinkunft aufgehoben werden; eine öffentliche Beurkundung sei nicht erforderlich. Der Erbvertrag vom xx.xx.2002 sei demnach mit dem beidseitig schriftlich unterzeichneten Aufhebungsvertrag vom 1. Oktober 2010 formgültig aufgehoben worden, zumal keine Anhaltspunkte bestünden, dass der Erblasser im Aufhebungszeitpunkt nicht mehr geschäftsfähig gewesen wäre.
5
3. Zunächst wirft der Beschwerdeführer dem Kantonsgericht eine willkürliche Anwendung von Art. 16 Abs. 1 IPRG vor, indem es die deutsche Rechtslage eigenständig abgeklärt statt auf seine glaubhafte Darstellung des deutschen Rechts abgestellt habe.
6
4. In der Sache selbst rügt der Beschwerdeführer eine willkürliche Anwendung von Art. 26 EGBGB.
7
4.1. Gemäss Art. 26 Abs. 1 EGBGB ist eine letztwillige Verfügung hinsichtlich ihrer Form gültig, wenn diese den Formerfordernissen von einer der fünf in Ziff. 1-5 alternativ bezeichneten Rechtsordnungen entspricht. Dabei nennt Art. 26 Abs. 1 Ziff. 4 EGBGB das Recht des Ortes, an dem sich unbewegliches Vermögen befindet, soweit es sich um dieses handelt. Gemäss Art. 26 Abs. 2 EGBGB ist Abs. 1 auch auf letztwillige Verfügungen anzuwenden, durch die eine frühere letztwillige Verfügung widerrufen wird; der Widerruf ist hinsichtlich seiner Form auch dann gültig, wenn diese einer der Rechtsordnungen entspricht, nach denen die widerrufene letztwillige Verfügung gemäss Abs. 1 gültig war. Schliesslich hält Art. 26 Abs. 4 EGBGB fest, dass die Abs. 1 bis 3 für andere Verfügungen von Todes wegen sinngemäss gelten.
8
4.2. Der Beschwerdeführer interpretiert § 26 Abs. 2 und 4 EGBGB dahingehend, dass der Widerruf bzw. die Aufhebung einer Verfügung von Todes wegen nur in Form einer neuen Verfügung von Todes wegen möglich sei und sich diese Bestimmungen gerade nicht auf alle Aufhebungshandlungen und -arten erstrecke, was das Kantonsgericht willkürlich verkannt habe.
9
4.3. Keine Willkür ist sodann mit dem Hinweis darzutun, dass eine Aufhebungsvereinbarung gemäss § 2276 i.V.m. § 2290 BGB der öffentlichen Beurkundung bedürfe: Die Aufhebung ist nach dem Gesagten formgültig, wenn sie den Formvorschriften von einer der in § 26 Abs. 1 Ziff. 1-5 EGBGB alternativ bezeichneten Rechtsordnungen entspricht, wobei Ziff. 4 auf das Recht am Ort der unbeweglichen Sache, also vorliegend auf das schweizerische Recht verweist.
10
5. Angesichts des vorstehenden Resultates erübrigt sich die Überprüfung der mit Bezug auf die obergerichtliche Alternativbegründung erhobenen Rügen.
11
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Der Beschwerdeführer hat den Beschwerdegegner mit Fr. 600.-- zu entschädigen.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht von Graubünden, I. Zivilkammer, und dem Grundbuchamt G.________ schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 15. April 2014
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: von Werdt
 
Der Gerichtsschreiber: Möckli
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).