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Informationen zum Dokument  BGer 1C_751/2013  Materielle Begründung
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BGer 1C_751/2013 vom 04.04.2014
 
{T 0/2}
 
1C_751/2013
 
 
Urteil vom 4. April 2014
 
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
 
Bundesrichter Merkli, Chaix,
 
Gerichtsschreiber Dold.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Christoph Oliver Schmid,
 
gegen
 
Y.________,
 
Beschwerdegegner,
 
Gemeinderat Elgg,
 
Baudirektion des Kantons Zürich.
 
Gegenstand
 
Baubewilligung,
 
Beschwerde gegen das Urteil vom 26. Juni 2013 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
 
B.
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Rechtsbegehren sind nach Treu und Glauben auszulegen, insbesondere im Licht der dazugehörigen Begründung. Eine sichtlich ungewollte oder unbeholfene Wortwahl schadet dem Beschwerdeführer nicht (BGE 137 III 617 E. 6.2 S. 622; Urteil 1C_339/2008 vom 24. September 2008 E. 1.2; je mit Hinweisen).
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1.2. Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid (Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG), der sich auf Bundesverwaltungsrecht, namentlich auf das Bundesgesetz vom 7. Oktober 1983 über den Umweltschutz (USG; SR 814.01) und die Lärmschutz-Verordnung vom 15. Dezember 1986 (LSV; SR 814.41) stützt. Der Entscheid betrifft somit eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit im Sinne von Art. 82 lit. a BGG. Der Beschwerdeführer ist als Nachbar durch die möglicherweise mit dem Bauvorhaben einhergehenden Lärmimmissionen direkt betroffen und zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG).
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1.3. Der Sachverhalt geht aus den Akten hinreichend hervor. Auf die Durchführung eines Augenscheins und das Einholen eines Gutachtens kann verzichtet werden.
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Erwägung 2
 
2.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, im Metallbaubetrieb des Beschwerdegegners würden oft Arbeiten im Freien durchgeführt, namentlich auf dem Werkhof, der durch das strittige Vordach überdacht werden solle. Auch fänden Arbeiten im Gebäudeinnern bei geöffneten Türen und Fenstern statt. Diese Arbeiten seien mit Lärm verbunden, der ihn und seine Mieter stark belaste. Wenn das Vordach mit den geplanten Dimensionen erstellt würde, so könnten künftig auch bei schlechtem Wetter Arbeiten im Freien durchgeführt werden. Dies habe angesichts von durchschnittlich ca. 134 Niederschlagstagen pro Jahr wahrnehmbar stärkere Lärmimmissionen zur Folge, was aufgrund der unzureichenden Sachverhaltsabklärungen im bisherigen Verfahren verkannt worden sei. Selbst wenn man davon ausgehe, dass die Lärmzunahme nicht wahrnehmbar sei, müssten zudem aufgrund des Vorsorgeprinzips immissionsbeschränkende Massnahmen getroffen werden. Dies gebiete auch das verfassungsmässige Recht auf körperliche Unversehrtheit.
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2.2. Das Vordach soll das neue Werkstatt-Tor des Metallbaubetriebs an der Ostfassade des Gebäudes auf einer Länge von gut 11.6 m und einer Tiefe von knapp 3.5 m überdecken. Bei dem Vorhaben handelt sich um eine Änderung einer bestehenden ortsfesten Anlage im Sinne von Art. 8 LSV. Ist diese Änderung als wesentlich zu qualifizieren, so müssen die Lärmemissionen der gesamten Anlage mindestens so weit begrenzt werden, dass die Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden (Art. 8 Abs. 2 LSV). Ist sie dagegen als unwesentlich zu qualifizieren, müssen lediglich die Lärmemissionen der neuen oder geänderten Anlageteile so weit begrenzt werden, als dies technisch und betrieblich möglich sowie wirtschaftlich tragbar ist (Art. 8 Abs. 1 LSV und Art. 11 Abs. 2 USG).
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2.3. In baulicher oder funktionaler Hinsicht erscheinen das Anbringen des Vordachs und die Erneuerung der Werkstatt-Tore von untergeordneter Bedeutung für die Gesamtheit des Metallbaubetriebs und lassen sich insofern nicht als wesentliche Änderung bezeichnen. Zu prüfen ist deshalb, wie es sich mit der vom Beschwerdeführer befürchteten Lärmzunahme verhält. Das Verwaltungsgericht hat dazu festgehalten, dass das Vordach mit seiner Breite von 3.5 m etwa einen Fünftel des rund 17 m tiefen Vorplatzes überdecke. In diesem relativ schmalen Bereich würden Arbeiten bei schlechtem Wetter durch das Vordach erleichtert; bei schönem Wetter resultiere dagegen keine Erleichterung der Arbeit im Freien. Zudem werde in diesem Bereich des Vorplatzes der Lärm gegenüber dem Beschwerdeführer auch am Besten abgeschirmt, da er durch die nordöstliche Ecke des Gebäudes, welche die Sichtverbindung zum Haus des Beschwerdeführers weitgehend unterbreche, gedämpft werde. Angesichts der Tatsache, dass zusätzliche Arbeiten nur bei schlechtem Wetter und auf einem schmalen Streifen des Vorplatzes ermöglicht würden, machten diese höchstens einen sehr geringen Teil der bisherigen lärmigen Tätigkeiten aus.
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2.4. Was der Beschwerdeführer gegen die Sachverhaltsfeststellungen des Verwaltungsgerichts vorbringt, ist nicht geeignet, diese als willkürlich erscheinen zu lassen (Art. 97 Abs. 2 BGG). Seinen Vorbringen ist zu entnehmen, dass er sich namentlich an der bereits bestehenden Lärmbelastung durch den Metallbaubetrieb stört. Vorliegend ist indessen die mögliche Zunahme des Lärms zu beurteilen. Diese ist bei vorbestehender Lärmbelastung weniger schnell wahrnehmbar als in einer ruhigen Umgebung (vgl. ROBERT WOLF, in: Kommentar zum Umweltschutzgesetz, 2. Aufl. 2002, N. 7 zu Vorbemerkungen zu Art. 19-25 USG). Die Annahme, die Arbeiten im Freien würden angesichts von jährlich durchschnittlich ca. 134 Niederschlagstagen in Zukunft massiv zunehmen, erscheint wenig plausibel. Es ist schon aus betrieblichen Überlegungen nicht einsichtig, weshalb der Beschwerdegegner bisher im Gebäudeinnern ausgeführte Arbeiten bei schlechtem Wetter neu jeweils immer unter dem Vordach verrichten sollte, auch wenn dies im Einzelfall vorkommen kann. Das Verwaltungsgericht durfte zudem berücksichtigen, dass der regengeschützte Streifen relativ schmal ist und in diesem Bereich des Vorplatzes die Ausbreitung des Lärms durch die Gebäudeecke in Richtung des Hauses des Beschwerdeführers gehemmt wird. Aus diesen Gründen und angesichts der Einschätzung durch die fachkundige Bundesbehörde ist nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht von nicht wahrnehmbar stärkeren Lärmimmissionen ausging.
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2.5. Die Qualifikation der Änderung als nicht wesentlich hat zur Folge, dass eine allenfalls notwendige Sanierung der gesamten Anlage nicht gleichzeitig mit der Änderung erfolgen muss. Vielmehr sind lediglich die Lärmemissionen der neuen bzw. geänderten Anlageteile so weit zu begrenzen, als dies technisch und betrieblich möglich sowie wirtschaftlich tragbar ist (vorsorgliche Emissionsbegrenzung; Art. 11 Abs. 2 USG und Art. 8 Abs. 1 LSV).
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2.6. Die Anordnung, lärmende und stinkende Arbeiten nur in geschlossenen Räumen durchzuführen, geht über den Regelungsgegenstand der hier anwendbaren Bestimmung von Art. 8 Abs. 1 LSV hinaus. Diese bezieht sich nur auf die neuen und geänderten Anlageteile, während Betriebsvorschriften zur Lärmreduktion in Bezug auf den gesamten Betrieb aufgrund von Art. 8 Abs. 2 LSV anzuordnen wären.
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Erwägung 3
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. 
 
2. 
 
3. 
 
4. 
 
Lausanne, 4. April 2014
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Fonjallaz
 
Der Gerichtsschreiber: Dold
 
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