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Informationen zum Dokument  BGer 6B_1119/2013  Materielle Begründung
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BGer 6B_1119/2013 vom 24.03.2014
 
{T 0/2}
 
6B_1119/2013
 
 
Urteil vom 24. März 2014
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Mathys, Präsident,
 
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi,
 
Gerichtsschreiber Briw.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Roger Lerf,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Maulbeerstrasse 10, 3011 Bern,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Fahren in fahrunfähigem Zustand; Willkür,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, Strafabteilung, 2. Strafkammer, vom 5. März 2013.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
 
B.
 
 
C.
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Die Beschwerdeführerin macht geltend, lediglich aufgrund von Aussagen, ohne jeden objektiven Beweis, auf einen fahrunfähigen Zustand - und dann auch noch auf eine qualifizierte Blutalkoholkonzentration - zu schliessen, sei schlicht willkürlich und entbehre jeglicher Grundlage sowie jeglichem Rechtsverständnis (Beschwerde S. 9).
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1.2. Die Vorinstanz hält fest, die Beschwerdeführerin sei nachmittags am 12. April 2011 in angetrunkenem Zustand zu einer AXA-Filiale gefahren und habe später beim Herausmanövrieren aus dem Parkfeld einen Laubenpfosten angefahren und sei am Weiterfahren nur durch die Wegnahme des Autoschlüssels gehindert worden. Alkoholisierungszeichen wie ausgeprägte Enthemmung in hohem Ausmasse bzw. ein "völlig ausgerastetes Verhalten", Aggressivität und Reizbarkeit, Fehleinschätzung der Situation, erhebliche Störungen des Gleichgewichts, lallende Sprache und zuletzt sogar ein Tiefschlaf bzw. nicht ansprechbarer Zustand zu Hause in unbequemster Lage sprächen für eine Blutalkoholkonzentration von erheblich über 0,8 Gewichtspromillen (Urteil S. 20).
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1.3. Der Beweis der Fahruntauglichkeit durch Alkoholeinwirkung kann auch durch "andere Beweismittel" als die Blutprobe (Art. 55 Abs. 4 SVG), namentlich durch Zeugenaussagen, erbracht werden (vgl. BGE 129 IV 290 E. 2.7 S. 295 f.; 127 IV 172 E. 3 und Urteil 6B_954/2008 vom 6. März 2009 E. 3.3; allgemein Urteil 6B_186/2013 vom 26. September 2013 E. 2.6). Zeugenaussagen sind entgegen der Beschwerde gültige Beweismittel gemäss dem 4. Titel der StPO. Als "andere Beweismittel" im Sinne von Art. 55 Abs. 4 SVG lassen sich insbesondere die "massgebenden Umstände" heranziehen, aus denen bei objektiver Betrachtung auf die Erfüllung des Tatbestands der Vereitelung der Blutprobe geschlossen werden kann. Zu diesen massgebenden Umständen gehören der Unfall als solcher (Art, Schwere, Hergang), der Zustand des Fahrzeuglenkers und dessen Verhalten vor, während und nach dem Unfall bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Meldung spätestens hätte erfolgen müssen (BGE 131 IV 36 E. 2.2.1 zu aArt. 91 SVG; PHILIPPE WEISSENBERGER, Kommentar zum Strassenverkehrsgesetz, 2011, N. 11 zu Art. 55 SVG).
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1.3.1. Im Büro einer AXA-Filiale kam es zwischen der Beschwerdeführerin und A.________ zu einer Auseinandersetzung wegen einer Katze. Die Mitarbeiterin B.________ rief die Einsatzzentrale der Polizei an, welche der zuständigen Polizeiwache mitteilte, dass es bei der AXA-Filiale "Probleme mit einer alkoholisierten Kundin" gebe (Urteil S. 8).
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1.3.2. Der Polizist E.________ fand sie seiner Ansicht nach in der Wohnung "sturzbetrunken" vor. D.________ sagte aus, sie sei stark betrunken gewesen, "sie sprach lallend und konnte kaum auf den Beinen stehen". C.________, der sie nach Hause fuhr, bestätigte dies. C.________ und der Polizist E.________ erklärten, Alkoholmundgeruch wahrgenommen zu haben. Dagegen erklärte B.________, welche die Polizei gerufen hatte, neun Monate nach dem Vorfall an der polizeilichen Befragung, "eventuell" sei sie alkoholisiert gewesen. An der Hauptverhandlung sagte sie aus, sie könne nicht sagen, weshalb das Verhalten der Beschwerdeführerin nicht normal gewesen war, aus zwei bis drei Metern Entfernung habe sie im Büro keinen Alkoholgeruch festgestellt. Auch A.________ erklärte, einen Alkoholgeruch habe er "bewusst auf jeden Fall nicht" wahrgenommen. Die Beschwerdeführerin bestritt, alkoholisiert gewesen zu sein, und erklärte, der Polizist F.________, der den Polizeirapport verfasst hatte, halte ihr das seit Jahren vor (Urteil S. 13 und 14).
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1.3.3. In der Beschwerde wird vorgebracht, es sei unglaubwürdig, wenn C.________ und D.________ an der lallenden Sprache und dem unsicheren Stehvermögen eine Betrunkenheit ablesen wollten. Die Entlastungszeugen A.________ und B.________ hätten keinen Alkoholgeruch festgestellt. Das Verhalten lasse sich mit einem Schockzustand erklären. Die Aussagen des Polizisten E.________ über Wahrnehmungen knapp eine Stunde nach dem Vorfall könnten nicht herangezogen werden. Die angebliche Alkoholausdünstung liesse sich mit einem alkoholhaltigen Arzneimittel erklären, oder sie könnte sich aufgrund des Schocks nach dem Unfall ein Gläschen Alkohol zur Beruhigung genehmigt haben. Die Erstinstanz habe korrekterweise ausgeführt, es sei nicht auszuschliessen, dass sie aufgrund der Unfallfolgen stürzte und nicht ansprechbar war.
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1.3.4. Die Vorinstanz stellt fest, die späteren Aussagen von B.________ stünden in Widerspruch zu ihren Angaben vor Ort und zu jenen von C.________, D.________ und dem Polizisten E.________. Die Aussagen von A.________ seien ein Gefälligkeitszeugnis zugunsten der seit Kindheit bekannten Kundin (der Beschwerdeführerin). Der Unfall mit Sachschaden deute im Zusammenhang mit allem anderen typisch auf eine Alkoholisierung hin. Geradezu "klassisch" sei das Herausfallen aus dem Auto und ihr Verhalten, nachdem sie mit oder ohne Mithilfe von C.________ von A.________ auf die Beine gestellt worden sei. Sie sei weiterhin streitsüchtig gewesen, habe alle angeschrien, insbesondere A.________, weil er ihr den Autoschlüssel weggenommen hatte (Urteil S. 17 und 18). Das gesamte Beweismaterial sei ausreichend und eindeutig für den Nachweis der qualifizierten Angetrunkenheit (Urteil S. 20).
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1.4. Willkür (Art. 9 BV) liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid auf einer schlechterdings unhaltbaren oder widersprüchlichen Beweiswürdigung beruht bzw. im Ergebnis offensichtlich unhaltbar ist oder mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht (BGE 134 I 140 E. 5.4 S. 148). Diese Voraussetzungen sind offenkundig nicht gegeben. Weder Willkür noch eine Verletzung des Grundsatzes in dubio pro reo sind ersichtlich. Die Beschwerde ist unbegründet.
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Erwägung 2
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Strafabteilung, 2. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 24. März 2014
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Mathys
 
Der Gerichtsschreiber: Briw
 
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