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Informationen zum Dokument  BGer 6B_880/2013  Materielle Begründung
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BGer 6B_880/2013 vom 27.02.2014
 
{T 0/2}
 
6B_880/2013
 
 
Urteil vom 27. Februar 2014
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Mathys, Präsident,
 
Bundesrichter Denys, Oberholzer,
 
Gerichtsschreiber Moses.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
vertreten durch Advokat Dr. Sven Oppliger,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
1.  Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft, Hauptabteilung Sissach, Hauptstrasse 2, 4450 Sissach,
 
2. Y.________,
 
vertreten durch Advokat Urs Grob,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Einstellung eines Verfahrens (Übertretung eines gerichtlichen Verbots), Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, vom 29. Juli 2013.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
 
B.
 
 
C.
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
Y.________ (Beschwerdegegner 2) soll sein Fahrzeug unberechtigterweise auf dem Besucherparkplatz abgestellt haben. Die Vorinstanz erwägt, dass die Besucherparkplätze zu den gemeinschaftlichen Teilen der Liegenschaft gehören. Die Nutzungs- und Verwaltungsordnung der Stockwerkeigentümergemeinschaft sehe vor, dass der Verwalter in allen Angelegenheiten der gemeinschaftlichen Verwaltung sowohl die Gemeinschaft als auch die Stockwerkeigentümer nach aussen vertrete. Mit einer Übertretung des gerichtlichen Verbots sei nicht der einzelne Stockwerkeigentümer, sondern die Stockwerkeigentümergemeinschaft als Ganzes in ihren Rechten verletzt. Die Anzeige einer Übertretung könne daher einzig durch den Verwalter in Vertretung der Stockwerkeigentümergemeinschaft erfolgen. Der Beschwerdeführer sei mangels Vertretungsbefugnis nicht legitimiert, den Beschwerdegegner 2 wegen Verletzung des gerichtlichen Verbots anzuzeigen. Der Beschwerdeführer wendet ein, jeder Stockwerkeigentümer sei berechtigt, selbst einen Strafantrag zu stellen.
1
 
Erwägung 2
 
 
Erwägung 3
 
Bei den Besucherparkplätzen handelt es sich um einen gemeinschaftlichen Teil, welcher im Miteigentum sämtlicher Stockwerkeigentümer steht. In der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass im Fall von Miteigentum jeder Miteigentümer einzeln berechtigt ist, den Erlass eines gerichtlichen Verbotes im Sinne von Art. 258 ZPO zu beantragen ( DENIS PIOTET, Les questions de droit matériel influant sur la procédure de mise à ban des art. 258 à 260 du Code de procédure civile suisse, spécialement s'agissant de la légitimation et du champ d'application, SZZP 2013, S. 448, 450; LUCA TENCHIO/KRISTINA TENCHIO, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 2013, N. 13 zu Art. 258 ZPO). Nach Art. 641 Abs. 2 ZGB hat der Eigentümer einer Sache das Recht, jede ungerechtfertigte Einwirkung abzuwehren (Eigentumsfreiheitsklage, "actio negatoria"). Zur Klage legitimiert ist auch der Miteigentümer oder der Stockwerkeigentümer, und zwar sowohl gegen einen anderen Miteigentümer als auch gegen einen Dritten. Ob sich die anderen Miteigentümer mit der Störung ausdrücklich einverstanden erklärt haben, spielt keine Rolle (BGE 95 II 397 E. 2b; Arthur Meier-Hayoz, Berner Kommentar, 5. Aufl. 1981, N. 92 zu Art. 641 ZGB; Schmid/Hürlimann-Kaup, Sachenrecht, 4. Aufl. 2012, S. 165; Paul-Henri Steinauer, Les droits réels, Bd. I, 5. Aufl. 2012, S. 441; vgl. auch Amédéo Wermelinger, Zürcher Kommentar, 2. Aufl. 2010, N. 146 zu Art. 712l ZGB). Der zivilrechtlichen Legitimation zur Eigentumsfreiheitsklage entsprechend ist jeder Miteigentümer oder Stockwerkeigentümer berechtigt, selbstständig Strafantrag zu stellen (Christof Riedo, Der Strafantrag, 2004, S. 364 f.). Der Beschwerdeführer war somit berechtigt, in eigenem Namen einen Strafantrag zu stellen. Er musste sich dabei auch nicht durch den Verwalter vertreten lassen. Ziff. 7.13 Abs. 1 der Nutzungs- und Verwaltungsordnung entspricht Art. 712t Abs. 1 ZGB, welcher dem Verwalter keine Individualvertretungsmacht für einzelne Stockwerkeigentümer einräumt (Wermelinger, a.a.O., N. 19 zu Art. 712t ZGB).
2
 
Erwägung 4
 
 
Erwägung 5
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 29. Juli 2013 wird aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
 
2. Dem Beschwerdegegner 2 werden Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- auferlegt.
 
3. Der Kanton Basel-Landschaft und der Beschwerdegegner 2 haben dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von je Fr. 1'500.-- zu bezahlen.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 27. Februar 2014
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Mathys
 
Der Gerichtsschreiber: Moses
 
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