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Informationen zum Dokument  BGer 6B_631/2013  Materielle Begründung
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BGer 6B_631/2013 vom 16.01.2014
 
{T 0/2}
 
6B_631/2013
 
 
Urteil vom 16. Januar 2014
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Mathys, Präsident,
 
Bundesrichter Schneider, Oberholzer,
 
Gerichtsschreiber Moses.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Sascha Daniel Patak,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
1.  Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
 
2. Y.________,
 
Beschwerdegegnerinnen.
 
Gegenstand
 
Nichtanhandnahmeverfügung (einfache Körperverletzung, Urkundenfälschung, Betrug ),
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 17. Juni 2013.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
 
B.
 
 
C.
 
 
D.
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und des Bundesstrafgerichts (Art. 80 Abs. 1 BGG). Anfechtungsobjekt ist einzig der Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich vom 17. Juni 2013. Soweit die Beschwerdeführerin die Aufhebung der staatsanwaltlichen Nichtanhandnahmeverfügung verlangt, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.
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1.2. Zur Beschwerde in Strafsachen ist nach Art. 81 Abs. 1 BGG berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten (lit. a) und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (lit. b). Nach Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG wird der Privatklägerschaft ein rechtlich geschütztes Interesse zuerkannt, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann. Dies setzt grundsätzlich voraus, dass die Privatklägerin bereits adhäsionsweise Zivilforderungen geltend gemacht hat. Bei Nichtanhandnahme oder Einstellung der Strafuntersuchung wird auf dieses Erfordernis verzichtet. In diesen Fällen muss im Verfahren vor Bundesgericht aber dargelegt werden, aus welchen Gründen sich der angefochtene Entscheid inwiefern auf welche Zivilforderungen auswirken kann, sofern dies (etwa aufgrund der Natur der untersuchten Straftat) nicht ohne Weiteres aus den Akten ersichtlich ist (BGE 137 IV 246 E. 1.3.1; 137 IV 219 E. 2.4; je mit Hinweisen). Hinsichtlich allfälliger Zivilansprüche äussert sich die Beschwerdeführerin lediglich in der Strafanzeige vom 23. Mai 2011
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Erwägung 2
 
2.1. Die Vorinstanz erwägt, dass die Staatsanwaltschaft zu Recht keine Untersuchung wegen schwerer Körperverletzung eröffnet habe. Hinsichtlich des Tatbestandes der einfachen Körperverletzung habe die Beschwerdeführerin bereits im Frühling 2011 genügend konkrete Kenntnis über das Abschleifen und die Veränderung der Zähne gehabt, um einen entsprechenden Strafantrag zu stellen. Bereits in einem Schreiben an die Beschwerdegegnerin 2 vom 11. März 2011 habe die Beschwerdeführerin erwähnt, dass sie stark unter der Veränderung der Zähne leide, wobei auch von möglichen "bleibenden Schäden" die Rede gewesen sei. Auch in einer anderen, am 12. Mai 2011 gegen die Beschwerdegegnerin 2 gerichteten Strafanzeige wegen Verletzung des Berufsgeheimnisses habe die Beschwerdeführerin geltend gemacht, dass die Behandlung nicht 
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2.2. Die Beschwerdeführerin rügt, sie habe erstmals aufgrund der im März 2012 erstellten Röntgenbilder erkennen können, dass Kronen anstelle von Veneers aufgesetzt worden seien. Damit sei an ihr eine komplett andere, viel invasivere Operation ausgeführt worden als vereinbart. Der alleinige Umstand, dass die Behandlung aus ihrer Wahrnehmung ästhetisch unbefriedigend gewesen sei und sie unter Schmerzen gelitten habe, begründe noch keine Kenntnis der Straftat. Die dreimonatige Antragsfrist habe daher nach Erstellung und Erläuterung der Röntgenbilder zu laufen begonnen, so dass die Strafanzeige am 23. Mai 2012 rechtzeitig erfolgt sei.
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2.3. Gemäss Art. 31 StGB erlischt das Antragsrecht nach Ablauf von drei Monaten. Die Frist beginnt mit dem Tag, an welchem der antragsberechtigten Person der Täter bekannt wird, was auch die Kenntnis der Straftat voraussetzt. Solange aufgrund der Sachlage unklar ist, ob überhaupt ein Delikt begangen wurde, kann die Frist nicht zu laufen beginnen. Die Antragsfrist beginnt mithin erst, wenn der berechtigten Person die objektiven und subjektiven Tatbestandselemente bekannt sind. Die Antragsfrist kann erst beginnen, wenn die berechtigte Person diese Umstände kennt. "Bekannt" im Sinne von Art. 31 StGB sind Tat und Täter nicht schon, wenn die antragsberechtigte Person gegen jemanden einen Verdacht hegt. Erforderlich ist vielmehr eine sichere, zuverlässige Kenntnis, die ein Vorgehen gegen den Täter als aussichtsreich erscheinen lässt und die antragsberechtigte Person gleichzeitig davor schützt, wegen falscher Anschuldigung oder übler Nachrede belangt zu werden (Urteile des Bundesgerichts 6P.13/2007 vom 20. April 2007 E. 5.1; 6B_210/2008 vom 5. August 2008 E. 1.1; 6B_396/2008 vom 25. August 2008 E. 3.3.3; je mit Hinweisen). Was die betroffene Person wusste, ist eine Tatfrage (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3; Urteil des Bundesgerichts 6B_100/2013 vom 17. Juni 2013 E. 1.2; je mit Hinweisen). Ob ihre Kenntnis ausreichend ist, um einen Strafantrag stellen zu können, ist hingegen eine Rechtsfrage.
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2.3.1. Die Beschwerdeführerin beklagte sich im Frühling 2011 über die "Veränderung der Zähne" und mögliche "bleibende Schäden". Ebenfalls erwähnte sie, dass die Behandlung nicht 
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2.3.2. Bereits im Verfahren vor der Staatsanwaltschaft reichte die Beschwerdeführerin zwei Kostenvoranschläge (vom 20. September und 1. November 2010) und eine Rechnung (vom 14. Dezember 2010) ein. Offeriert wurden die "Rekonstruktion des Oberkiefers mittels 2 Kronen und 12 Veneers" sowie "2 zusätzliche Veneers im Unterkiefer Zahn 42, 32". Fakturiert wurden acht "Veneer indirekt", fünf "VMK mit Porzellanstufe oder Vollkeramik" und fünfzehn "prov. Kunststoffkronen direkt". Insgesamt wurden somit acht Veneers und zwanzig Kronen in Rechnung gestellt. Dem stehen die vierzehn Veneers und zwei Kronen der eingereichten Offerten gegenüber. Daraus ergibt sich, dass insgesamt achtzehn Kronen mehr und sechs Veneers weniger als ursprünglich offeriert in Rechnung gestellt wurden. Zur Frage, wann die Beschwerdeführerin von der Rechnung vom 14. Dezember 2010 Kenntnis erhielt, hat die Vorinstanz keine Feststellung getroffen. Ebenfalls hat sie sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob aufgrund dieser Rechnung die Beschwerdeführerin eine ausreichende Kenntnis über die behauptete Tat erlangt hat, um einen Strafantrag stellen zu können. In diesem Punkt genügt der angefochtene Entscheid den Anforderungen von Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG nicht. Die Sache ist zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Erwägung 3
 
 
Erwägung 4
 
Der Beschwerdeführerin sind reduzierte Kosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Kanton Zürich hat der Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren eine angemessene Entschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 2 BGG). Der Beschwerdegegnerin 2 ist keine Entschädigung zuzusprechen, da ihr im bundesgerichtlichen Verfahren keine Umtriebe entstanden sind.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der angefochtene Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich vom 17. Juni 2013 wird in Bezug auf den Tatbestand der einfachen Körperverletzung aufgehoben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Der Beschwerdeführerin werden Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- auferlegt.
 
3. Der Kanton Zürich hat der Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- zu bezahlen.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 16. Januar 2014
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Mathys
 
Der Gerichtsschreiber: Moses
 
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