VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 5A_533/2012  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 5A_533/2012 vom 05.12.2012
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
5A_533/2012
 
Urteil vom 5. Dezember 2012
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,
 
Bundesrichter Marazzi, Herrmann,
 
Gerichtsschreiber Bettler.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________ AG,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Y.________,
 
vertreten durch Fürsprecher Marcel Aebi,
 
Beschwerdegegner,
 
Betreibungsamt Z.________.
 
Gegenstand
 
Konkursandrohung,
 
Beschwerde gegen die Präsidialverfügung des Obergerichts des Kantons Zug, II. Beschwerdeabteilung, als Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, vom 21. Juni 2012.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
In der von Y.________ als Gläubiger gegen die X.________ AG als Schuldnerin eingeleiteten Betreibung Nr. xxxx des Betreibungsamts Z.________ erliess das Betreibungsamt am 19. April 2012 die Konkursandrohung. Gemäss Handelsregister hat die X.________ AG ihren Sitz in Z.________ und ist als ihre Adresse "c/o A.________" angegeben. Die Konkursandrohung wurde der X.________ AG am 23. April 2012 an ihrer im Handelsregister eingetragenen (Domizil-) Adresse zugestellt.
 
Am 18. Mai 2012 stellte Y.________ beim Kantonsgericht Zug das Konkursbegehren.
 
B.
 
Am 4. Juni 2012 erhob die X.________ AG Beschwerde an das Obergericht des Kantons Zug als Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs. Sie beantragte, es sei festzustellen, dass ihr die Konkursandrohung nicht rechtsgültig zugestellt worden sei und es sei ihr die Frist "gemäss Art. 161 Ziff. 4" wiederherzustellen. Sodann sei das Kantonsgericht anzuweisen, die auf den 12. Juni 2012 angesetzte Konkursverhandlung mangels rechtsgültiger Zustellung der Konkursandrohung abzusagen. Zudem beantragte sie, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
 
Das Obergericht wies das Gesuch um aufschiebende Wirkung ab. Sodann trat es mit Präsidialverfügung vom 21. Juni 2012 auf die Beschwerde wegen verspäteter Erhebung nicht ein.
 
C.
 
C.a Dem Bundesgericht beantragt die X.________ AG (nachfolgend Beschwerdeführerin) in ihrer Beschwerde vom 12. Juli 2012, es sei die Verfügung des Obergerichts vom 21. Juni 2012 aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an das Obergericht zurückzuweisen.
 
Zudem ersucht sie um aufschiebende Wirkung. Das Betreibungsamt hat sich dazu nicht vernehmen lassen. Das Obergericht hat sich dem Gesuch nicht widersetzt (Schreiben vom 18. Juli 2012). Y.________ (nachfolgend Beschwerdegegner) hat beantragt, das Gesuch abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei (Vernehmlassung vom 2. August 2012). Das präsidierende Mitglied der II. zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts hat der Beschwerde mit Verfügung vom 3. September 2012 die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
 
Das Bundesgericht hat die Vorakten, in der Sache hingegen keine Vernehmlassungen eingeholt.
 
C.b Am 12. Juni 2012 eröffnete das Kantonsgericht über die Beschwerdeführerin den Konkurs. Die von der Beschwerdeführerin dagegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht mit Urteil vom 4. Juli 2012 ab. Dagegen hat die Beschwerdeführerin ebenfalls Beschwerde an das Bundesgericht erhoben (Verfahren 5A_805/2012).
 
Erwägungen:
 
1.
 
1.1 Entscheide der kantonalen Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen über Verfügungen eines Vollstreckungsorgans - wie hier die Konkursandrohung - sind Endentscheide und unterliegen unabhängig von einer gesetzlichen Streitwertgrenze der Beschwerde in Zivilsachen (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. c, Art. 75 und Art. 90 BGG; Urteil 5A_814/2008 vom 12. März 2009 E. 1.1, nicht publ. in: BGE 135 III 374). Die im Übrigen fristgerecht (Art. 100 Abs. 2 lit. a BGG) eingereichte Beschwerde in Zivilsachen ist somit grundsätzlich zulässig.
 
1.2
 
1.2.1 Die Beschwerde ist zu begründen (Art. 42 Abs. 2 BGG). Es ist in gedrängter Form durch Auseinandersetzung mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, welche Vorschriften und warum sie von der Vorinstanz verletzt worden sein sollen. Allgemein gehaltene Einwände, die ohne aufgezeigten oder erkennbaren Zusammenhang mit bestimmten Entscheidungsgründen vorgebracht werden, genügen nicht, da das Bundesgericht nicht gehalten ist, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen (BGE 137 III 580 E. 1.3 S. 584; 134 V 53 E. 3.3 S. 60).
 
1.2.2 Die Verletzung von Grundrechten prüft das Bundesgericht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und gehörig begründet wird (Art. 106 Abs. 2 BGG). Die Beschwerdeführerin muss präzise angeben, welches verfassungsmässige Recht verletzt wurde und substanziiert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darlegen, worin die Verletzung besteht. Das Bundesgericht prüft nur ausdrücklich vorgebrachte, klar und detailliert erhobene sowie, soweit möglich, belegte Rügen (BGE 137 II 305 E. 3.3 S. 310 f.; 134 II 244 E. 2.2 S. 246).
 
1.2.3 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen vor Bundesgericht nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).
 
Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig und damit willkürlich ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 137 III 226 E. 4.2 S. 234). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat die Beschwerdeführerin genau darzulegen. Auf rein appellatorische Kritik an der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 137 II 353 E. 5.1 S. 356).
 
2.
 
Das Obergericht hat im angefochtenen Entscheid festgestellt, die Konkursandrohung sei am 23. April 2012 dem "Domizilhalter" der Beschwerdeführerin, A.________, zugestellt worden.
 
Es hat sodann erwogen, die Zustellung von Betreibungsurkunden an den Domizilhalter einer Gesellschaft, die am Ort ihres statutarischen Sitzes kein Geschäftsbüro habe, sei rechtmässig. Demnach sei vorliegend die Zustellung der Konkursandrohung an die Beschwerdeführerin am 23. April 2012 ordnungsgemäss erfolgt. Die auf Wunsch und eigene Gefahr der Beschwerdeführerin getroffene Vereinbarung mit dem Betreibungsamt, wonach allfällige Zustellungen an sie vorgängig dem einzigen Verwaltungsrat telefonisch zu "avisieren" seien, vermöge an der Rechtsgültigkeit der Zustellung an den Domizilhalter nichts zu ändern.
 
Bei diesem Ergebnis sei die am 4. Juni 2012 eingereichte Beschwerde gegen die Konkursandrohung verspätet erfolgt und darauf nicht einzutreten.
 
3.
 
3.1
 
3.1.1 Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV) und ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV), da das Obergericht einen Nichteintretensentscheid gefällt habe, ohne die Sache richtig zu prüfen, weshalb es an einer sachbezogenen Begründung fehle. Das Obergericht habe es auch unterlassen, ihr Gesuch um Wiederherstellung der Beschwerdefrist zu behandeln und zu begründen.
 
3.1.2 Das rechtliche Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV verlangt, dass die Behörde die Vorbringen der vom Entscheid in ihrer Rechtsstellung Betroffenen auch tatsächlich hört, prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt. Daraus folgt die Verpflichtung der Behörde, ihren Entscheid zu begründen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass sie sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich die Betroffene über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (BGE 138 I 232 E. 5.1 S. 237; 136 I 229 E. 5.2 S. 236). Ob die Begründung zutrifft, ist nicht eine Frage der formellen Begründungspflicht (Urteil 1B_56/2007 vom 15. Mai 2007 E. 2).
 
3.1.3 Inwiefern der angefochtene Nichteintretensentscheid ungenügend begründet sein sollte, ist nicht ersichtlich. Die Begründung ist zwar knapp ausgefallen, jedoch ergibt sich daraus mit genügender Klarheit, weshalb das Obergericht nicht auf die Beschwerde eingetreten ist. Das Obergericht hat sowohl die rechtmässige Zustellung an den Domizilhalter als auch den von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Einwand einer Vereinbarung mit dem Betreibungsamt behandelt.
 
Das Obergericht ist auf die Beschwerde nicht eingetreten und hat damit sinngemäss auch das Gesuch um Wiederherstellung der Beschwerdefrist abgewiesen. Wie aus der Urteilsbegründung (vgl. dazu BGE 136 III 345 E. 2.1 S. 348) klar hervorgeht, hat es den von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Wiederherstellungsgrund als nicht einschlägig erachtet.
 
Die Rüge der Verletzung von Art. 29 Abs. 2 BV erweist sich demnach als unbegründet. Inwiefern in diesem Zusammenhang der von der Beschwerdeführerin ebenfalls erhobenen Willkürrüge selbstständige Bedeutung zukommen soll, ist nicht ersichtlich.
 
3.2
 
3.2.1 Die Beschwerdeführerin legt sodann dar, sie habe bereits in ihrer Beschwerdeschrift an das Obergericht dargelegt, erst am 25. Mai 2012 völlig überraschend von der Vorladung zur Konkursverhandlung vom 12. Juni 2012 Kenntnis erlangt zu haben. Diese Vorladung sei ihrem Domizilhalter am 24. Mai 2012 zugestellt worden. Stelle man damit auf diese Zustellung ab, sei die Beschwerde vom 4. Juni 2012 rechtzeitig erfolgt.
 
Wenn das Obergericht sodann zum Schluss komme, die Zustellung der Konkursandrohung sei am 23. April 2012 durch Übergabe an den Domizilhalter rechtmässig erfolgt, sei dies unzutreffend. Zwar habe sie zu einem früheren Zeitpunkt eine Zustelladresse (Domizilhalter) bestimmt. Jedoch habe sie in der Folge das Betreibungsamt angewiesen, alle Zustellungen direkt an die private Adresse ihres einzigen Verwaltungsrats zu richten. Deshalb habe die Zustellung von Betreibungsurkunden einzig noch an ihren Verwaltungsrat erfolgen können und sei die Zustelladresse gemäss Handelsregistereintrag hinfällig geworden.
 
3.2.2 Soweit die Beschwerdeführerin den Sachverhalt aus ihrer eigenen Sicht darstellt (und sich dabei teilweise auf neue Tatsachen stützt; vgl. Art. 99 Abs. 1 BGG), unterlässt sie es, die obergerichtlichen Feststellungen rechtsgenüglich zu rügen (Art. 97 Abs. 1 BGG; vgl. E. 1.2.3 oben). Mit der massgeblichen Erwägung des Obergerichts, die Konkursandrohung sei dem Domizilhalter der Beschwerdeführerin am 23. April 2012 zugestellt worden sei, setzt sie sich im Übrigen nicht auseinander (Art. 42 Abs. 2 BGG; vgl. E. 1.2.1 oben).
 
Darauf ist nicht einzutreten.
 
4.
 
Aus den dargelegten Gründen muss die Beschwerde abgewiesen werden, soweit darauf einzutreten ist. Die Beschwerdeführerin wird kostenpflichtig, nicht hingegen entschädigungspflichtig, da das Bundesgericht in der Sache keine Vernehmlassungen eingeholt hat und der Beschwerdegegner im Verfahren um aufschiebende Wirkung unterlegen ist (Art. 66 und 68 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Obergericht des Kantons Zug, II. Beschwerdeabteilung, als Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 5. Dezember 2012
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Das präsidierende Mitglied: Escher
 
Der Gerichtsschreiber: Bettler
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).