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Informationen zum Dokument  BGer 5A_640/2012  Materielle Begründung
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BGer 5A_640/2012 vom 13.11.2012
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
5A_640/2012
 
Urteil vom 13. November 2012
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
 
Bundesrichter L. Meyer, Herrmann,
 
Gerichtsschreiber von Roten.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Beat Sigel,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
1. Y.________,
 
2. Z.________,
 
beide vertreten durch Rechtsanwalt Daniel Christe,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Stockwerkeigentum,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 14. August 2012.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
A.a Die Liegenschaft Nr. 5776 in L.________ wurde mit öffentlicher Urkunde vom 2. März 1993 in Stockwerkeigentum aufgeteilt und anschliessend mit sechs Häusern überbaut (Überbauung und Stockwerkeigentümergemeinschaft "T.________"). Sämtliche Stockwerkeinheiten sind - mit Ausnahme der in Miteigentum aufgeteilten Unterniveaugarage (Nr. 37) - im Begründungsakt als Wohnungen bezeichnet. Für die Benützung der im Sonderrecht stehenden sowie der gemeinschaftlichen Teile und Einrichtungen der Liegenschaft sollte das im Grundregister anzumerkende Reglement gelten.
 
A.b Mit öffentlicher Urkunde vom 28. Mai 1998 wurde der Begründungsakt geändert und "bezüglich dem Wohnhaus W.________strasse eine Nutzungsänderung (teilweise Gewerbenutzung)" vorgesehen. Die Änderung erfolgte als Anpassung an die mehrheitlich gewerbliche Nutzung des Hauses Nr. 5 an der W.________strasse. Die Umschreibung der Stockwerkeinheiten lautete neu wie folgt:
 
- 5.1 Büroräume im Erdgeschoss [...]
 
- 5.2 Büroräume im Obergeschoss [...]
 
- 5.3 6 1/2 - Zimmerwohnung im 1. und 2. Dachgeschoss [...]
 
Die Änderung des Begründungsaktes und ein neues Reglement vom Juni 1997 wurden zum Vollzug bzw. zur Anmerkung im Grundregister angemeldet.
 
A.c Im Beiblatt 0.2, Bestandteil des Reglementes für die Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer vom Juni 1997, werden die Stockwerkeinheiten im Haus Nr. 5 Folgendermassen beschrieben:
 
- 5.1 6 Büroräume, Sekretariat/Empfang und WC-Anlage [...]
 
- 5.2 4 Büroräume, Sitzungszimmer, Teeküche und zwei WC-Anlagen [...]
 
- 5.3 6 1/2 - Zimmerwohnung [...]
 
Gemäss Vermerk am Schluss des Beiblatts 0.2 sind massgebend für die Beschreibung des Sonderrechtes nicht die vorstehenden Angaben, sondern die Feststellungen in der öffentlichen Urkunde über die Begründung des Stockwerkeigentums. Das Reglement sieht vor, dass der Stockwerkeigentümer in der Benutzung seiner Stockwerkeinheit im Rahmen der Zweckbestimmung frei und nur durch die Nutzung und die Interessen aller anderen Stockwerkeigentümer beschränkt ist (Art. 7), dass dem Stockwerkeigentümer jede Benutzung seiner Stockwerkeinheit untersagt ist, durch die namentlich andere Bewohner im Wohnen beeinträchtigt werden (Art. 9), und dass die Stockwerke nur zu dem im Begründungsakt und in diesem Reglement umschriebenen Zweck verwendet werden dürfen, wobei stille Gewerbe wie Büros, Ateliers und Praxen auch in den Wohnungen erlaubt sind (Art. 10). Zur Beschlussfassung schreibt das Reglement vor, dass über Erlass und Änderung des Reglementes die Versammlung mit der Mehrheit aller Stockwerkeigentümer beschliesst, die zugleich mehr als die Hälfte der Wertquoten besitzen (Art. 33), und dass Beschlüsse über die Abänderung des Reglementes, soweit sich dieses auf die Zweckbestimmung der Stockwerkeinheiten bezieht, der Zustimmung aller Stockwerkeigentümer bedürfen (Art. 34).
 
A.d X.________ (Beschwerdeführerin) ist seit Mai 2008 Eigentümerin der Stockwerkeinheit 5.3 und bewohnt die Attika gemeinsam mit ihrem Ehemann. Y.________ und Z.________ (Beschwerdegegner) erwarben im Oktober 2009 die Stockwerkeinheit 5.2 zu hälftigem Miteigentum.
 
A.e Am 20. November 2009 stellten die Beschwerdegegner ein Baugesuch um Nutzungsänderung von Büroräumen zu Wohnräumen. Die Baubewilligung wurde ihnen unter Vorbehalt privatrechtlicher Bestimmungen über die Nutzung des Stockwerkeigentums am 3. Februar 2010 erteilt. Die Stockwerkeigentümergemeinschaft "T.________" lehnte an ihrer Versammlung vom 10. Februar 2010 den Antrag der Beschwerdegegner auf Umnutzung ihrer Stockwerkeinheit mit 16 zu 9 Stimmen ab. Ungeachtet dessen bauten die Beschwerdegegner ihre Stockwerkeinheit im Inneren um und nutzen sie seither als Wohnung und als Büro für die G.________ GmbH.
 
B.
 
Am 10. Dezember 2010 erhob die Beschwerdeführerin gegen die Beschwerdegegner eine Klage mit dem Begehren, den Beschwerdegegnern zu verbieten, ihre Stockwerkeinheit 5.2 als Wohnung zu benützen, unter Androhung von Ordnungsbusse oder Bestrafung wegen Ungehorsams gemäss Art. 292 StGB sowie unter Androhung der Schliessung der Räumlichkeiten. Die Beschwerdegegner beantragten, die Klage abzuweisen. Das Bezirksgericht B.________ und auf Berufung der Beschwerdeführerin hin das Obergericht des Kantons Zürich wiesen das Klagebegehren ab (Urteile vom 11. Januar 2012 und vom 14. August 2012).
 
C.
 
Mit Eingabe vom 5. September 2012 erneuert die Beschwerdeführerin vor Bundesgericht ihr Klagebegehren. Es sind die kantonalen Akten, hingegen keine Vernehmlassungen eingeholt worden.
 
Erwägungen:
 
1.
 
Ihr Verbotsbegehren hat die Beschwerdeführerin damit begründet, dass die Nutzung der Stockwerkeinheit 5.2 als Wohnung eine Änderung des Reglementes bedeute, die mangels Zustimmung der Stockwerkeigentümer unzulässig sei (Art. 712g Abs. 3 ZGB), und dass die geänderte Nutzung übermässige Immissionen verursache (Art. 641 Abs. 2, Art. 679 i.V.m. Art. 684 und Art. 928 ZGB). Die obergerichtliche Abweisung des Verbotsbegehrens betrifft eine Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 BGG) in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit, deren Streitwert gemäss den Feststellungen im angefochtenen Urteil (E. III/1 S. 19) Fr. 50'000.-- beträgt und damit den gesetzlichen Mindestbetrag übersteigt (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Sie ist kantonal letztinstanzlich (Art. 75 BGG), lautet zum Nachteil der Beschwerdeführerin (Art. 76 Abs. 1 BGG) und schliesst das kantonale Verfahren ab (Art. 90 BGG). Auf die - im Weiteren fristgerecht (Art. 100 Abs. 1 BGG) erhobene - Beschwerde kann grundsätzlich eingetreten werden.
 
2.
 
Ihre Klage hat die Beschwerdeführerin auf ihr Eigentumsrecht (Art. 641 Abs. 2 und Art. 679 i.V.m. Art. 684 ZGB) und auf ihren Besitz (Art. 928 ZGB) gestützt. Die zivilrechtlichen Abwehransprüche bestehen auch im Verhältnis unter den Stockwerkeigentümern (vgl. BGE 132 III 9 E. 3.6 S. 14 f.). Sie setzen (kumulativ) voraus, dass ein Stockwerkeigentümer sein Eigentum, namentlich sein Sonderrecht, überschreitet und dass sein widerrechtliches Verhalten das Eigentum oder den Besitz, namentlich das Sonderrecht, eines anderen Stockwerkeigentümers stört (vgl. WERMELINGER, Zürcher Kommentar, 2010, N. 196, N. 198 und N. 226 zu Art. 712a ZGB, mit Hinweisen). Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Beeinträchtigung ihres Sonderrechts durch das Verhalten der Beschwerdegegner, namentlich durch die Wohnnutzung ihrer Stockwerkeinheit hat das Obergericht verneint und festgehalten, die Beschwerdeführerin habe konkrete Lärmimmissionen und deren Intensität selbst berufungsweise nicht dargetan (E. II/5 S. 17 ff. des angefochtenen Urteils). Darauf kommt die Beschwerdeführerin vor Bundesgericht ausdrücklich nicht mehr zurück (S. 10 Ziff. 10.3 der Beschwerdeschrift). Bleibt es dabei, dass das Sonderrecht der Beschwerdeführerin nicht beeinträchtigt wird, besteht im Zusammenhang mit den zivilrechtlichen Abwehransprüchen aus Eigentum und Besitz kein schutzwürdiges Interesse an der Beurteilung der Frage, ob die Wohnnutzung der Beschwerdegegner ungerechtfertigt ist (Art. 641 Abs. 2 ZGB), eine Überschreitung des Eigentumsrechts bedeutet (Art. 679 ZGB) oder auf verbotener Eigenmacht beruht (Art. 928 ZGB), d.h. ob die Wohnnutzung der Beschwerdegegner widerrechtlich und hier reglementswidrig ist (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG; vgl. BGE 135 III 513 E. 7.2 S. 525; 137 III 153 E. 5 S. 158).
 
3.
 
Ihr Verbotsbegehren hat die Beschwerdeführerin weiter auf Art. 648 Abs. 2 ZGB gestützt, wonach es zur Veränderung der Zweckbestimmung der Sache der Übereinstimmung aller Miteigentümer bedarf, soweit diese nicht einstimmig eine andere Ordnung vereinbaren. Gegen die Veränderung der Zweckbestimmung der gemeinschaftlichen Sache kann sich jeder Stockwerkeigentümer wenden (vgl. BGE 111 II 330 E. 2 S. 333 f.). Das Obergericht ist davon ausgegangen, das Haus Nr. 5 weise den Charakter eines Wohn- und Geschäftshauses oder eines Wohnhauses mit teilweiser Gewerbenutzung auf und ändere deshalb seine Zweckbestimmung nicht dadurch, dass die Beschwerdegegner ihre Stockwerkeinheit 5.2 bewohnten und als Büro nutzten (E. II/3.10 S. 13 f. des angefochtenen Urteils). Auf die Frage nach einer eventuellen Auswirkung der Nutzungsänderung der einen Stockwerkeinheit auf den Charakter der ganzen Liegenschaft und damit auf die Frage nach der Anwendbarkeit von Art. 648 Abs. 2 ZGB geht die Beschwerdeführerin vor Bundesgericht nicht mehr ein (S. 10 Ziff. 10.2). Sie rügt in ihrer Beschwerde einzig, die reglementarischen Bestimmungen über den Zweck der Stockwerkeinheit 5.2 würden durch die Wohnnutzung der Beschwerdegegner verletzt (S. 10 Ziff. 10.1 der Beschwerdeschrift). Die im kantonalen Verfahren offenbar noch streitige Änderung der Zweckbestimmung der gemeinschaftlichen Sache ist deshalb nicht mehr zu erörtern (vgl. Art. 106 Abs. 1 BGG; BGE 135 III 397 E. 1.4 S. 400; 137 III 580 E. 1.3 S. 584). Ob sich eine darauf gestützte Klage gegen einen einzelnen Stockwerkeigentümer richten kann oder gegenüber allen anderen Stockwerkeigentümern oder gegenüber der Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer erhoben werden muss, kann ebenfalls dahingestellt bleiben (vgl. BGE 111 II 330 E. 2 S. 333 f., wo alle Stockwerkeigentümer am Prozess beteiligt waren).
 
4.
 
Da die Beschwerdeführerin weder eine Störung ihres Eigentums oder Besitzes noch eine Änderung der Zweckbestimmung mit Bezug auf die gemeinschaftliche Sache geltend macht, beschränkt sich ihre Klage auf die Einhaltung des Reglementes. Allein darauf stützt die Beschwerdeführerin heute ihr vor Bundesgericht erneuertes Klagebegehren. Sie macht geltend, das Reglement enthalte eine unmissverständliche Zweckbestimmung für die einzelnen Stockwerkeinheiten des Hauses Nr. 5, die die Beschwerdegegner mit der Nutzung ihrer Stockwerkeinheit 5.2 zu Wohnzwecken missachteten (S. 5 ff. Ziff. 9 der Beschwerdeschrift).
 
4.1 Nicht mehr streitig war in BGE 111 II 330 die im kantonalen Verfahren noch erörterte Frage, ob nur die Stockwerkeigentümergemeinschaft als solche eine Verletzung des die Verwaltung und Benutzung ordnenden Reglementes rügen könne oder ob diese Befugnis auch einzelnen Stockwerkeigentümern zustehe. Auf diese Frage von Amtes wegen zurückzukommen, sah das Bundesgericht schon deshalb keinen Anlass, weil alle Stockwerkeigentümer am Rechtsstreit beteiligt waren (BGE 111 II 330 E. 2 S. 333; vgl. zur Prozessfähigkeit der Stockwerkeigentümergemeinschaft als Klägerin zur Durchsetzung von reglementarischen Bestimmungen, z.B. betreffend die Zweckbestimmung: WERMELINGER, a.a.O., N. 142 ? zu Art. 712l ZGB, mit Hinweis). Anders verhält es sich im vorliegenden Fall, wo ein Stockwerkeigentümer gegen einen anderen Stockwerkeigentümer auf Einhaltung des Reglementes klagt, ohne dass alle weiteren Stockwerkeigentümer am Prozess beteiligt sind.
 
4.2 Gemäss Art. 712s Abs. 3 ZGB wacht der Verwalter auch darüber, dass in der Ausübung der Sonderrechte die Vorschriften des Gesetzes, des Reglementes und der Hausordnung befolgt werden. Er hat dafür zu sorgen, dass sich der Stockwerkeigentümer bei der Ausübung seines Sonderrechts an die Schranken der Rechts- und Gemeinschaftsordnung (z.B. an das Verbot der Benutzung einer Wohnung als Massagesalon) hält. Nötigenfalls kann er zu diesem Zweck das Gericht anrufen (vgl. WERMELINGER, a.a.O., N. 39 und N. 46 zu Art. 712s ZGB; STEINAUER, Les droits réels, I, 5. Aufl. 2012, N. 1340 S. 472). Soll der Verwalter nicht gleich abberufen werden, kann der Stockwerkeigentümer gegenüber gesetzes- oder reglementswidrigen Verfügungen an die Stockwerkeigentümerversammlung gelangen, deren Entscheid wiederum, sollte er ein pflichtwidriges Verhalten des Verwalters decken, gerichtlich angefochten werden kann (vgl. SIMONIUS/ SUTTER, Schweizerisches Immobiliarsachenrecht, I, 1995, § 15 Rz. 82-84 S. 550).
 
4.3 Das Reglement der Stockwerkeigentümergemeinschaft "T.________" (act. 4/3) kennt eine übereinstimmende Lösung. Es zählt zu den Aufgaben des Verwalters auch die Überwachung der Ausübung der Sonderrechte (Art. 36 f.) und sieht vor, dass gegen Verfügungen des Verwalters an die Versammlung der Stockwerkeigentümer Einsprache erhoben werden kann, über die die Versammlung endgültig entscheidet (Art. 39). Beschlüsse der Versammlung der Stockwerkeigentümer, die das Gesetz, den Begründungsakt oder das Reglement verletzen, können von jedem Stockwerkeigentümer innert Monatsfrist, nachdem er von ihnen Kenntnis erhalten hat, beim Richter angefochten werden (Art. 35 des Reglementes). Aufgrund der Akten kann ergänzt werden (Art. 105 Abs. 2 BGG), dass die Verwalterin der Stockwerkeigentümergemeinschaft "T.________" nicht untätig geblieben ist, aber ohne Erfolg versucht hat, den Beschluss der Stockwerkeigentümergemeinschaft vom 10. Februar 2010 (Bst. A.e) gerichtlich durchzusetzen und den Umbau der Stockwerkeinheit 5.2 zu Wohnzwecken gerichtlich zu verhindern. Ein Massnahmen- und ein Befehlsverfahren auf Erlass eines Verbots der Umbauarbeiten und der Nutzung der Stockwerkeinheit als Wohnraum scheiterten (act. 4/11 und 4/12, Verfügungen vom 21. April 2010 und vom 4. Juni 2010). Eine Ermächtigung zur Anhebung einer Klage im ordentlichen Verfahren wurde der Verwalterin zunächst erteilt, dann aber verweigert (act. 4/13 und 4/14, Protokolle der Versammlungen der Stockwerkeigentümergemeinschaft "T.________" vom 17. Mai 2010 und vom 20. September 2010). Diesen letzten Beschluss hätte die Beschwerdeführerin innert Monatsfrist gerichtlich anfechten können und müssen, um seine Übereinstimmung mit den Vorschriften des Reglementes prüfen zu lassen. Denn faktisch gestattet er den Beschwerdegegnern die Wohnnutzung ihrer Stockwerkeinheit, die ihnen zuvor mit Beschluss vom 10. Februar 2010 verweigert wurde (Bst. A.e)
 
4.4 Die Lösung entspricht den Vorschriften über die Anfechtung von Vereinsbeschlüssen, die auf die Versammlung der Stockwerkeigentümer Anwendung finden, soweit das Gesetz nicht besondere Bestimmungen enthält (Art. 712m Abs. 2 ZGB). Die Rechtmässigkeit des korporativen Lebens hat das einzelne Mitglied mittels Klage gegen den im Anfechtungsprozess passivlegitimierten Verein geltend zu machen (BGE 132 III 503 E. 3.1 S. 506 f.; vgl. WERMELINGER, a.a.O., N. 201 zu Art. 712m ZGB; STEINAUER, a.a.O., N. 1323 S. 467). Bevor aber das Gericht angerufen werden kann, ist von sämtlichen Rechtsbehelfen, die die Vereinsorganisation zur Verfügung stellt, Gebrauch zu machen (BGE 132 III 503 E. 3.2 S. 508). Der Stockwerkeigentümer ist Miteigentümer einer Sache, stets aber auch Mitglied einer Gemeinschaft. Die rechtlichen Beziehungen zwischen den Stockwerkeigentümern laufen deshalb grundsätzlich über die Stockwerkeigentümergemeinschaft (vgl. STEINAUER, a.a.O., N. 1336-1337 S. 471 f.). Neben zivilrechtlichen Abwehransprüchen aus Eigentum und Besitz bestehen zwar gewisse im Mit- und Stockwerkeigentum vorgesehene Rechtsbehelfe, die der einzelne Stockwerkeigentümer unmittelbar gegen einen oder alle anderen Stockwerkeigentümer erheben kann (z.B. die Klage auf Berichtigung der Wertquoten: BGE 116 II 55 E. 4 S. 58 f.; die Klage auf Erfüllung der gesetzlichen Unterhaltspflicht: WERMELINGER, a.a.O., N. 111 zu Art. 712a ZGB; die Aufhebungsklage: WERMELINGER, a.a.O., N. 80 f. zu Art. 712f ZGB; u.a.m.). Eine Klage auf Einhaltung des Reglementes wird dem einzelnen Stockwerkeigentümer gegen einen anderen Stockwerkeigentümer jedoch nicht allgemein zuerkannt (vgl. die Aufzählung bei WERMELINGER, a.a.O., N. 201 zu Art. 712a ZGB). Da die Versammlung der Stockwerkeigentümer das Reglement mit den notwendigen Mehrheiten jederzeit ändern kann, erscheint es als folgerichtig, dass kein Stockwerkeigentümer gegen einen anderen Stockwerkeigentümer direkt auf Einhaltung des Reglementes soll klagen können, sondern über die streitige Auslegung des Reglementes zuerst der Beschluss der Versammlung aller Stockwerkeigentümer verlangt werden muss, der alsdann gerichtlich angefochten werden kann. Im Rahmen dieser Anfechtung können Reglementswidrigkeiten sowie namentlich Verstösse gegen das Rechtsmissbrauchsverbot und gegen das Gleichbehandlungsgebot gerügt werden (vgl. BGE 131 III 459). Das gerichtliche Eingreifen ist insoweit subsidiär und erfolgt erst im Nachgang zu einem negativen Beschluss der Stockwerkeigentümergemeinschaft wie das gesetzlich z.B. für die Klage eines Stockwerkeigentümers auf Bestellung und Abberufung eines Verwalters vorgesehen ist (Art. 712q Abs. 1 und Art. 712r Abs. 2 ZGB; vgl. Urteil 5C.27/2003 vom 22. Mai 2003 E. 3.1, in: ZBGR 85/2004 S. 432, und BGE 131 III 297 E. 2.3.2 S. 298) und für die Klage auf Erlass eines Reglementes angenommen wird (vgl. WERMELINGER, a.a.O., N. 129 zu Art. 712g ZGB, mit Hinweisen).
 
4.5 Im Ergebnis kann die Abweisung der Klage aus den dargelegten Gründen nicht beanstandet werden. Einem Stockwerkeigentümer stehen gegen einen anderen Stockwerkeigentümer die Klagen aus Eigentum und Besitz sowie einzelne im Mit- und Stockwerkeigentum vorgesehene Rechtsbehelfe zu. Eine Klage auf Einhaltung des Reglementes, ohne dass gleichzeitig andere Rechte aus Eigentum, Besitz o.Ä., namentlich wegen übermässigen Immissionen, als verletzt geltend gemacht werden, ist zwischen Stockwerkeigentümern nicht vorgesehen. Für die Einhaltung des Reglementes hat vielmehr die Versammlung der Stockwerkeigentümer als oberstes Organ der Stockwerkeigentümergemeinschaft zu sorgen, deren Beschluss unter den allgemeinen Voraussetzungen gerichtlich angefochten werden kann. Die Beschwerdeführerin ist nicht vorgegangen, wie sie es hätte tun sollen.
 
5.
 
Insgesamt muss die Beschwerde abgewiesen werden, soweit darauf einzutreten ist. Die Beschwerdeführerin wird damit kostenpflichtig, hingegen nicht entschädigungspflichtig, da keine Vernehmlassungen eingeholt worden sind (vgl. Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 13. November 2012
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Hohl
 
Der Gerichtsschreiber: von Roten
 
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