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Informationen zum Dokument  BGer 9C_711/2012  Materielle Begründung
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BGer 9C_711/2012 vom 25.10.2012
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
9C_711/2012 {T 0/2}
 
Urteil vom 25. Oktober 2012
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
 
Bundesrichterinnen Pfiffner Rauber, Glanzmann,
 
Gerichtsschreiber Fessler.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
IV-Stelle Luzern,
 
Landenbergstrasse 35, 6005 Luzern,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
C.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Rolf Bühler,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung (Prozessvoraussetzung),
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern
 
vom 2. August 2012.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
C.________ bezog seit 1. Februar 1995 eine ganze Rente der Invalidenversicherung (Verfügung vom 14. August 1995). Als Ergebnis des im Dezember 2008 eingeleiteten Revisionsverfahrens hob die IV-Stelle Luzern u.a. in Berücksichtigung der Expertise des Instituts X.________ vom 18. Oktober 2010 die Rente rückwirkend auf Ende April 2010 auf (Verfügung vom 13. Mai 2011).
 
B.
 
Die Beschwerde des C.________ hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, in dem Sinne gut, dass es die Verfügung vom 13. Mai 2011 aufhob und die Sache an die IV-Stelle zurückwies, damit sie im Sinne der Erwägungen verfahre und anschliessend neu verfüge (Entscheid vom 2. August 2012).
 
C.
 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die IV-Stelle Luzern, der Entscheid vom 2. August 2012 sei aufzuheben, wobei dem Rechtsmittel die aufschiebende Wirkung zu erteilen sei.
 
Erwägungen:
 
1.
 
Die Vorinstanz hat einen Revisionsgrund nach Art. 17 Abs. 1 ATSG im Sinne einer erheblichen Verbesserung des psychischen Gesundheitszustandes im Vergleichszeitraum vom 14. August 1995 bis 13. Mai 2011 bejaht, die Zulässigkeit der rückwirkenden Aufhebung (oder Herabsetzung) der ganzen Rente zufolge einer Meldepflichtverletzung (Art. 77 IVV und Art. 88bis Abs. 2 lit. b IVV) dagegen verneint. Beide Punkte stehen vorliegend ausser Diskussion.
 
2.
 
2.1 Der angefochtene Entscheid verneint die Zumutbarkeit einer Selbsteingliederung des Beschwerdegegners und verpflichtet die Beschwerde führende IV-Stelle, den Eingliederungsbedarf zu prüfen, angezeigte Massnahmen durchzuführen und danach über die revisionsweise Herabsetzung der Rente neu zu verfügen. Es handelt sich somit um einen - selbständig eröffneten - Vor- oder Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG. Die dagegen gerichtete Beschwerde ist nur zulässig, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Abs. 1 lit. a und b).
 
2.2 Die Rückweisung der Sache an die IV-Stelle zu weiterer oder ergänzender Abklärung und neuer Entscheidung stellt in der Regel keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG dar (BGE 137 V 314 E. 2.1 S. 316 mit Hinweisen). Anders verhält es sich und ein solcher Nachteil ist zu bejahen, insoweit die Verwaltung durch materielle Vorgaben rechtlicher Natur wesentlich in ihrem Beurteilungsspielraum eingeschränkt wird und davon später nicht mehr abgewichen werden kann (BGE 133 V 477 E. 5.2 S. 483 ff.; SVR 2010 IV Nr. 55 S. 169, 9C_764/2009 E. 1.3; Urteil 9C_690/2011 vom 20. Dezember 2011 E. 1.2). Dies ist namentlich der Fall, wenn sie als Folge der Nichtanfechtbarkeit des kantonalen Entscheids unter Umständen gezwungen ist, ihres Erachtens rechtswidrig Leistungen zuzusprechen oder weiter auszurichten, die später allenfalls nicht mehr zurückgefordert werden können (BGE 138 V 106 E. 1.2 S. 109; SVR 2012 IV Nr. 6 S. 38, 8C_121/2011 E. 3.1; Urteile 9C_382/2012 vom 25. Juni 2012 E. 1, 9C_108/2012 vom 5. Juni 2012 E. 2.2 und 9C_690/2011 vom 20. Dezember 2011 E. 2.2).
 
2.3 Die IV-Stelle bringt vor, durch den vorinstanzlichen Entscheid werde sie verpflichtet, dem Beschwerdegegner die bisherige ganze Rente weiterhin (rückwirkend) auszurichten und zwar bis die entsprechenden Eingliederungsmassnahmen geprüft oder abgeschlossen seien, wogegen sie sich später nicht wehren könnte. Diese Argumentation verkennt, dass nach der Rechtsprechung der mit der revisionsweise verfügten Herabsetzung oder Aufhebung einer Rente verbundene Entzug der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde bei Rückweisung der Sache an die IV-Stelle zu weiteren Abklärungen - unter Vorbehalt einer allfällig missbräuchlichen Provozierung eines möglichst frühen Revisionszeitpunktes durch die Verwaltung - bis zum Erlass der neuen Verfügung andauert (BGE 106 V 18 und 129 V 370, bestätigt in SVR 2011 IV Nr. 33 S. 96, 8C_451/2010). Die Beschwerdeführerin hat in der vorinstanzlich angefochtenen Rentenaufhebungsverfügung einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung entzogen. Sie ist somit nicht verpflichtet, während der Umsetzung des Rückweisungsentscheids Rentenleistungen auszurichten, zumal die Vorinstanz keine Wiederherstellung erwogen hat.
 
2.4 Andere Gründe, die bei Nichtanfechtbarkeit des vorinstanzlichen Entscheids einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG bewirken können, werden nicht geltend gemacht. Ebenfalls äussert sich die Beschwerdeführerin nicht zu Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG. Diese Eintretensvoraussetzung ist somit von vornherein nicht gegeben (Urteile 9C_108/2012 vom 5. Juni 2012 E. 2.3 und 4A_196/2007 vom 5. Dezember 2008 E. 2.4).
 
Die Beschwerde ist somit unzulässig und darauf nicht einzutreten, ohne dass auf die materiellen Vorbringen einzugehen wäre.
 
3.
 
Mit dem sofortigen Entscheid in der Sache ist die Frage der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegenstandslos.
 
4.
 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 25. Oktober 2012
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Meyer
 
Der Gerichtsschreiber: Fessler
 
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