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Informationen zum Dokument  BGer 6B_548/2012  Materielle Begründung
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BGer 6B_548/2012 vom 12.10.2012
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
6B_548/2012
 
Urteil vom 12. Oktober 2012
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Mathys, Präsident,
 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
 
Bundesrichter Schöbi,
 
Gerichtsschreiber C. Monn.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Schützengasse 1, 9001 St. Gallen,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Tätlichkeiten,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Strafkammer, vom 18. Juni 2012.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Im Rahmen einer Auseinandersetzung im Treppenhaus einer Liegenschaft in St. Gallen stiess X.________ seinen 80 Jahre alten Vermieter dermassen beiseite, dass dieser gegen eine Wand stürzte und sich mehrere oberflächliche Schürfungen zuzog. Während das Untersuchungsrichteramt St. Gallen am 25. März 2011 auf das von X.________ gegen den Vermieter und dessen Ehefrau angestrengte Strafverfahren wegen Tätlichkeiten, Beschimpfung, falscher Anschuldigung und Nötigung nicht eintrat, büsste das Kreisgericht St. Gallen ihn am 12. Dezember 2011 wegen Tätlichkeiten mit Fr. 600.--. Das Kantonsgericht bestätigte am 18. Juni 2012 den Entscheid des Kreisgerichts im Schuld- und Strafpunkt.
 
X.________ wendet sich ans Bundesgericht und beantragt, das Urteil des Kantonsgerichts sei aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen.
 
2.
 
Das Verfahren gegen den Vermieter ist rechtskräftig abgeschlossen (vgl. in letzter Instanz Urteil des Bundesgerichts 1B_383/2011 vom 4. Januar 2012). Im vorliegenden Verfahren kann das Bundesgericht darauf nicht zurückkommen.
 
3.
 
Der Beschwerdeführer macht eine unzulässige Doppelbestrafung geltend. Zwar sei nicht direkt zweimal gegen ihn ermittelt worden. Aber obwohl man mindestens hätte von gegenseitigen Provokationen ausgehen und dann beide Verfahren einstellen können, sei auf seine Strafanzeige gegen den Vermieter nicht eingetreten, er aber bestraft worden. Aus diesem Grund fühle er sich mehr als nur ungerecht behandelt. Indessen stellt die Nichtbestrafung einer Person keine Bestrafung jener Person dar, die behauptet, durch die nicht bestrafte Person geschädigt worden zu sein. Selbst wenn die angeblich geschädigte Person ihrerseits zu Unrecht bestraft worden sein sollte, würde sie durch die Nichtbestrafung der anderen Person nicht nochmals bestraft. Von einer unzulässigen Doppelbestrafung kann nicht die Rede sein.
 
4.
 
Der Beschwerdeführer macht geltend, sein Verhalten sei nicht strafbar, weil der Vermieter sich ihm beim Betreten des Lifts in den Weg gestellt habe. Dazu hat sich das Kreisgericht, auf dessen Urteil im angefochtenen Entscheid auf S. 5 oben verwiesen wird, geäussert. Es kam zum Schluss, der Vermieter und seine Frau hätten den Beschwerdeführer nur kurze Zeit an der Benützung des Lifts und der Treppe gehindert, indem sie die Lifttüre offen hielten und gleichzeitig vor der Treppe standen (Urteil des Kreisgerichts vom 12. Dezember 2011, S. 8). Dieses Verhalten stellt offensichtlich keine Nötigung dar, weshalb von einer gerechtfertigten Tätlichkeit durch den Beschwerdeführer keine Rede sein kann.
 
5.
 
Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Mit dem Entscheid in der Sache ist das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos geworden. Bei diesem Ausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist in Anwendung von Art. 64 BGG abzuweisen, weil die Rechtsbegehren aussichtslos erschienen. Der finanziellen Lage des Beschwerdeführers ist bei der Bemessung der Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
 
3.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 12. Oktober 2012
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Mathys
 
Der Gerichtsschreiber: Monn
 
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