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Informationen zum Dokument  BGer 5A_436/2012  Materielle Begründung
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BGer 5A_436/2012 vom 24.09.2012
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
5A_436/2012
 
Urteil vom 24. September 2012
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,
 
Bundesrichter von Werdt, Herrmann,
 
Gerichtsschreiber Levante.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Viktor Peter,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Z.________,
 
vertreten durch Rechtsanwältin Barbara Haas-Helfenstein,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Provisorische Rechtsöffnung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Luzern, 2. Abteilung, vom 23. April 2012.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Z.________ stellte in der gegen X.________ beim Betreibungsamt Luzern angehobenen Betreibung Nr. ... am 22. Juni 2011 beim Bezirksgericht Luzern das Gesuch um provisorische Rechtsöffnung für den Betrag von Fr. 247'000.-- zuzüglich Zins. Sie stützte ihr Begehren auf eine mit ihrem Ehemann aussergerichtlich getroffene Unterhaltsvereinbarung vom 5. Juli 2007. Mit Entscheid vom 9. Februar 2012 erteilte der Einzelrichter des Bezirksgerichts der Gesuchstellerin die provisorische Rechtsöffnung für den geforderten Betrag.
 
B.
 
Gegen den Rechtsöffnungsentscheid gelangte X.________ an das Obergericht des Kantons Luzern, welches seine Beschwerde am 23. April 2012 abwies.
 
C.
 
X.________ hat am 8. Juni 2012 Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Der Beschwerdeführer verlangt die Aufhebung des obergerichtlichen Entscheides und die Nichterteilung der provisorischen Rechtsöffnung.
 
Das zugleich gestellte Gesuch um aufschiebende Wirkung wurde am 11. Juni 2012 zurückgezogen.
 
Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden.
 
Erwägungen:
 
1.
 
1.1 Angefochten ist ein letztinstanzlicher Rechtsöffnungsentscheid, mithin ein Endentscheid in einer Zwangsvollstreckungssache (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 75 Abs. 1 und Art. 90 BGG; BGE 134 III 141 E. 2 S. 143). Die gesetzliche Streitwertgrenze ist erreicht (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Die Beschwerde in Zivilsachen ist daher gegeben.
 
1.2 Mit der vorliegenden Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Es ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Die Anrufung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen (Art. 106 Abs. 2 BGG), wobei hier das Rügeprinzip gilt (BGE 133 III 589 E. 2 S. 591). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 BGG).
 
2.
 
Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt einzig das Vorliegen eines provisorischen Rechtsöffnungstitels für ausstehende Unterhaltsbeiträge.
 
2.1 Beruht die Forderung auf einer durch öffentliche Urkunde festgestellten oder durch Unterschrift bekräftigten Schuldanerkennung, so kann der Gläubiger die provisorische Rechtsöffnung verlangen. Der Richter spricht diese aus, sofern der Betriebene nicht Einwendungen, welche die Schuldanerkennung entkräften, sofort glaubhaft macht (Art. 82 SchKG).
 
2.2 Die Vorinstanz stellte fest, dass die Parteien am 5. Juli 2007 eine Unterhaltsvereinbarung abgeschlossen haben. Diese gelte als Schuldanerkennung für den nun in Betreibung gesetzten Betrag. Eine solche Übereinkunft könne nicht einseitig widerrufen werden, wie der Beschwerdeführer meine. Ob die abgemachten Unterhaltsleistungen nach der Pensionierung des Schuldners noch angemessen seien, sei nicht im Rechtsöffnungsverfahren zu prüfen. Ein konkludenter Verzicht seitens der Gläubigerin liege nicht vor.
 
2.3 Der Beschwerdeführer stellt den Abschluss der aussergerichtlichen Unterhaltsregelung nicht grundsätzlich in Frage. Indes gelte eine solche nur auf Zusehen hin. Sobald einer der Ehegatten die Abmachung widerrufe, werde jede Verpflichtung daraus hinfällig. Daher könne eine aussergerichtliche Vereinbarung über Unterhaltsleistungen keine Schuldanerkennung im Sinne von Art. 82 SchKG darstellen. Zumindest durch den Wortlaut des in Frage stehenden Dokumentes wird dieser Standpunkt indes in keiner Weise gestützt. Es handelt sich um das Schreiben des Anwalts des Beschwerdeführers vom 5. Juli 2007 an die Anwältin der Beschwerdegegnerin, welches mit "Vergleichsvorschlag vom 29. Juni 2007" überschrieben ist. In Ziff. 1 heisst es:
 
"Ab 1. März 2007 bezahlt X.________ seiner Ehefrau einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von Fr. 13'000.--, vorauszahlbar und ab Verfall zu 5% verzinslich, wobei für die Monate März, April, Mai, Juni und Juli 2007 kein Zins geschuldet ist. Die fälligen Unterhaltsbeiträge von Fr. 65'000.-- werden innert 5 Tagen nach Gegenunterzeichnung der vorliegenden Korrespondenz auf das Konto der Ehefrau bei der Raiffeisenbank A.________, eingezahlt. Zusätzlich bezahlt der Ehemann der Ehefrau aus seinem 13. Monatslohn jeweils Ende November einen Betrag von Fr. 13'000.--. [...]"
 
Am Ende der ersten und der zweiten Seite dieses (vorab per Fax zugestellten) Schreibens findet sich der Vermerk der Anwältin der Beschwerdegegnerin "einverstanden 4.07.2007" sowie ihre Unterschrift mit Stempel. Nachdem der Beschwerdeführer vorerst seinen laufenden Unterhaltsverpflichtungen nachgekommen war, stellte er die Zahlungen im Februar 2010 ein; zudem blieb er Anteile des 13. Monatslohns schuldig. Der sich daraus ergebende Gesamtbetrag von Fr. 247'000.-- wurde von der Beschwerdegegnerin schliesslich im Juni 2011 in Betreibung gesetzt.
 
2.4 Der Beschwerdeführer begründet seine Ansicht, es liege im konkreten Fall kein provisorischer Rechtsöffnungstitel vor, vornehmlich mit zwei Hinweisen auf die Lehre zum Eherecht (HAUSHEER/GEISER/MÜLLER-AEBI, Das Familienrecht des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, 4. Aufl. 2010, Rz. 09.65, und HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Berner Kommentar, 1999, N. 5b zu Art. 176 ZGB). Zwar gehen die genannten Autoren davon aus, dass eine aussergerichtliche Unterhaltsregelung unter Ehegatten zulässig sei, indes nur auf Zusehen hin gelte, nämlich solange das Einvernehmen der Ehegatten andauert. Die Kommentatoren fügen an, dass es - abgesehen von einer schriftlichen Unterhaltsverpflichtung - an einem vollstreckungsfähigen Rechtstitel fehle bzw. höchstens ein provisorischer Rechtsöffnungstitel vorliege. Dass jedoch die schriftlich vereinbarte Verpflichtung eines Ehegatten, dem anderen einen bestimmten Geldbetrag zu bezahlen, unverbindlich bzw. einseitig widerrufbar und nicht gegen den Willen des verpflichteten Ehegatten grundsätzlich vollstreckbar sein soll, solange nicht der Richter zur Regelung angerufen wird, lässt sich der zitierten Lehre nicht entnehmen. Nach HAUSHEER/BRUNNER (in: Handbuch des Unterhaltsrechts, 2. Aufl. 2010, Rz. 03.214) wollen die Ehegatten mit einer solchen Abmachung ihre zukünftigen Geldbeträge im Hinblick eine bestimmte Lebenssituation gerade verbindlich regeln. Die Tragweite einer aussergerichtlichen Vereinbarung über eherechtliche Verpflichtungen und insbesondere deren Bindungswirkung für die Parteien sind letztlich Fragen des Unterhaltsrechts, die vom Sachrichter im konkreten Fall zu beantworten sind.
 
2.5 Der Rechtsöffnungsrichter beurteilt demgegenüber im summarischen Verfahren (Art. 251 lit. a ZPO) einzig das Vorliegen einer Schuldanerkennung und die dagegen erhobenen Einwendungen. Sein Entscheid sagt über den materiellen Bestand der strittigen Betreibungsforderung nichts aus (BGE 136 III 566 E. 3.3 S. 569; Urteil 5A_209/2012 vom 28. Juni 2012 E. 3.2.3, zur amtlichen Publikation bestimmt). Aus vollstreckungsrechtlicher Sicht besteht jedoch kein Grund, eine aussergerichtlich getroffene Unterhaltsregelung nicht wie jede andere schriftlich vereinbarte Verpflichtung unter den Voraussetzungen von Art. 82 SchKG als Schuldanerkennung gelten zu lassen. In der Lehre zum Unterhalts- und Zwangsvollstreckungsrecht wird dieser Standpunkt vertreten, allerdings nicht ohne auf die Abgrenzung privatautonomer Rechtsgestaltung zur richterlichen und vormundschaftlichen Genehmigungspflicht von Unterhaltsvereinbarungen hinzuweisen (vgl. HAUSHEER/BRUNNER, a.a.O., Rz. 03.214 Fn. 225; BRÄM, Züricher Kommentar, 1998, N. 3 zu Art. 176 ZGB; GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, Bd. I, 1999, N. 63 zu Art. 82 SchKG; D. STAEHELIN, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl. 2010, N. 142 zu Art. 82 SchKG).
 
2.6 Nach Ansicht des Beschwerdeführers könnte eine aussergerichtliche Unterhaltsvereinbarung selbst dann widerrufen werden, wenn sie einen Rechtsöffnungstitel darstellen sollte. Das Obergericht vertritt demgegenüber den Standpunkt, dass über die Voraussetzungen, unter welchen ein Widerruf möglich sein sollte, nicht im Rechtsöffnungsverfahren zu entscheiden sei. Konkret geht es um die vom Beschwerdeführer infolge seiner Pensionierung geltend gemachten veränderten Verhältnisse, mit welchen er die Einstellung seiner Zahlungen begründet. In der Tat ist eine allfällige Anpassung von vereinbarten Unterhaltsbeiträgen beim zuständigen Sachrichter zu verlangen (vgl. BRÄM, a.a.O.). Die Prüfung der jeweiligen Voraussetzungen sprengt zudem die Rechtsnatur des Rechtsöffnungsverfahrens. Insoweit ist auf die Vorbringen des Beschwerdeführers zu seiner konkreten wirtschaftlichen Situation auch vor Bundesgericht nicht einzugehen.
 
3.
 
Nach dem Dargelegten erweist sich die Beschwerde als erfolglos. Ausgangsgemäss trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde in Zivilsachen wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, 2. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 24. September 2012
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Das präsidierende Mitglied: Escher
 
Der Gerichtsschreiber: Levante
 
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