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Informationen zum Dokument  BGer 8C_605/2012  Materielle Begründung
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BGer 8C_605/2012 vom 21.09.2012
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
8C_605/2012
 
Urteil vom 21. September 2012
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
 
Bundesrichterinnen Leuzinger, Niquille,
 
Gerichtsschreiberin Durizzo.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
S.________, vertreten durch
 
Rechtsanwalt Kurt Brunner,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Unfallversicherung (Invalidenrente),
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug
 
vom 24. Mai 2012.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
S.________, geboren 1977, hatte sich am 5. August 2008 bei einem Sturz eine Fraktur an der rechten Hand zugezogen (subcapitale Metacarpaleköpfchen-Fraktur Dig. V). Er klagte über anhaltende Beschwerden, und auch nach einer Korrekturosteotomie am 22. Januar 2009 zeigte sich eine Deviation um etwa 30 Grad. Nachdem er seine Tätigkeit als Maurer-Akkordant nicht mehr hatte aufnehmen können, wurde ihm die Stelle auf den 31. Januar 2009 gekündigt. Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), bei welcher er für die Folgen von Berufs- und Nichtberufsunfällen sowie Berufskrankheiten versichert war, schloss den Fall mit Verfügung vom 26. Oktober 2010 und Einspracheentscheid vom 6. Juni 2011 ab und stellte ihre Versicherungsleistungen ein mit der Begründung, dass gemäss den medizinischen Abklärungen keine wesentlichen objektiven Einschränkungen mehr bestünden und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, insbesondere auch als Akkordmaurer, wieder eine volle Arbeitsfähigkeit bestehe.
 
B.
 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zug mit Entscheid vom 24. Mai 2012 ab.
 
C.
 
S.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, unter Aufhebung des angefochtenen Entscheides seien ihm die gesetzlichen Leistungen zuzusprechen; namentlich werden weitere Abklärungen zur Festsetzung einer Invalidenrente und einer Integritätsentschädigung beantragt.
 
Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt.
 
Erwägungen:
 
1.
 
1.1 Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde hinreichend zu begründen, andernfalls wird darauf nicht eingetreten (Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden. Es kann die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).
 
1.2 Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).
 
2.
 
Der Beschwerdeführer macht sinngemäss im Wesentlichen geltend, dass die ärztlichen Stellungnahmen widersprüchlich und eine volle Arbeitsfähigkeit in der angestammten Tätigkeit nicht ausgewiesen sei. Insbesondere habe die SUVA zu Unrecht auf die Einschätzungen des Prof. Dr. med. T.________ sowie ihres Kreisarztes abgestellt.
 
3.
 
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze zum Beweiswert von Arztberichten und medizinischen Gutachten (BGE 135 V 465 E. 4.3 S. 468 ff.; 125 V 351 E. 3 S. 352 ff.) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
 
4.
 
SUVA-Kreisarzt Dr. med. M.________ stellte nach seiner Untersuchung vom 22. Dezember 2009 eine Fehlstellung im Bereich des rechten Kleinfingers (Deviation um 30 Grad) sowie eine Einschränkung beim Faustschluss fest (fehlende ca. 7 cm von der Fingerspitze bis zur Handinnenfläche). Er überwies den Versicherten - unter Beilage seines Untersuchungsberichtes vom 23. Dezember 2009, welcher auch einen Hinweis auf die berufliche Situation enthält - zur Beurteilung und allfälligen Weiterbehandlung an Prof. Dr. med. T.________, FMH Chirurgie, spez. Handchirurgie, Klinik X.________. Gemäss dessen Bericht vom 15. Januar 2010 wurde die Faust bei der Untersuchung mit keinem Finger voll geschlossen und der kleine Finger aktiv voll gestreckt gehalten. Passiv habe der Versicherte die Faust jedoch locker komplett schliessen und auch alle Endglieder voll einkrallen können. Prof. Dr. med. T.________ schloss daraus, dass die vorgeführte Faustschlussbehinderung erheblichen demonstrativen Charakter habe. Es fand sich an der rechten Hand weder eine Schwellung noch eine Muskelminderung. Nach den Ausführungen des Prof. Dr. med. T.________ kann eine Fehlstellung grundsätzlich durch das sehr bewegliche Grundgelenk des Kleinfingers kompensiert werden, sodass objektiv keine Funktionsbeeinträchtigung besteht. Aufgrund der von ihm erhobenen und im Bericht im Einzelnen dargestellten Befunde war davon auch im vorliegenden Fall auszugehen. In Kenntnis dieses Berichtes führte SUVA-Kreisarzt Dr. med. M.________ am 4. März 2010 eine entsprechend differenzierte Untersuchung durch und stellte ebenfalls fest, dass es bei Ablenkung des Versicherten praktisch zur Normalstellung komme und auch der Faustschluss passiv ohne grossen Widerstand vollständig und mit Einkrallen aller Finger durchgeführt werde, was seiner Auffassung nach bei einer effektiven Fehlstellung nicht möglich wäre. Mit Blick auf diesen Untersuchungsbefund war auch nach Einschätzung des SUVA-Kreisarztes eine Einschränkung nicht zu objektivieren, sodass der Versicherte in praktisch sämtlichen Tätigkeiten ganztags eingesetzt werden könne und auch eine Integritätsentschädigung nicht geschuldet sei.
 
In seiner Beurteilung vom 3. Dezember 2010 ergänzte SUVA-Kreisarzt Dr. med. M.________, dass Schaftfrakturen, wie sie der Versicherte erlitten habe, meistens problemlos heilen würden. Manchmal komme es zu Fehlstellungen, welche jedoch recht gut toleriert würden. Im Fall des Versicherten habe eine solche nicht objektiviert werden können, denn die Abspreizung sei bei Ablenkung nicht mehr vorhanden und die Untersuchung bei ihm und bei Prof. T.________ sei komplett normal gewesen. Zufolge des objektiv blanden Befundes könne keine Reduktion der Arbeitsfähigkeit oder der Leistungsfähigkeit festgestellt werden.
 
5.
 
Demgegenüber fällt auf und ist entscheidwesentlich, dass die vom Beschwerdeführer konsultierten Ärzte von diesen Befunden keine Kenntnis hatten.
 
Sie berichteten in der Folge wiederholt von der vom Versicherten gezeigten Fehlstellung. So liegt etwa eine entsprechende Stellungnahme des Dr. med. R.________, Facharzt Allgemein- und Rettungsmedizin und Naturheilkunde, vor (nicht datiert, bei der SUVA eingegangen am 7. April 2010). Dr. med. L.________, FMH Chirurgie, spez. Handchirurgie, welcher den Versicherten operiert hatte, wies am 19. Mai 2010 ausdrücklich darauf hin, dass ihm die Beurteilung des Prof. Dr. med. T.________ nicht bekannt sei, und rapportierte, ebenfalls nach entsprechender Befunderhebung, dass sich der Versicherte nicht fähig fühle, den Beruf als Akkordmaurer wieder aufzunehmen. Im Einspracheverfahren gab Dr. med. L.________ am 25. November 2010 zuhanden des Rechtsvertreters des Versicherten an, dass dieser als Akkordmaurer in der Arbeitsfähigkeit eingeschränkt sein dürfte und er nicht mehr die gleiche Leistung erbringe; in einer angepassten Tätigkeit sei er zu 100% arbeitsfähig. Nach Erlass des Einspracheentscheides wurde ein Bericht des Dr. med. O.________, Facharzt FMH für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, vom 5. Juli 2011 eingereicht, welcher ebenfalls eine Fehlstellung und eine eingeschränkte Greiffunktion der rechten Hand erwähnte und den Versicherten an die Klinik Y.________, überwies.
 
Nachdem den erwähnten Ärzten namentlich die Einschätzung des Prof. Dr. med. T.________ nicht bekannt war und sie sich daher mit den von ihm erhobenen Befunden nicht auseinandersetzen, kann auf ihre Berichte nicht abgestellt werden. Zur Arbeitsfähigkeit äusserten sich einzig Dr. med. L.________, welcher sich jedoch ausdrücklich auf die Angaben des Versicherten stützte, sowie Dr. med. O.________, welcher die Ausübung der angestammten Tätigkeit wegen der eingeschränkten Greiffunktion als unmöglich erachtete. Damit lassen sich keine Zweifel am Bericht des Prof. Dr. med. T.________ und an den kreisärztlichen Stellungnahmen begründen. Diese werden durch Dr. med. K.________, Klinik Y.________, Handchirurgie, vom 22. August 2011, insoweit bestätigt, als seiner Einschätzung nach funktionell ein gutes Bewegungsausmass vorliege und der Kleinfinger problemlos an den Ringfinger adduziert werden könne, weshalb er von einer weiteren operativen Korrektur wie auch von einer Revision des Nervs (Ramus dorsalis nervi ulnaris), welcher allenfalls eine Schmerzsymptomatik verursachen könne, abriet. Auch die im vorinstanzlichen Verfahren eingereichten Berichte vermögen daran nichts zu ändern. So verwies Dr. med. L.________ am 16. Juni 2011 zuhanden des Rechtsvertreters des Versicherten erneut auf dessen Schmerzangaben und vermochte sich, ebenso wie Dr. med. K.________ am 27. März 2012, zur Arbeitsfähigkeit als Akkordmaurer nicht zu äussern. Die Überprüfung der prospektiven Festsetzung der Arbeitsfähigkeit ex post wäre an sich zulässig gewesen, wenn bis zu dem für die richterliche Überprüfung massgebenden Zeitpunkt des hier angefochtenen Einspracheentscheides (BGE 129 V 167 E. 1 S. 169) eine sachverhaltliche Grundlage für eine zuverlässige Beurteilung bestanden hätte (RKUV 2005 Nr. U 560 S. 398, U 3/04 E. 2.2). Das Attest einer siebentägigen 100%igen Arbeitsunfähigkeit des Dr. med. R.________ vom 17. Juni 2011 zufolge einer behandlungsbedürftigen massiven entzündlichen und schmerzhaften Schwellung, welche sich nach Antritt einer (von der Invalidenversicherung vermittelten) Praktikumsstelle mit regelmässig schwerer Arbeit eingestellt habe, kann indessen mit Blick auf die genannten Voraussetzungen keine Berücksichtigung finden.
 
6.
 
Damit ist die Beurteilung der Vorinstanz, welche gestützt auf die erwähnten Stellungnahmen des Prof. Dr. med. T.________ und des SUVA-Kreisarztes von einer uneingeschränkten Arbeitsfähigkeit in der angestammten Tätigkeit ausgegangen ist und daher einen Anspruch auf eine Invalidenrente verneint hat, nicht zu beanstanden.
 
Gleiches gilt hinsichtlich des Anspruchs auf eine Integritätsentschädigung; während sich das kantonale Gericht dazu einlässlich geäussert hat, erneuert der Beschwerdeführer seinen diesbezüglichen Antrag, ohne sich jedoch mit den vorinstanzlichen Erwägungen auseinanderzusetzen.
 
Der Beschwerdeführer rügt schliesslich, dass der Fall zu früh abgeschlossen worden sei. Er macht diesbezüglich einzig geltend, dass die Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung noch nicht abgeschlossen seien, was hier jedoch keine Berücksichtigung finden kann. Die Invalidenversicherung hat am 18. April 2011 in Kenntnis des Standes der Abklärungen der SUVA berufliche Massnahmen gewährt, wobei nach Lage der Akten dafür ausschlaggebend nicht die Beschwerden an der Hand, sondern ein Rückenleiden war. Zur Frage der noch möglichen namhaften Besserung als Voraussetzung für eine weitere Gewährung von Taggeldern durch den Unfallversicherer (Art. 19 Abs. 1 UVG; BGE 134 V 109 E. 3 und 4 S. 112 ff.) hat sich das kantonale Gericht zutreffend geäussert.
 
7.
 
Die Beschwerde kann ohne Durchführung des Schriftenwechsels (Art. 102 Abs. 1 BGG) erledigt werden.
 
8.
 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten werden dem unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art. 65 Abs. 4 lit. a in Verbindung mit Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 750.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 21. September 2012
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Ursprung
 
Die Gerichtsschreiberin: Durizzo
 
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