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Informationen zum Dokument  BGer 8C_131/2012  Materielle Begründung
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BGer 8C_131/2012 vom 03.09.2012
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
8C_131/2012
 
Urteil vom 3. September 2012
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
 
Bundesrichterinnen Leuzinger, Niquille,
 
Gerichtsschreiberin Riedi Hunold.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
K.________,
 
vertreten durch Rechtsanwältin Monica Armesto,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft AG, PRD Rechtsdienst, Hohlstrasse 552, 8048 Zürich,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Unfallversicherung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts Basel-Stadt vom 19. Dezember 2011.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
K.________ war seit 1. Juli 2007 bei der O.________ AG als Ladendetektivin angestellt und in dieser Eigenschaft bei der Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft AG (nachfolgend: Allianz) gegen die Folgen von Unfällen versichert. Am 26. März 2008 stürzte sie bei ihrer Arbeit und verletzte sich am Daumen, Rücken und linken Fuss. Die Allianz erbrachte die gesetzlichen Leistungen. Mit Schreiben vom 11. September 2009 stellte sie ihre Leistungen rückwirkend per 31. Juli 2008 ein. Nachdem K.________ einen Rückfall gemeldet hatte, erbrachte die Allianz erneut Leistungen. Mit Verfügung vom 24. März 2011 stellte die Allianz ihre Leistungen per 28. Februar 2011 ein. Im Rahmen des Einspracheverfahrens veranlasste die Allianz medizinische Abklärungen. Mit Zwischenverfügung vom 26. Juli 2011 ordnete sie die fachärztliche Begutachtung durch Prof. Dr. med. M.________ und Frau Dr. med. P.________, Fachärzte für orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, Klinik X.________ an.
 
B.
 
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt wies die dagegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 19. Dezember 2011 ab.
 
C.
 
K.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, es sei unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sowie der Zwischenverfügung vom 26. Juli 2011 die Allianz zu verpflichten, Prof. Dr. med. V.________, Facharzt für orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, Chefarzt Klinik Y.________, mit der fachärztlichen Begutachtung der Versicherten zu beauftragen.
 
Die Allianz schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden könne. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Stellungnahme.
 
D.
 
Mit Eingabe vom 26. März 2012 lässt K.________ an ihrem Begehren festhalten.
 
Erwägungen:
 
1.
 
Die Versicherte beantragt, mit ihrer Begutachtung sei Prof. Dr. med. V.________ anstelle des Prof. Dr. med. M.________ und der Frau Dr. med. P.________ zu beauftragen. Sie erhebt demnach einen materiellen Einwand gegen die von der Allianz verfügte Begutachtung. Da der vorinstanzliche Entscheid das Verfahren nicht abschliesst, stellt er einen Zwischenentscheid dar, so dass sich zunächst die Eintretensfrage stellt (Art. 93 BGG). Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (BGE 135 III 1 E. 1.1 S. 3 mit Hinweisen).
 
1.1 Mit BGE 137 V 210 hat das Bundesgericht im Zusammenhang mit der Einholung von Administrativ- und Gerichtsgutachten bei Medizinischen Abklärungsstellen (MEDAS) die bisherige Rechtsprechung, wonach der Anordnung einer Begutachtung durch den Sozialversicherer kein Verfügungscharakter zukommt (BGE 132 V 93), geändert und festgehalten, dass die (bei fehlendem Konsens zu treffende) Anordnung einer Expertise in die Form einer Zwischenverfügung zu kleiden ist, welche dem Verfügungsbegriff gemäss Art. 5 VwVG entspricht und die beim kantonalen Versicherungsgericht (bzw. Bundesverwaltungsgericht) anfechtbar ist (BGE 137 V 210 E. 3.4.2.6 und 3.4.2.7 S. 256). Mit zur Amtlichen Publikation vorgesehenem Urteil 8C_336/2012 vom 13. August 2012 hat das Bundesgericht entschieden, dass die im Rahmen der Invalidenversicherung vorgenommene Rechtsprechungsänderung auch in der Unfallversicherung gilt, soweit es sich nicht um IV-spezifische Regelungen handelt. Somit ist auch im Bereich der Unfallversicherung eine Begutachtung bei Uneinigkeit durch eine beim kantonalen Versicherungsgericht (bzw. Bundesverwaltungsgericht) anfechtbare Zwischenverfügung anzuordnen und der versicherten Person vorgängige Mitwirkungsrechte in dem Sinne zuzugestehen, dass sie sich zu den Gutachterfragen äussern kann. Die dabei zu beachtenden Modalitäten richten sich sinngemäss nach BGE 137 V 210 E. 3.4.2.9 S. 258.
 
Nach dem Gesagten hat die Allianz zu Recht in Anwendung der Rechtsprechungsänderung von BGE 137 V 210 eine Zwischenverfügung bezüglich der zwischen den Parteien strittigen Frage der Begutachtung erlassen.
 
1.2 Zu prüfen bleibt, ob kantonale Entscheide bzw. solche des Bundesverwaltungsgerichts über Beschwerden gegen (Zwischen)Verfügungen der Unfallversicherer betreffend Gutachtensanordnung mit Beschwerde an das Bundesgericht weiterziehbar sind.
 
Mit BGE 138 V 271 hat das Bundesgericht entschieden, dass kantonale Entscheide und jene des Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Verfügungen der IV-Stellen betreffend die Einholung von medizinischen Gutachten nicht ans Bundesgericht weiterziehbar sind, sofern nicht formelle Ausstandsgründe beurteilt worden sind, und dass die formelle Ablehnung eines Sachverständigen regelmässig nicht allein mit strukturellen Umständen begründet werden kann, wie sie in BGE 137 V 210 behandelt worden sind. Mit zur Amtlichen Publikation vorgesehenem Urteil 8C_336/2012 vom 13. August 2012 hat das Bundesgericht diese Grundsätze auch für Begutachtungen im Rahmen der Unfallversicherung für massgebend erklärt.
 
Da die Ablehnung der Sachverständigen vorliegend mit materiellen Einwänden (ungenügende fachliche Qualifikation) begründet wurde und im angefochtenen Entscheid nicht formelle Ausstandsgründe beurteilt worden sind, kann auf die Beschwerde gegen die mit Zwischenverfügung vom 26. Juli 2011 angeordnete Begutachtung nicht eingetreten werden.
 
2.
 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten werden der Beschwerdeführerin als unterliegender Partei auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 300.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 3. September 2012
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Ursprung
 
Die Gerichtsschreiberin: Riedi Hunold
 
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