VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 4A_79/2012  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 4A_79/2012 vom 27.08.2012
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
4A_79/2012
 
Urteil vom 27. August 2012
 
I. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
 
Bundesrichter Corboz,
 
Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch,
 
Gerichtsschreiber Gelzer.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Y.________,
 
vertreten durch Advokatin Renate Jäggi,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Krankentaggeldversicherung,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 9. Dezember 2011.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Y.________ (Arbeitnehmer) war seit Oktober 2008 mit einem Arbeitspensum von 100 % als Telefonist bei der Z.________ (Arbeitgeberin) in Genf angestellt. Zwischen ihr und der X.________ (Versicherung) besteht seit dem 1. Januar 1996 ein Kollektiv-Krankenversicherungsvertrag. In der ab 1. Januar 2008 gültigen Fassung des Vertrages, der Allgemeine Bedingungen (AB) umfasst, ist für das Personal der Arbeitgeberin ein Krankentaggeld im Umfang von 90 % des versicherten Verdienstes ab einer Wartefrist von 7 Tagen für eine Dauer von 730 Tagen versichert.
 
Am 1. Juni 2009 meldete die Arbeitgeberin der Versicherung die krankheitsbedingte Abwesenheit des Arbeitnehmers seit 26. November 2008. Die Versicherung erbrachte ab 3. Dezember 2008 ein Taggeld basierend auf einer Arbeitsunfähigkeit von 100 %, veranlasste jedoch eine Untersuchung des Arbeitnehmers bei Dr. med. W.________ in Genf. Dieser untersuchte den Arbeitnehmer am 30. August 2009. In seinem Gutachten vom 21. September 2009 kam er bezüglich der bisherigen Arbeitstätigkeit zum Ergebnis, die Abhängigkeit von Beruhigungsmitteln sei das Haupthindernis für die Wiederaufnahme der Arbeit. Diese Abhängigkeit des Arbeitnehmers und die vorliegende depressive Episode mittleren Grades beschränke seine Arbeitsfähigkeit zu 50 %. Nach dem Absetzen der Beruhigungsmittel sollte der Arbeitnehmer im Idealfall nach drei Wochen einer gut geführten antidepressiven Behandlung seine volle Arbeitsfähigkeit wiedererlangen (S. 15 Ziff. 8 und 10).
 
Mit vom 18. September 2009 datiertem Schreiben teilte die Versicherung dem Arbeitnehmer mit Bezug auf die ärztliche Untersuchung vom 31. August 2009 mit, gemäss dem Bericht, der im Besitz ihrer medizinischen Abteilung sei, könne er seine Berufstätigkeit ab dem Tag der Unterredung zu 50 % und drei Wochen später zu 100 % ausüben. Folglich werde ab 21. September 2009 ein Taggeld beruhend auf einer Arbeitsfähigkeit von 50 % ausgerichtet. Ab 19. Oktober 2009 sei von einer Arbeitsfähigkeit von 100 % auszugehen. Ab diesem Datum stellte die Versicherung ihre Taggeldzahlungen ein.
 
Am 1. und 2. Oktober 2009 war der Arbeitnehmer in der Kantonalen Psychiatrischen Klinik, Liestal, hospitalisiert. Ab dem 21. Oktober 2009 war er bei Dr. med. V.________, Allschwil, in psychiatrischer Behandlung. Dieser kritisierte in seiner Stellungnahme vom 17. November 2009 das Gutachten von Dr. med. W.________. Zu dieser Kritik nahmen Dr. med. W.________ und Dr. med. U.________ im Auftrag der Versicherung mit Schreiben vom 14. Mai 2010 Stellung. Dazu hat sich Dr. med. V.________ mit Schreiben vom 22. Juni 2010 geäussert.
 
B.
 
Am 11. November 2010 klagte der Arbeitnehmer (Kläger) beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt gegen die Versicherung (Beklagte) auf Zahlung von Fr. 50´633.15 zuzüglich Zins zu 5 % ab 24. April 2010. Zur Begründung führte der Kläger an, er sei gemäss Arztzeugnissen verschiedener ihn behandelnder Ärzte (Dr. med. T.________, Dr. med. S.________, Dr. R.________ und Dr. med. V.________) seit 26. November 2008 ganz und ab 1. Mai 2010 zu 75 % arbeitsunfähig, weshalb ihm nach Ablauf der Wartefrist von sieben Tagen, das heisst ab 3. Dezember 2008 bis 30. April 2010 ein Taggeld beruhend auf einer Arbeitsunfähigkeit von 100 % zustehe. Ab. 1. Mai 2010 bis 19. November 2010 sei ein Taggeld basierend auf einer Arbeitsunfähigkeit von 75 % geschuldet. Die Beklagte schloss auf Abweisung der Klage und wendete ein, sie habe dem Kläger für die Periode ab 3. Dezember 2008 bis 20. September 2009 ein um 50 % zu hohes Taggeld ausgerichtet, da er während dieser Zeit nicht 100 %, sondern lediglich 50 % arbeitsunfähig gewesen sei. Für die Zeit vom 21. September 2009 bis 15. November 2009 anerkenne sie eine Arbeitsunfähigkeit von 50 %. Danach hätte der Arbeitnehmer bei Wahrung seiner Schadenminderungspflicht zu 100 % arbeiten können.
 
Mit Urteil vom 9. Dezember 2011 hiess das Sozialversicherungsgericht die Klage gut.
 
C.
 
Die Beklagte (Beschwerdeführerin) erhebt Beschwerde in Zivilsachen mit den Begehren, den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts vom 9. Dezember 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen. Zudem stellte die Beschwerdeführerin ein Gesuch um aufschiebende Wirkung, das mit Präsidialverfügung vom 17. Februar 2012 gutgeheissen wurde.
 
Der Kläger (Beschwerdegegner) schliesst auf Abweisung der Beschwerde, eventuell auf Rückweisung der Sache an die Vorinstanz.
 
Die Beschwerdeführerin hat eine Replik und der Beschwerdegegner eine Duplik eingereicht.
 
Erwägungen:
 
1.
 
1.1 Zu beurteilen ist die Leistungspflicht aus einer Zusatzversicherung zur sozialen Krankenversicherung. Derartige Zusatzversicherungen unterstehen gemäss Art. 12 Abs. 2 und 3 des Bundesgesetzes vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10) dem Versicherungsvertragsgesetz vom 2. April 1908 (VVG; SR 221.229.1). Streitigkeiten aus solchen Versicherungen sind privatrechtlicher Natur, weshalb als Rechtsmittel an das Bundesgericht die Beschwerde in Zivilsachen gemäss Art. 72 ff. BGG in Betracht kommt (BGE 133 III 439 E. 2.1 S. 441 f. mit Hinweis).
 
1.2 Die Beschwerde richtet sich gegen einen Endentscheid (Art. 90 BGG). Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt hat als einzige kantonale Instanz im Sinne von Art. 7 ZPO entschieden, weshalb die Beschwerde in vermögensrechtlichen Angelegenheiten gemäss Art. 74 Abs. 2 lit. b BGG unabhängig von der Erreichung der Streitwertgrenze nach Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG zulässig ist (vgl. BGE 138 III 2 E. 1.2.2).
 
1.3 Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen gegeben sind, ist auf die Beschwerde grundsätzlich einzutreten.
 
1.4 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 135 III 397 E. 1.5). Die beschwerdeführende Partei, welche die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz anfechten will, muss klar und substanziiert aufzeigen, inwiefern die gerügten Feststellungen bzw. die Unterlassung von Feststellungen offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.3; 133 III 350 E. 1.3, 393 E. 7.1, 462 E. 2.4). Soweit die beschwerdeführende Partei den Sachverhalt ergänzen will, hat sie zudem mit Aktenhinweisen darzulegen, dass sie entsprechende rechtsrelevante Tatsachen und taugliche Beweismittel bereits bei den Vorinstanzen prozesskonform eingebracht hat (Urteile 4A_214/2008 vom 9. Juli 2008 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 134 III 570; 4A_526/2008 vom 21. Januar 2009 E. 3.2). Wird Willkür in der Ermittlung des Sachverhalts geltend gemacht, ist zu beachten, dass dem Sachrichter in der Beweiswürdigung ein breiter Ermessensspielraum zusteht. Die beschwerdeführende Partei hat daher darzulegen, inwiefern das kantonale Gericht sein Ermessen missbraucht, insbesondere offensichtlich unhaltbare Schlüsse gezogen, erhebliche Beweise übersehen oder willkürlich ausser Acht gelassen habe (vgl. BGE 132 III 209 E. 2.1; 129 I 8 E. 2.1; 120 Ia 31 E. 4b S. 40). Auf eine Kritik an den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, die diesen Anforderungen nicht genügt, namentlich auf bloss appellatorische Vorbringen, ist nicht einzutreten (BGE 133 II 249 E. 1.4.3, 396 E. 3.1 S. 399).
 
2.
 
2.1 Die Vorinstanz kam zum Ergebnis, die Beschwerdeführerin habe die durch verschiedene Bescheinigungen der behandelnden Ärzte bestätigte Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdeführers nicht durch beweistaugliche Unterlagen widerlegen können, zumal das dazu eingereichte Gutachten von Dr. med. W.________ nicht überzeugend sei. Zweifel an den Schlussfolgerungen von Dr. med. W.________ seien zunächst mit Blick auf die festgestellte Arbeitsfähigkeit von 50 % angebracht, soweit er diese rückwirkend. d.h. ab Leistungsbeginn im Dezember 2008 formuliere. Auch Dr. med. W.________ bezeichne diese lediglich als möglich. Demnach könne die Beklagte ihren Standpunkt, sie habe ab 3. Dezember 2008 bis 20. September 2009 zu Unrecht Taggeldleistungen basierend auf einer Arbeitsunfähigkeit von 100 % erbracht, nicht auf eine zuverlässige gutachterliche Äusserung stützten.
 
2.2 Die Beschwerdeführerin gibt diese Feststellung als willkürlich aus und führt an, bei willkürfreier Beweiswürdigung und Rechtsanwendung hätte die Vorinstanz zum Schluss kommen müssen, ab Leistungsbeginn habe lediglich eine 50 %-ige Arbeitsunfähigkeit bestanden. Das Gutachten von Dr. med. W.________ habe sich bei richtigem Verständnis mit dieser Periode gar nicht befasst. Dieser Einwand vermag der Beschwerdeführerin jedoch nicht zu helfen, da er die vorinstanzliche Feststellung, wonach insoweit eine zuverlässige gutachterliche Äusserung fehlt, bestätigt.
 
2.3 Weiter wendet die Beschwerdeführerin ein, die Vorinstanz habe übersehen, dass sie in der Klageantwort vom 4. Februar 2011 die 100%-ige Arbeitsunfähigkeit auch deshalb bestritten habe, weil Betreuer der "Etablissements publics pour l'intégration", (EPI), Genf, wo der Beschwerdegegner vom 22. Juni bis zum 17. Juli 2009 zur beruflichen Abklärung geweilt habe, zumindest in einer angepassten Tätigkeit von einer halbtägigen Arbeitsfähigkeit ausgegangen seien und der Beschwerdeführer sich für konkrete Stellen beworben habe. Auch beziehe die Vorinstanz den Bericht des EPI vom 24. Juli 2009 nicht in die Beweiswürdigung ein, obwohl sich darin eindeutige Hinweise dafür befänden, dass der Beschwerdegegner zumindest teilarbeitsfähig gewesen sei.
 
2.4 Wie die Beschwerdeführerin erkennt, können dem angerufenen Bericht höchstens Indizien für eine mögliche Teilarbeitsfähigkeit entnommen werden, zumal darin ausgeführt wird, der Beschwerdeführer sei trotz seinen Anstrengungen nicht in der Lage gewesen, einen regelmässigen Arbeitsrhythmus zu befolgen, er sei zwei bis dreimal in der Woche verspätet erschienen und habe grosse Ermüdbarkeit bzw. Konzentrationsschwierigkeiten gezeigt. Die Vorinstanz hat demnach das Willkürverbot offensichtlich nicht verletzt, wenn sie diesen Bericht nicht als entscheidrelevante Urkunde qualifizierte. Auch hat sie entgegen der Annahme der Beschwerdeführerin deren rechtliches Gehör nicht verletzt, wenn sie sich mit der darauf gestützten Argumentation nicht ausdrücklich auseinandersetzte, da die aus dem rechtlichen Gehör abgeleitete Begründungspflicht nicht verlangt, dass sich ein Gericht mit jeder tatbeständlichen Behauptung und jedem rechtlichen Einwand ausdrücklich auseinandersetzt (BGE 134 I 83 E. 4.1; 136 I 229 E. 5.2; je mit Hinweisen).
 
3.
 
3.1 Weiter erwog die Vorinstanz, die Beschwerdeführerin habe die Beendigung ihrer Leistungen auf den 20. September 2009 im Wesentlichen mit der Prognose von Dr. med. W.________ begründet, wonach im Idealfall nach einer dreiwöchigen antidepressiven Behandlung damit zu rechnen sei, dass die Arbeitsfähigkeit 100 % betrage. Dr. med. V.________ habe jedoch mit gut nachvollziehbaren Darlegungen die Zuverlässigkeit dieser Prognose in Frage gestellt. Diese habe sich auch nicht erfüllt, wie dies der Austrittsbericht der Kantonalen Psychiatrischen Klinik Liestal vom 20. November 2009 in Übereinstimmung mit den Berichten der behandelnden Ärzte belege. Es blieben daher auch hinsichtlich der von Dr. med. W.________ prognostizierten Entwicklung Zweifel an seinem Gutachten. Demnach verfüge die Beschwerdeführerin aufgrund der vorliegenden medizinischen Akten nicht über eine taugliche Grundlage für die Reduktion bzw. Einstellung der Taggeldleistungen.
 
3.2 Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz habe ihre Begründungspflicht verletzt, da sie nicht aufzeige, auf welche Darlegungen von Dr. med. V.________ sie sich beziehe.
 
3.3 Diese Rüge ist unbegründet, zumal die Vorinstanz die Kritik von Dr. med. V.________ am Gutachten von Dr. med. W.________ im angefochtenen Urteil wiedergibt .
 
3.4 Sodann bringt die Beschwerdeführerin vor, die Vorinstanz übersehe, dass Dr. med. W.________ eine Verbesserung der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdegegners erst nach dem Entzug der Beruhigungsmittel als möglich gehalten habe. Ein solcher habe aber gemäss Angaben des Beschwerdegegners anlässlich der Hauptverhandlung vom 9. Dezember 2012 nicht stattgefunden. Die offenbar gegenteilige Feststellung der Vorinstanz sei somit aktenwidrig und willkürlich. Entsprechend sei auch der Rückschluss, auf das Gutachten von Dr. med. W.________ könne nicht abgestellt werden, weil sich die darin gemachte Prognose nicht bewahrheitet habe, unhaltbar. Zudem sei willkürlich, einem Gutachten allein deshalb die Beweistauglichkeit abzusprechen, weil sich retrospektiv eine gestellte Verlaufsprognose nicht eingestellt hat.
 
3.5 Dr. med. V.________ führt in seiner Stellungnahme vom 17. November 2009 zum Gutachten von Dr. med. W.________ bezüglich der Heilungsprognosen aus, dass ein Benzodiazepinentzug nicht einfach durchgeführt werden könne und deshalb häufig länger als drei Wochen dauere. Für einen ambulanten Entzug brauche es vor allem einen stabilen Rahmen (familiäres Umfeld, Wohnsituation), der beim Beschwerdegegner nicht gegeben sei. Nach dem körperlichen Entzug sei eine längere Entwöhnungsbehandlung zur Herstellung der psychischen und sozialen Integration notwendig. Zudem sei wenig wahrscheinlich, dass die festgestellte Depression nach einem Entzug entfallen würde. Selbst Dr. med. U.________ und Dr. med. W.________ führen in ihrer Stellungnahme vom 14. Mai 2010 (S. 2 f.) aus, die Depression werde nach dem Entzug nicht zwingend verschwinden. Unter diesen Umständen ist die Vorinstanz unabhängig davon, ob der Beschwerdegegner einen Entzug der Beruhigungsmittel vornahm, nicht in Willkür verfallen, wenn sie nicht auf die Heilungsprognosen von Dr. med. W.________ abstellte.
 
3.6 Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, die von den behandelnden Ärzten attestierte 100%-ige Arbeitsunfähigkeit sei nirgends begründet und widerspreche der Einschätzung des EPI sowie den Einschätzungen des Gutachters Dr. med. W.________, der die Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit sorgfältig hergeleitet habe, übt sie an der vorinstanzlichen Beweiswürdigung bloss appellatorisch Kritik, auf welche nicht einzutreten ist. Soweit sie anführt, Dr. med. W.________ sei objektiver als Dr. med. V.________, der den Beschwerdegegner behandelt habe, ist ihr entgegenzuhalten, dass die Vorinstanz vom Gutachten von Dr. med. W.________ abwich, weil sie es inhaltlich als nicht überzeugend erachtete, wogegen sie die Ausführungen von Dr. med. V.________ als nachvollziehbar qualifizierte.
 
4.
 
4.1 Art. 85 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 17. Dezember 2004 betreffend die Aufsicht über Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz, VAG; AS 2005 5295) sah bis zum Inkrafttreten der Schweizerischen Zivilprozessordnung für Streitigkeiten aus Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung nach dem Bundesgesetz über die Krankenversicherung ein einfaches und rasches Verfahren vor, in dem das Gericht den Sachverhalt von Amtes wegen feststellt und die Beweise nach freiem Ermessen würdigt.
 
4.2 Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz habe gegen Art. 85 aAbs. 2 VAG verstossen, indem sie zur Klärung des umstrittenen Grades der Arbeitsunfähigkeit ab Leistungsbeginn am 3. Dezember 2008 bis zur Begutachtung durch Dr. med. W.________ trotz der Argumentation der Beschwerdeführerin kein Gutachten veranlasst habe. Dasselbe gelte bezüglich der Zeit danach.
 
4.3 Der Gesetzgeber hat die in Art. 85 aAbs. 2 VAG vorgesehene Untersuchungsmaxime in Anlehnung an die entsprechenden sozialpolitisch motivierten Regelungen für Miet- und Pachtstreitigkeiten (Art. 274d Abs. 3 sowie Art. 301 aOR) sowie für arbeitsrechtliche Streitigkeiten bis Fr. 30'000.-- (Art. 343 Abs. 4 aOR) eingeführt (Urteil 5C.20/2007 vom 2. August 2007 E. 6.2, nicht publ. in: BGE 133 III 607). Beim sozialpolitisch begründeten Untersuchungsgrundsatz geht es darum, die wirtschaftlich schwächere Partei zu schützen, die Gleichheit zwischen den Parteien herzustellen sowie das Verfahren zu beschleunigen. Die Parteien sind dagegen nicht davon befreit, bei der Feststellung des entscheidwesentlichen Sachverhalts aktiv mitzuwirken und die allenfalls zu erhebenden Beweise zu bezeichnen. Sie tragen vielmehr auch im Bereich des Untersuchungsgrundsatzes die Verantwortung für die Sachverhaltsermittlung. Der soziale Untersuchungsgrundsatz weist den Richter nicht an, den ihm unterbreiteten Streitfall von Amtes wegen zu instruieren, wenn eine Partei darauf verzichtet, ihren Standpunkt darzulegen. Das Gericht hat lediglich seine Fragepflicht auszuüben, die Parteien auf ihre Mitwirkungspflicht sowie das Beibringen von Beweisen hinzuweisen (Urteile 4C.418/1996 vom 1. Mai 1997 E. 1a; 4A_338/2011 vom 14. Dezember 2011 E. 4.2 mit weiteren Hinweisen). Dies gilt auch in Bezug auf Art. 85 aAbs. 2 VAG (Urteil 5C.20/2007 vom 2. August 2007 E. 6.2 und 6.3, nicht publ. in: BGE 133 III 607).
 
4.4 Da die Beschwerdeführerin als Versicherungsunternehmen keine sozial schwache Partei war und sie im kantonalen Verfahren durch zwei Personen mit Anwaltspatent vertreten wurde, hat die Vorinstanz angesichts der dargelegten Mitwirkungspflicht gegenüber der Beschwerdeführerin Art. 85 aAbs. 2 VAG nicht verletzt, wenn sie nicht von Amtes wegen Beweiserhebungen vornahm.
 
5.
 
5.1 Art. 61 VVG sieht im Kapitel II. Besondere Bestimmungen über die Schadensversicherung folgende Schadenminderungsobliegenheit vor:
 
1 "Der Anspruchsberechtigte ist verpflichtet, nach Eintritt des befürchteten Ereignisses tunlichst für Minderung des Schadens zu sorgen. Er muss, wenn nicht Gefahr im Verzuge liegt, über die zu ergreifenden Massregeln die Weisung des Versicherers einholen und befolgen.
 
2 Hat der Anspruchsberechtigte diese Pflichten in nicht zu entschuldigender Weise verletzt, so ist der Versicherer berechtigt, die Entschädigung um den Betrag zu kürzen, um den sie sich bei Erfüllung jener Obliegenheiten vermindert hätte."
 
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Art. 61 VVG muss der Versicherer, der vom Versicherten zur Erfüllung seiner Schadenminderungsobliegenheit einen Berufswechsel erwartete, dies dem Versicherten mitteilen und ihm dazu eine angemessene Frist ansetzen, um sich anzupassen und eine Stelle zu finden (BGE 133 III 527 E. 3.2.1 S. 531).
 
Art. 21 Abs. 4 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) bestimmt:
 
"Entzieht oder widersetzt sich eine versicherte Person einer zumutbaren Behandlung oder Eingliederung ins Erwerbsleben, die eine wesentliche Verbesserung der Erwerbsfähigkeit oder eine neue Erwerbsmöglichkeit verspricht, oder trägt sie nicht aus eigenem Antrieb das ihr Zumutbare dazu bei, so können ihr die Leistungen vorübergehend oder dauernd gekürzt oder verweigert werden. Sie muss vorher schriftlich gemahnt und auf die Rechtsfolgen hingewiesen werden; ihr ist eine angemessene Bedenkzeit einzuräumen. Behandlungs- oder Eingliederungsmassnahmen, die eine Gefahr für Leben und Gesundheit darstellen, sind nicht zumutbar."
 
Diese Regelung, welche in Anlehnung an die genannte Rechtsprechung zu Art. 61 VVG erlassen wurde, ist als Konkretisierung des Grundsatzes von Treu und Glauben auch für Privatversicherungen anwendbar. Von einem Versicherer, der einem Versicherten zunächst Taggelder ausrichtet, dann jedoch davon ausgeht, dessen Arbeitsunfähigkeit sei beendet, ist daher zu erwarten, dass er den Versicherten darüber informiert und er die Leistungen während der Frist weiterzahlt, welche zur tatsächlichen Wiederaufnahme der Berufstätigkeit erforderlich ist (Urteil 4A_111/2010 vom 12. Juli 2010 E. 3.1 mit Hinweisen).
 
5.2 Die Vorinstanz kam zum Ergebnis, der Beschwerdegegner habe seine Schadenminderungsobliegenheit nicht verletzt. Zur Begründung führte sie aus, in analoger Anwendung der Rechtsprechung zu den Voraussetzungen, unter denen der Versicherer dem Versicherten einen Berufswechsel zumuten kann, hätte die Beschwerdeführerin den Beschwerdegegner auffordern müssen, die von Dr. med. W.________ empfohlenen Behandlungsmassnahmen innert einer angemessenen Frist umzusetzen, dies mit der Androhung, dass ansonsten bei Ablauf der Frist von einer Besserung und Widererlangung der Arbeitsfähigkeit ausgegangen werde. Dies habe die Beschwerdeführerin nicht getan.
 
5.3 Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz übersehe, dass eine Fristansetzung mit Androhung der Rechtsfolge nicht in jedem Fall geboten sei, um die berechtigten Interessen des Versicherten zu schützen. Ergebe sich - wie im vorliegenden Fall - dass die versicherte Person in ihrer angestammten Tätigkeit zu 50 % arbeitsfähig sei, sei eine entsprechende Mitteilung mit dem Hinweis, per wann die Taggelder angepasst werden, absolut hinreichend. Zudem habe der Versicherte, sofern für ihn Handlungsbedarf erkennbar sei, den Versicherer von sich aus um entsprechende Anweisungen anzugehen und diese zu befolgen, um der Schadenminderungspflicht gemäss Art. 61 VVG zu entsprechen. Eine vorgängige Abmahnung des Versicherten durch den Versicherer sei gesetzlich nicht vorgesehen. Der Beschwerdegegner habe seit September 2009 gewusst, dass eine Wiedererlangung der vollen Arbeitsfähigkeit in der angestammten Tätigkeit nur über einen Entzug der Beruhigungsmittel möglich gewesen sei. Dass ein solcher von ihm erwartet wurde, habe er dem Gutachten von Dr. med. W.________ sowie dem Umstand entnehmen können, dass die Beschwerdeführerin die Taggeldleistungen erst nach einer Wartefrist von gut vier Wochen definitiv eingestellt habe. Hätten diesbezüglich Unsicherheiten bestanden, hätte sich der Beschwerdegegner an die Beschwerdeführerin wenden müssen. Da ihm jedoch klar gewesen sei, bzw. hätte sein müssen, welche Massnahmen zur Schadenminderung die Beschwerdeführerin von ihm erwartet, könne der Umstand, dass ihm keine explizite Frist zur Umsetzung dieser Massnahmen angesetzt worden sei, nicht dazu führen, dass die Beschwerdeführerin bis zum Ende der Genussdauer Taggelder basierend auf einer 100%-igen Arbeitsunfähigkeit auszurichten habe.
 
5.4 Gemäss den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz war der Beschwerdegegner in seiner bisherigen Arbeitstätigkeit entgegen den Angaben im Schreiben der Beschwerdeführerin vom 18. September 2009 ab dem 30. August 2009 nicht zu 50 %, sondern zu 100 % arbeitsunfähig, weshalb der Beschwerdeführer dieses Schreiben insoweit als unbeachtlich betrachten durfte. Soweit darin ausgeführt wird, gemäss dem Gutachten könne der Beschwerdegegner drei Wochen nach der ärztlichen Untersuchung seine berufliche Tätigkeit zu 100 % ausüben, kann darin keine schriftliche Aufforderung gesehen werden, bestimmte Behandlungen vorzunehmen, zumal solche im Schreiben vom 18. September 2009 nicht genannt werden. Im Gutachten von Dr. med. W.________ wird zwar eine progressive Reduktion der Beruhigungsmittel vorgeschlagen, welche durch die Verschreibung von sedativen und/oder anxilolytischen Neuroleptika unterstützt werden könne, wobei nach der Entzugsperiode eine anhaltende Behandlung mit Antidepressiva unter Beibehaltung einer psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung erforderlich sei (S. 14 Ziff. 5). Da jedoch im Gutachten Angaben zur Dauer der vorgeschlagenen progressiven Reduktion der Beruhigungsmittel fehlen und nur Empfehlungen abgegeben werden, war für den Beschwerdeführer, der sich bereits in ärztlicher Behandlung befand, selbst unter Beizug des Gutachtens nicht erkennbar, welche konkreten Behandlungsschritte die Beschwerdeführerin von ihm zwingend verlangte, zumal die Beschwerdeführerin keine Bedenk- und Umsetzungsfrist nannte. Unter diesen Umständen ist die Vorinstanz bundesrechtskonform davon ausgegangen, dass insoweit keine genügende Abmahnung erfolgte und damit auch keine entsprechende Verletzung der Schadenminderungsobliegenheit vorlag.
 
6.
 
6.1 Schliesslich bringt die Beschwerdeführerin vor, der Beschwerdegegner sei gemäss Art. 11. Ziff. 1 lit. a AB verpflichtet, ärztliche Anordnungen zu befolgen. Die schuldhafte Verletzung dieser vertraglich übernommenen Obliegenheit berechtige gemäss Art. 13 AB die Versicherung, ihre Leistungen zu kürzen oder zu verweigern. Die Vorinstanz habe übersehen, dass der Beschwerdegegner dieser Obliegenheit nicht nachgelebt habe, weil er gemäss den anlässlich der Begutachtung bei Dr. med. W.________ veranlassten Laboruntersuchungen das ihm verschriebene Antidepressivum nicht eingenommen habe. Dies habe die Beschwerdeführerin bereits in der Klageantwort vom 4. Februar 2011 in ad. III. Begründung ad 6 geltend gemacht.
 
6.2 An der angegebenen Stelle in der Klageantwort gab die Beschwerdeführerin zwar an, der Beschwerdegegner habe gegen die Schadenminderungspflicht verstossen, weil er die ihm verschriebenen Antidepressiva zumindest bis Ende 2009 nicht eingenommen habe. Die Beschwerdeführerin legt jedoch weder in der Klageantwort noch in der Beschwerde in Zivilsachen dar, inwiefern ihm dabei ein Verschulden angelastet werden kann. Die Vorinstanz hat daher kein Bundesrecht verletzt, wenn sie insoweit nicht auf eine Verletzung der Schadenminderungsobliegenheit schloss (vgl. Urteil 4A_349/2010 vom 29. September 2010 E. 4.2).
 
7.
 
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des bundesgerichtlichen Verfahrens wird die Beschwerdeführerin dafür kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3.
 
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 27. August 2012
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Klett
 
Der Gerichtsschreiber: Gelzer
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).