VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 6B_313/2012  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 6B_313/2012 vom 20.08.2012
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
6B_313/2012
 
Urteil vom 20. August 2012
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Mathys, Präsident,
 
Bundesrichter Denys, Schöbi,
 
Gerichtsschreiber C. Monn.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________, vertreten durch Advokat André M. Brunner,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Departement Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau, Amt für Justizvollzug, Bahnhofplatz 3c, 5001 Aarau 1 Fächer,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Bedingte Entlassung aus dem Vollzug einer stationären therapeutischen Massnahme,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 1. Kammer, vom 28. März 2012.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
1.1 X.________ befindet sich seit dem 30. Juli 2009 zum Vollzug einer stationären therapeutischen Massnahme gemäss Art. 59 StGB in der Psychiatrischen Klinik P.________.
 
Am 7. Oktober 2011 sah das Amt für Justizvollzug des Departements Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau (AfJ) von einer bedingten Entlassung ab.
 
Dagegen führte X.________ am 8. Dezember 2011 Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Aargau mit den Anträgen, die Verfügung des AfJ vom 7. Oktober 2011 sei aufzuheben. Er sei unter angemessenen Rahmenbedingungen aus dem stationären Vollzug der Massnahme zu entlassen (Verfahren WBE.2011.413).
 
1.2 Am 25. November 2011 wies das AfJ ein Begehren von X.________ betreffend "Vollzugsöffnung" (Wiederaufnahme der externen Berufsbildung, Internetzugang) ab, soweit es darauf eintrat. Diese Verfügung wurde durch X.________ beim Regierungsrat des Kantons Aargau angefochten (Verfahren DVIGES.12.7).
 
1.3 Am 7. Februar 2012 beantragte X.________ beim AfJ, er sei sofort, eventuell unter angemessenen Rahmenbedingungen, aus dem stationären Vollzug der Massnahme zu entlassen. Eventuell sei er sofort aus dem geschlossenen in einen offenen oder halboffenen Vollzug zu versetzen. Es sei ihm die unentgeltliche Verbeiständung zu bewilligen.
 
Am 15. Februar 2012 trat das AfJ auf das Begehren nicht ein, da die aufgeworfenen Fragen in hängigen Rechtsmittelverfahren geprüft würden.
 
X.________ führte am 15. März 2012 beim Verwaltungsgericht Beschwerde und beantragte, es sei die Verfügung vom 15. Februar 2012 aufzuheben. Es sei das AfJ zu verpflichten, auf das Gesuch vom 7. Februar 2012 (Prüfung der Entlassung, eventuell der sofortigen Versetzung in den offenen oder halboffenen Vollzug der Massnahme, Begutachtung, unentgeltliche Verbeiständung) einzutreten. Es sei ihm die unentgeltliche Prozessführung zu bewilligen.
 
Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde am 28. März 2012 ab, soweit darauf eingetreten werden konnte. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wurde abgewiesen. Die verwaltungsgerichtlichen Verfahrenskosten wurden X.________ auferlegt (Verfahren WBE 2012.112).
 
X.________ wendet sich in Bezug auf das Verfahren WBE.2012.112 mit Beschwerde vom 15. Mai 2012 ans Bundesgericht und beantragt, es seien das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 28. März 2012 aufzuheben, die Angelegenheit an das Verwaltungsgericht oder an den Regierungsrat zur weiteren Bearbeitung zu überweisen und zu prüfen, ob er in den offenen bzw. halboffenen Vollzug zu versetzen sei. Es sei ihm für diese Prüfung der Versetzung die unentgeltliche Verbeiständung zu gewähren (act. 1).
 
1.4 Am 6. April 2012 hatte X.________ ein weiteres Gesuch um Versetzung in den offenen oder halboffenen Vollzug gestellt. Am 23. Mai 2012 wies das AfJ das Begehren ab, soweit darauf eingetreten werden konnte.
 
1.5 In der Zwischenzeit hat das Verwaltungsgericht am 30. Mai 2012 auch im Verfahren WBE.2011.413 (oben E. 1.1) die Beschwerde abgewiesen.
 
2.
 
Mit Eingabe vom 10. Juni 2012 (act. 8) teilt der Beschwerdeführer dem Bundesgericht mit, das bundesgerichtliche Verfahren (s. oben E. 1.3) werde teilweise gegenstandslos. Mit dem neuen Entscheid des AfJ vom 23. Mai 2012 (s. oben E. 1.4) liege nun eine beim Regierungsrat anfechtbare Verfügung vor. Im Verfahren vor Bundesgericht bleibe nur die Kostenfolge des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 28. März 2012 zu beurteilen. Folglich ist das bundesgerichtliche Verfahren abzuschreiben, soweit es nicht die Kosten- und Entschädigungsregelung des angefochtenen Entscheids vom 28. März 2012 betrifft.
 
3.
 
In Bezug auf die Kosten- und Entschädigungsregelung kann auf die Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (vgl. angefochtenen Entscheid S. 7 E. 11). Sie kommt zum Schluss, in Anbetracht der bereits hängigen Verfahren vor Verwaltungsgericht und vor dem Regierungsrat erweise sich das Beschwerdeverfahren, insbesondere weil der Beschwerdeführer anwaltlich vertreten gewesen sei, als aussichtslos.
 
3.1 Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, er habe sich im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens strikt an die Rechtsmittelbelehrung des AfJ gehalten (act. 1 S. 9 Ziff. 2). Der Umstand, dass ein Rechtsmittel zulässig ist, sagt über dessen Erfolgsaussichten indessen nichts aus.
 
3.2 Weiter macht der Beschwerdeführer geltend, so oder anders könne die Angelegenheit im Hinblick auf die Beurteilung des Eventualbegehrens auf Prüfung der Versetzung in den offenen oder halboffenen Vollzug der Massnahme keinesfalls als aussichtslos bezeichnet werden (act. 1 S. 9 Ziff. 2).
 
In Bezug auf das Eventualbegehren kommt die Vorinstanz zunächst gestützt auf § 102 Abs. 2 der Verordnung über den Vollzug von Strafen und Massnahmen (SMV) zum Schluss, die aufgeworfene Frage sei einer Überprüfung durch direkte Anrufung des Verwaltungsgerichts nicht zugänglich, da dieses nur bei Beschwerden betreffend Kostentragung und bedingter Entlassung direkt angerufen werden könne (angefochtener Entscheid S. 6 E. 8.4.1). Gestützt auf den Grundsatz der Einfachheit und Raschheit des Verfahrens macht der Beschwerdeführer geltend, es müsse grundsätzlich zulässig sein, eine Verfügung bei einer Instanz anzufechten (Beschwerde S. 5/6). Zwar sollte ein Verfahren möglichst einfach und rasch sein. Aber davon, dass eine Instanz deswegen auch über einen Eventualantrag, zu dessen Beurteilung sie nicht zuständig ist, befinden müsste, kann nicht die Rede sein. Bereits eine Woche nach dem angefochtenen Entscheid hat der Beschwerdeführer denn auch den korrekten Rechtsweg beschritten (oben E. 1.4). Da er anwaltlich vertreten war, ist nicht ersichtlich, weshalb er dies nicht von Anfang an hätte tun können.
 
Weiter stellt die Vorinstanz fest, eine Überweisung betreffend das Eventualbegehren an den zuständigen Regierungsrat erübrige sich, da dort im Zusammenhang mit Vollzugsöffnungen bereits das Verfahren DVIGS.12.7 (s. oben E. 1.2) hängig sei (angefochtener Entscheid S. 6 E. 8.4.2). Auch wenn diese Erwägung, wie der Beschwerdeführer geltend macht, nicht richtig sein sollte, weil er im bereits hängigen Verfahren nur die Fortsetzung des externen Arbeitens und den uneingeschränkten Zugang zum Internet, nicht aber die Versetzung in den offenen oder halboffenen Vollzug verlangt hatte (Beschwerde S. 6), änderte dies nichts daran, dass die Beschwerde vor der Vorinstanz aussichtslos war.
 
3.3 In der Eingabe vom 10. Juni 2012 (act. 8) wirft der Beschwerdeführer dem AfJ ein "verwirrliches" Verhalten vor. Es kann offen bleiben, ob diese nachträglichen Ausführungen noch gehört werden können. Jedenfalls ergibt sich auch aus dieser Eingabe nicht, dass und inwieweit die Schlussfolgerung der Vorinstanz, das Beschwerdeverfahren sei aussichtslos gewesen, gegen das Recht im Sinne von Art. 95 BGG verstossen könnte.
 
4.
 
Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit sie nicht gegenstandslos geworden ist. Bei diesem Ausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist in Anwendung von Art. 64 BGG abzuweisen, weil die Rechtsbegehen aussichtslos erschienen. Der finanziellen Lage des Beschwerdeführers ist bei der Bemessung der Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit sie nicht gegenstandslos geworden ist.
 
2.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
 
3.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 20. August 2012
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Mathys
 
Der Gerichtsschreiber: C. Monn
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).