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Informationen zum Dokument  BGer 2C_140/2012  Materielle Begründung
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BGer 2C_140/2012 vom 02.08.2012
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
2C_140/2012
 
Verfügung vom 2. August 2012
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Seiler, als Einzelrichter,
 
Gerichtsschreiber Kocher.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________ sel., Dr. iur., Rechtsanwalt,
 
Beschwerdeführer,
 
v.d. Y.________,
 
gegen
 
Aufsichtskommission über die Anwältinnen und Anwälte im Kanton Zürich.
 
Gegenstand
 
Verletzung von Berufsregeln,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 3. Kammer, vom 21. Dezember 2011.
 
Erwägungen:
 
1.
 
Die Aufsichtskommission über die Anwältinnen und Anwälte des Kantons Zürich auferlegte Dr. iur. X.________ mit Beschluss vom 1. September 2011 eine Busse von Fr. 3'000.-- und die Verfahrenskosten in selber Höhe. Sie war zum Schluss gelangt, X.________ habe gegen Art. 12 lit. a (Pflicht zur Rechenschaftsablage) und lit. i (Pflicht zur Rechnungsstellung) des Bundesgesetzes vom 23. Juni 2000 über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (BGFA; SR 935.61) verstossen. Mit Urteil vom 21. Dezember 2011 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, die hiegegen erhobene Beschwerde ab und auferlegte X.________ die Gerichtskosten von Fr. 5'060.--. Dagegen wandte sich X.________ mit Eingabe vom 6. Februar 2012 an das Bundesgericht. In seiner Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragte er, das angefochtene Urteil sei aufzuheben, und es sei von einer disziplinarischen Bestrafung sowie von der Kostenauferlegung abzusehen.
 
2.
 
X.________ ist am 14. Juni 2012 verstorben. Mit Schreiben vom 27. Juli 2012 ersucht der Willensvollstrecker um Vornahme der "entsprechenden Beschluss- bzw. Entscheidhandlungen".
 
3.
 
3.1 Zu den Sachurteilsvoraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, die das Bundesgericht von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG) und mit freier Kognition (BGE 137 III 417 E. 1) zu prüfen hat, zählt das schutzwürdige Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides. Dieses bildet einen Teilaspekt der Legitimation der beschwerdeführenden Person (Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG). Entfällt es im Verlauf des bundesgerichtlichen Verfahrens, wird die Sache als erledigt erklärt (Gegenstandslosigkeit); fehlte es schon bei der Beschwerdeeinreichung, ist auf die Eingabe nicht einzutreten (Urteil 2C_1049/2011 vom 18. Juli 2012 E. 1.2 mit Hinweisen).
 
3.2 Gemäss Art. 31 Abs. 1 ZGB endet die Persönlichkeit mit dem Tod. Mit ihm erwerben die Erben von Gesetzes wegen die Erbschaft (Art. 560 Abs. 1 ZGB). Voraussetzung für die Vererblichkeit eines Rechts ist, dass es unabhängig von der verstorbenen Person bestehen kann und nicht mit deren Tod erlischt. Unvererblich sind höchstpersönliche Rechte (Urteil 1C_106/2008 vom 24. September 2008 E. 6.3.4, in: ZBl 109/2008 S. 614). Strafen haben höchstpersönlichen Charakter. Höchstpersönlich sind die Bussen des Kernstrafrechts (BGE 116 IV 4 E. 3a S. 8), ebenso jene des Verwaltungsrechts wie z.B. steuerrechtliche Hinterziehungsbussen (BGE 134 III 59 E. 2.3.2 S. 64 f.). Das BGFA, insbesondere auch dessen Disziplinarrecht, ist Teil des Bundesverwaltungsrechts (Urteil 2C_133/2012 vom 18. Juni 2012 E. 1.1). Seine Disziplinarmassnahmen sind ihrer Natur nach höchstpersönlich und unvererblich. Der Anspruch, sich gegen eine Disziplinarmassnahme zur Wehr zu setzen, ist ebenso höchstpersönlich wie die Sanktion als solche. Trägerin des Anspruchs ist ausschliesslich die Prozesspartei, die in eigener Person die Voraussetzungen erfüllt. Verstirbt sie, geht der Anspruch unter (vgl. Urteil 5P.220/2003 vom 23. Dezember 2003 E. 3.1 zur unentgeltlichen Prozessführung). Ebenso ausgeschlossen ist, dass jemand als Vertreter einer verstorbenen Person in deren Namen postum eine Klage gemäss Art. 28 Abs. 1 ZGB anhebt (BGE 129 I 302 E. 1.2.1 S. 306).
 
3.3 Mit dem Tod X.________s erlosch die Möglichkeit, das angehobene höchstpersönliche Beschwerdeverfahren weiterzuführen. Das sog. Streitsubjekt entfiel und das Verfahren wurde gegenstandslos (RHINOW/KOLLER/KISS/THURNHERR/BRÜHL-MOSER, Öffentliches Prozessrecht, 2. Aufl., 2010, N. 1677; MOSER/BEUSCH/KNEUBÜHLER, Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, 2008, N. 3.210). Bei nachträglichem Wegfall des Interesses an einem Sachurteil ist das Verfahren abzuschreiben, wogegen es verfehlt wäre, auf das hängige Rechtsmittel mangels Rechtsschutzinteresses nicht einzutreten. Aufgrund des Abschreibungsbeschlusses vermag der angefochtene und allenfalls unrichtige Verwaltungsakt nicht in materielle Rechtskraft zu treten; er entfaltet - anders als bei einem Nichteintretensbeschluss - keine Wirkung mehr (zum Ganzen FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., 1983, S. 326; MERKLI/AESCHLIMANN/HERZOG, Kommentar zum Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege im Kanton Bern, 1997, N. 3 zu Art. 39 VRPG/BE).
 
3.4 Das Verfahren ist damit durch den Instruktionsrichter als Einzelrichter (Art. 32 Abs. 2 BGG) infolge Gegenstandslosigkeit der Beschwerde und in Anwendung von Art. 71 BGG i.V.m. Art. 72 BZP abzuschreiben.
 
4.
 
4.1 Über die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens ist an sich auf Grund der Sachlage vor Eintritt des Erledigungsgrundes zu entscheiden (Art. 72 BZP i.V.m. Art. 71 BGG; Urteil 2C_77/2007 vom 2. April 2009 E. 3, in: StE 2009 A 21.2 Nr. 7, StR 64/2009 S. 487). Hier rechtfertigt es sich, auf die Erhebung von Kosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 zweiter Satz BGG). Entschädigung ist keine zuzusprechen.
 
4.2 Die Kosten des vorangegangenen Verfahrens kann das Bundesgericht anders verteilen, wenn es den angefochtenen Entscheid ändert (Art. 67 BGG). Das ist hier, nachdem die Sache gegenstandslos geworden ist, nicht der Fall. Durch die Abschreibungsverfügung ist auch das angefochtene Urteil "gegenstandslos" geworden, sodass der Vorinstanz die Sache zur Neuregelung der Kostenfolgen des vor ihr durchgeführten Verfahrens zu unterbreiten ist (Urteil 2C_676/2009 vom 5. Juli 2010 E. 2.3).
 
Demnach verfügt der Einzelrichter:
 
1.
 
Das Verfahren wird infolge Gegenstandslosigkeit der Beschwerde abgeschrieben.
 
2.
 
Die Sache wird zur Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen für das kantonale Verfahren an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich zurückgewiesen.
 
3.
 
Für das bundesgerichtliche Verfahren werden keine Kosten erhoben.
 
4.
 
Diese Verfügung wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 2. August 2012
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Einzelrichter: Seiler
 
Der Gerichtsschreiber: Kocher
 
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