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Informationen zum Dokument  BGer 8C_861/2011  Materielle Begründung
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BGer 8C_861/2011 vom 08.06.2012
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
8C_861/2011
 
Urteil vom 8. Juni 2012
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
 
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Niquille,
 
Gerichtsschreiberin Weber Peter.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
C.________,
 
vertreten durch Advokat Nicolai Fullin,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Aargau, Kyburgerstrasse 15, 5000 Aarau,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 15. September 2011.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Die 1965 geborene C.________ meldete sich am 10. März 2006 aufgrund der seit dem Autounfall vom 9. April 2003, bei dem sie sich ein HWS-Distorsionstrauma zugezogen hatte, bestehenden Beschwerden bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach medizinischen und beruflich-erwerblichen Abklärungen und dem Beizug der Unfallversicherungsakten der SUVA holte die IV-Stelle des Kantons Aargau ein polydisziplinäres Gutachten beim Institut X.________ (vom 9. November 2009) ein. In der Folge lehnte sie nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren einen Rentenanspruch der Versicherten mit Verfügung vom 19. Juli 2010 ab.
 
B.
 
Die dagegen erhobene Beschwerde, in deren Folge das am 1. März 2011 durch Prof. Dr. med. W.________, Spital Y.________, Klinik für Neurologie, im Zuge des Haftpflichtverfahrens erstellte neurologische Gutachten eingereicht wurde, wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 15. September 2011 ab.
 
C.
 
Die Versicherte lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Rechtsbegehren, in Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides sei die IV-Stelle zu verpflichten rückwirkend eine Invalidenrente nach den gesetzlichen Bestimmungen, mindestens aber eine befristete Rente, zu leisten.
 
Auf die Durchführung eines Schriftenwechsels wurde verzichtet.
 
Erwägungen:
 
1.
 
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Feststellungen der Vorinstanz hinsichtlich des Grades der Arbeitsunfähigkeit betreffen Tatfragen, soweit sie auf Beweiswürdigung beruhen, und sind insoweit lediglich unter eingeschränktem Blickwinkel überprüfbar (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397). Dagegen ist die Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes und der Beweiswürdigungsregeln nach Art. 61 lit. c ATSG Rechtsfrage (BGE 132 V 393 E. 3.2 und 4 S. 397 ff.).
 
2.
 
2.1 Streitig und zu prüfen ist der Anspruch der Beschwerdeführerin auf eine Invalidenrente und dabei namentlich deren Arbeitsunfähigkeit. Das kantonale Gericht hat die für die Beurteilung massgebenden rechtlichen Grundlagen zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
 
2.2 Zu betonen bleibt, dass im Bereich des vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten Sozialversicherungsrechts zwar keine Beweisführungslast besteht, doch die Parteien die Beweislast insofern zu tragen haben, als der Entscheid im Falle der Beweislosigkeit zu Ungunsten jener Partei ausfällt, die aus dem unbewiesen gebliebenen Sachverhalt Rechte ableiten wollte, sofern es sich als unmöglich erweist, im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes auf Grund einer Beweiswürdigung einen Sachverhalt zu ermitteln, der zumindest die Wahrscheinlichkeit für sich hat, der Wirklichkeit zu entsprechen (SVR 2009 UV Nr. 43 S. 150, 8C_770/2008 E. 5.5.3; vgl. auch Urteil 9C_961/2008 vom 30. November 2009 E. 3.1 mit Hinweis).
 
3.
 
3.1 Nach umfassender Würdigung der medizinischen Akten gelangte die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid zum Schluss, dass gestützt auf das Gutachten des Instituts X.________ vom 9. November 2009, dem es zu Recht vollen Beweiswert zuerkannte (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 2a S. 352), ab dem Zeitpunkt der Begutachtung im Institut X.________ von einer mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bestehenden 100 %igen Arbeitsfähigkeit in einer leidensangepassten Tätigkeit auszugehen ist. Betreffend den Zeitraum vor der Begutachtung im Institut X.________ stellte sie demgegenüber fest, dass die umfassenden insbesondere neurologischen Abklärungen in den Akten eine relevante Arbeitsunfähigkeit nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auszuweisen vermochten. Da von zusätzlichen Abklärungen keine weiteren Erkenntnisse zu erwarten seien und auch von den Gutachtern des Instituts X.______ keine weitern Abklärungsmassnahmen zur Eruierung der Arbeitsfähigkeit vor der Begutachtung vorgeschlagen worden seien, müsse die Beschwerdeführerin die Folgen der Beweislosigkeit tragen, da sie aus dem unbewiesenen Sachverhalt Rechte ableiten wollte. Sie verneinte einen Leistungsanspruch. Dies ist nicht zu beanstanden.
 
3.2 Was die Beschwerdeführerin dagegen vorbringt, ist nicht geeignet, die für das Bundesgericht verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz zur Arbeitsfähigkeit als offensichtlich unrichtig oder sonst wie bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen (Art. 97 Abs. 1 und 105 Abs. 2 BGG). Insbesondere kann der Einwand, das Gutachten des Instituts X.________ könne als Entscheidgrundlage für einen Rentenanspruch in der Zeit vor dieser Begutachtung nicht in Frage kommen, so hätten die Gutachter keine abschliessende retrospektive Beurteilung der Arbeitsfähigkeit abgegeben, nicht gehört werden. Die Vorinstanz hat für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit vor dem Begutachtungszeitpunkt entgegen der Beschwerdeführerin nicht einfach auf das Gutachten des Instituts X.________ abgestellt. Vielmehr ist sie aufgrund einer überzeugenden Gesamtwürdigung der medizinischen Unterlagen von Beweislosigkeit in Bezug auf die für diese Zeit geltend gemachte Arbeitsunfähigkeit ausgegangen, nachdem von weitern Abklärungen keine relevanten Erkenntnisse zu erwarten waren. Dies ist mit Blick auf die Aktenlage und die Schwierigkeiten, die mit retrospektiven Beurteilungen zusammenhängen (Urteil 8C_810/2010 vom 16. September 2011) - worauf die Beschwerdeführerin selbst hinweist - nicht zu beanstanden. Unter Hinweis auf zwei dazu im parallel laufenden Unfallversicherungsverfahren ergangene Urteile, welche sich mit der medizinischen Aktenlage auseinandersetzen, und mit Verweis auf das Gutachten des Neurologen Prof. Dr. med. W.________ vom 1. März 2011 hat die Vorinstanz festgestellt, dass die beiden echtzeitlichen neurologischen Gutachten des Prof. Dr. med. B.________ vom 20. Mai 2005 und vom 17. März 2008 als Entscheidgrundlage in Bezug auf die Beurteilung dieser Zeitspanne der Arbeitsfähigkeit nicht zu genügen vermögen und daher darauf nicht abgestellt werden kann. Inwiefern diese Feststellungen und die entsprechende Beweiswürdigung der Vorinstanz offensichtlich unrichtig sein sollen, ist den Einwendungen der Beschwerdeführerin nicht zu entnehmen. Wenn sie zudem geltend macht, es lägen eine ganze Anzahl ärztlicher Einschätzungen vor, die echtzeitlich eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit vor der Begutachtung des Instituts X.________ auswiesen, worauf die Vorinstanz erst gar nicht eingegangen sei, und damit sinngemäss eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes geltend machen will, kann darauf mangels substanziierter Begründung (Art. 42 Abs. 2 BGG) nicht eingegangen werden. Im Übrigen bleibt anzumerken, dass die vorhandenen medizinischen Unterlagen im Gutachten des Instituts X.________ berücksichtigt wurden.
 
Mithin steht fest, dass die Schlussfolgerung der Vorinstanz, wonach die Beschwerdeführerin die Folgen der Beweislosigkeit hinsichtlich der geltend gemachten Arbeitsunfähigkeit vor dem Begutachtungszeitpunkt zu tragen hat, nachdem sie aus dem unbewiesenen Sachverhalt Rechte ableiten wollte (vgl. E. 2.2) nicht Bundesrecht verletzt. Die Frage betreffend Überwindbarkeit der geklagten Beschwerden im Sinne der Rechtsprechung (BGE 136 V 279 mit Verweis auf BGE 130 V 352) braucht damit nicht weiter geprüft zu werden. Mit der verfügten und vorinstanzlich bestätigten Leistungsablehnung hat es somit sein Bewenden.
 
4.
 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 8. Juni 2012
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Ursprung
 
Die Gerichtsschreiberin: Weber Peter
 
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