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Informationen zum Dokument  BGer 8C_886/2011  Materielle Begründung
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BGer 8C_886/2011 vom 04.04.2012
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
8C_886/2011
 
Urteil vom 4. April 2012
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
 
Bundesrichterin Niquille, Bundesrichter Maillard,
 
Gerichtsschreiberin Schüpfer.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Michele Santucci,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Aargau, Kyburgerstrasse 15, 5000 Aarau,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung (Invalidenrente),
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 20. Oktober 2011.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Die 1960 geborene A.________ ist Mutter von drei erwachsenen Kindern und war seit November 1994 bis zum 28. Februar 2007 in einem vollen Pensum als Pflegehilfe im Spital X.________ angestellt (letzter effektiver Arbeitstag: 8. November 2006). Am 27. September 2007 meldete sie sich bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die Sozialversicherungsanstalt des Kantons Aargau (IV-Stelle) zog die medizinischen Akten bei und liess die Versicherte durch Dr. med. M.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, begutachten. Gestützt auf die Expertise vom 20. Oktober 2010 verneinte die IV-Stelle mit Verfügung vom 10. November 2010 einen Rentenanspruch bei einem ermittelten Invaliditätsgrad von 9 %.
 
B.
 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 20. Oktober 2011 ab.
 
C.
 
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei ihr ab 1. Oktober 2008 eine halbe Invalidenrente zuzusprechen. Eventualiter sei die Sache zur Einholung eines Obergutachtens an die Vorinstanz zurückzuweisen.
 
Auf die Durchführung eines Schriftenwechsels wurde verzichtet.
 
Erwägungen:
 
1.
 
Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG) und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Dies ist aufgrund der Vorbringen in der Beschwerde zu prüfen (nicht publ. E. 1 des Urteils BGE 135 V 306, in SVR 2009 IV Nr. 52 S. 161 [8C_763/2008]).
 
Die aufgrund medizinischer Untersuchungen gerichtlich festgestellte Arbeitsfähigkeit ist Tatfrage (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397). Rechtsfragen sind die unvollständige Feststellung rechtserheblicher Tatsachen sowie die Missachtung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 43 Abs. 1, Art. 61 lit. c ATSG) und der Anforderungen an den Beweiswert von Arztberichten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232). Die konkrete Beweiswürdigung ist Tatfrage (nicht publ. E. 4.1 des Urteils BGE 135 V 254, in SVR 2009 IV Nr. 53 S. 164 [9C_204/2009]; Urteil 8C_594/2011 vom 20. Oktober 2011 E. 1).
 
2.
 
Streitig und zu prüfen ist der Anspruch auf eine Invalidenrente der Invalidenversicherung ab Oktober 2008.
 
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen über die Begriffe Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG) und Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG) zutreffend dargelegt. Gleiches gilt für die Grundsätze über die Beweiswürdigung, insbesondere im Hinblick auf ärztliche Berichte und Gutachten (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352 mit Hinweis).
 
3.
 
3.1 Nach umfassender Auseinandersetzung mit den medizinischen Akten gelangte die Vorinstanz zum Ergebnis, in der angestammten Tätigkeit als Pflegehelferin wie auch in einer anderen angepassten Tätigkeit bestehe eine Arbeitsfähigkeit von 80 %. Diese Beurteilung stützt sich namentlich auf das im Rahmen der medizinischen Abklärungen von der IV-Stelle eingeholte Gutachten des Dr. med. M.________ vom 20. Oktober 2010. Die Notwendigkeit weiterer medizinischer Abklärungen hat sie verneint.
 
3.2 Aus psychiatrischer Sicht stellt Dr. med. M.________ die Diagnosen einer Dysthymia (ICD-10: F34.1) sowie von akzentuierten Persönlichkeitszügen mit histrionischen Zügen (ICD-10: Z73.1). Letztere habe keine Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit. Aus der erstgenannten Diagnose resultieren demnach geringgradige und fluktuierend vorhandene funktionelle Einbussen. Bei einem in zeitlicher Hinsicht vollen Arbeitspensum (8.4 Stunden während fünf Tagen in der Woche) bewirkten die Störungen eine verminderte Toleranz gegenüber Stress und Hektik, eine erhöhte Ermüdungs- und Erschöpfungsneigung und eine leicht erhöhte Kränkbarkeit, was zu einer Verminderung der Arbeitsfähigkeit um 20 % führe.
 
3.3 Die Tatsachenfeststellungen des kantonalen Gerichts, namentlich die aus den medizinischen Akten gewonnene Erkenntnis, wonach eine Arbeits- und Leistungsfähigkeit in einer körperlich angepassten Tätigkeit - wozu auch die früher ausgeübte als Pflegehilfe gehört - von 80 % besteht, ist im letztinstanzlichen Prozess grundsätzlich verbindlich. Im Rahmen der eingeschränkten Sachverhaltskontrolle (Art. 97 Abs. 1 BGG) ist es nicht Aufgabe des Bundesgerichts, die schon im vorinstanzlichen Verfahren im Recht gelegenen medizinischen Berichte neu zu würdigen und die rechtsfehlerfreie Sachverhaltsfeststellung des kantonalen Gerichts hinsichtlich der medizinisch begründeten Einschränkung des Leistungsvermögens und des Ausmasses der trotz gesundheitlicher Einschränkungen verbleibenden Arbeitsfähigkeit zu korrigieren (E. 1 hievor).
 
4. Gemäss der in der Beschwerde vertretenen Auffassung ist die vorinstanzliche Beurteilung in verschiedener Hinsicht offensichtlich unrichtig und rechtsfehlerhaft.
 
4.1 Die Beschwerdeführerin rügt zunächst, das psychiatrische Gutachten des Dr. med. M.________ vom 20. Oktober 2010 könne nicht als beweiskräftig erachtet werden und als Entscheidungsgrundlage für die Beurteilung ihrer Leistungsansprüche dienen. Der Experte habe sich nicht hinreichend mit dem vom behandelnden Psychiater in einem separaten Schreiben an den Gutachter erwähnten psychischen Trauma und dessen Auswirkungen auseinandergesetzt. Im weiteren sei nicht auszuschliessen, dass der Gutachter in einem gewissen Umfang voreingenommen gewesen sei.
 
4.2 Die Kritik der Beschwerdeführerin an der vorinstanzlichen Würdigung der medizinischen Unterlagen ist nicht stichhaltig. Das kantonale Gericht hat insbesondere kein Bundesrecht verletzt, wenn es dem erwähnten Gutachten vollen Beweiswert zuerkannte. Dieses entspricht grundsätzlich den von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien für eine beweiskräftige Expertise (vgl. BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232 mit Hinweis). Die psychiatrische Exploration durch Dr. med. M.________ umfasst eine ausführliche Anamnese, ergänzende subjektive Angaben, eine Darstellung der Befunde, eine sehr ausführliche psychiatrische Beurteilung, eine begründete Einschätzung der Arbeitsfähigkeit und die Auswirkungen des psychischen Gesundheitszustandes auf die Eingliederungsfähigkeit sowie eine Stellungnahme zu den früheren psychiatrischen Zeugnissen, Diagnosen und Berichten. Insbesondere zur abweichenden Einschätzung des behandelnden Dr. med. F.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, hat sich der Experte eingehend geäussert. Dr. med. M.________ erhob keine Befunde, welche eine weitere Abklärung erfordern würde, sodass der Kritik an der psychiatrischen Exploration - soweit sie nicht appellatorischer Natur ist und demzufolge ausser Acht bleiben muss - nicht gefolgt werden kann. Ebenso entbehrt der Vorwurf der Voreingenommenheit des Experten jeder objektiven Grundlage. Im Gutachten werden widersprüchliches Verhalten und diskrepante Berichte dargestellt, wo diese gefunden wurden. Der Arzt begründet seine diesbezüglichen Erkenntnisse ausdrücklich und überzeugend. Daraus auf den Anschein einer Voreingenommenheit gegenüber der zu explorierenden Person zu schliessen, ist verfehlt.
 
4.3 Das kantonale Gericht konnte somit ohne Verletzung von Bundesrecht zum Schluss kommen, es sei nicht mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit ausgewiesen, dass vor der Begutachtung im August 2010 eine relevante Arbeitsunfähigkeit von mehr als 20 % bestanden hatte und von weiteren Abklärungen keine weiteren Erkenntnisse zur Eruierung der Arbeitsfähigkeit vor September 2010 zu erwarten seien. Damit hat das kantonale Gericht zu Recht festgestellt, dass keine während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch andauernde durchschnittliche 40%ige Arbeitsunfähigkeit bestand und damit das Wartejahr gemäss Art. 28 Abs. 1 IVG nicht erfüllt ist. Es bestand daher keine Notwendigkeit, einen Invaliditätsgrad im Verfügungszeitpunkt zu ermitteln. Indessen ist gegen die vorinstanzlichen Ausführungen, wonach bei einer zumutbaren Arbeitsfähigkeit in der bisherigen, wie auch einer anderen Tätigkeit von 80 % ein rentenausschliessender Invaliditätsgrad von 20 % besteht, nichts einzuwenden.
 
5.
 
Die Beschwerde hatte keine Aussicht auf Erfolg, weshalb sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG als offensichtlich unbegründet (Abs. 2 lit. a) ohne Durchführung des Schriftenwechsels erledigt wird.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau, der REVOR Sammelstiftung 2. Säule, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 4. April 2012
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Ursprung
 
Die Gerichtsschreiberin: Schüpfer
 
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