VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 4A_612/2011  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 4A_612/2011 vom 05.03.2012
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
4A_612/2011
 
Urteil vom 5. März 2012
 
I. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
 
Bundesrichter Corboz, Bundesrichterin Kiss,
 
Gerichtsschreiberin Schreier.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________ AG,
 
vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Adrian von Segesser und Dr. Thomas Rebsamen,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Y.________ AG,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Erhard Pfister,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Honorarvereinbarung,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern, 1. Abteilung, vom 6. September 2011.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Die Y.________ AG (Klägerin und Beschwerdegegnerin) macht gegen die X.________ AG (Beklagte und Beschwerdeführerin) Honoraransprüche geltend. Sie stützt sich dabei auf eine Vereinbarung, mit welcher sich die Parteien über ein pauschales Honorar von EUR 500'000.-- geeinigt hätten. Die Beklagte bestreitet, eine Vereinbarung diesen Inhalts geschlossen zu haben.
 
B.
 
B.a Am 4. April 2009 reichte die Klägerin beim Amtsgericht Luzern-Land Klage ein mit dem Begehren, die Beklagte sei zur Zahlung von EUR 434'200.-- zu verurteilen. Darauf erhob die Beklagte Widerklage mit dem Begehren, die Klägerin/Widerbeklagte sei zur Zahlung von insgesamt EUR 146'840.-- zu verurteilen.
 
Mit Urteil vom 1. Oktober 2010 wies das Amtsgericht Luzern-Land sowohl die Klage als auch die Widerklage ab.
 
B.b Gegen dieses Urteil erklärte die Klägerin Appellation beim Obergericht des Kantons Luzern mit dem Begehren, es sei das erstinstanzliche Urteil aufzuheben, soweit die Klage abgewiesen und ihr Kosten auferlegt worden waren. Im Übrigen wiederholte sie die erstinstanzlich gestellten Anträge.
 
Mit Urteil vom 6. September 2011 hiess das Obergericht des Kantons Luzern die Klage teilweise gut und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von EUR 391'160.--.
 
C.
 
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 7. Oktober 2011 beantragt die Beklagte dem Bundesgericht, es sei das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.
 
Die Beschwerdegegnerin beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, eventualiter sei sie abzuweisen. Die Vorinstanz beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist.
 
Erwägungen:
 
1.
 
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (BGE 137 III 417 E. 1; 136 II 436 E. 1, 101 E. 1).
 
1.1 Die Beschwerde richtet sich gegen einen verfahrensabschliessenden Entscheid (Art. 90 BGG) einer oberen kantonalen Instanz, die auf ein Rechtsmittel hin kantonal letztinstanzlich in einer Zivilsache entschieden hat (Art. 75 i.V.m. Art. 72 BGG), die Rechtsbegehren der Beschwerdeführerin sind im kantonalen Verfahren nicht geschützt worden (Art. 76 Abs. 1 BGG), der massgebende Streitwert beträgt mehr als Fr. 30'000.-- (Art. 51 i.V.m. Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) und die Beschwerdefrist ist eingehalten (Art. 100 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde ist somit unter Vorbehalt einer hinreichenden Begründung (Art. 42 Abs. 2 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG) einzutreten.
 
1.2 Die Beschwerdeführerin reicht dem Bundesgericht neu eine Schlussabrechnung der Beschwerdegegnerin vom 23. August 2007 ein. Mit dieser hatte die Beschwerdegegnerin der Beschwerdeführerin einen Betrag von EUR 1'250'000.-- in Rechnung gestellt. Dies belege, dass auch die Beschwerdegegnerin selbst nie davon ausgegangen sei, die Parteien hätten sich auf ein pauschales Honorar von EUR 500'000.-- geeinigt.
 
1.2.1 Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nach Art. 99 Abs. 1 BGG nur soweit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt, was in der Beschwerde näher darzulegen ist (BGE 133 III 393 E. 3 S. 395 mit Hinweis).
 
1.2.2 Die Beschwerdeführerin macht geltend, erst der angefochtene Entscheid habe Anlass zur Einreichung gegeben, da die Vorinstanz entgegen der Beurteilung des erstinstanzlichen Gerichts und der Argumentation der Beschwerdegegnerin in der Mailkorrespondenz der Parteien vom März 2006 eine Vertragseinigung erblickt habe. Die Beschwerdeführerin hätte erwarten dürfen, dass sich die Vorinstanz mit dem gesamten Sachverhalt auseinandersetze und nicht bloss mit drei E-Mails.
 
Diese Ausführungen gehen an der Sache vorbei. Die Beschwerdeführerin sieht in der neu eingereichten Schlussabrechnung ein weiteres Indiz dafür, dass zwischen den Parteien nie ein Konsens über ein pauschales Honorar von EUR 500'000.-- bestand. Diese Frage bildet indessen den eigentlichen Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Die Beschwerdeführerin hatte somit bereits in den vorinstanzlichen Verfahren Anlass, die Schlussabrechnung als Beweismittel einzureichen. Im bundesgerichtlichen Verfahren hat diese folglich unbeachtet zu bleiben.
 
1.3
 
1.3.1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 133 II 249 E. 1.2.2). Überdies muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein (Art. 97 Abs. 1 BGG). Die beschwerdeführende Partei, welche die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz anfechten will, muss klar und substanziiert aufzeigen, inwiefern die gerügten Feststellungen bzw. die Unterlassung von Feststellungen offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.3; 133 III 350 E. 1.3, 393 E. 7.1, 462 E. 2.4).
 
Wird Willkür in der Ermittlung des Sachverhalts geltend gemacht, ist zu beachten, dass dem Sachrichter in der Beweiswürdigung ein breiter Ermessensspielraum zusteht; die beschwerdeführende Partei hat daher darzulegen, inwiefern das kantonale Gericht sein Ermessen missbraucht, insbesondere offensichtlich unhaltbare Schlüsse gezogen, erhebliche Beweise übersehen oder willkürlich ausser Acht gelassen habe (vgl. BGE 132 III 209 E. 2.1; 129 I 8 E. 2.1; 120 Ia 31 E. 4b S. 40; 118 Ia 28 E. 1b S. 30). Auf eine Kritik an den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, die diesen Anforderungen nicht genügt, namentlich auf bloss appellatorische Vorbringen, ist nicht einzutreten (BGE 133 II 249 E. 1.4.3, 396 E. 3.1 S. 399).
 
1.3.2 Diese Grundsätze verkennt die Beschwerdeführerin über weite Strecken. Sie unterbreitet dem Bundesgericht ihre Sicht der Dinge und erweitert dabei den vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt beliebig, ohne substanziierte Sachverhaltsrügen im vorstehenden Sinne zu erheben. Darauf ist nicht einzutreten.
 
2.
 
Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz habe zu Unrecht eine Einigung der Parteien über ein Honorar von EUR 500'000.-- angenommen. Sie macht im Wesentlichen geltend, die vorinstanzliche Auslegung sei unzutreffend.
 
2.1 Die Vorinstanz hat festgestellt, der Beschwerdegegnerin sei der Beweis gelungen, dass zwischen den Parteien ein tatsächlicher Konsens über die von ihr behauptete Honorarvereinbarung im Betrag von EUR 500'000.-- bestanden habe.
 
2.2 Der Bestand eines Vertrages ist wie dessen Inhalt durch Auslegung der Willensäusserungen der Parteien zu bestimmen. Ziel der Vertragsauslegung ist es, in erster Linie den übereinstimmenden wirklichen Parteiwillen festzustellen (Art. 18 Abs. 1 OR). Steht eine tatsächliche Willensübereinstimmung fest, bleibt für eine Auslegung nach dem Vertrauensgrundsatz kein Raum (BGE 132 III 626 E. 3.1; 128 III 70 E. 1a S. 73). Die Feststellung des tatsächlichen Parteiwillens beruht auf Beweiswürdigung (vgl. BGE 135 III 410 E. 3.2 S. 413; 132 III 268 E. 2.3.2 S. 274, 626 E. 3.1 S. 632 mit Hinweisen). Sie kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 135 III 127 E. 1.5 S. 130, 397 E. 1.5 S. 401; 133 II 249 E. 1.2.2 S. 252).
 
2.3 Die Beschwerdeführerin verkennt, dass die Vorinstanz nicht eine Auslegung nach dem Vertrauensgrundsatz vorgenommen, sondern eine tatsächliche Willensübereinstimmung der Parteien festgestellt hat. Diese Sachverhaltsfeststellung ist für das Bundesgericht grundsätzlich bindend. Den Anforderungen an substanziierte Sachverhaltsrügen (vgl. E. 1.3.1) genügen die Ausführungen der Beschwerdeführerin nicht. Darauf kann somit nicht eingetreten werden.
 
3.
 
Nach dem Gesagten ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Bei diesem Verfahrensausgang wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 sowie Art. 68 Abs. 2 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 7'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3.
 
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 8'000.-- zu entschädigen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, 1. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 5. März 2012
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Klett
 
Die Gerichtsschreiberin: Schreier
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).