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Informationen zum Dokument  BGer 2C_82/2012  Materielle Begründung
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BGer 2C_82/2012 vom 31.01.2012
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
2C_82/2012
 
Urteil vom 31. Januar 2012
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Zünd, Präsident,
 
Gerichtsschreiber Hugi Yar.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Migrationsamt des Kantons Zürich,
 
Postfach, 8090 Zürich,
 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich,
 
Postfach, 8090 Zürich.
 
Gegenstand
 
Aufenthaltsbewilligung,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2. Kammer,
 
vom 14. Dezember 2011.
 
Erwägungen:
 
1.
 
X.________ (geb. 1964) stammt aus dem Iran. Er heiratete am 21. April 2010 eine ursprünglich ebenfalls aus dem Iran kommende Schweizerin (geb. 1957), worauf ihm eine bis zum 20. April 2011 gültige Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei seiner Gattin erteilt wurde. Am 11. September 2010 trennten sich die Eheleute. Das Migrationsamt des Kantons Zürich widerrief in der Folge am 15. Februar 2011 die Bewilligung von X.________ und wies ihn weg. Die Sicherheitsdirektion und das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich bestätigten auf Rekurs bzw. Beschwerde hin die Nichtverlängerung der Bewilligung. X.________ beantragt vor Bundesgericht, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 14. Dezember 2011 aufzuheben; das Migrationsamt sei anzuweisen, ihm eine "Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung des Typs B" auszustellen; gegebenenfalls sei seine Ausreisefrist bis zum 31. Dezember 2014 zu erstrecken.
 
2.
 
Die vorliegende Eingabe erweist sich als offensichtlich unzulässig und kann ohne Weiterungen durch den Präsidenten als Einzelrichter im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 BGG erledigt werden:
 
2.1 Die Rechtsschriften an das Bundesgericht haben die Begehren und deren Begründung zu enthalten, wobei in gedrängter Form darzulegen ist, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 1 und Abs. 2 BGG). Die Begründung muss sachbezogen sein, d.h. den Gegenstand des angefochtenen Entscheids betreffen, und in gezielter Form auf die für dessen Ergebnis massgeblichen Erwägungen der Vorinstanz eingehen (vgl. BGE 134 II 244 E. 2.1-2.3). Zwar prüft das Bundesgericht die Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (BGE 133 II 249 E. 1.1); dies befreit die Beschwerdeführenden indessen nicht davon, kurz darzulegen, dass und inwiefern die Eintretensvoraussetzungen gegeben sind. Soweit diese nicht offensichtlich erscheinen, ist es - insbesondere im Bereich des Ausländerrechts und der Ausschlussgründe von Art. 83 BGG - nicht Aufgabe des Gerichts, anhand der Akten oder weiterer noch beizuziehender Unterlagen nach allfälligen Anspruchssituationen zu suchen (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG; Urteile 2C_1012/2011 vom 19. Dezember 2011 E. 2.1 und 2C_174/2011 vom 8. November 2011 E. 2.2.2 sowie BGE 133 II 249 E. 1.1 S. 251, 353 E. 1 S. 356). Eine solche muss vom Betroffenen in vertretbarer Weise dargetan werden, andernfalls das Bundesgericht auf die Beschwerde nicht eintritt.
 
2.2
 
2.2.1 Ausländische Ehegatten von Schweizer Bürgern haben unter Vorbehalt von Art. 51 Abs. 1 AuG (SR 142.20) Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, wenn sie mit ihrem Partner zusammenwohnen (Art. 42 Abs. 1 AuG). Der Bewilligungsanspruch besteht trotz Auflösens bzw. definitiven Scheiterns der Ehegemeinschaft fort, wenn diese mindestens drei Jahre gedauert und die betroffene ausländische Person sich hier erfolgreich integriert hat (Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG; BGE 136 II 113 E. 3.3.3). Eine (relevante) Ehegemeinschaft liegt vor, solange die eheliche Beziehung tatsächlich gelebt wird und ein gegenseitiger Ehewille besteht. Dabei ist im Wesentlichen auf die Dauer der nach aussen wahrnehmbaren ehelichen Wohngemeinschaft abzustellen (Urteil 2C_544/2010 vom 23. Dezember 2010 E. 2.2). Mit Blick auf Art. 49 AuG, der den Ehegatten bei weiterdauernder Familiengemeinschaft gestattet, aus "wichtigen Gründen" getrennt zu leben, was auch bei vorübergehenden Schwierigkeiten in der Ehe kurzfristig der Fall sein kann (vgl. Art. 76 der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit [VZAE; SR 142.201]), ist jeweils aufgrund sämtlicher Umstände im Einzelfall zu bestimmen, ab welchem Zeitpunkt die eheliche Gemeinschaft als definitiv aufgelöst zu gelten hat.
 
2.2.2 Der Beschwerdeführer hat den ehelichen Haushalt unbestrittenermassen am 11. September 2010 verlassen, d.h. nur gerade fünf Monate nach der Heirat seiner Schweizer Gattin. Er unterhält nach eigenen Angaben eine neue Beziehung und eine Wiederaufnahme der ursprünglichen Ehe ist für ihn ausgeschlossen. "Eine andere Frau, die heutige Freundin" - so seine Ausführungen - "steht zur Trauung bereit; die alte Schweizer Ehefrau will aber nicht in die Scheidung einwilligen". Unter diesen Umständen kann er weder aus Art. 42 noch aus Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG etwas zu seinen Gunsten ableiten: Art. 42 AuG setzt für den Bewilligungsanspruch voraus, dass die Eheleute zusammenwohnen; es genügt, entgegen seiner Ansicht praxisgemäss nicht, dass die Ehe formell (noch) nicht geschieden ist. Die relevante Ehegemeinschaft betrug mit 5 Monaten deutlich weniger als die gesetzlich verlangten drei Jahre, weshalb der Beschwerdeführer sich für seinen Bewilligungsanspruch auch nicht in vertretbarer Weise auf Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG berufen kann.
 
2.2.3 Entgegen der Kritik des Beschwerdeführers liegt bei ihm zudem kein Härtefall im Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG vor: Danach besteht der Bewilligungsanspruch nach einer gescheiterten Ehe fort, falls wichtige persönliche Gründe einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen (vgl. BGE 137 II 345 E. 3.2 S. 348 ff.). Bei der Anwendung von Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG ist entscheidend, ob die persönliche, berufliche und familiäre Wiedereingliederung der betroffenen ausländischen Person bei einer Rückkehr in ihre Heimat als stark gefährdet zu gelten hätte und nicht, ob ein Leben in der Schweiz einfacher wäre und - aus welchen Gründen auch immer - vorgezogen würde (vgl. BGE 137 II 345 E. 3.2.3 S. 350 und die Urteile 2C_489/2011 vom 16. Juni 2011 E. 2.2 sowie 2C_216/2009 vom 20. August 2009 E. 3). Ein persönlicher, nachehelicher Härtefall setzt aufgrund der gesamten Umstände eine erhebliche Intensität der Konsequenzen für das Privat- und Familienleben voraus, die mit der Lebenssituation nach dem Dahinfallen der gestützt auf Art. 42 Abs. 1 AuG abgeleiteten Anwesenheitsberechtigung verbunden sein muss (vgl. BGE 137 II 345 E. 3.2.3 S. 350 und das Urteil 2C_781/2010 vom 16. Februar 2011 E. 2.2). Es ist nicht ersichtlich und der Beschwerdeführer legt nicht dar, inwiefern seine Rückkehr in den Iran in diesem Sinn besondere Probleme stellen würde, die in einem hinreichend engen Zusammenhang zur ursprünglich anspruchsbegründenden Ehe und dem damit verbundenen bisherigen (bewilligten) Aufenthalt in der Schweiz stünden (vgl. BGE 137 II 345 E. 3.2.3 S. 350). Der Beschwerdeführer hat seine Gattin nach nur wenigen Monaten gemeinsamen Lebens verlassen, um eine andere - aussereheliche - Beziehung einzugehen. Inwiefern hierin in vertretbarer Weise ein nachehelicher Härtefall erblickt werden könnte, ist nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer ist erst im Alter von 47 Jahren in die Schweiz gekommen und hält sich bloss seit Kurzem hier auf. Es ist ihm ohne Weiteres zuzumuten, in seine Heimat, die er freiwillig verlassen hat, zurückzukehren. Zwar macht der Beschwerdeführer geltend, dass ihm seitens des iranischen Regimes "ernsthafte Probleme" drohten; er legt indessen nicht dar, inwiefern diese in einer Beziehung zum Bewilligungsanspruch nach Art. 42 AuG stünden. Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, warum er - wie er geltend macht - für das Scheidungsverfahren in der Schweiz über ein Anwesenheitsrecht verfügen müsste. Er kann hierfür nötigenfalls punktuell in die Schweiz einreisen oder jemanden mit der Wahrung seiner Interessen beauftragen.
 
2.2.4 Der Beschwerdeführer beruft sich mit Blick auf seine neue Beziehung auch vergeblich auf Art. 8 EMRK (Schutz des Privatlebens): Nach der Rechtsprechung kann bei einer Konkubinatsbeziehung aus dieser Bestimmung nur dann ein Bewilligungsanspruch abgeleitet werden, wenn eine lang dauernde und gefestigte Partnerschaft vorliegt und die Heirat unmittelbar bevorsteht (so etwa die Urteile 2C_846/2010 vom 22. November 2010 E. 2.1.2 und 2C_97/2010 vom 4. November 2010 E. 3 mit zahlreichen Hinweisen). Dies ist hier - wie der Beschwerdeführer selber einräumt - nicht der Fall. Aus dem Anspruch auf Schutz des Privatlebens ergibt sich nach der Rechtsprechung ein Recht auf Verbleib im Land im Übrigen bloss unter besonderen Umständen. Eine lange Anwesenheit und die damit verbundene normale Integration genügen für sich allein nicht; es bedarf hierfür vielmehr besonders intensiver, über eine normale Integration hinausgehender privater Bindungen gesellschaftlicher oder beruflicher Natur bzw. entsprechender vertiefter sozialer Beziehungen zum ausserfamiliären Bereich (BGE 130 II 281 E. 3.2.1 S. 286; 126 II 377 E. 2c S. 384 ff.; 120 Ib 16 E. 3b S. 22; Urteil 2C_266/2009 vom 2. Februar 2010 E. 3-5). Solche tut der Beschwerdeführer nicht dar. Zwar will er über fünf Cousins in der Schweiz verfügen, doch behauptet er selber nicht, dass er zu diesen in einem Abhängigkeitsverhältnis stünde, welches ihm im Rahmen von Art. 8 EMRK einen Aufenthaltsanspruch verschaffen könnte.
 
3.
 
3.1 Da der Beschwerdeführer keinen Rechtsanspruch auf die beantragte Bewilligung hat, fehlt es ihm auch an einem rechtlich geschützten Interesse, um diesbezüglich im Rahmen einer subsidiären Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG) an das Bundesgericht gelangen zu können (vgl. das Urteil 2C_896/2010 vom 9. August 2011 E. 2.2). Seine Rüge einer Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV) ist offensichtlich unzulässig. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, er werde ohne Bewilligungsverlängerung gegenüber anderen anwesenheitsberechtigten Ausländern, die ihre Partner frei wählen könnten, "diskriminiert", verkennt er, dass Art. 8 EMRK einen Konventionsstaat nicht verpflichtet, Nicht-Staatsangehörigen die Einreise und den Aufenthalt zu gestatten und den von ihnen gewählten Ort ihres künftigen Aufenthalts vorbehaltslos zu akzeptieren (vgl. das Urteil Gezginci gegen Schweiz vom 9. Dezember 2010 [16327/05], §§ 54 ff.). Die Situation des Beschwerdeführers kann vernünftigerweise nicht mit derjenigen von hier Niedergelassenen oder von Opfern häuslicher Gewalt verglichen werden. Er ist nach seiner Heirat in den Genuss eines Rechtsanspruchs gestützt auf Art. 42 AuG gekommen; dieser ist mit dem Ende des ehelichen Zusammenlebens dahingefallen. Es steht ihm frei, eine andere Partnerin zu wählen; ein Bewilligungsanspruch ergibt sich daraus indessen weder nach dem nationalen noch internationalen Recht, solange seine neue Beziehung nicht als gefestigt und eine Heirat als absehbar gelten kann, auch wenn seine bisherige Gattin sich weigert, einer Scheidung zuzustimmen, womit eine erneute Verehelichung nicht sofort möglich erscheint. In der Zwischenzeit kann der Beschwerdeführer seine neue Beziehung besuchsweise in der Schweiz oder allenfalls in seiner Heimat leben.
 
3.2 Der Beschwerdeführer ersucht gegebenenfalls, seine Ausreisefrist bis zum 31. Dezember 2014 zu erstrecken; zudem macht er geltend, dass der Vollzug seiner Wegweisung gegen das Non-Refoulement-Prinzip verstosse, da ein "grosser Krieg unmittelbar bevorstehe" und er einen Freund habe, der im Iran inhaftiert worden sei. Nach Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen Entscheide ausgeschlossen, welche die Wegweisung betreffen. In diesem Zusammenhang steht ausschliesslich die subsidiäre Verfassungsbeschwerde offen, wobei nur die Verletzung besonderer verfassungsmässiger Rechte geltend gemacht oder die Verletzung von Parteirechten gerügt werden kann, deren Missachtung einer formellen Rechtsverweigerung gleichkommt (Star-Praxis; vgl. BGE 137 II 305 ff.). Dabei gilt eine qualifizierte Rügepflicht (BGE 137 II 305 E. 3.3 S. 310). Das Bundesgericht prüft die Verletzung von Grundrechten nicht von Amtes wegen, sondern nur soweit diese klar, sachbezogen und - falls möglich belegt - in Auseinandersetzung mit den Ausführungen im angefochtenen Entscheid dargetan werden (vgl. Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254). Die diesbezüglichen Ausführungen des Beschwerdeführers sind vage und genügen den gesetzlichen Voraussetzungen nicht. Es ist darauf nicht weiter einzugehen.
 
4.
 
4.1 Auf die Eingabe ist somit weder als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten noch als subsidiäre Verfassungsbeschwerde einzutreten. Damit wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.
 
4.2 Gestützt auf die publizierte Rechtsprechung war die Eingabe aussichtslos, weshalb das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen ist (vgl. Art. 64 Abs. 1 BGG). Der unterliegende Beschwerdeführer wird für das vorliegende Verfahren dementsprechend kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).
 
Demnach erkennt der Präsident:
 
1.
 
Auf die Eingabe wird weder als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten noch als subsidiäre Verfassungsbeschwerde eingetreten.
 
2.
 
2.1 Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
 
2.2 Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Kammer, und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 31. Januar 2012
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Zünd
 
Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar
 
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