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Informationen zum Dokument  BGer 9C_806/2011  Materielle Begründung
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BGer 9C_806/2011 vom 05.01.2012
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
9C_806/2011
 
Urteil vom 5. Januar 2012
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
 
Bundesrichter Borella, Bundesrichterin Glanzmann,
 
Gerichtsschreiber Nussbaumer.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
B.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Denis G. Giovannelli,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
IV-Stelle Basel-Landschaft, Hauptstrasse 109, 4102 Binningen,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 7. Juli 2011.
 
Sachverhalt:
 
B.________ (geboren 1962) bezog seit 1. Februar 2000 eine ganze Invalidenrente (Verfügung vom 4. Februar 2002). Im Rahmen eines im Juni 2009 eingeleiteten Revisionsverfahrens hob die IV-Stelle Basel-Landschaft mit Verfügung vom 26. Januar 2011 die Rente nach Ermittlung eines Invaliditätsgrades von 16 % per 28. Februar 2011 auf.
 
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, mit Entscheid vom 7. Juli 2011 ab.
 
B.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei ihr die ganze Invalidenrente weiterhin auszurichten. Eventuell sei die Angelegenheit an die Vorinstanz zurückzuweisen mit der Massgabe, gestützt auf eine Oberexpertise neu zu entscheiden. Ferner sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung und ihr die unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung zu gewähren.
 
Erwägungen:
 
1.
 
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 134 V 250 E. 1.2 S. 252 mit Hinweisen; 133 III 545 E. 2.2 S. 550; 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).
 
1.2 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 134 IV 36 E. 1.4.1 S. 39). Die entsprechende Rüge prüft das Bundesgericht nur insoweit, als sie in der Beschwerde explizit vorgebracht und substanziiert begründet worden ist.
 
2.
 
2.1 Das kantonale Gericht hat in umfassender Würdigung der medizinischen Unterlagen, insbesondere gestützt auf das interdisziplinäre Gutachten des Instituts X.________ vom 20. Mai 2010 erwogen, der Beschwerdeführerin sei zufolge Verbesserung des Gesundheitszustandes spätestens im Zeitpunkt der Begutachtung am 21. April 2010 wiederum eine Arbeit im Umfang von 80 % zumutbar. Würden die beiden Sachverhalte, welche im Jahr 2002 zur Berentung und im Jahr 2011 zur Aufhebung der Rente geführt hätten, verglichen, so erweise sich, dass sich der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin seit der ursprünglichen Rentenzusprechung massgeblich verbessert habe. Dies zeige sich in der Tatsache, dass sie im Zeitpunkt des Erlasses der ursprünglichen Rentenverfügung zu 100 % arbeitsunfähig gewesen sei. Im Jahr 2010 sei ihr jedoch eine angepasste Tätigkeit im Umfang von 80 % zumutbar. Damit stehe fest, dass eine deutliche Verbesserung des Gesundheitszustandes eingetreten sei und damit die Voraussetzungen für eine Rentenrevision nach Art. 17 Abs. 1 ATSG erfüllt seien. Da die 1962 geborene Beschwerdeführerin weder das 55. Altersjahr zurückgelegt noch mehr als 15 Jahre eine Rente bezogen habe, sei es ihr zumutbar, die medizinisch attestierte Verbesserung der Arbeitsfähigkeit auf dem Wege der Selbsteingliederung zu verwerten. Der von der IV-Stelle vorgenommene, im Übrigen unbestrittene Einkommensvergleich erweise sich als rechtens.
 
2.2 Die tatsächlichen Feststellungen des kantonalen Gerichts sind nicht mangelhaft im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG. Namentlich hat die Vorinstanz eingehend begründet, weshalb sie für die Beurteilung der Arbeits- und Leistungsfähigkeit auf das Gutachten des Instituts X.________ vom 20. Mai 2010 abgestellt hat und weshalb diesem Gutachten voller Beweiswert zukommt. Namentlich hat sich das kantonale Gericht auch mit der abweichenden Stellungnahme des behandelnden Arztes Dr. med. W.________ vom 28. August 2009 auseinandergesetzt. Die Schlussfolgerung des kantonalen Gerichts ist nach der Aktenlage nicht offensichtlich unrichtig, noch ist darin eine unvollständige Sachverhaltsfeststellung oder in der Ablehnung von Beweisweiterungen eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes zu erblicken. Das Abstellen auf das Gutachten des Instituts X.________ vom 20. Mai 2010 verletzt auch sonst kein Bundesrecht. Die weitgehend appellatorischen Vorbringen in der Beschwerde vermögen daran nichts zu ändern. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin wird im Gutachten des Instituts X.________ vom 20. Mai 2010 begründet, weshalb sich der Gesundheitszustand verbessert hat. So wird festgehalten (Ziff. 4.1.6 des Gutachtens; vgl. auch Ziff. 6.2 und 6.3), im Jahre 2001 sei im ZMB eine mittelgradige bis schwere depressive Episode diagnostiziert worden. Die Depression habe sich in der Zwischenzeit deutlich gebessert. Die Versicherte, welche sich von 2003 bis Ende 2009 nicht in ambulanter psychiatrischer Behandlung befunden habe, werde im Alltag durch psychopathologische Symptome nicht wesentlich eingeschränkt. Dass eine solche Verbesserung auch ohne Durchführung der vom Hausarzt empfohlenen Psychotherapie in kurdischer Sprache und einer Pharmako-Therapie eingetreten und vom kantonalen Gericht als erstellt betrachtet worden ist, bedeutet daher keine mangelhafte Feststellung des Sachverhalts oder willkürliche Beweiswürdigung. Die konkrete Invaliditätsbemessung durch Einkommensvergleich ist nicht angefochten. Es besteht kein Anlass zu einer näheren Prüfung (BGE 125 V 413 E. 1b und 2c S. 415 ff.; 110 V 48 E. 4a S. 53).
 
3.
 
Da sogleich in der Hauptsache entschieden wird, ist das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.
 
4.
 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sie sind vorläufig auf die Gerichtskasse zu nehmen, da die Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten unentgeltlichen Rechtspflege (fehlende Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels, Bedürftigkeit der Gesuchstellerin, Notwendigkeit der anwaltlichen Vertretung [Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG; vgl. BGE 125 V 201 E. 4a S. 202 und 371 E. 5b S. 372]) erfüllt sind. Ferner wird ihrem Rechtsvertreter eine Entschädigung aus der Gerichtskasse ausgerichtet (Art. 64 Abs. 2 BGG). Die Beschwerdeführerin wird indessen auf Art. 64 Abs. 4 BGG aufmerksam gemacht, wonach sie als Begünstigte der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu in der Lage ist.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Der Beschwerdeführerin wird die unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung gewährt.
 
3.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt, zufolge Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung vorläufig auf die Gerichtskasse genommen.
 
4.
 
Rechtsanwalt Denis G. Giovannelli wird als unentgeltlicher Rechtsanwalt der Beschwerdeführerin bestellt, und es wird ihm für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'800.- ausgerichtet.
 
5.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 5. Januar 2012
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Meyer
 
Der Gerichtsschreiber: Nussbaumer
 
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