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Informationen zum Dokument  BGer 2C_4/2011  Materielle Begründung
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BGer 2C_4/2011 vom 15.12.2011
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
2C_4/2011
 
Urteil vom 15. Dezember 2011
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Zünd, Präsident,
 
Bundesrichter Karlen, Stadelmann,
 
Gerichtsschreiber Moser.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
Beschwerdeführer,
 
vertreten durch Fürsprecher Henrik P. Uherkovich,
 
gegen
 
Amt für Migration und Personenstand des Kantons Bern, Migrationsdienst, Eigerstrasse 73, 3011 Bern,
 
Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern, Kramgasse 20, 3011 Bern.
 
Gegenstand
 
Widerruf einer Niederlassungsbewilligung EG/EFTA und Wegweisung wegen Straffälligkeit,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 25. November 2010.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
X.________, geb. 15. September 1947, Staatsangehöriger der Slowakei und von Kanada, heiratete am 5. Juli 1993 in dritter Ehe in Kanada die Schweizer Bürgerin A.________ und reiste in der Folge in die Schweiz ein, wo ihm zunächst die Aufenthaltsbewilligung und am 17. August 1998 die Niederlassungsbewilligung erteilt wurde. Aus der Beziehung mit A.________ sind eine Tochter (geb. 18. März 1988) und ein Sohn (geb. 7. Dezember 1994) hervorgegangen. Am 14. März 2007 wurde die Ehe X.________-A.________ geschieden.
 
Mit Urteil vom 30. April 2008 erklärte das Obergericht des Kantons Bern X.________ der sexuellen Handlungen mit Kind und der sexuellen Nötigung, mehrfach begangen zum Nachteil seiner Tochter, für schuldig und verurteilte ihn deswegen sowie wegen mehrfacher Verleumdung und Rassendiskriminierung zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten unter Gewährung des bedingten Strafvollzugs, bei einer Probezeit von drei Jahren. Eine dagegen eingereichte Beschwerde wies das Bundesgericht mit Urteil 6B_591/2008 vom 26. Dezember 2008 ab, soweit es darauf eintrat.
 
Mit Verfügung vom 23. Juli 2009 widerrief das Amt für Migration und Personenstand des Kantons Bern, Migrationsdienst, die Niederlassungsbewilligung von X.________ und wies ihn aus der Schweiz weg. Eine von ihm dagegen bei der Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern eingereichte Beschwerde blieb erfolglos (Entscheid vom 20. Mai 2010).
 
B.
 
Mit Urteil vom 25. November 2010 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, eine von X.________ hiegegen eingereichte Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat, unter Ansetzung einer neuen Frist zur Ausreise.
 
C.
 
Mit Eingabe vom 3. Januar 2011 erhebt X.________ beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, das verwaltungsgerichtliche Urteil vom 25. November 2010 aufzuheben bzw. - eventualiter - dieses aufzuheben und zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Im Weiteren wird um unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung für das Verfahren vor Bundesgericht ersucht.
 
Die Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern, das Verwaltungsgericht des Kantons Bern sowie das Bundesamt für Migration schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Der Migrationsdienst das Kantons Bern teilt Verzicht auf Einreichung einer Vernehmlassung mit und schliesst sich dem Urteil des Verwaltungsgerichts an.
 
D.
 
Dem vom Beschwerdeführer gestellten Gesuch um aufschiebende Wirkung wurde mit Verfügung des Präsidenten der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung vom 18. Januar 2011 entsprochen.
 
Erwägungen:
 
1.
 
1.1 Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG schliesst die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen Entscheide über ausländerrechtliche Bewilligungen aus, auf deren Erteilung weder nach dem Bundesrecht noch dem Völkerrecht ein Rechtsanspruch besteht.
 
Gegen Entscheide über den Widerruf oder die Feststellung des Erlöschens einer Niederlassungsbewilligung ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig, weil grundsätzlich ein Anspruch auf das Fortbestehen dieser Bewilligung gegeben ist (BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4).
 
1.2 Die Beschwerdeschrift hat gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG die Begehren und deren Begründung zu enthalten; im Rahmen der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Dies setzt voraus, dass sich der Beschwerdeführer wenigstens kurz mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheides auseinandersetzt (BGE 134 II 244 E. 2.1 S. 245 f.). Eine qualifizierte Rügepflicht gilt hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht. Das Bundesgericht prüft eine solche Rüge nur insoweit, als sie in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).
 
1.3 Das Bundesgericht legt seinem Urteil die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Mit einer Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten können diese nur dann gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.2.2 S. 252; 133 III 393 E. 7.1 S. 398) oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen. Zudem ist vom Beschwerdeführer aufzuzeigen, dass die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).
 
2.
 
Die Beurteilung der vorliegenden Angelegenheit richtet sich zum einen nach dem Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG; SR 142.20). Als slowakischer Staatsangehöriger kann sich der Beschwerdeführer zum andern grundsätzlich auch auf das Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen, FZA; SR 0.142.112.681) berufen. Dass er neben der slowakischen auch über die Staatsbürgerschaft eines Drittstaates verfügt, spielt für die Anwendbarkeit dieses Abkommens keine Rolle (vgl. BGE 135 II 369 E. 2 S. 372). Im Anwendungsbereich des Freizügigkeitsabkommens hat das Ausländergesetz nur insoweit Geltung, als Ersteres keine abweichenden Bestimmungen enthält oder Letzteres günstigere Bestimmungen vorsieht (Art. 2 Abs. 2 AuG).
 
3.
 
3.1 Gemäss Art. 63 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 62 lit. b AuG kann die Niederlassungsbewilligung widerrufen werden, wenn ein Ausländer zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Als "längerfristig" gilt eine Freiheitsstrafe, deren Dauer ein Jahr überschreitet (BGE 135 II 377 E. 4.2 und E. 4.5 S. 379 ff.). Wird diese Grenze erreicht, spielt es keine Rolle, ob die Freiheitsstrafe bedingt, teilbedingt oder unbedingt ausgesprochen wurde (Urteil 2C_515/2009 vom 27. Januar 2010 E. 2.1). Verlangt wird aber, dass sich das genannte Strafmass aus einem einzigen Strafurteil ergibt und nicht bloss durch Zusammenrechnung von kürzeren Freiheitsstrafen aus einer Mehrzahl von Erkenntnissen erreicht wird (BGE 137 II 297 E. 2 S. 299 ff.). Ein auf die genannten Bestimmungen gestützter Widerruf der Niederlassungsbewilligung kann auch dann erfolgen, wenn sich ein Ausländer - wie vorliegend der Beschwerdeführer - seit mehr als 15 Jahren ununterbrochen und ordnungsgemäss (vgl. BGE 137 II 10 E. 4) in der Schweiz aufgehalten hat.
 
Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Obergerichts des Kantons Bern vom 30. April 2008 zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt, womit der genannte Widerrufsgrund erfüllt ist.
 
3.2 Bei gegebenen Voraussetzungen rechtfertigt sich der Widerruf der Bewilligung nur, wenn die jeweils im Einzelfall vorzunehmende Interessenabwägung diese Massnahme als verhältnismässig erscheinen lässt, wobei namentlich die Schwere des Verschuldens, die Dauer der Anwesenheit sowie die der Betroffenen und ihrer Familie drohenden Nachteile zu berücksichtigen sind (vgl. Art. 96 AuG; BGE 135 II 377 E. 4.3 S. 381 f. mit Hinweisen). Die Notwendigkeit einer Verhältnismässigkeitsprüfung ergibt sich zudem aus dem Anspruch auf Achtung des Familienlebens: Hat ein Ausländer nahe Verwandte mit einem gefestigten Anwesenheitsrecht in der Schweiz und wird die intakte familiäre Beziehung tatsächlich gelebt, kann es Art. 8 EMRK (bzw. Art. 13 Abs. 1 BV) verletzen, wenn ihm die Anwesenheit in der Schweiz untersagt und damit sein Familienleben vereitelt wird (BGE 130 II 281 E. 3.1 S. 285 mit Hinweisen). Der betreffende Anspruch gilt indessen nicht absolut. Nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK ist ein Eingriff in das durch Ziff. 1 geschützte Rechtsgut statthaft, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Massnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesellschaft und Moral sowie der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Bei der Interessenabwägung im Rahmen von Art. 8 Ziff. 2 EMRK sind die Schwere des begangenen Delikts, der seit der Tat vergangene Zeitraum, das Verhalten des Ausländers während dieser Periode, die Auswirkungen auf die primär betroffene Person sowie deren familiäre Situation zu berücksichtigen. Zudem sind die Dauer der ehelichen Beziehung und weitere Gesichtspunkte relevant, welche Rückschlüsse auf deren Intensität zulassen (Geburt und Alter allfälliger Kinder; Kenntnis der Tatsache, dass die Beziehung wegen der Straftat unter Umständen nicht in der Schweiz gelebt werden kann). Von Bedeutung sind auch die Nachteile, welche einem allfälligen Ehepartner oder den Kindern erwachsen würden, müssten sie dem Betroffenen in dessen Heimatstaat folgen (BGE 135 II 377 E. 4.3 S. 381 f. mit Hinweisen).
 
3.3 Nach Art. 5 Abs. 1 Anhang I FZA dürfen die auf Grund dieses Abkommens eingeräumten Rechte nur durch Massnahmen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt sind, eingeschränkt werden.
 
3.4
 
3.4.1 Die kantonalen Behörden haben die für die Beurteilung der Verhältnismässigkeit des Widerrufs relevanten Kriterien zutreffend dargelegt und gewürdigt. Mit Blick auf die vom Beschwerdeführer begangenen strafbaren Handlungen ist ohne Weiteres von einem schweren Verschulden auszugehen: Der Beschwerdeführer wurde u.a. verurteilt wegen mehrfacher sexueller Handlungen mit Kind und sexueller Nötigung. Opfer der Sexualdelikte war die im Zeitpunkt des ersten Übergriffs achtjährige Tochter, an welcher er unter Anwendung von körperlicher bzw. brachialer Gewalt und Drohung teilweise beischlafähnliche Handlungen verübte, die zur Defloration des Opfers führten. Wie stark das Opfer durch die wiederholten Übergriffe traumatisiert worden ist, lässt sich nach den Erwägungen des obergerichtlichen Strafurteils kaum abschätzen. Die mehrfachen Verleumdungen richteten sich gegen seine damalige Ehefrau und deren Anwalt; sie wogen laut Strafurteil insofern schwer, als sie über das Internet weit verbreitet wurden. Der Schuldspruch wegen Rassendiskriminierung geht auf zwei Webseiten zurück, worin der Beschwerdeführer u.a. die Meinung verbreitete, Eltern dürften ihre Kinder nur in konzentrationslagerähnlicher Umgebung und nur während ein paar Stunden im Monat sehen. Derweilen würden die Kinder in der Schule durch schweizerischen Fremdenhass-Faschismus germanisiert, arisiert und indoktriniert. Deutschschweizer würden nicht mit Fremdenhass und Übermenschlichkeit geboren, sie würden in den schweizerischen Fremdenhass-nationalistischen Schulen dazu erzogen. Die Schweiz sei ein krebsartiger Klumpen auf der Erdoberfläche und müsse entfernt werden, koste es, was es wolle. Das Obergericht würdigte auch den Verstoss gegen das Rassendiskriminierungsverbot als schwerwiegend. Wenn das Verwaltungsgericht mit Blick auf die erwähnten, über eine Zeitspanne von 1996 bis 2004 begangenen Delikte und unter Berücksichtigung des ausgefällten Strafmasses von einem erheblichen sicherheitspolizeilichen Interesse am Widerruf der Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers ausgegangen ist, lässt sich dies rechtlich nicht beanstanden. Ebenso wenig erscheint die vorinstanzliche Einschätzung überzeichnet, wonach der Beschwerdeführer rücksichts- und gewissenlos agiert hat und seine Handlungen von einer beträchtlichen kriminellen Energie zeugten.
 
3.4.2 Was die Rückfallgefahr anbetrifft, trifft es zwar zu, dass das obergerichtliche Strafurteil dem Beschwerdeführer den bedingten Strafvollzug gewährte. Zu berücksichtigen ist dabei allerdings, dass nach den Bestimmungen des neuen allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches der bedingte Strafvollzug nicht eine günstige Prognose voraussetzt, sondern das Fehlen einer ungünstigen Prognose genügen lässt, weshalb im weiten Bereich prognostischer Unsicherheit der Strafaufschub die Regel bildet (vgl. BGE 134 IV 1 E. 4.2.2 S. 6 mit Hinweisen). Hinzu kommt, dass für Legalprognosen in fremdenpolizeilicher Hinsicht mit Blick auf das im Vordergrund stehende Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ein strengerer Beurteilungsmassstab zum Tragen kommt als im strafrechtlichen Sanktionenrecht (vgl. BGE 120 Ib 129 E. 5b S. 132; 130 II 176 E. 4.3.3 S. 188). Vorliegend ist im Übrigen nicht zu übersehen, dass das Strafurteil selber in Bezug auf den Tatbestand der Rassendiskriminierung den Verurteilten als uneinsichtig bezeichnet. Sodann hat die Vorinstanz festgestellt, dass auf der vom Beschwerdeführer betriebenen Internetseite (im Urteilszeitpunkt) nach wie vor von "Swiss-German Fremdenhass-Apartheid" oder "Swiss Parasitism" zu lesen war und das Existenzrecht der Schweiz unter anderem wegen systematischem Völkermord weiter in Frage gestellt wurde. Auch soll der Beschwerdeführer noch bis im Januar 2009 verschiedene Schweizer Personen, worunter Bundesrat Pascal Couchepin, des Völkermords bezichtigt haben. Entsprechend ist der Schluss der Vorinstanz, wonach bezüglich Rassendiskriminierung und allenfalls auch hinsichtlich von Ehrverletzungsdelikten aktuell ein konkretes und hohes Rückfallrisiko besteht, nicht zu beanstanden. Eine Rückfallgefahr lässt sich jedoch auch nicht mit hinreichender Sicherheit in Bezug auf die Sexualdelikte ausschliessen, bei welchen weit höherwertigere Rechtsgüter auf dem Spiel stehen und das Risiko einer erneuten Delinquenz umso weniger in Kauf genommen werden darf (vgl. zur differenzierten Beurteilung des Rückfallrisikos nach Massgabe der Schwere der möglichen Rechtsgüterverletzungen: BGE 136 II 5 E. 4.2 S. 20 mit Hinweisen). Zwar mag - wie die Vorinstanz annimmt - zutreffen, dass der Beschwerdeführer seine Straftaten im Rahmen eines familiären Umfelds beging, welches heute nicht mehr in gleicher Form besteht. Allein der Umstand, dass der Täter nicht mehr in gleicher Weise Zugriff auf sein bisheriges (oder ein künftiges potentielles) Opfer hat, genügt für eine günstige Prognose in Fällen von Sexualdelikten, in denen sich pädosexuelle Neigungen manifestieren, nicht. Der Schutz der sexuellen Integrität - namentlich von Kindern und Jugendlichen - kommt nach der Rechtsprechung ein hoher Stellenwert zu, was namentlich auch Einschränkungen des Freizügigkeitsrechts im Rahmen von Art. 5 Anhang I FZA zu rechtfertigen vermag (Urteile 2C_903/2010 vom 6. Juni 2011 E. 4.5; 2C_396/2008 vom 15. September 2008 E. 6). Wiewohl die letzten Übergriffe auf sein Opfer Ende 1998 stattfanden und seither keine weiteren Verfehlungen dieser Art zu verzeichnen waren, lassen das Verhalten und die Lebensumstände des Beschwerdeführers (dazu sogleich E. 3.3.3), welcher nach eigenem Bekunden nach wie vor Kontakt mit minderjährigen Kindern pflegt, auch ein diesbezügliches Rückfallrisiko nicht mit genügender Sicherheit ausschliessen. Bei einer Gesamtbetrachtung ist mithin beim Beschwerdeführer nach wie vor von einer gegenwärtigen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auszugehen.
 
3.4.3 Wie die Vorinstanz zu Recht festgestellt hat, halten bei dieser Sachlage die getroffenen Massnahmen auch den erhöhten Anforderungen von Art. 5 Anhang I FZA ohne Weiteres Stand. Es erübrigen sich daher nähere Abklärungen dazu, ob sich für den Beschwerdeführer überhaupt ein Anwesenheitsanspruch aus dem Freizügigkeitsabkommen ergäbe.
 
3.4.4 Die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib in der Schweiz vermögen den Widerruf seiner Niederlassungsbewilligung nicht als unverhältnismässig erscheinen zu lassen. Wohl lebt der Beschwerdeführer bereits seit mittlerweile 18 Jahren in der Schweiz, doch gilt er dennoch als sowohl in wirtschaftlicher wie auch in sozialer Hinsicht mangelhaft integriert: Er ist seit 1. April 2006 andauernd erwerbslos, hat bis ins Jahr 2009 Arbeitslosengelder bezogen und musste in der Zeit von Oktober 2000 bis März 2008 von der Sozialhilfe im Umfang von Fr. 48'271.50 unterstützt werden (nebst Alimentenbevorschussungen und Ehegattenrente in der Höhe von insgesamt Fr. 89'315.--). Auch war er im Zeitpunkt des angefochtenen Entscheids nach wie vor von der Sozialhilfe abhängig. Im Übrigen ist der Beschwerdeführer erheblich verschuldet (offene Betreibungen im Gesamtbetrag von Fr. 3'881.10, 48 Verlustscheine in der Höhe von insgesamt Fr. 227'600.--). Nach nicht bestrittener Feststellung der Vorinstanz unterhält der Beschwerdeführer ausserfamiliär auch keine Kontakte zu Schweizern, was vor dem Hintergrund seiner über Internet nachdrücklich zum Ausdruck gebrachten tiefen Abneigung gegen Deutschschweizer als durchaus konsequent erscheint. Eine besondere Verbundenheit zum Land, deren Behörden er unter anderem des Völkermords bezichtigt, fällt insofern von vornherein ausser Betracht. Seine Motivation für einen weiteren Verbleib in der Schweiz dürfte sich im Wesentlichen darin erschöpfen, hier seinen vergleichsweise komfortablen und weitgehend fremdfinanzierten Lebenswandel fortsetzen zu können. Sein langjähriger Aufenthalt ist insofern erheblich zu relativieren. Unter den gegebenen Umständen ist dem Beschwerdeführer eine Rückkehr in die Slowakische Republik, wo er aufgewachsen ist, oder nach Kanada grundsätzlich zumutbar und auch in seinem Alter mit keiner unzumutbaren Härte verbunden. Dies gilt namentlich auch mit Blick auf sein aktuelles familiäres Umfeld: Die heutige Lebenspartnerin des Beschwerdeführers und deren gemeinsamer Sohn (geb. 18. September 2007) sind ebenfalls slowakische Staatsangehörige, welche nach den Feststellungen der Vorinstanz über kein Aufenthaltsrecht in der Schweiz verfügen und welchen eine Rückkehr ins gemeinsame Heimatland ebenso zugemutet werden kann. Die ins Feld geführten, angeblich regelmässig gepflegten Kontakte zu den beiden Kindern aus früheren Beziehungen kann der Beschwerdeführer in für diese in altersadäquater Weise auch vom Ausland aus aufrechterhalten. Jedenfalls rechtfertigt sich allein zur Ausübung eines allfälligen Besuchsrechts keine ständige Anwesenheit.
 
3.4.5 Wenn die Vorinstanz die Verhältnismässigkeit des Widerrufs der Niederlassungsbewilligung bejaht hat, verstösst dies nach dem Gesagten weder gegen Bundes- noch gegen Staatsvertragsrecht.
 
Beruhte die Beurteilung der Verhältnismässigkeit der angeordneten Massnahme - wie vorliegend - auf einer umfassenden Abwägung aller massgeblichen Interessen, steht die sog. 2-Jahres-Regel (Reneja-Praxis), welche ohnehin keine fixe Grenze, sondern lediglich einen Richtwert darstellt, der im Einzelfall über- oder unterschritten werden kann (vgl. BGE 135 II 377 E. 4.4 S. 383 mit Hinweis), dem streitigen Widerruf - entgegen der Meinung des Beschwerdeführers - nicht entgegen, unabhängig davon, ob diese Regel in der vorliegenden Konstellation überhaupt zur Anwendung käme.
 
4.
 
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
 
Der Beschwerdeführer hat für das bundesgerichtliche Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ersucht. Aufgrund der dargestellten, schon im angefochtenen Urteil zutreffend wiedergegebenen Sach- und Rechtslage besass das vorliegende Rechtsmittel keine ernsthaften Erfolgsaussichten; das Gesuch ist demzufolge abzuweisen (Art. 64 BGG). Somit sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 und Art. 65 BGG), wobei seiner finanziellen Lage bei der Bemessung der Gerichtsgebühr Rechnung zu tragen ist (Art. 65 Abs. 2 BGG). Auf die Zusprechung einer Parteientschädigung besteht kein Anspruch (Art. 68 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
 
3.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Amt für Migration und Personenstand, der Polizei- und Militärdirektion und dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern (Verwaltungsrechtliche Abteilung) sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 15. Dezember 2011
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Zünd
 
Der Gerichtsschreiber: Moser
 
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