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Informationen zum Dokument  BGer 9C_341/2011  Materielle Begründung
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BGer 9C_341/2011 vom 27.09.2011
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
9C_341/2011
 
Urteil vom 27. September 2011
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
 
Bundesrichterinnen Pfiffner Rauber, Glanzmann,
 
Gerichtsschreiber R. Widmer.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
Z.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Räber,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
IV-Stelle Uri, Dätwylerstrasse 11, 6460 Altdorf,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid
 
des Obergerichts des Kantons Uri vom
 
18. März 2011.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Die 1957 geborene Z.________ bezog gemäss Verfügung der IV-Stelle Uri vom 7. Dezember 1995 ab 1. Juni 1995 eine ganze Invalidenrente. Nachdem die Rente mit Verfügung der IV-Stelle vom 25. November 2004 mit Wirkung ab 1. Januar 2005 revisionsweise auf eine Dreiviertelsrente herabgesetzt worden war, leitete die Verwaltung im November 2007 erneut ein Revisionsverfahren ein. Mit Verfügung vom 9. November 2009 hob die IV-Stelle die Invalidenrente rückwirkend auf den 31. Dezember 2005 auf, weil für den Zeitraum vom 1. Januar 2004 bis 31. Oktober 2007 eine Meldepflichtverletzung vorliege. Mit einer weiteren Verfügung vom 19. November 2009 setzte die IV-Stelle die der Versicherten vom 1. Dezember 2004 bis 31. Dezember 2005 ausgerichtete Invalidenrente unter Festsetzung des Invaliditätsgrades auf 44 % auf eine Viertelsrente herab und hob die Rente ab 1. Januar 2006 auf. Gleichzeitig forderte sie von Z.________ die ihr von Dezember 2004 bis Oktober 2007 ausbezahlten Invalidenrenten in Betrag von Fr. 67'784.- zurück, weil diese zu Unrecht ausgerichtet worden seien.
 
B.
 
Die von Z.________ gegen beide Verfügungen eingereichten Beschwerden wies das Obergericht des Kantons Uri nach Vereinigung der Verfahren mit Entscheid vom 18. März 2011 ab, soweit es darauf eintrat.
 
C.
 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt Z.________ beantragen, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides und der Verfügungen vom 9. und 19. November 2009 sei ihr für die Zeit vom 1. Januar 2004 bis 31. Oktober 2007 mindestens eine halbe Invalidenrente zuzusprechen; ferner sei festzustellen, dass sie allenfalls zuviel bezogene Leistungen nicht zurückzuerstatten habe. Eventuell sei die Sache zu ergänzenden Abklärungen und neuer Beurteilung an das kantonale Gericht zurückzuweisen.
 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit damit sinngemäss die Weiterausrichtung einer Rente beantragt werde; nicht einzutreten sei darauf, soweit sie die Rückforderung zum Gegenstand hat; gutzuheissen sei der Antrag auf Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Entscheidung über den Antrag auf Gewährung einer Dreiviertelsrente vom 1. Dezember 2004 bis 31. Dezember 2005.
 
Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.
 
Erwägungen:
 
1.
 
1.1 Die Vorinstanz hielt fest, mit Bezug auf die Zeit vom 1. Dezember 2004 bis 31. Dezember 2005 sei über die Ausrichtung einer Viertelsrente mit Verfügung vom 19. November 2009 rechtskräftig entschieden worden. Auf den beschwerdeweise gestellten Antrag auf Zusprechung einer Dreiviertelsrente für diesen Zeitraum trat sie daher nicht ein.
 
1.2 Die Beschwerdeführerin wendet ein, dass die Höhe der Invalidenrente Anfechtungsgegenstand bilde, weshalb das kantonale Gericht auf den Antrag auf Gewährung einer Dreiviertelsrente hätte eintreten und diesen materiell behandeln müssen.
 
1.3 In der Beschwerde an das Obergericht vom 21. Dezember 2009 gegen die Verfügung der IV-Stelle vom 19. November 2009 hat die Versicherte für den Zeitraum vom 1. Dezember 2004 bis 31. Dezember 2005 einen Hauptantrag (Gewährung einer Dreiviertelsrente) und ein Eventualbegehren (Zusprechung einer halben Invalidenrente) gestellt. Die Verfügung vom 19. November 2009 betreffend die Zusprechung einer Viertelsrente vom 1. Dezember 2004 bis 31. Dezember 2005 war bei Einreichung der Beschwerde vom 21. Dezember 2009 nicht rechtskräftig. Vielmehr fiel das Ende der Beschwerdefrist von 30 Tagen in den vom 18. Dezember 2009 bis und mit dem 2. Januar 2010 dauernden Fristenstillstand (Art. 38 Abs. 4 lit. c ATSG), womit die Versicherte das Rechtsmittel jedenfalls innert Frist eingereicht hat. Die Vorinstanz hätte somit in diesem Punkt auf die Beschwerde eintreten müssen. Da sie dies unterlassen hat, ist die Sache zur Prüfung der Höhe des Rentenanspruchs der Versicherten vom 1. Dezember 2004 bis 31. Dezember 2005 an das kantonale Gericht zurückzuweisen.
 
2.
 
2.1 Des Weiteren hat die Verwaltung die Invalidenrente rückwirkend ab 1. Januar 2006 aufgehoben und gemäss Verfügung vom 19. November 2009 die Beschwerdeführerin verpflichtet, die in der Zeit von Dezember 2004 bis Oktober 2007 zu Unrecht bezogenen Rentenbetreffnisse im Gesamtbetrag von Fr. 67'784.- zurückzuerstatten. Im angefochtenen Entscheid hat die Vorinstanz diese Verfügungen bestätigt.
 
2.2 Die Versicherte, welche letztinstanzlich für den Zeitraum vom 1. Januar 2004 bis 31. Oktober 2007 die Zusprechung mindestens einer halben Rente beantragt, bestreitet, die Meldepflicht verletzt zu haben, weshalb die Voraussetzungen für die Rückforderung der Rentenbetreffnisse nicht erfüllt seien.
 
2.3 Wie vorstehend dargelegt (E. 1.3 hievor), hat es die Vorinstanz zu Unrecht unterlassen, auf Beschwerde hin über die Höhe des Rentenanspruchs der Versicherten vom 1. Dezember 2004 bis 31. Dezember 2005 zu befinden. Da die auf einer angeblichen Meldepflichtverletzung beruhende Rückforderung der IV-Stelle betreffend die Zeit von Dezember 2004 bis Oktober 2007 zu einem wesentlichen Teil die Periode Dezember 2004 bis Dezember 2005 beschlägt, kann das Bundesgericht über die Rechtmässigkeit der Rentenaufhebung ab 1. Januar 2006 wie auch die (Höhe der) Rückforderung zufolge Meldepflichtverletzung für die Zeit von Dezember 2004 bis Oktober 2007 nicht entscheiden. Beide Fragen hängen mit dem Umfang des bis anhin nicht gerichtlich überprüften Invalidenrentenanspruchs in der Zeit vom 1. Dezember 2004 bis 31. Dezember 2005 zusammen; dies liegt für die Rückforderung auf der Hand, gilt aber auch für die Aufhebung der Invalidenrente, die sich auch bei rückwirkender Rentenzusprechung nach Art. 88a Abs. 1 IVV richtet (vgl. BGE 109 V 125 E. 4a und b S. 126); ob über den 31. Dezember 2005 hinaus ein Invalidenrentenanspruch besteht, wie letztinstanzlich behauptet und beantragt, kann nur im Zusammenhang mit der Höhe des Invalidenrentenanspruchs im vorangehenden Zeitraum (Dezember 2004 bis Dezember 2005) und der Feststellung einer während dieser Periode allenfalls eingetretenen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse, namentlich einer Verbesserung des Gesundheitszustandes mit Auswirkungen auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit, beurteilt werden. Eine losgelöste Prüfung des Anspruchs auf eine Invalidenrente ab 1. Januar 2006 durch das Bundesgericht fällt demnach ausser Betracht. Es wird daher der Vorinstanz obliegen, nicht nur über die Höhe der Invalidenrente vom 1. Dezember 2004 bis 31. Dezember 2005 zu befinden, sondern zusätzlich über den Rentenanspruch ab Januar 2006 und die ebenfalls beschwerdeweise angefochtene Rückforderung zu Unrecht bezogener Rentenbetreffnisse in der Zeit von Dezember 2004 bis Oktober 2007 sowie deren Höhe im Sinne der Erwägungen neu entscheiden.
 
3.
 
Dem Prozessausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der unterliegenden IV-Stelle aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Diese hat der obsiegenden Beschwerdeführerin überdies eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
In teilweiser Gutheissung der Beschwerde wird der angefochtene Entscheid vom 18. März 2011 aufgehoben. Die Sache wird an das Obergericht des Kantons Uri zurückgewiesen, damit es über die Beschwerden gegen die Verfügungen der IV-Stelle Uri vom 9. und 19. November 2009 im Sinne der Erwägungen neu entscheide.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der IV-Stelle Uri auferlegt.
 
3.
 
Die IV-Stelle Uri hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Uri und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 27. September 2011
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Meyer
 
Der Gerichtsschreiber: Widmer
 
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