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Informationen zum Dokument  BGer 2C_896/2010  Materielle Begründung
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BGer 2C_896/2010 vom 09.08.2011
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
2C_896/2010
 
Urteil vom 9. August 2011
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Zünd, Präsident,
 
Bundesrichter Donzallaz, Stadelmann,
 
Gerichtsschreiber Savoldelli.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich,
 
Regierungsrat des Kantons Zürich.
 
Gegenstand
 
Aufenthaltsbewilligung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4. Abteilung,
 
vom 6. Oktober 2010.
 
Erwägungen:
 
1.
 
1.1 X.________ (geb. 1975) stammt aus Weissrussland. Sie reiste im August 2001 in die Schweiz ein und erhielt eine Aufenthaltsbewilligung zum Studium an der Universität Bern. Die erwähnte Bewilligung wurde von den bernischen Behörden letztmals bis zum 22. Oktober 2008 verlängert.
 
1.2 X.________ heiratete am 6. Mai 2008 den Schweizer Bürger Y.________ und stellte am 25. Juni ein Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung für den Kanton Zürich zum Verbleib beim Ehemann. Nachdem am 8. August 2008 der Ehemann die Sicherheitsdirektion informiert hatte, dass er ein Eheschutzverfahren eingeleitet habe, wies diese mit Verfügung vom 15. September 2008 das Gesuch um Aufenthaltsbewilligung ab. Unter anderem mit Verweis auf die Verfügung des zuständigen Einzelrichters, die die Eheleute inzwischen zum Getrenntleben berechtigt hatte, wiesen in der Folge sowohl der Regierungsrat (7. Juli 2010) als auch das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (6. Oktober 2010) eine gegen den Entscheid der Sicherheitsdirektion gerichtete Beschwerde ab.
 
1.3 Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und subsidiärer Verfassungsbeschwerde vom 18. November 2010 beantragt X.________ dem Bundesgericht, das in der Sache zuletzt ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 6. Oktober 2010 aufzuheben und ihr die Aufenthaltsbewilligung zu erteilen.
 
2.
 
2.1 Die Beschwerdeführerin macht einen Anspruch nach Art. 50 AuG und Art. 8 EMRK (bzw. Art. 13 BV) geltend. Insoweit ist ihre Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten auf dem Gebiet des Ausländerrechts trotz der Ausschlussbestimmung des Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG zulässig (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG e contrario; BGE 136 II 177 E. 1.1 S. 179 f.). Da das Verfahren nicht nur auf einen Kantonswechsel, sondern auch auf eine Änderung des Aufenthaltszwecks zurückzuführen ist, die die Erteilung einer neuen Bewilligung erforderlich macht, findet Art. 83 lit. c Ziff. 6 ebenfalls keine Anwendung (vgl. Urteil 2C_140/2010 vom 17. Juni 2010 E. 3). Die Beschwerde ist fristgerecht gegen einen kantonal letztinstanzlichen Entscheid (Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG) eingereicht worden (Art. 100 BGG), und die Beschwerdeführerin ist nach Art. 89 BGG zur Beschwerde legitimiert.
 
2.2 Nicht eingetreten werden kann hingegen auf die Beschwerde, soweit die Beschwerdeführerin das verwaltungsgerichtliche Urteil insofern anficht, als mit diesem eine Aufenthaltsbewilligung im behördlichen Ermessen verweigert wird. Für solche Ermessensbewilligungen steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gerade nicht offen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Überdies fehlt es der Beschwerdeführerin diesbezüglich für die Erhebung einer subsidiären Verfassungsbeschwerde nach Art. 113 ff. BGG gegen die Bewilligungsverweigerung als solche am erforderlichen rechtlich geschützten Interesse gemäss Art. 115 lit. b BGG. Die Verletzung von Parteirechten, deren Missachtung auf eine formelle Rechtsverweigerung hinauslaufen würde, für welche die subsidiäre Verfassungsbeschwerde allenfalls zulässig wäre, wird nicht geltend gemacht (BGE 133 I 185 E. 2 S. 187 ff.).
 
2.3 Da einerseits die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zur Verfügung steht und andererseits keine Verletzung von rechtlich geschützten Interessen - u.a. von Parteirechten - geltend gemacht wird, kann somit auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde nicht eingetreten werden.
 
3.
 
Die Eingabe erweist sich - soweit die Beschwerdeführerin darin nicht lediglich appellatorisch wiederholt, was sie bereits vor der Vorinstanz vorgebracht hat (Art. 42 i.V.m. Art. 106 BGG), und sie sich nicht auf unzulässige Noven beruft (Art. 99 BGG) - als offensichtlich unbegründet und kann ohne Weiterungen im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG erledigt werden:
 
3.1 Ausländische Ehegatten von Schweizer Bürgern haben unter Vorbehalt von Art. 51 Abs. 1 AuG (SR 142.20) Anspruch auf Erteilung und Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung, wenn sie mit ihrem Partner zusammenwohnen (Art. 42 Abs. 1 AuG). Der Bewilligungsanspruch besteht trotz Auflösens bzw. definitiven Scheiterns der Ehegemeinschaft fort, wenn diese mindestens drei Jahre gedauert und die betroffene ausländische Person sich hier erfolgreich integriert hat (Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG; BGE 136 II 113 E. 3.3). Die Beschwerdeführerin lebt unbestrittenermassen seit Ende 2008 von ihrem Ehegatten getrennt, ohne dass es zu einer Wiedervereinigung gekommen wäre. Die Ehegemeinschaft in der Schweiz hat keine drei Jahre gedauert, weshalb sie sich nicht auf Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG berufen kann.
 
3.2 Die Beschwerdeführerin beruft sich aufgrund der gesamten Umstände auch vergeblich auf den nachehelichen Härtefall nach Art. 50 Abs. 1 lit. b i.V.m. Abs. 2 AuG.
 
3.2.1 Danach besteht der Bewilligungsanspruch zwar fort, falls wichtige persönliche Gründe einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen (BGE 136 II 1 E. 5.3 S. 4). Solche bestanden hier indessen nicht: Die Beschwerdeführerin reiste erst mit 26 Jahren in die Schweiz ein. Zum Zeitpunkt des vorinstanzlichen Entscheids hielt sie sich also schon seit rund neun Jahren in der Schweiz auf. Bis am 22. Oktober 2008 verfügte sie aber nur über eine Aufenthaltsbewilligung zum Zwecke der Aus- und Weiterbildung, die den weiteren Aufenthalt in der Schweiz nicht gewährleistete, und seither ist ihr Aufenthalt lediglich toleriert (BGE 137 II 10 E. 4.4 S. 13 f.). Vor der Einreise in die Schweiz lebte die Beschwerdeführerin in Weissrussland, wo nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG) ein Teil ihrer Familie immer noch wohnt. In der Schweiz ist die Ehe mit Y.________ kinderlos geblieben und Verwandte hat sie nicht.
 
3.2.2 Die Vorinstanz hat zwar festgehalten, dass die Beschwerdeführerin die deutsche Sprache in Wort und Schrift beherrscht, nie straffällig geworden ist und auch sozial integriert scheint. Bei der Anwendung von Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG ist aber entscheidend, ob die persönliche, berufliche und familiäre Wiedereingliederung der betroffenen ausländischen Person bei einer Rückkehr in ihre Heimat als stark gefährdet zu gelten hat und nicht, ob ein Leben in der Schweiz einfacher wäre und von ihr vorgezogen würde (Urteil 2C_216/2009 vom 20. August 2009 E. 3). Ein persönlicher, nachehelicher Härtefall setzt aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls eine erhebliche Intensität der Konsequenzen für das Privat- und Familienleben voraus, die mit der Lebenssituation nach dem Dahinfallen der gestützt auf Art. 42 Abs. 1 AuG abgeleiteten Anwesenheitsberechtigung verbunden sein muss (BGE 2C_784/2010 vom 26. Mai 2011 E. 3.2.3; Urteil 2C_781/2010 vom 16. Februar 2011 E. 2.2). Die Vorinstanz hat solche Folgen hier zu Recht verneint: Inwiefern die Lebensbedingungen der Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr in ihr Heimatland gemessen am durchschnittlichen Schicksal ausländischer Staatsangehöriger in gesteigertem Masse infrage gestellt wären, ist in der Tat nicht ersichtlich bzw. nicht erwiesen.
 
3.3 Aufgrund der von der Vorinstanz zutreffend wiedergegebenen Rechtsprechung hierzu, ist der Beschwerdeführerin schliesslich auch die Berufung auf Art. 8 EMRK unbehelflich. Aus dem gemäss dieser staatsvertraglichen Bestimmung gewährleisteten Anspruch auf Schutz des Privatlebens ergibt sich ein Recht auf Verbleib im Land nur unter besonderen Umständen. Eine lange Anwesenheit und die damit verbundene normale Integration genügen hierzu nicht; erforderlich sind besonders intensive Beziehungen beruflicher oder gesellschaftlicher Natur (BGE 130 II 281 E. 3.2.1 S. 286 mit Hinweisen; Urteile 2C_650/2010 vom 10. Februar 2011 E. 4.1 f. und 2C_266/2009 vom 2. Februar 2010 E. 3.2). Solche qualifizierten Bindungen zur Schweiz sind hier nicht zu erkennen und werden von der Beschwerdeführerin auch nicht dargelegt.
 
3.4 Soweit darauf eingetreten werden kann, ist deshalb die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten abzuweisen. Es wird für alles Weitere auf die bundesrechtskonforme Begründung im angefochtenen Entscheid verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG).
 
4.
 
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.
 
3.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
4.
 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Sicherheitsdirektion, dem Regierungsrat sowie dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Abteilung, und dem Bundesamt für Migration mitgeteilt.
 
Lausanne, 9. August 2011
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Zünd
 
Der Gerichtsschreiber: Savoldelli
 
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