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Informationen zum Dokument  BGer 5A_226/2011  Materielle Begründung
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BGer 5A_226/2011 vom 10.06.2011
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
5A_226/2011
 
Urteil vom 10. Juni 2011
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter von Werdt,
 
Gerichtsschreiber Bettler.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Hans Suppiger,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Obergericht des Kantons Luzern,
 
Präsident der 1. Abteilung,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Unentgeltliche Rechtspflege (Rekursverfahren betreffend vorläufige Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts),
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Luzern, Präsident der 1. Abteilung, vom 9. März 2011.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Mit Gesuch vom 23. Juli 2010 beantragte X.________ die vorläufige Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts auf dem Grundstück Nr. xxx in A.________ für Fr. 170'000.-- nebst Zins. Zudem ersuchte er um unentgeltliche Rechtspflege.
 
B.
 
Der Präsident des Amtsgerichts Luzern-Stadt (heute Bezirksgericht Luzern) wies mit Entscheid vom 22. Oktober 2010 sowohl das Gesuch um vorläufige Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts wie auch das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ab.
 
C.
 
C.a Dagegen erhob X.________ am 3. November 2010 Rekurs an das Obergericht des Kantons Luzern sowohl in der Sache als auch betreffend die Abweisung des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege. Mit Entscheid vom 3. Februar 2011 wies das Obergericht das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das erstinstanzliche Verfahren ab und bestätigte damit insoweit den Entscheid des Amtsgerichtspräsidenten vom 22. Oktober 2010 (vgl. dazu 5A_228/2011).
 
C.b X.________ stellte in seinem Rekurs vom 3. November 2010 ebenfalls ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege (sowie nunmehr auch um unentgeltliche Verbeiständung) für das Rekursverfahren.
 
Mit Entscheid vom 9. März 2011 trat das Obergericht auf dieses Gesuch mangels Begründung nicht ein und auferlegte dem Beschwerdeführer die Verfahrenskosten von Fr. 400.--.
 
D.
 
Dem Bundesgericht beantragt X.________ (nachfolgend Beschwerdeführer) in seiner Beschwerde vom 24. März 2011 die Aufhebung des obergerichtlichen Entscheides vom 9. März 2011 und die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege unter Beiordnung seines Anwalts als unentgeltlicher Rechtsbeistand für das Rekursverfahren vor dem Obergericht.
 
Zudem ersucht er um aufschiebende Wirkung sowie um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren.
 
Das Obergericht hat auf eine Vernehmlassung zum Gesuch um aufschiebende Wirkung verzichtet. Mit Verfügung vom 4. April 2011 hat die Abteilungspräsidentin der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
 
Es sind die Akten, in der Sache jedoch keine Vernehmlassungen eingeholt worden.
 
Erwägungen:
 
1.
 
1.1 Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid (Art. 75 Abs. 1 BGG) über die Verweigerung eines Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege. Es handelt sich um einen Zwischenentscheid, der einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG; BGE 129 I 129 E. 1.1 S. 131). Nach dem Grundsatz der Einheit des Verfahrens sind Zwischenentscheide mit dem in der Hauptsache zulässigen Rechtsmittel anzufechten (BGE 134 V 138 E. 3 S. 144). In der Hauptsache geht es um ein Gesuch um vorläufige Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts, damit um eine Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 BGG) in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit, deren Streitwert (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) deutlich mehr als Fr. 30'000.-- beträgt. Die Beschwerde in Zivilsachen ist damit in der Hauptsache zulässig und kann auch gegen den vorliegenden Zwischenentscheid ergriffen werden.
 
1.2 Auch die Beschwerdegründe können im Beschwerdeverfahren gegen Zwischenentscheide nicht weiter gehen als im Hauptverfahren (Urteil 5A_108/2007 vom 11. Mai 2007 E. 1.2). Ob die verweigerte vorläufige Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechtes eine vorsorgliche Massnahme gemäss Art. 98 BGG darstellt, kann offen bleiben, da der Beschwerdeführer ohnehin einzig die Verletzung eines verfassungsmässigen Rechts rügt.
 
1.3 Für die Rüge der Verletzung verfassungsmässiger Rechte gilt das strenge Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG). Der Beschwerdeführer muss angeben, welches verfassungsmässige Recht verletzt wurde und substanziiert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheides darlegen, worin die Verletzung besteht. Das Bundesgericht prüft nur ausdrücklich vorgebrachte, klar und detailliert erhobene sowie, soweit möglich, belegte Rügen (BGE 136 I 332 E. 2.1 S. 334; 135 IV 43 E. 4 S. 47). Auf rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 136 II 489 E. 2.8 S. 494; 134 II 349 E. 3 S. 352).
 
2.
 
Das Obergericht hielt im angefochtenen Entscheid fest, der Beschwerdeführer habe in seiner Rekursschrift vom 3. November 2010 zwar die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das obergerichtliche Rekursverfahren beantragt, dieses Begehren aber nicht begründet. Insbesondere fehle es an der Darlegung seiner aktuellen finanziellen Verhältnisse. Ein erneutes Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege - nachdem das im erstinstanzlichen Verfahren gestellte Gesuch abgewiesen worden sei - sei im Übrigen nach kantonaler Praxis nur bei veränderten Verhältnissen möglich, die der Beschwerdeführer aber gerade nicht vortrage. Die Ausführungen des Beschwerdeführers in der Rekursschrift würden sich einzig auf das erstinstanzlich verweigerte Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege beziehen.
 
3.
 
3.1 Der Beschwerdeführer wirft dem Obergericht in zweierlei Hinsicht eine Verletzung des Willkürverbots gemäss Art. 9 BV vor.
 
3.2
 
3.2.1 Willkür in der Rechtsanwendung liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist. Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 137 I 1 E. 2.4 S. 5).
 
3.2.2 Wird eine willkürliche Anwendung von kantonalem Recht gerügt, hat der Beschwerdeführer die Bestimmung des kantonalen Rechts, gegen welche die Vorinstanz willkürlich verstossen haben soll, zu bezeichnen und darzulegen, inwiefern eine offensichtlich unhaltbare Rechtsanwendung vorliegen soll (BGE 110 Ia 1 E. 2a S. 3 f.).
 
3.3
 
3.3.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, es sei nicht notwendig gewesen und widerspreche den eigenen Ausführungen des Obergerichts, in Bezug auf das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das Rekursverfahren einen gesonderten Entscheid zu erlassen und dem Beschwerdeführer dafür die Verfahrenskosten von Fr. 400.-- aufzuerlegen. Vielmehr hätte das Obergericht in einem Entscheid sowohl den Rekurs gegen die Abweisung des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege durch den Amtsgerichtspräsidenten wie auch das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das Rekursverfahren behandeln können.
 
3.3.2 Der Beschwerdeführer beanstandet nicht die willkürliche Anwendung einer Bestimmung des kantonalen Rechts (vgl. E. 3.2.2 oben).
 
Das Obergericht hat den Beschwerdeführer in der Begründung des angefochtenen Entscheides implizit - unter Verweis auf die kantonale Praxis gemäss LGVE 1997 I Nr. 33 S. 63 f. (so auch BÜHLMANN/ RÜEGG/EIHOLZER, Ergänzungen zum Luzerner Zivilprozess, 2002, N. 2 zu § 132 ZPO/LU) - darauf hingewiesen, dass sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das Rekursverfahren kein Wiedererwägungsgesuch zum (mit Entscheid vom 3. Februar 2011 abgewiesenen) ersten Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege darstelle, jedoch als neues Gesuch zu behandeln sei, das aufgrund veränderter Verhältnisse jederzeit gestellt werden könne.
 
Um diese Argumentation nachvollziehen zu können, ist zu ergänzen, dass nach luzernischer Praxis - unter Vorbehalt des Entzugs gemäss § 137 des Gesetzes vom 27. Juni 1994 über die Zivilprozessordnung des Kantons Luzern (ZPO; SRL 260a; in Kraft bis 31. Dezember 2010) - sich die vor der ersten Instanz gewährte unentgeltliche Rechtspflege auf die ganze Dauer des Verfahrens vor der ersten und zweiten kantonalen Instanz erstrecken würde (STUDER/RÜEGG/EIHOLZER, Der Luzerner Zivilprozess, 1994, N. 4 zu § 131 ZPO/LU; anders nunmehr die eidgenössische Zivilprozessordnung: Art. 119 Abs. 5 ZPO).
 
Handelt es sich damit beim Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das Rekursverfahren aus prozessualer Sicht nach kantonaler Praxis um ein neues Gesuch, ist nicht ersichtlich, inwiefern es sich als willkürlich erweisen soll, wenn das Obergericht darüber auch in einem gesonderten Entscheid urteilte. Zwar wäre es durchaus vertretbar gewesen, auch diesen Entscheid mit dem Rekursentscheid über die erstinstanzlich verweigerte unentgeltliche Rechtspflege zu verbinden. Dass eine andere Lösung ebenfalls vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt aber für die Annahme der Willkür gerade nicht (vgl. E. 3.2.1 oben).
 
Die Rüge erweist sich demnach als unbegründet.
 
3.4
 
3.4.1 In seiner zweiten Rüge beanstandet der Beschwerdeführer die obergerichtliche "Behauptung", sein Antrag auf unentgeltliche Rechtspflege für das Rekursverfahren sei nicht begründet gewesen, als willkürlich. Die Darlegungen und Begründungen zum Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege vor der ersten Instanz würden auch für das Gesuch im Rekursverfahren vor der zweiten Instanz gelten. Seine finanziellen Verhältnisse hätten sich inzwischen auch nicht geändert. Aus diesem Grunde habe er darauf verzichten dürfen, diese tatsächlichen Verhältnisse erneut darzulegen.
 
3.4.2 Wiederum bringt der Beschwerdeführer nicht in rechtsgenüglicher Weise vor, das Obergericht habe kantonales Verfahrensrecht (zu denken wäre in diesem Zusammenhang insbesondere an § 132 Abs. 4 ZPO/LU) willkürlich angewendet (vgl. E. 3.2.2 oben).
 
Der Beschwerdeführer legt dar, die Begründung seines ersten, vor dem Amtsgerichtspräsidenten gestellten Gesuchs, gelte auch für das zweite im Rekursverfahren eingereichte Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. Damit setzt er sich in Widerspruch zum angefochtenen Entscheid, in dem das Obergericht festhält, dass der Nachweis seiner aktuellen finanziellen Verhältnisse nötig sei (vgl. dazu BGE 135 I 221 E. 5.1 S. 223, wonach für die Bedürftigkeit die finanzielle Situation darzulegen ist, wie sie im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung - vorliegend also im Zeitpunkt der Einreichung des Rekurses - besteht). Mit dieser Argumentation des Obergerichts setzt sich der Beschwerdeführer nur am Rande auseinander, indem er unter Verweis auf LGVE 1997 I Nr. 33 S. 63 f. wiederholt, im zweitinstanzlichen Verfahren seien die finanziellen Verhältnisse nicht erneut darzulegen. Wie bereits aufgezeigt wurde (vgl. E. 3.3.2 oben), ist gerade das Gegenteil der Fall, da es sich um ein neues Gesuch handelt. Die Behauptung des Beschwerdeführers lässt sich aus der zitierten Stelle gerade nicht entnehmen.
 
Mit seiner Begründung vermag der Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen, inwieweit das Obergericht in Willkür verfallen sein soll, wenn es mangels Begründung der aktuellen finanziellen Verhältnisse nicht auf das Gesuch eintrat.
 
4.
 
Aus den dargelegten Gründen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Der Beschwerdeführer wird kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Seinem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren kann nicht entsprochen werden. Abgesehen davon, dass er für den Nachweis seiner Bedürftigkeit einzig auf die kantonalen Akten verweist (vgl. BGE 125 IV 161 E. 4a S. 164 f.; 122 III 392 E. 3a S. 393), zeigen die vorstehenden Erwägungen auf, dass seine Beschwerde von Beginn an keine Aussichten auf Erfolg haben konnte (Art. 64 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird abgewiesen.
 
3.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 10. Juni 2011
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:
 
Hohl Bettler
 
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