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Informationen zum Dokument  BGer 2D_74/2010  Materielle Begründung
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BGer 2D_74/2010 vom 31.05.2011
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
2D_74/2010
 
Urteil 31. Mai 2011
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Zünd, Präsident,
 
Bundesrichter Seiler, Stadelmann,
 
Gerichtsschreiber Winiger.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________ AG, Beschwerdeführerin,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Dominik Infanger,
 
gegen
 
Y.________ AG, Beschwerdegegnerin,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Felix Schürch,
 
Gemeinde Davos, Berglistutz 1, 7270 Davos Platz, vertreten durch Rechtsanwalt Patrick Benz.
 
Gegenstand
 
Submission,
 
Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden, 1. Kammer,
 
vom 19. Oktober 2010.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Die Gemeinde Davos/GR schrieb im Zusammenhang mit der Erweiterung des Kongresshauses Davos den Auftrag für die Sparte "Mineralische Spachtelbeläge BKP 281.10" (Bodenbeläge) im offenen Verfahren aus. Es gingen insgesamt sieben Angebote ein, von denen die ersten vier wie folgt bewertet wurden:
 
1. Y.________ AG 191.59 Punkte (Fr. 301'933.80)
 
2. A.________ AG 166.35 Punkte (Fr. 386'989.20)
 
3. B.________ AG 156.94 Punkte (Fr. 419'957.45)
 
4. X.________ AG 142.96 Punkte (Fr. 448'168.10)
 
Mit Entscheid vom 27. Juli 2010 (eröffnet am 30. Juli 2010) vergab der Kleine Landrat der Gemeinde Davos den Zuschlag an die erstplatzierte Y.________ AG mit der Begründung des wirtschaftlich günstigsten Angebots.
 
B.
 
Gegen den Vergabeentscheid beschwerte sich die X.________ AG am 9. August 2010 beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden. Mit Verfügung vom 6. September 2010 verweigerte der Instruktionsrichter der Beschwerde die aufschiebende Wirkung und am 7. September 2010 unterzeichneten die Gemeinde Davos und die Firma Y.________ AG den Werkvertrag. Die Arbeiten wurden inzwischen abgeschlossen. Mit Urteil vom 19. Oktober 2010 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden die Beschwerde in der Sache ab.
 
C.
 
Mit Eingabe vom 13. Dezember 2010 führt die X.________ AG subsidiäre Verfassungsbeschwerde beim Bundesgericht. Sie beantragt die Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 19. Oktober 2010 sowie die Feststellung, dass die Verfügung der Gemeinde Davos vom 27. Juli 2010 rechtswidrig sei. Gerügt wird die willkürliche Anwendung von kantonalem Recht, willkürliche Tatsachenfeststellungen sowie die mehrfache Verletzung des rechtlichen Gehörs.
 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden und die Gemeinde Davos beantragen die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Die Y.________ AG (Beschwerdegegnerin) schliesst auf Abweisung der Beschwerde.
 
Erwägungen:
 
1.
 
1.1 Das ordentliche Rechtsmittel der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist gegen Entscheide auf dem Gebiet der öffentlichen Beschaffungen nur zulässig, wenn die in Art. 83 lit. f BGG genannten beiden Bedingungen (Erreichen des Schwellenwerts sowie Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung) kumulativ erfüllt sind (BGE 134 II 192 E. 1.2 S. 194 f.; 133 II 396 E. 2.1 S. 398), was vorliegend unstreitig nicht der Fall ist. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist somit ausgeschlossen. Grundsätzlich zulässig bleibt, da es sich um den Entscheid einer letzten kantonalen Instanz handelt, die subsidiäre Verfassungsbeschwerde gemäss Art. 113 ff. BGG, als welche die Beschwerdeführerin ihre Eingabe richtigerweise auch bezeichnet.
 
1.2 Mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde kann einzig die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 116 BGG). Näher zu prüfen ist hier die Beschwerdelegitimation, d.h. die Frage, ob die Beschwerdeführerin ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (Art. 115 lit. b BGG). Letzteres ist im Bereich des öffentlichen Vergabewesens jedoch nur dann der Fall, wenn sie als unterlegene Bewerberin eine reelle Chance gehabt hätte, im Falle der Gutheissung ihres Rechtsmittels den Zuschlag zu erhalten (Urteile 2D_34/2010 vom 23. Februar 2011 E. 1.1; 2D_50/2009 vom 25. Februar 2010 E. 1.2; 2D_22/2008 vom 23. Mai 2008 E. 1.1 und 2C_107/2007 vom 22. Januar 2008 E. 1.2; vgl. auch ADRIAN HUNGERBÜHLER, in: Zufferey/Stöckli [Hrsg.], Aktuelles Vergaberecht 2008, 2008, S. 360, Rz. 31).
 
Nicht entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass zwischen der Vergabebehörde und der Zuschlagsempfängerin bereits ein Vertrag abgeschlossen worden ist. Zwar wird die Gültigkeit des Vertrages durch die Gutheissung der Beschwerde eines Konkurrenten nicht berührt, doch behält die übergangene Bewerberin insofern ein aktuelles und praktisches Interesse am Verfahren, als das Bundesgericht aufgrund der Sonderbestimmung von Art. 9 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 1995 über den Binnenmarkt (Binnenmarktgesetz, BGBM; SR 943.02) in diesem Falle wenigstens die Bundesrechtswidrigkeit des angefochtenen Entscheids festzustellen hat, um der Betroffenen die allfällige Geltendmachung von Schadenersatz zu ermöglichen (vgl. BGE 2C_783/2010 vom 11. März 2011 E. 1.2.2; 131 I 153 E. 1.2 S. 157; 125 II 86 E. 5b S. 97 f.; Urteil 2D_50/2009 vom 25. Februar 2010 E. 1.2). Auch dies kann aber nur gelten, wenn ohne den Vertragsabschluss eine reelle Chance auf den Zuschlag bestanden hätte; denn andernfalls kann die Rechtswidrigkeit des Entscheids nicht kausal für den Schaden gewesen sein.
 
1.3 Die Voraussetzungen für das Vorliegen eines rechtlich geschützten Interesses sind vorliegend nicht erfüllt: das Angebot der Beschwerdeführerin erreichte lediglich den 4. Rang und der Abstand zum erst- bzw. zweitplatzierten Angebot erweist sich als beträchtlich (vgl. Sachverhalt lit. A). Daraus ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin selbst bei einem Ausschluss der Zuschlagsempfängerin (Beschwerdegegnerin) nicht den 1. Rang, sondern bloss den 3. Rang erreicht hätte. Damit kann nicht gesagt werden, sie hätte - falls der Vertrag noch nicht abschlossen worden wäre - im Sinne der dargelegten Praxis eine reelle Chance gehabt, im Falle der Gutheissung ihres Rechtsmittels den Zuschlag zu erhalten.
 
Nichts zu ihren Gunsten ableiten kann die Beschwerdeführerin im Übrigen aus dem Umstand, dass die drei erstplatzierten Offerenten den gleichen Belag ("Sto Creativ Mineral") angeboten haben, währenddem die vierplatzierte Beschwerdeführerin das Produkt "C.________" offerierte und im vorinstanzlichen Verfahren noch geltend machte, das siegreiche Produkt sei dem von ihr offerierten Material nicht gleichwertig: In der vorliegenden Verfassungsbeschwerde beschränkt sich die Beschwerdeführerin auf formelle Rügen (ungültige Unterschrift auf Offerte der Beschwerdegegnerin, verspätete Einreichung bzw. inhaltliche Mängel der Prüfungsberichte) und macht nicht mehr geltend, die drei erstplatzierten Offerten müssten mangels Gleichwertigkeit mit dem Produkt "C.________" von der Submission ausgeschlossen werden. Damit bleibt es dabei, dass die Beschwerdeführerin auch bei einer Gutheissung ihres Rechtsmittels den Zuschlag nicht erhalten hätte.
 
1.4 Selbst bei fehlender Legitimation in der Sache wäre es jedoch zulässig, mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde die Verletzung von Parteirechten zu rügen, deren Missachtung auf eine formelle Rechtsverweigerung hinausläuft ("Star-Praxis"; vgl. BGE 135 I 265 E. 1.3 S. 270; 133 I 185 E. 6.2 S. 198; noch zur staatsrechtlichen Beschwerde: BGE 114 Ia 307 E. 3c S. 312 f.). Falls hier solche Rügen erhoben worden wären, könnte sich die subsidiäre Verfassungsbeschwerde insoweit als zulässig erweisen (Urteil 2C_865/2010 vom 13. April 2011 E. 1).
 
1.4.1 Die Beschwerdeführerin rügt in mehrfacher Hinsicht eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV): Sie habe im vorinstanzlichen Verfahren geltend gemacht, dass die Offerte der Beschwerdegegnerin nicht mit einer rechtsgenüglichen Unterschrift versehen und zudem nicht vollständig eingereicht worden sei. Trotz entsprechender Rüge im vorinstanzlichen Verfahren habe das Verwaltungsgericht nicht in Erwägung gezogen, weshalb die Offerte der Beschwerdegegnerin zum Einreichungsstichtag vollständig gewesen sein soll. Weiter sei der rechtzeitig offerierte Gegenbeweis (Einvernahme von D.________ als Zeugin) im Zusammenhang mit der rechtsmässigen Unterschrift auf der Offerte der Beschwerdegegnerin ohne Begründung nicht abgenommen worden.
 
1.4.2 Im Rahmen der "Star-Praxis" kann die Beschwerdeführerin, die in der Sache nicht berechtigt ist, der aber im kantonalen Verfahren Parteistellung zukam, etwa geltend machen, auf ein Rechtsmittel sei zu Unrecht nicht eingetreten worden, sie sei nicht angehört worden, habe keine Gelegenheit erhalten, Beweisanträge zu stellen, oder sie habe nicht Akteneinsicht nehmen können. Hingegen kann sie weder die Würdigung der beantragten Beweise noch die Tatsache, dass ihre Anträge wegen Unerheblichkeit oder aufgrund vorweggenommener Beweiswürdigung abgelehnt wurden, rügen. Die Beurteilung dieser Fragen kann nämlich nicht von der Prüfung der Sache selber getrennt werden; auf eine solche hat die in der Sache selbst nicht Legitimierte keinen Anspruch (BGE 114 Ia 307 E. 3c S. 313).
 
1.4.3 Die Vorinstanz hat im angefochtenen Entscheid (E. 5) erwogen, es bestünden keine Zweifel an der Bevollmächtigung von D.________ zur rechtmässigen Unterzeichnung der Offerten. Damit hat sie stillschweigend in antizipierter Beweiswürdigung auf die Einvernahme der Zeugin verzichtet. Nach der soeben in E. 1.4.2 dargelegten Rechtslage berechtigt die "Star-Praxis" nicht zur Rüge, ein Antrag sei - stillschweigend oder ausdrücklich - wegen Unerheblichkeit oder aufgrund vorweggenommener Beweiswürdigung abgelehnt worden. Damit erweist sich die subsidiäre Verfassungsbeschwerde auch unter diesem Gesichtspunkt als unzulässig.
 
2.
 
Nach dem Gesagten ist auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde nicht einzutreten.
 
Entsprechend dem Ausgang sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 65 f. BGG). Zudem hat sie die Beschwerdegegnerin, welche anwaltlich vertreten war, für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 68 BGG). Der als Vergabestelle handelnden Gemeinde Davos wird keine Parteientschädigung zugesprochen (Art. 68 Abs. 3 BGG; vgl. BGE 134 II 117 E. 7 S. 119).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3.
 
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 31. Mai 2011
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
Zünd Winiger
 
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